3.1.1 Verkauf einer beweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt

 

Rn 27

Nach dem Wortlaut sind die Tatbestandsvoraussetzungen in Abs. 1 und 2 identisch, aufgrund des unterschiedlichen Normzwecks ist jedoch zu differenzieren.

Während es in Absatz 1 um die Insolvenzfestigkeit eines Anwartschaftsrechts des Käufers in der Insolvenz des Verkäufers geht, bezweckt Abs. 2 in der Insolvenz des Käufers, das im Besitz des Schuldners vorhandene Vermögen zunächst zusammenzuhalten, um Fortführungs- und Sanierungschancen für das Schuldnerunternehmen zu wahren.[15] Durch den Zusammenhalt des Schuldnervermögens soll regelmäßig die Option der Fortführung des Schuldnerunternehmens aufrechterhalten bleiben, bis eine Gläubigerversammlung im Berichtstermin über die Art der Abwicklung des Insolvenzverfahrens entschieden hat.

Der tatsächliche Bestand des Schuldnervermögens soll auch für Sachen, die der Schuldner gekauft aber noch nicht oder nicht vollständig bezahlt hat und die ggf. im weiteren Verfahren einem Aussonderungsrecht unterfallen, zunächst erhalten bleiben.

 

Rn 28

Der Normzweck rechtfertigt es, die Bestimmung auch auf andere Vertragsverhältnisse anzuwenden, auf deren Grundlage sich schuldnerfremde Sachen in dessen Vermögen befinden, die für eine Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlich sein können,[16] wie gemietete oder geleaste bewegliche Sachen.

[15] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 298.
[16] Kübler/Prütting-Tintelnot, § 107 Rn. 19; HK-Marotzke, § 107 Rn. 3739; Braun-Kroth, § 107 Rn. 17; a.A. MünchKomm-Ott, § 107 Rn. 18; Hess/Weis/Wienberg-Hess, § 107 Rn. 21.

3.1.2 Besitzübertragung an den Käufer

 

Rn 29

Im Gegensatz zu Absatz 1 kommt es für die Anwendbarkeit des Absatzes 2 nicht darauf an, dass der Käufer bereits ein Anwartschaftsrecht auf Eigentumserwerb erlangt hat, aufgrund des dargelegten Normzwecks kommt es vielmehr darauf an, dass der insolvente Käufer Sachbesitz erlangt hat. Ausreichend ist auch hier ein mittelbarer Besitz, sofern dieser nicht mehr von dem Verkäufer als Vertragspartner abgeleitet wird.[17] Im Gegensatz zu Absatz 1 kommt demnach dem Merkmal der Besitzerlangung vom Verkäufer in Absatz 2 eine eigenständige Bedeutung zu.

[17] HK-Marotzke, § 107 Rn. 26; Kübler/Prütting-Tintelnot, § 107 Rn. 18.

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