Rn 30

Absatz 2 schließt nicht das Wahlrecht des Insolvenzverwalters in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers gänzlich aus oder sieht eine Einschränkung vor, vielmehr besteht das Wahlrecht gemäß § 103 uneingeschränkt.

Die Ausübung des Wahlrechts ist grundsätzlich nicht an eine Frist gebunden, lediglich wenn der Vertragspartner den Insolvenzverwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auffordert, hat der Verwalter dieses Wahlrecht unverzüglich auszuüben. Unterlässt er die unverzügliche Ausübung des Wahlrechts, entfällt dieses mit der Maßgabe, dass die wechselseitigen Erfüllungsansprüche endgültig nicht mehr durchsetzbar sind und sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt hat; steht dem Vertragspartner des Insolvenzschuldners ein Aussonderungsrecht zu, kann er die Herausgabe eines überlassenen Gegenstands beanspruchen.

 

Rn 31

Die Regelung des Abs. 2 Satz 1 enthält eine Präzisierung des Begriffs der "Unverzüglichkeit" explizit für den Fall, dass der Schuldner von einem anderen auf der Grundlage eines Kaufvertrags eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt erworben hat und der Vertrag aufgrund noch nicht vollständiger Zahlung des Kaufpreises beiderseitig noch nicht vollständig erfüllt ist.

Fordert der Vorbehaltsverkäufer zur Ausübung des Wahlrechts auf, besteht eine Überlegungsfrist für den Insolvenzverwalter bis zur Abhaltung des Berichtstermins gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1, der bis zu drei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens anberaumt werden kann.

Erst nach Abhaltung des Berichtstermins hat sich der Insolvenzverwalter unverzüglich zu erklären, ob er Vertragserfüllung wählt. Die Aufforderung zur Erklärung kann bereits vor Abhaltung des Berichtstermins erfolgen.

 

Rn 32

Für die Zeit bis zur Abhaltung des Berichtstermins hat der Insolvenzverwalter aufgrund der Regelung des Absatz 2 weiter ein Recht zum Besitz und zur Nutzung der Kaufsache,[18] eine Nutzungsentschädigung steht dem Vorbehaltsverkäufer nicht zu. § 169 ist insoweit nicht anwendbar, da der Insolvenzverwalter ein Verwertungsrecht an der Kaufsache nicht hat, denn bei Ablehnung der weiteren Erfüllung besteht zugunsten des Vorbehaltsverkäufers ein Aussonderungsrecht, kein Absonderungsrecht.

Ebenso wenig ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, in der Zeit bis zur Abhaltung des Berichtstermins ggf. fällig werdende Kaufpreisraten zu begleichen, hierin läge im Zweifel bereits die Wahl der Erfüllung, die gerade für die Zeit nach dem Berichtstermin vorbehalten bleiben soll.

 

Rn 33

Der Verkäufer ist auch nicht befugt, in dieser Phase gemäß § 449 Abs. 2, § 323 BGB den Vertragsrücktritt zu erklären und damit die verlängerte Entscheidungsfrist des Insolvenzverwalters zu unterlaufen.[19]

 

Rn 34

Fraglich ist indes, ob die verlängerte Mindestfrist für die Ausübung des Wahlrechts für den Insolvenzverwalter nicht grundsätzlich für die Beurteilung der "Unverzüglichkeit" von Erklärungen des Verwalters zur Ausübung seines Wahlrechts nach § 103 Abs. 2 Satz 2 herangezogen werden kann.

Jedenfalls in dem Fall, dass die weitere Erfüllung von Rechtsgeschäften zur Entscheidung steht, von denen die Möglichkeit einer Betriebsfortführung abhängt, ist dem Insolvenzverwalter regelmäßig das Abwarten des Berichtstermins zuzubilligen, da erst in diesem Termin über die weitere Abwicklung des Verfahrens und eine mögliche Betriebsfortführung verbindlich entschieden wird.

Zwingende Gründe, den gemäß Abs. 2 verlängerten Entscheidungszeitraum für den Insolvenzverwalter alleine auf den Fall des Vorbehaltskaufs zu beschränken, sind nicht erkennbar, vielmehr kann die gesetzgeberische Intention der Wahrung des Bestands des Schuldnervermögens bis zum Berichtstermin auch für andere § 103 unterfallende Rechtsverhältnisse gelten.

 

Rn 35

Jedenfalls für bedeutsame Entscheidungen des Insolvenzverwalters zur Ausübung seines Wahlrechts gemäß § 103 ist für die Beurteilung der unverzüglichen Ausübung des Wahlrechts ggf. auf die Regelung des Abs. 2 zurückzugreifen.[20]

[18] Uhlenbruck-Berscheid, § 107 Rn. 7.
[19] Uhlenbruck-Berscheid, § 107 Rn. 8.
[20] Ebenso Pape, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 430 Rn. 49, 50; Tintelnot, ZIP 1995, 616 (617).

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