Rn 1

Aufgrund der Aufhebung der Vorschrift mit Wirkung zum 1.7.2014 hat § 114 nur noch Bedeutung für Insolvenzverfahren, deren Eröffnung vor dem 30.6.2014 beantragt worden ist. Da sowohl der Eröffnungszeitpunkt solcher Verfahren zeitlich deutlich nach dem 1.7.2014 liegen kann und die Verfügung über des Schuldners über seine Bezüge für zwei Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens für wirksam erklärt, wird die Bestimmung nach für einige Zeit praktische Relevanz behalten. Nicht zuzustimmen ist der Auffassung, wonach § 114 auch auf Verfahren anwendbar bleiben soll, die nach dem 1.7.2014 beantragt worden sind, wenn nur die Verfügung über die Bezüge vor dem 1.7.2014 erfolgt war, da für die Wirksamkeit der Abtretung die Rechtslage im Zeitpunkt von deren Vornahme relevant sein soll[2]. Diese Auffassung ist mit dem Wortlaut der Überleitungsbestimmung des Art. 103h EGInsO nicht in Einklang zu bringen.

 

Rn 2

§ 114 ist maßgeblich vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich der Insolvenzbeschlag nicht nur auf das im Zeitpunkt der Eröffnung vorhandene Vermögen bezieht, sondern – weitergehend als die frühere Konkurs- und Gesamtvollstreckungsordnung – auch das Vermögen des Schuldners einbezieht, welches dieser nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst erwirbt, sog. Neuerwerb, § 35 Abs. 1.

 

Rn 3

Relevant für das Verständnis des § 114 ist weiter das Institut der Restschuldbefreiung, die durch den Schuldner zu beantragen ist und für die der Schuldner gem. § 287 Abs. 2 eine Erklärung abzugeben hat, wonach er seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt.

 

Rn 4

Die pfändbaren Anteile der laufenden Bezüge dienen einer natürlichen Person häufig als Kreditsicherungsmittel, andererseits soll die Einbeziehung des Neuerwerbs in die Insolvenzmasse deren Anreicherung bewirken, damit zunächst die Verfahrenskostendeckung ermöglichen und letztlich der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung dienen. Die Intention des Gesetzgebers war es bei Schaffung des § 114 zunächst, einerseits die laufenden Bezüge als Kreditsicherungsmittel nicht vollständig zu entwerten, aber andererseits auch für diese Bezüge die Einbeziehung des Neuerwerbes zu erreichen. Das Ergebnis war eine Kompromisslösung in der Form, dass eine Abtretung oder rechtsgeschäftliche Verpfändung von laufenden Bezügen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt war, für einen begrenzten Zeitraum von zunächst zwei oder drei und später dann einheitlich zwei Jahren[3] seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam geblieben ist.

 

Rn 4b

§ 114 ist eine Ausnahme zu § 91 Abs. 1, der einen "sonstigen Rechtserwerb" an Gegenständen der Insolvenzmasse ausschließt.

Da die Forderungen auf laufende Bezüge jeweils erst mit Erbringung der geschuldeten Leistungen entstehen, würde eine Vorausabtretung für die Forderungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, gem. § 91 Abs. 1 leerlaufen. Ausnahmsweise lässt § 114 jedoch auch für Forderungen auf laufende Bezüge, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, für einen begrenzten Zeitraum von zwei Jahren ab Eröffnung den wirksamen Erwerb dieser Forderungen für den Abtretungsgläubiger zu.

[2] So aber MünchKomm-Caspers, § 114 Rn. 5.
[3] In der ursprünglichen Fassung des § 114 Abs. 1 belief sich der Zeitraum, in dem die vorinsolvenzlich getroffene Verfügung über die Bezüge wirksam blieb, grundsätzlich auf drei Jahre, gemäß Art. 107 EGInsO aber auf zwei Jahre, sofern der Schuldner bereits am 1.1.1997 zahlungsunfähig gewesen war; mit dem InsoÄndG vom 26.10.2001 (BGBl. I, 2710) wurde der der Zeitraum mit Wirkung ab 1.12.2001 einheitlich auf zwei Jahre festgelegt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge