Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 29. März 1962 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der, Revision übertragen wird.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien sind Brüder. Sie sind die alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma David D… & Co. GmbH in R… .

Durch notariellen Vertrag vom 27. September 1957 übernahm der Kläger die Pflicht, dem Beklagten als Gegenleistung für verschiedene Zuwendungen ab 1. Januar 1958 „eine lebenslängliche Rente von jährlich 16.200 DM, gleich monatlich 1.350 DM”, zu zahlen. Diese Rente soll immer, dem Anfangsgrundgehalt eines Beamten der Besoldungsgruppe A 14 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein Westfalen ohne Zuschläge entsprechen und mit ihm steigen oder fallen. Kommt der Kläger mit der monatlichen voraus zu entrichtenden Rente länger als zwei Wochen in Verzug, so wird die Rente für drei Jahre im Voraus fällig. Der Kläger unterwarf sich „wegen des Betrages von monatlich 1.350 der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde.

Am 14. Februar 1958 „ergänzten” die Parteien und die Firma D… & Co. GmbH zu notariellem Protokoll jenen Vertrag vom 27. September 1957 dahin, daß die GmbH anstelle des Klägers am 1. Januar 1958 1.000 DM der Rente – als Ruhegehalt – und der Kläger 350 an den Beklagten zahlen soll. Der Kläger übernahm für die Verpflichtung der GmbH die selbstschuldnerische Bürgschaft. Schließlich heißt es in dem Protokoll, im übrigen blieben die Vereinbarungen in der Urkunde vom 27. September 1957 aufrechterhalten.

Die Firma D… & Co. ließ die vom 1. Januar 1958 bis 31. März 1960 von ihr und dem Kläger geschuldeten Beträge auf Grund eines Dauerauftrags durch die Stadtsparkasse R… auf das Konto des Beklagten überweisen. Für die Zeit vom 1. Januar 1958 bis 31. März – 1960 waren es monatlich 1.350 DM und seitdem im Hinblick auf die Erhöhung der Beamtenbesoldung bis 31. Dezember 1960 monatlich 1.444,50 DM. Am 15. November 1960 forderte sie den Beklagten auf, ihr die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, die sie für seine Hausangestellte in Höhe von monatlich 65,70 DM seit 1. Januar 1960 entrichtet hatte, zurückzuzahlen. Da der Beklagte der Aufforderung nicht nachkam, überwies sie ihm, für die Monate Januar und Februar 1961 nur, je 1.000 DM.

… ließ sich der Beklagte zum Zwecke der Zwangsvollstreckung wegen der Rente für drei Jahre (16 200 × 3 = 48.600 eine vollstreckbare Ausfertigung der beiden notariellen Urkunden vom 27. September 1957 und 14. Februar 1958 erteilen. Am 23. Januar 1961 beauftragte er den Gerichtsvollzieher, zunächst wegen eines Teilbetrages von 3.000 DM bei dem Kläger zu vollstrecken.

Der Kläger hält die Zwangsvollstreckung für unzulässig. Er hat geltend gemacht, er sei nicht in Zahlungsverzug geraten. Der Firma D…& Co. stände eine Forderung auf Erstattung der für die Hausgehilfin des Beklagten versehentlich bezahlten Lohnsteuer und Sozialversicherung in Höhe von zusammen 2.863,20 DM zu. Diesen Betrag müsse sich der Beklagte auf seine Rentenforderung anrechnen lassen.

Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus den beiden notariellen Urkunden für unzulässig zu erklären. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat ausgeführt, der Firma D… & Co. stehe eine Erstattungsforderung für Entrichtung der Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nicht zu.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Kläger sei in Verzug geraten.

Im zweiten Rechtszug hat der Kläger noch behauptet, die vom Notar erteilte Vollstreckungsklausel habe das Amtsgericht aufgehoben. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beklagten habe das Landgericht am 19. Juni 1961 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Der Kläger ist der Begründung zufolge der Verpflichtung zur Zahlung des auf ihn entfallenden Rentenanteils von 350 DM und, des Zuschlags auf Grund der Besoldungserhöhung voll nach gekommen.

Mit der Revision beantragt der Beklagte, unter Aufhebung des oberlandesgerichtlichen Urteils die Berufung des Klägers gegen das am 11. April 1961 verkündete Urteil der ersten Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal zurückzuweisen. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

1. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage als beschränkte Vollstreckungsabwehrklage nach § 768 i.V.m. § 795 ZPO behandelt. Der Sach- und Rechtslage entspricht es aber, die Klage als eine solche aus § 767 i.V.m. § 795 ZPO anzusehen. Der Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung auf Grund der Behauptung, die Voraussetzungen der in der Urkunde vom 27. September 1957 vereinbarten Verfallsklausel seien eingetreten, er könne die Rente für drei Jahre im voraus fordern. Im Zweifel geht der Sinn sogenannter kassatorischer Klauseln nicht dahin, daß der Gläubiger dem Schuldner den Verfallsbetrag vorläufig stunde. Dem Schuldner soll vielmehr gestattet sein, die Forderung oder Vollstreckung auf den Verfallsbetrag durch vertragsgemäße Erfüllung seiner Pflichten abzuwenden. Es handelt sich nicht um einen Fall des § 726 ZPO. Nach dieser Vorschrift darf von Urteilen, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung abhängt, eine vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden, wenn der Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird. Falls der Schuldner den bei der … Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommen… Voraussetzung für die Erteilung der Vollstreckungsklausel bestreitet, steht ihm u.a. der Weg der Klage nach § 768 ZPO offen. Bei Verfallsklauseln hingegen ist die Vollstreckungsklausel ohne weiteres und uneingeschränkt zu erteilen (RGZ 134, 160). Der Schuldner muß die rechtzeitige Erfüllung nach §§ 767, 769, 774 Nr. 4 oder 5 ZPO geltend machen (Stein/Jonas/Schönke, ZPO 18. Aufl. § 726 II 2; Rosenberg, Lehrbuch 9. Aufl. § 172 II 2a). Es handelt sich dabei im Sinne des § 767 ZPO um eine Einwendung, die den durch das Urteil, festgestellten Anspruch selbst betrifft.

Im vorliegenden Fall will der Beklagte die Vollstreckung wegen eines Betrags in Höhe der Rente für drei Jahre betreiben, nachdem der Notar die Vollstreckungsklausel mit einem entsprechenden Zusatz erteilt hat. Bedenken gegen dieses Vorgehen könnten sich aus dem Wortlaut der Unterwerfungserklärung ergeben. Es kann dahinstehen, ob der Senat, wenn die Parteien nur um materielle Einwendungen gegen den titulierten Anspruch streiten, gehalten ist, der Frage nachzugehen, inwieweit der Titel eine rechtswirksame Grundlage für das Vollstreckungsvorhaben des Beklagten abgibt. Der Senat erachtet jedenfalls jene Bedenken aus den folgenden Gründen nicht als durchgreifend.

Der Kläger hat sich in der Verhandlung vom 27. September 1957 verpflichtet, eine lebenslängliche Rente von jährlich 16.200 DM, gleich monatlich 1.350 DM, zu zahlen. Die Rente ist für drei Jahre im voraus u.a. dann fällig, wenn der Schuldner länger als zwei Wochen in Verzug gerät. Der Anspruch des Beklagten ist damit bestimmt, bezeichnet. Die Urkunde genügt insoweit der in § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO normierten Voraussetzung. Die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung hat der Kläger zwar „wegen eines Betrages von monatlich 1.350 DM” erklärt. Daraus kann aber nicht hergeleitet werden, daß er sich nicht wegen der gesamten Rentenforderung der Zwangsvollstreckung unterwerfen, wollte. Der Kläger hat ersichtlich mit der Wendung „wegen eines Betrages von monatlich 1.350 DM” nur eine abkürzende Bezeichnung des gesamten Anspruchs gewählt, der unmittelbar davor im Vertragstext eindeutig festgelegt ist. Dem Beklagten war es bei der Errichtung der Urkunde vom 27. September 1957 offensichtlich darum zu tun, sofort einen Titel für seine gesamte Rentenforderung einschließlich der Verfallsklausel zu erhalten und nicht darauf angewiesen zu sein, bei Streitigkeiten den Kläger vor den ordentlichen Gerichten verklagen zu müssen. Die Parteien sind auch vor und während dieses Rechtsstreits davon ausgegangen, daß die Unterwerfungserklärung so weit reichen soll, und haben noch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erklärt, sie wollten die Unterwerfung des Klägers in diesem Sinne aufgefaßt wissen.

2. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klage sei begründet, der Kläger sei mit den ihm obliegenden Zahlungen nicht in Verzug geraten. Es führt dazu aus: Die D… & Co. GmbH habe zwar ab 1. Januar 1961 die monatliche Rente von 1.444,50 DM gekürzt, die sie für sich und für Rechnung des bisher durch die Stadtsparkasse R… an den Beklagten hatte überweisen lassen. Für Januar und Februar 1961 habe der Beklagte von ihr nur je 1.000 DM, für März 1961 1.309,90 DM und ab April 1961 1.328,10 DM monatlich erhalten. Diese Abzüge hätten jedoch nur den Rentenanteil der GmbH betroffen. Das ergebe sich eindeutig aus der vorgelegten Korrespondenz. Mit Schreiben vom 15. November 1960 habe sie den Beklagten aufgefordert, ihr die Beträge zurückzuzahlen, die sie für seine Hausangestellte zuviel entrichtet habe. In einem weiteren Schreiben vom 1 Februar 1961 habe sie ihm dann mitgeteilt, daß ihre Zahlungspflicht sich um diese Beträge vermindert habe. Damit habe sie klar zum Ausdruck gebracht, daß sie mit ihren Erstattungsansprüchen gegenüber dem Teil der Rentenforderung aufrechnen wollte, der von ihr geschuldet wurde. Da die Aufforderung sich auf … Rentenanteil der GmbH bezogen habe, sei in den Beträgen, die ab 1. Januar 1961 an den Beklagten gezahlt worden seien, der Rentenanteil des Klägers ungekürzt enthalten gewesen Der Kläger sei daher mir der Entrichtung seines Rentenanteils nicht in Verzug geraten.

Diese rechtliche Würdigung erweist sich als rechtsfehlerfrei. Sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.

Der Revisionskläger meint jedoch, das Berufungsgericht habe rechtsirrig angenommen, die Frage, ob die GmbH mit der Entrichtung des auf sie entfallenden Rentenanteils in Verzug geraten sei, könne aus dem Grund dahingestellt bleiben, weil gegen den Kläger in seiner Eigenschaft als Bürgen für die Schuld der GmbH nicht vollstreckt werden dürfe; er habe sich nämlich insoweit nicht der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.

Die Angriffe der Revision hiergegen sind begründet.

Der Kläger, hat sich im Vertrag vom 27. September 1957 verpflichtet, allein die Rente an den Beklagten zu zahlen, und wegen dieses Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. In der notariellen Verhandlung vom 14. Februar 1958 wurde die D… GmbH Hauptschuldnerin hinsichtlich eines Betrags von 1.000 DM anstelle des Klägers, der insoweit die selbstschuldnerische Bürgschaft übernahm. Der Beklagte sollte durch diese Regelung steuerlich günstiger gestellt werden. Er wünschte aber nach wie vor die persönliche Haftung des Klägers mit der Möglichkeit sofortiger Vollstreckung. Der Beklagte sollte ersichtlich nicht schlechter fahren als in der Urkunde … 27. September 1957.

Das Berufungsgericht meint, eine vollstreckbare Urkunde, könne zwar durch eine neue Urkunde ergänzt und abgeändert werden. Ändere sich aber dadurch die Leistungspflicht des Schuldners, wie das hier durch die Übernahme der Bürgschaft geschehen sei, so könne wegen der neuen Verpflichtung nur vollstreckt werden, wenn sich der Schuldner erneut der Zwangsvollstreckung unterworfen habe. Dem kann nicht beigetreten werden. Wenn das Schuldverhältnis, dessentwegen sich der Schuldner der Zwangsvollstreckung unterworfen hat, abgeändert wird, bedarf es einer neuen Unterwerfung nur insoweit, als der Anspruch erweitert wird (RG LZ 1916, 882; Stein/Jonas/Schönke a.a.O. § 794, VII 3) Eine Erweiterung im Sinne einer Haftungsverschärfung liegt hier nicht vor. Der Kläger wechselte teilweise aus der Stellung des Hauptschuldners in die des selbstschuldnerischen Bürgen über. Damit hat sich der Schuldgrund zum Teil geändert. Das ist unschädlich, zumal es seiner Angabe in der Urkunde des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gar nicht bedarf (Baumbach/Lauterbach ZPO 27. Aufl. § 794 Anm. 7C). Als Bürge haftet der Kläger nur im Rahmen der Hauptschuld, die die D… GmbH trifft. Deren Schuld entspricht der bisher dem Kläger obliegenden Rentenlast in Höhe von 1.000 DM monatlich. Für die Verpflichtung des Klägers als Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Er kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen (§ 769 BGB) und hat die Befugnisse nach § 770 BGB. Im Verhältnis zur D… GmbH steht ihm für den Fall der Inanspruchnahme ein Rückgriffsanspruch zu. Aus alledem ist zu entnehmen, daß die Pflichten, des Klägers nicht schwerer geworden sind.

Der Revision ist darüber hinaus zuzugestehen, daß durch den Hinweiß am Schluß … … … …, im übrigen blieben die … in der Urkunde vom 27. September aufrechterhalten, auch die bisherige Unterwerfung des Klägers für seine abgeänderte Verpflichtung bestehen bleiben sollte. Insoweit können hier ernstliche Zweifel an der beabsichtigten Erstreckung der Unterwerfungserklärung auf die Bürgschaftsverpflichtung, wie sie das Berufungsgericht hegt, nicht aufkommen. Zu den aufrechterhaltenen „Vereinbarungen” haben die Parteien ersichtlich auch die einseitige abstrakte Unterwerfungserklärung des Klägers zählen wollen.

3. Angesichts der vorstehenden rechtlichen Würdigung durfte es das Berufungsgericht nicht dahingestellt sein lassen, ob die GmbH in Verzug geraten ist und infolge dessen gegen den Kläger als selbstschuldnerischen Bürgen im erstrebten Ausmaß vollstreckt werden kann. Zu diesem Punkt ist die Erhebung der von den Parteien angebotenen Beweise erforderlich. Deshalb mußte die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz zu übertragen war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609406

DNotZ 1965, 544

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