Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Entscheidung vom 18.12.1959)

 

Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten Dr. G., Ma. und P. wird das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 18. Dezember 1959, soweit sie verurteilt sind, mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten ihrer Rechtsmittel, zurückverwiesen, und zwar an das Landgericht Bamberg.

 

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten Ma. und P. wegen Untreue zu Geldstrafen, den Angeklagten Dr. G. wegen Vergehens gegen §§ 357, 266 StGB zu einer Gefängnisstrafe von vier Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung und zu einer Geldstrafe verurteilt; in zwei weiteren Anklagepunkten hat es diesen Angeklagten freigesprochen.

Die Revisionen der Angeklagten rügen Verletzung sachlichen Rechts, die Revision des Angeklagten Dr. G. erhebt auch eine Verfahrensrüge (Verstoß gegen § 267 Abs. 1 StPO), die aber gleichfalls als Rüge eines sachlichen Mangels zu werten ist.

Die Revisionen greifen durch.

I.

die Angeklagten Ma. und P., die nacheinander Leiter der Kreissparkasse in K. waren, gewährten dem Angeklagten Dr. G., der damals Landrat von K. und damit zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreissparkasse war, in der Zeit von Herbst 1955 bis Ende 1957 erhebliche Blankokredite. Sie verstießen dabei, wie das Landgericht annimmt, wissentlich gegen Vorschriften des Kreditwesen-Gesetzes (KWG), der Bayerischen Sparkassenordnung (SpkO) und der Satzung der Kreissparkasse und führten dadurch eine als Vermögensnachteil i.S. des § 266 StGB zu wertende Vermögensgefährdung für die Kreissparkasse herbei. Der Angeklagte Dr. G. veranlagte sie dazu unter Mißbrauch seiner Stellung als Amtsvorgesetzter und ließ es wissentlich geschehen, daß die Angeklagten Mai. und P. ihm die Kredite in pflichtwidriger Weise zukommen ließen.

1.

Die Revisionen wenden sich in erster Linie gegen die Annahme der Zufügung eines Vermögensnachteils. Sie verstehen das Urteil dahin, daß es in dem Verstoß gegen die im einzelnen angeführten, der Kreditsicherung dienenden Vorschriften allein bereits die Herbeiführung einer Vermögensgefährdung und damit die Zufügung eines Vermögensnachteils gefunden habe. In der Tat könnten gewisse Wendungen in den Gründen des angefochtenen Urteils so verstanden werden, als komme es für die Feststellung des Eintritts einer Vermögensgefährdung nur und ausschließlich darauf an, daß solche Verstöße gegeben waren, nicht aber darauf, wie es um die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers bestellt ist, - als spielten also diese Verhältnisse und die Höhe der gewährten Kredite letzten Endes nur eine Rolle für das Maß der Vermögensgefährdung und damit für den Umfang der Schuld, nicht aber für die Frage, ob überhaupt ein Vergehen gegen § 266 StGB gegeben ist. Einer solchen Auffassung könnte der Senat allerdings nicht beitreten. Ihr ist auch das Landgericht nicht gefolgt; denn indem es auf der einen Seite feststellte, daß die Angeklagten Ma. und P. bewußt gegen die genannten Vorschriften des KWG und der SpkO verstießen, hat es andererseits hinsichtlich der Vermögensgefährdung nur bedingten Vorsatz als erwiesen angesehen. Daraus ergibt sich, daß es die Verstöße gegen die Kreditvorschriften nicht ohne weiteres für sich allein als Herbeiführung einer Vermögensgefährdung bewertet hat.

2.

Die Revisionen müssen jedoch durchgreifen, weil den Gründen des angefochtenen Urteils nicht entnommen werden kann, aus welchen Tatsachen im einzelnen das Landgericht den Eintritt der Vermögensgefährdung abgeleitet hat. Es führt zwar bei der Schilderung des Sachverhalts eine Reihe von Tatsachen an, die die Folgerung nahelegen, wenn nicht sogar aufdrängen, daß die Angeklagten durch die Kreditausreichungen das Vermögen der Sparkasse gefährdet haben. Es verzichtet aber darauf, diese Tatsachen im Zusammenhang zu werten, auf das Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils zu beziehen und die entsprechenden Feststellungen zur inneren Tatseite zu treffen. Zur äußeren Tatseite begnügt es sich damit, auf die "überzeugenden Sachverständigenausführungen des Revisionsamtmanne Lu." zu verweisen, während es sich zur inneren Tatseite insoweit auf formelhafte Wendungen von der Art beschränkt, daß "der Angeklagte es zumindest in Kauf genommen und gebilligt habe, daß ... eine Vermögensgefährdung im Sinne des § 266 StGB für die Sparkasse eintrat". Damit fehlt es in einem wesentlichen Punkte an der erforderlichen bestimmten Bezeichnung der Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung gefunden werden. Das ist ein sachlicher Mangel, der auf die Revisionen aller drei Angeklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache führen muß.

II.

Zum sonstigen Vorbringen der Revisionen ist, soweit es für die neue Verhandlung und Entscheidung von Bedeutung sein könnte, im einzelnen folgendes zu sagen:

1.

Die vor der Revisionsverhandlung zurückgenommene Verfahrensrüge gegen die Ablehnung eines Hilfsantrags der Angeklagten Ma. und P., einen psychiatrischen Sachverständigen darüber zu hören, ob diese Angeklagten den außergewöhnlichen Verhältnissen in K. und der suggestiven Einwirkungskraft des Mitangeklagten Dr. G. gewachsen waren, hätte der Senat nicht durchgreifen lassen. Mangelnde Zivilcourage ist kein Entschuldigungsgrund und hat keinen "Krankheitswert" im Sinne des § 51 StGB. Bei der Strafzumessung hat die Strafkammer zu Gunsten der beiden Angeklagten ausdrücklich berücksichtigt, daß ihnen mit Dr. G. ein Mann von ausgeprägter Zielstrebigkeit gegenüberstand, der es verstand, sie durch sein ebenso verbindliches wie bestimmtes Auftreten seinen Wünschen gefügig zu machen, und daß sie es als mit nur durchschnittlicher Willenskraft ausgestattete Männer bei Dr. G. mit einem über das Durchschnittsmaß hinaus willensstarken Mann zu tun hatten. Für Feststellungen dieser Art, die der Tatrichter aus eigner Verantwortung und Sachkunde treffen muß, können ihm keine Sachverständigen aufgedrängt werden.

2.

Desgleichen haben die Revisionen der Angeklagten Ma. und P. zu Unrecht einen Widerspruch darin gefunden, daß das Landgericht auf der einen Seite festgestellt hat, der Beauftragte des Regierungspräsidenten in Würzburg habe den Angeklagten jede Unterstützung gegen etwaige Beeinflussungsversuche des Angeklagten Dr. G., immer neue ungedeckte Kontoüberziehungen zuzulassen, zugesichert, und es zum andern auf einen Hilfsantrag der Verteidigung als wahr unterstellt hat, daß in der Angelegenheit Dr. G. die Regierung in Unterfranken verschiedene Beschwerden nach München gerichtet habe, diese aber nicht oder nur im Sinne von Dr. G. beantwortet worden seien. Ein Widerspruch liegt schon deshalb nicht vor, weil der Hilfsbeweisantrag nicht mit Behauptung enthielt, daß sich die "verschiedenen Beschwerden" überhaupt auf die Kreditangelegenheit bezogen haben sollen. Im übrigen ist auf folgendes hinzuweisen: Wenn das Innenministerium aus sachfremden Erwägungen nichts gegen Dr. G. unternommen haben sollte, so bedeutet das noch nicht, daß es auch gewagt hätte, sich aktiv zu Gunsten dieses Angeklagten in dessen Kreditangelegenheit einzumischen, wenn sich die Angeklagten Ma. und P. an die einschlägigen Vorschriften hielten. Davon abgesehen ist auch nicht ersichtlich, weshalb ein pflichtwidriges Verhalten anderer, selbst übergeordneter Dienststellen, einen Beamten zwangsläufig daran hindern könnte, sich pflichtgemäß zu verhalten.

3.

Die Auffassung der Revisionen der Angeklagten Ma. und P., der Beschluß des Verwaltungsrats der Kreissparkasse vom 9. Dezember 1957, durch den die auf mehr als 25.000,- DM angewachsenen Blankokredite des Angeklagten Dr. G. unter Entgegennahme gewisser Sicherheiten genehmigt wurden, habe eine Billigung und Rechtfertigung des Verhaltens der Angeklagten bedeutet, ist abwegig. Für die Rechtswidrigkeit des Handelns der Angeklagten kommt es allein auf den Zeitpunkt der Ausreichungen an. Im übrigen blieb dem Verwaltungsrat, nachdem das Geld erst einmal fort war, wohl kaum etwas anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen, um wenigstens einige Sicherungen zu erhalten und so die Gefahr einer endgültigen Schädigung zu verringern.

4.

Die Revisionen verkennen weiter, daß selbstverständlich auch in einem Beschluß des Verwaltungsrats, der durch die Bewilligung unzulänglich gesicherter Kredite dem Kreditinstitut Schaden zufügt, eine Untreue liegen kann und daß ein solcher Beschluß für den Leiter eines Kreditinstituts kein Freibrief ist, der ihn von strafrechtlicher Verantwortung freistellt (vergl. das Urteil BGH 1 StR 606/59 vom 25. März 1960 S. 16 unten). Schon aus diesem Grunde versagt die Berufung der Angeklagten Ma. und P. auf den angeblich in Oktober oder November 1955 gefaßten "Beschluß" des Verwaltungsrats, der ihnen nach ihrer Darstellung die Kreditierung von 50.000,- bis 60.000,- DM gegen erst später nach und nach beizubringende Sicherungen gestattet haben soll. Daß die Angeklagten so unerfahren gewesen sein sollten, einen das Vermögen der Kreissparkasse benachteiligenden Beschluß als schlechthin bindend und als blindlings zu befolgende Weisung anzusehen, ist äußerst unwahrscheinlich. Viel näher liegt die Annahme, daß der Angeklagte Ma. schon dadurch gegen § 266 StGB verstoßen hat, daß er den "Beschluß" anregte und an seinem Zustandekommen mitwirkte; denn gerade dem Sparkassenleiter obliegt es, die Beschlüsse des Verwaltungsrats über Kreditgewährungen durch die Einholung von Auskünften vorzubereiten und für die gewissenhafte Beachtung der zur Sicherung der Kredite bestehenden Vorschriften Sorge zu tragen. Der Angeklagte Ma. kann es sich deshalb nur zum Vorteil anrechnen, daß das Landgericht sein Verhalten insofern überhaupt nicht in die strafrechtliche Würdigung einbezogen hat. Der Angeklagte Parthe, der damals noch nicht beteiligt war, hätte in Kenntnis der bereits zu Beginn seiner Amtszeit eingetretenen Folgen von der angeblichen Ermächtigung zur Ausreichung weiterer Blankokredite keinen Gebrauch machen dürfen und für eine neue Entschließung des Verwaltungsrats sorgen müssen, durch die die Vertiefung einer bereits eingetretenen Vermögensgefährdung der Sparkasse vermieden werden konnte. Im übrigen ist gerade er über das angeblich zugelassene Limit von 60.000,-DM noch erheblich hinausgegangen.

5.

Die Revisionen der Angeklagten Ma. und P. meinen, den Angeklagten könne kein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 KWG vorgeworfen werden, weil der Beschluß vom Herbst 1955 nach den Feststellungen des Landgerichts einstimmig gefaßt worden sei. Den Revisionen ist zuzugeben, daß das angefochtene Urteil insofern eine ausdrückliche Feststellung vermissen läßt. Die Nicht-Einstimmigkeit ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang der Urteilsfeststellungen. Bei einer Beschlußfassung über Kreditgewährungen zu Gunsten des Angeklagten Dr. G. war dieser gem. § 11 Abs. 8 SpkO an der Mitwirkung gehindert. An seiner Stelle mußte der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrats mitwirken. Das war, wie die Strafkammer auf S. 16 UA feststellt, der stellvertretende Landrat Dr. Ka. Andererseits wird bei der Erörterung des "Beschlusses" auf S. 8 UA gesagt, daß der Angeklagte Ma. die Angelegenheit mit den Verwaltungsratsmitgliedern B., Gl. und Sch. besprochen habe, während von einer Unterrichtung Dr. Ka. nichts gesagt wird. Daraus ist zu entnehmen, daß Dr. Ka. an dem angeblichen Beschluß nicht mitwirkte, dem Beschluß also aus diesem Grunde die Einstimmigkeit fehlte. Die Anwesenheit des Vorsitzenden des Verwaltungsrats oder seines Stellvertreters war nach § 11 Abs. 4 SpkO auf jeden Fall erforderlich. Ohne ihn war der Verwaltungsrat nicht einmal beschlußfähig. Allein schon aus diesem Grunde konnte kein gültiger Beschluß Zustandekommen, ohne daß es auf das Erfordernis der Einstimmigkeit überhaupt noch ankäme. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die Ausreichung von Blankokrediten nach § 30 Abs. 5 SpkO selbst dann einen einstimmigen Beschluß des Verwaltungsrats erfordert, wenn der Kredit nicht an eine Organperson der Sparkasse gegeben wird.

Daß das Landgericht, wie die Revisionen Ma. und P. meinen, diesen Beschluß auch deshalb als unwirksam angesehen haben sollte, weil die Eintragung im Protokollbuch unterblieb, kann der Senat dem Urteil nicht entnehmen. Eine solche Auffassung wäre allerdings unrichtig, weil § 11 SpkO insofern nur eine Ordnungsvorschrift enthält.

6.

Die Meinung der Revisionen der Angeklagten Ma. und P., daß mit Rücksicht auf die Vereinbarung späterer Nachsicherung überhaupt keine Blankokredite gewährt worden seien, ist unrichtig. Die Angeklagten sagten nicht ein Darlehen gegen Sicherung zu, wie die Revisionen meinen, sondern gewährten es bereits, ohne daß irgendwelche Schritte zu einer Sicherung getan waren. Sie gaben damit Blankokredite, deren Umwandlung in gesicherte Kredite erst zu einem späteren Ungewissen Zeitpunkt ins Auge gefaßt war.

Aus diesem Grunde ist es auch falsch, was die Revisionen der Angeklagten Ma. und P. zu § 13 KWG vortragen. Die bloße Inaussichtnahme späterer dinglicher Sicherungen konnte die Angeklagten nicht davon befreien, von Dr. G. die Offenlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu fordern, wenn über 5.000,- DM hinausgehende ungedeckte Kredite gewährt werden sollten oder gewährt worden waren.

7.

Das Landgericht nimmt an, daß die Angeklagten Ma. und P. gegen § 30 Abs. 5 SpkO verstießen, weil sie die dort genannte Blankokreditgrenze von 10.000,- DM überschritten. Diese Frage ist an sich von zweitrangiger Bedeutung, da es schon an einem formell gültigen Beschluß des Verwaltungsrats zur Ausreichung der Blankokredite fehlte. Der Revision ist jedoch zuzugeben, daß sich aus den. Urteil nicht ergibt, ob die Blankokredite an Dr. G 1 v.T. des Gesamteinlagenbestandes der Sparkasse überschritten. Die Kreditgrenze von 10.000,- DM gilt nur subsidiär und zwar dann, wenn der sich mit 1 v.T. des Einlagenbestandes errechnende Betrag geringer als 10.000,- DM ist. Andererseits ist aber wieder zu beachten, daß § 30 Abs. 5 S. 3 SpkO den Gesamtbetrag auf höchstens 5 v.H. des Gesamteinlagenbestandes begrenzt. Ist dieser Gesamtanteil erschöpft, so ist jede weitere Blankoausreichung vorschriftswidrig. Auch hierzu ist dem Urteil nichts zu entnehmen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Revisionen zu § 14 Abs. 7 KWG (Anzeige an Bankaufsichtsbehörde) wird auf Art. 17 der Bekanntmachung der Bankaufsichtsbehörden über Anzeigen nach §§ 8, 9, 12 u. 14 KWG (Consbruch-Möller KWG 2. Aufl. S. 87) verwiesen, außerdem aber auch auf Art. 22 dieser Bekanntmachung.

8.

Was die Revision des Angeklagten Dr. G. gegen die Anwendung des § 357 StGB vorbringt, geht fehl. Die Angeklagten Ma. und P. waren als Beamte des Gewährträgers der Kreissparkasse K. (Art. 12 BaySpkG BayBS I, 574), des Landkreises K., dienstliche Untergebene des Landrats, also des Angeklagten Dr. G. (Art. 38 Abs. 1 S. 2 Landkreise für den Freistaat Bayern, BayBS I, 515). In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Verwaltungsrats hatte Dr. G. außerdem auch nach § 15 Abs. 2 SpkO die Dienstaufsicht über die Beamten der Sparkasse.

III.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung werden auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen folgende Hinweise gegeben:

1.

Die Frage, ob durch die Hingabe eines Kredits eine Vermögensgefährdung herbeigeführt worden ist, ist davon abhängig, ob das Kreditinstitut einen gleichwertigen Rückzahlungsanspruch erworben hat oder nicht. Ob dies der Fall ist, beantwortet sich in erster Linie danach, ob der Kreditschuldner die nach Gesetz oder Satzung gebotenen Sicherungen gewährt hat. Diese Anforderungen sind bei Sparkassen strenger als bei anderen Kreditinstituten, weil Sparkassen zur Anlegung von Mündelgeldern geeignet sind, der Bevölkerung als gemeinnützige Anstalten nach wirtschaftlichen Grundsätzen, aber ohne Gewinnstreben eine sichere und verzinsliche Anlage von Ersparnissen ermöglichen sollen (Art. 2 des Bay.SpkG, § 2 BaySpkO) und, wie sich hieraus ergibt, keine Risikogeschäfte tätigen dürfen. Sie haben ihre Geschäfte ausschließlich im Rahmen der für sie erlassenen Vorschriften zu betreiben (§ 2 Abs. 1 S. 2 BaySpkO), die für die Hergabe von Krediten in den §§ 28 bis 31 BaySpkO niedergelegt sind. Mit diesen Kreditvorschriften hat sich das angefochtene Urteil nicht auseinandergesetzt. Gerade auf sie kommt es jedoch für die Frage der Vermögensgefährdung entscheidend an. Aus ihnen ergibt sich nämlich, daß Blankokredite nur als jederzeit fristlos kündbare, also kurzfristige Kredite gewährt werden dürfen (§ 30 Abs. 5 BaySpkO) und daß langfristige Kredite nur im Wege des Realkredits (§ 28 BaySpkO) gestattet sind. Gegen diese Vorschriften haben die Angeklagten Ma. und P. nach den bisherigen Feststellungen verstoßen, indem sie langfristige Kredite gegen einfachen Schuldschein ohne weitere Sicherheit gewährten. Denn die gewährten Blankokredite waren ihrer Natur nach langfristig, weil sie restlos zum Ausbau des vom Angeklagten Dr. G. erworbenen L. hofs zu einem Fremdenheim dienen sollten und von vornherein als Vorleistungen für spätere Realkredite gedacht waren. Eine kurzfristige Ablösung durch bereite Mittel aus einer anderen Geldquelle war also ersichtlich nicht in Aussicht genommen. Eine solche Kreditausreichung führt in aller Regel eine Vermögensgefährdung für die Sparkasse herbei, weil der Rückzahlungsanspruch nicht nach § 28 SpkO abgesichert ist. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn der Schuldner sich in so ausgezeichneten Vermögensverhältnissen befindet, daß eine sofortige Rückzahlung durch anderweite Beschaffung von Barmitteln jederzeit als sicher erscheint. Davon konnte nach den bisherigen Feststellungen bei dem Angeklagten Dr. G., der neben dem L. hof kein Vermögen besaß, nicht die Rede sein.

2.

Für Art und Umfang der eingetretenen Vermögensgefährdung wird es im wesentlichen auf folgende weiteren Gesichtspunkte ankommen: auf die Höhe des Kredits im Verhältnis zum Vermögen und Einkommen des Kreditschuldners und auf sonstige Schulden des Kreditnehmers. Es wird ferner zu berücksichtigen sein, daß der Plan zur Errichtung eines Fremdenheims möglicherweise erhebliche Risiken einschloß und daß landwirtschaftliche Betriebe von der Größenklasse des L. hofs im allgemeinen unrentabel sind. Es wird außerdem zu prüfen sein, wie sich der landwirtschaftliche Betrieb tatsächlich entwickelte, ob er überhaupt eine Rendite abwarf oder aber, was nicht unwahrscheinlich ist, laufend Zuschüsse erforderte (Steuererklärungen!). Es wird endlich auch auf die persönliche Kreditwürdigkeit des Angeklagten Dr. G. ankommen. Insofern könnte sowohl das frühere Strafverfahren mit einem rechtskräftigen Schuldspruch wegen Untreue, die Nichteinhaltung von Zusagen für Zahlungen und Sicherheiten sowie der Umstand eine wesentliche Rolle spielen, daß der Angeklagte Er. G. im Herbst damit anfing, sein Konto bei der Kreissparkasse fortgesetzt durch ungedeckte Schecks zu überziehen, ohne es für nötig zu halten, sich deshalb mit der Sparkassenleitung vorher ins Benehmen zu setzen. Sollte es sich dabei so verhalten haben, daß der Angeklagte Dr. G. auf diese Weise unter der Hand Kredite in Anspruch nahm, welche die bei Gehaltsempfängern von Fall zu Fall allgemein geduldeten Kontoüberziehungen überschritten, so mußte ihm das von vornherein für seine Person jede Kreditwürdigkeit nehmen, zumal da er als Landrat und Vorsitzender des Verwaltungsrats gegenüber dem kreiseigenen Kreditinstitut ganz besonderen Anlaß zu einwandfreiem Verhalten hatte.

3.

Für den Umfang des pflichtwidrigen Verhaltens der Angeklagten wird es selbstverständlich auch auf die schon im angefochtenen Urteil erörterten sonstigen Verstöße gegen kreditgesetzliche Vorschriften ankommen. Insoweit wird auf das unter II Gesagte verwiesen. Keine wesentliche Rolle wird dabei allerdings der nur den Angeklagen P. treffende Vorwurf eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 KWG im Zusammenhang mit dem Beschluß des Verwaltungsrats vom 9. Dezember 1957 spielen können, weil es sich hierbei offenbar um einen den Kreditausreichungen nachfolgenden Vorgang handelte.

4.

Im Falle erneuter Verurteilung wird das Landgericht ferner bestimmt anzugeben haben, auf welchen Zeitraum es den Schuldspruch bezieht. Es wird für diesen Zeitraum übersichtlichere Feststellungen über die Entwicklung des Kreditverhältnisses (möglichst von Monat zu Monat) zu treffen haben und es z.B. nicht (wie das bisherige Urteil) im Unklaren lassen dürfen, wie es mit der Rückzahlung des ersten bis 31. Dezember 1955 befristeten Kredits über 5.000,- DM gehalten wurde und wie sich die Kreditbewilligungen des Verwaltungsrats jeweils zu den bis dahin entstandenen Passivsalden des Angeklagten Dr. G. und zu anschließend eingetragenen dinglichen Sicherungen verhielten. Neben den Schätzungen des Grundstückswerts wären gleichzeitig die jeweiligen Beleihungsgrenzen zu bezeichnen, da erst auf diese Weise zu erkennen ist, ob überhaupt noch ein Aktivposten aus den Grundvermögen des Angeklagten Dr. G. zur Verfügung stand. Es wird endlich auch bestimmter anzugeben sein, auf was sich die nicht eingehaltenen Zusagen Dr. G. für Zahlungen und Sicherungen bezogen. In diesem Zusammenhang wäre etwa die Feststellung von Bedeutung, ob und wie der Angeklagte Dr. G. seinen Zinszahlungs- und Tilgungspflichten hinsichtlich der Realkredite in dem maßgebenden Zeitraum nachkam.

5.

Entsprechend den Feststellungen zur äußeren Tatseite wird das Landgericht erschöpfende und klare Feststellungen zur inneren Tatseite zu treffen haben. Sollten etwa die Angeklagten Ma. und P. in Abrede stellen, daß sie zur Zeit der vorschriftswidrigen Blankoausreichungen von anderen Schulden des Angeklagten wußten, so wird das Landgericht prüfen müssen, ob sie nicht angesichts der unterlassenen Offenlegung der Vermögensverhältnisse des Angeklagten Dr. G. und seines wenig reellen Geschäftsgebahrens mit dem Vorhandensein von Schulden rechneten und dies billigend in Kauf nahmen.

IV.

Dem Senat erschien es angezeigt, von der Möglichkeit des § 354 Abg. 2 S. 2 StPO Gebrauch zu machen und die Sache an ein benachbartes Landgericht zurückzuverweisen. Da von Seiten der Staatsanwaltschaft keine Revision eingelegt wurde, bleibt das Landgericht an die im angefochtenen Urteil ausgesprochenen geringen Strafen gebunden (§ 358 Abs. 2 StPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3018572

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