Leitsatz (amtlich)

Zwischen mehreren auf gleicher Stufe stehenden Sicherungsgebern besteht bei Fehlen einer zwischen ihnen getroffenen besonderen Vereinbarung eine Ausgleichsverpflichtung entsprechend den Regeln über die Gesamtschuld.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 426, 1225, 1143 Abs. 1, §§ 774, 401 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.06.1988)

LG Gießen

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 1988 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten als Mitbürgen in Anspruch.

Die Parteien und Reinhard Sch. waren Gesellschafter der R. Gesellschaft mit beschränkter Haftung Handel mit Kunststoffen und Maschinen (fortan: R. GmbH). Die R. GmbH war mit einem Stammkapital von 50.000 DM ausgestattet, von dem der Beklagte 20.000 DM und der Kläger sowie Reinhard Sch. je 15.000 DM als Stammeinlage übernommen hatten. Sie stand in Geschäftsbeziehungen zur Dr. Bank AG in F. (fortan: Bank), die ihr laufend Kredit gewährte. Zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank aus der Geschäftsverbindung gegen die R. GmbH übernahmen die drei Gesellschafter betragsmäßig und zeitlich unbegrenzte selbstschuldnerische Bürgschaften. In den gleichlautenden Bürgschaftserklärungen vom 10. Mai 1982 heißt es in Abs. 3 Satz 4 u.a.:

„…

Sicherheiten, die der Bank vom Hauptschuldner oder von dritter Seite bestellt worden sind, hat die Bank nur insoweit auf mich zu übertragen, als der Sicherungsgeber mir seinen Anspruch gegen die Bank auf Rückübertragung der Sicherheiten abgetreten oder sich mit der Übertragung auf mich ausdrücklich einverstanden erklärt hat. Dies gilt nicht für Sicherheiten, die kraft Gesetzes auf mich übergehen”.

Daneben übernahm Sophie Wi. die Sicherung der Kredite durch Belastung zweier ihr gehörender Grundstücke mit Grundschulden von 90.000 DM und 40.000 DM.

Im Jahre 1983 löste die Bank die Geschäftsverbindung mit der R. GmbH und stellte das Darlehen fällig. Am 18. April 1983 ergab sich ein Sollsaldo von 100.155,26 DM. Die Bank nahm den Kläger aus der Bürgschaft und Frau Wi. aus den Grundschulden in Anspruch. In der Zeit ab März 1984 zahlte der Kläger 40.000 DM an die Bank auf das Abwicklungskonto Nr. 9.992.972.00. Frau Wi. veräußerte die belasteten Grundstücke und zahlte aus dem Erlös 95.000 DM auf das genannte Abwicklungskonto, die am 26. März 1984 gutgeschrieben wurden. Die Bank buchte diesen Betrag auf das Darlehenskonto der R. GmbH um. Der Beklagte seinerseits zahlte 1.750 DM durch Umbuchung von einem anderen Konto. Von den vom Kläger gezahlten 40.000 DM verwendete die Bank 12.759 DM zur Ablösung des Kredits der R. GmbH, den Rest zur Tilgung eines dem Kläger persönlich gewährten Kredits. Unter dem 3. April 1984 teilte sie ihm mit, aus der Bürgschaft mache sie keine Ansprüche mehr gegen ihn geltend.

Über das Vermögen der R. GmbH wurde später das Konkursverfahren eröffnet. Nicht bevorrechtigte Gläubiger können mit einer Quote nicht rechnen.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte habe ihm als Mitbürge im Innenverhältnis und aus übergegangenem Recht 2/5 von 40.000 DM, also 16.000 DM, zu ersetzen. Der Beklagte meint, die Forderung sei aus 12.759 DM, dem der R. GmbH gutgeschriebenen Betrag, zu berechnen. Gegenüber „etwaigen Ausgleichsansprüchen” des Klägers als Mitbürge erklärte er die Aufrechnung mit einem angeblichen Ausgleichsanspruch der Frau Wi. gegen den Kläger, der ihm am 1. Dezember 1983 abgetreten worden sei, und mit einem eigenen Ausgleichsanspruch wegen von ihm gezahlter 1.750 DM.

Das Landgericht bejahte die Klageforderung in Höhe von 2/5 von 12.759 DM und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 5.103,60 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit. Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage ab. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht meint, im Verhältnis zum Beklagten sei davon auszugehen, daß der Kläger als Bürge die Hauptschuld nur in Höhe von 12.759 DM getilgt habe und deshalb ein über 5.103,60 DM hinausgehender Anspruch nicht bestehe. Da der Kläger das landgerichtliche Urteil nicht angegriffen habe, könne er mit der Behauptung, zur Erfüllung seiner Bürgschaftsverpflichtung habe er 40.000 DM an die Bank gezahlt, nicht mehr gehört werden.

Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht mußte das Verschlechterungsverbot beachten (§ 536 ZPO). Danach darf das Urteil des ersten Rechtszuges nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist. Das Landgericht hatte den Klageanspruch – unter Verneinung der Gegenforderung des Beklagten – in Höhe von 5.103,60 DM zuzüglich Zinsen zuerkannt und die Mehrforderung abgewiesen. Gegen dieses Urteil hatte nur der Beklagte Berufung eingelegt, der Kläger sich mit diesem Urteil beschieden und sich insbesondere auch nicht der Berufung angeschlossen (§ 521 ZPO). Danach stand im Zeitpunkt der Schlußverhandlung vor dem Berufungsgericht fest, daß seine in diesem Rechtsstreit geltend gemachte Forderung als Mitbürge die vom Landgericht zuerkannte Urteilssumme nicht überstieg. An diesen Höchstbetrag der Klageforderung war das Berufungsgericht gebunden (vgl. RGZ 161, 167, 169 f).

II.

1. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Bank von Frau Wi. 95.000 DM aus den Grundschulden erhalten. Dieser Betrag, der zunächst auf dem Abwicklungskonto Nr. 9.992.972.00 verbucht worden war, diente in vollem Umfange zur Tilgung der Verbindlichkeiten der R. GmbH. Frau Wi. hat nach Feststellung des Berufungsgerichts ihren dadurch etwa entstandenen Ausgleichsanspruch gegen den Kläger an den Beklagten abgetreten.

Das Berufungsgericht prüft, ob Frau Wi. als dinglicher Sicherungsgeberin gegen den Kläger als (Mit-)Bürgen ein Ausgleichsanspruch (§ 426 Abs. 1 BGB) zusteht. Es bejaht ihn und führt dazu aus: Zwischen Frau Wi., dem Kläger, dem Beklagten und dem dritten Gesellschafter habe ein Gesamtschuldverhältnis bestanden, weil sie alle für ein und dieselbe Verbindlichkeit gleichrangige und gleichwertige Sicherheiten gestellt hätten. Die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses sei ein angemessener Weg, die rechtlichen Schwierigkeiten des Verhältnisses zwischen den verschiedenen Sicherungsgebern zu lösen. Die wörtliche Anwendung des Gesetzes führe zu der unannehmbaren Lösung, daß die Entscheidung, wer von den Sicherungsgebern den bei Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners entstehenden Ausfall zu tragen habe, allein von dem zufälligen Umstand abhinge, wer den Gläubiger zuerst befriedige. Grundschuld und Bürgschaft seien gleichrangige Sicherungsmittel. Aus der Bürgschaftsklausel (Abs. 3 Satz 4 der Bürgschaftsurkunde), daß von dritter Seite gewährte Sicherheiten nur übertragen werden dürften, wenn die Sicherungsgeber zustimmten oder ihre Rückübertragungsansprüche gegen die Bank abgetreten hätten, ergebe sich, daß den Bürgen der Zugriff auf Sachsicherheiten gerade nicht in bevorzugter Weise habe erhalten bleiben sollen. Frau Wichihowski, welche die gemeinsam gesicherte Hauptschuld in Höhe von 95.000 DM erfüllt habe, sei daher jedenfalls aus einer zwischen den Mitsicherern bestehenden Haftungsgemeinschaft, auf die § 426 BGB entsprechend anzuwenden sei, berechtigt, von jedem Mitsicherer anteiligen Ausgleich zu verlangen, der höchstens 1/4 der geleisteten Zahlungen umfasse.

2. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Im Schrifttum ist umstritten, ob und in welcher Weise bei mehrfacher Sicherung durch eine Bürgschaft und durch eine dingliche Sicherheit ein Ausgleich im Verhältnis zwischen dem Bürgen und dem Besteller der dinglichen Sicherheit verlangt werden kann. Es wird die Auffassung vertreten, ohne eine Vereinbarung im Innenverhältnis gebe es keinen Rückgriff. Die Last treffe daher allein den zuerst in Anspruch genommenen Drittsicherer (MünchKomm BGB/Selb, 2. Aufl. § 426 Rdnr. 3; Becker, NJW 1971, 2151, 2154). Eine andere Auffassung nimmt ein einseitiges Rückgriffsrecht allein des Bürgen an. Zur Begründung wird auf die Vorzugsstellung des Bürgen gegenüber anderen Sicherern verwiesen, wie sie in § 776 BGB, aber auch in §§ 768, 771 BGB zum Ausdruck komme (BGB-RGRK/Mormann, 12. Aufl. § 774 Rdnr. 8; Larenz, Schuldrecht Besonderer Teil, 12. Aufl. § 64 III S. 481; Reinicke/Tiedtke, Gesamtschuld und Schuldsicherung, 2. Aufl. S. 260; Staudinger-Horn, BGB, 12. Aufl. § 774 Rdnr. 34). Eine dritte Rechtsmeinung befürwortet im Verhältnis von Bürgen und dinglichem Sicherer einen gegenseitigen Ausgleich, der nicht von den Zufälligkeiten des ersten Zugriffs abhängen dürfe, wie sie bei einer rein mechanischen Anwendung des Gesetzes aufträten (Staudinger/Wiegand, BGB, 12. Aufl. § 1225 Rdnr. 28, 35 f; MünchKomm/Pecher a.a.O. § 774 Rdnr. 25; MünchKomm/Damrau a.a.O. § 1225 Rdnr. 10; Hüffer, AcP 171 (1971), 470, 483; H. Weber, Sicherungsgeschäfte, 3. Aufl. S. 37; Schlechtriem, Festschrift für Ernst von Caemmerer zum 70. Geburtstag S. 1013, 1038, 1045 f; Steinbach/Lang, WM 1987, 1237, 1244). Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bisher nicht entschieden (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juli 1973 – VIII ZR 178/72, DB 1973, 1543 u. v. 23. Juni 1982 – VIII ZR 333/80, NJW 1982, 2308).

b) Dem Kläger steht nach seiner Bürgschaftserklärung eine Vorrangstellung gegenüber dem dinglichen Sicherungsgeber nicht zu. Er hat mit der Bank vereinbart (Abs. 3 Satz 4 der Bürgschaftsurkunde), daß diese die Sicherheiten, die ihr vom Hauptschuldner oder von dritter Seite bestellt worden sind, nur insoweit auf ihn, den Bürgen, zu übertragen hat, als der Sicherungsgeber ihm seinen Anspruch gegen die Bank auf Rückübertragung abgetreten oder sich mit der Übertragung auf den Bürgen ausdrücklich einverstanden erklärt hat. Diese letztgenannten beiden Fallgestaltungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger hatte deshalb bei der Leistung aufgrund seiner Bürgschaft keinen Anspruch gegen die Bank auf Übertragung der von Frau Wi. bestellten Grundschuld, weil nach ausdrücklicher Bestimmung der Bürgschaftsurkunde diese dabei hätte mitwirken müssen, was sie nicht getan hat. In einem entschiedenen Fall mit gleichlautender Klausel hat der Bundesgerichtshof eine Vorrangstellung des Bürgen gegenüber dem Besteller einer Grundschuld als eines nicht akzessorischen Rechts verneint (Urteil vom 23. Juni 1982 a.a.O.). Dieser Auffassung tritt der erkennende Senat bei. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der formularmäßige Verzicht auf die Rechte aus § 776 BGB in der Bürgschaftsurkunde wirksam ist. Das ist richtig und stimmt mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überein (BGHZ 78, 137, 141 ff; BGH, Urt. v. 23. Juni 1982 a.a.O.; Senatsurt. v. 16. Februar 1984 – IX ZR 106/83, WM 1984, 425, 426; BGHZ 95, 350, 358). Die Einwände von Bayer/Wandt, JuS 1987, 271, 275; Tiedtke, BB 1984, 19, 24 und ZIP 1986, 150, 155; Reinicke/Tiedtke a.a.O. S. 262 f vermögen demgegenüber nicht zu überzeugen.

c) Ohne eine besondere Vereinbarung unter den Sicherungsgebern besteht zwischen einem Bürgen und einem Sicherungsgeber, der für die Hauptschuld eine Grundschuld als Sicherheit bestellt, keine vertragliche Gesamtschuldnergemeinschaft. Im vorliegenden Fall war der Kläger als Bürge nach seinem Vortrag davon überrascht worden, daß die Hauptschuld ohne sein Wissen gleichzeitig durch Grundschulden, die Frau Wi. gegeben hatte, abgesichert worden war. Hier gebietet es der Grundsatz ausgleichender Gerechtigkeit, auf das Verhältnis von Bürge und Grundschuldbesteller den hinter § 426 Abs. 1 BGB stehenden allgemeinen Rechtsgedanken einer anteiligen Haftung anzuwenden. Ohne eine besondere Vereinbarung unter Sicherungsgebern, die, ohne selbst Hauptschuldner zu sein, unabhängig voneinander und gleichrangig dasselbe Risiko abdecken, entspricht allein die anteilige Haftung der Billigkeit (§ 242 BGB).

aa) Das Gesetz hat die Ausgleichsansprüche zwischen Mitsicherern nur lückenhaft geregelt. Eine am Wortlaut haftende Auslegung führt zu Zufallsergebnissen, die vom Gesetzgeber nicht gesehen und nicht gewollt waren.

Wird der Bürge vom Gläubiger in Anspruch genommen, gehen nach § 774 Abs. 1 Satz 1, §§ 412, 401 Abs. 1 BGB mit der Hauptforderung die akzessorischen Nebenrechte auf ihn über. Die Grundschuld wird als nichtakzessorisches Recht von § 401 BGB nicht erfaßt. Zahlt der Grundstückseigentümer, der nicht persönlicher Schuldner ist, auf die Grundschuld, erlischt die gesicherte Forderung zunächst nicht; sie geht indes auch nicht kraft Gesetzes auf den Grundschuldbesteller über, der ohne einen Übergang der Hauptforderung auch die Rechte aus der Bürgschaft nicht erlangen kann (§ 401 Abs. 1 BGB). Eine entsprechende Anwendung des § 1143 Abs. 1 BGB auf die Grundschuld ist ausgeschlossen. Diese Vorschrift beruht auf dem Grundsatz der untrennbaren Verbindung zwischen Hypothek und gesicherter Forderung. Sie ist daher auf die in ihrem Bestand von der persönlichen Forderung unabhängige Grundschuld nicht nach § 1192 Abs. 1 BGB übertragbar (BGHZ 105, 154, 157). Danach träfe im Verhältnis von Grundschuldbesteller und Bürge die Haftung immer denjenigen, der vom Gläubiger als erster in Anspruch genommen wird.

Die Anwendung des Gesetzes führt auch dann zu Zufallsergebnissen, wenn verschiedene akzessorische Sicherheiten zusammentreffen: Nur bei der Bürgschaft bestimmt das Gesetz in § 774 Abs. 2 BGB, der auf § 426 BGB verweist, daß Bürgschaftsansprüche gegen Mitbürgen lediglich in der Höhe übergehen, wie der zahlende Bürge einen Ausgleichsanspruch gegen seine Mitbürgen hat, d.h. nur in Höhe des auf den einzelnen Mitbürgen entfallenden Kopfteils, soweit nicht ein anderes bestimmt ist (BGB-RGRK/Mormann a.a.O. § 774 Rdnr. 7). Sind mehrere Pfandrechte bestellt, verweist § 1225 Satz 2 BGB immerhin noch auf § 774 BGB und damit – jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift – auch auf dessen zweiten Absatz (vgl. dazu Staudinger/Wiegand a.a.O. § 1025 Rdnr. 11; MünchKomm/Damrau a.a.O. § 1225 Rdnr. 8; Becker a.a.O. S. 2152 f). Ohne besondere Regelung ist dagegen das Ausgleichsverhältnis zwischen Hypothekenbesteller und Pfandrechtsbesteller, Pfandrechtsbesteller und Bürgen oder Hypothekenbesteller und Bürgen geblieben. So erwirbt der Bürge mit der Befriedigung des Gläubigers nach § 774 Abs. 1 Satz 1, §§ 412, 401 Abs. 1 BGB die Forderung gegen den Hypothekenschuldner zusammen mit der Hypothek. Damit erlangt er eine Rückgriffsmöglichkeit gegen den dinglichen Mitsicherer. Befriedigt andererseits der Eigentümer des Hypothekengrundstücks den Gläubiger, dann erwirbt dieser nach § 1143 Abs. 1 Satz 1, §§ 412, 401 Abs. 1 BGB mit der Bürgschaft eine Rückgriffsmöglichkeit (vgl. Steinbach/Lang a.a.O. S. 1241). Nach diesem Prioritätsprinzip käme es zum Wettlauf der Sicherungsgeber. Der zuerst in Anspruch genommene Mitsicherer bliebe letztlich leistungsfrei; den Ausgleich müßte regelmäßig der zuletzt in Anspruch genommene tragen, sofern er nicht vom Schuldner Ausgleich erlangen kann. Dasselbe ergibt sich, wenn der Besteller einer nicht akzessorischen Sicherheit gegen Abtretung der Hauptforderung leistet: Auf ihn gingen nach § 401 Abs. 1 BGB die von den Mitsicherern bestellten akzessorischen Sicherheiten über (vgl. BGH, Urt. v. 23. Juni 1982 a.a.O.; Bayer/Wandt a.a.O. S. 272).

Aus den Motiven zu dem Entwurfe eines BGB ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber den Besteller einer Grundschuld, der nicht persönlicher Schuldner ist, ohne Regreßmöglichkeit gegen Mitsicherer lassen wollte. Der Gesetzgeber hat die bewußt unvollständige Regelung der Grundschuld mit dem Vertrauen gerechtfertigt, die Praxis werde die gesetzgeberische Absicht finden und u.a. beachten, daß manche Bestimmungen, die auf die durch die Hypothek gesicherte Forderung abstellen, nur als Folgerungen aus allgemeineren Grundsätzen angesehen werden, die auch für die Grundschuld gelten müssen (Motive III S. 781).

bb) Der Senat hat in Erwägung gezogen, den durch keinen vernünftigen Grund gerechtfertigten vollen Regreß nach dem Prioritätsprinzip zwischen Mitsicherern, die akzessorische Sicherheiten gewährt haben, durch eine korrigierende Auslegung der §§ 412, 401 Abs. 1 BGB zu beschränken oder auszuschließen (vgl. MünchKomm/Selb a.a.O. § 426 Rdnr. 3; Becker a.a.O. S. 2153). Bei diesem Lösungsweg wäre es sachgerecht, auch den Besteller einer Grundschuld ohne Regreß zu lassen. Die Haftung träfe dann regelmäßig den zuerst in Anspruch genommenen Drittsicherer. Wie der erkennende Senat indes für den Fall von Mitbürgen bereits entschieden hat (BGHZ 88, 185, 189 f), ist die frühere oder spätere Inanspruchnahme kein sachgerechter Gesichtspunkt, den Ausfall im Verhältnis zueinander zu bestimmen. Wer letztlich einzustehen hat, wäre in hohem Maße von Zufälligkeiten oder der Willkür des Gläubigers abhängig. Dies widerspricht ebenso dem Grundsatz ausgleichender Gerechtigkeit wie die lückenhafte Regelung des Gesetzes.

Der Senat hält es daher zur Vermeidung von Zufallsergebnissen für geboten, für den Besteller einer Grundschuld im Wege der Rechtsfortbildung den allgemeinen Rechtsgedanken anzuwenden, daß mehrere auf gleicher Stufe stehende Sicherungsgeber ohne eine zwischen ihnen getroffene Vereinbarung untereinander entsprechend den Gesamtschuldregeln (§ 426 Abs. 1 BGB) zur Ausgleichung verpflichtet sind. Dabei verkennt der Senat nicht die Schwierigkeiten, die im Einzelfall bei der Gestaltung des Innenausgleichs und der Bestimmung des Verteilungsschlüssels auftreten und die gegebenenfalls gewisse Korrekturen des dargelegten Grundsatzes erforderlich machen können (vgl. Schlechtriem a.a.O. S. 1039–1046; Staudinger/Wiegand a.a.O. § 1225 Rdnr. 19 ff). Diese Schwierigkeiten sind indes zugunsten eines einheitlichen Ausgleichsprinzips hinzunehmen. Immerhin zeigen die §§ 774, 1143, 1225 BGB, daß dem Gesetz Ausgleichsansprüche zwischen Mitsicherern nicht fremd sind. Diesen Vorschriften steht allerdings § 1173 Abs. 1 BGB gegenüber, der nur das dingliche Recht betrifft und deshalb nach § 1192 Abs. 1 BGB auch für die Gesamtgrundschuld gilt (MünchKomm/Eickmann a.a.O. § 1192 Rdnr. 2). Die regreßlose Ausgestaltung der Gesamthypothek ist jedoch als Ausnahmeregelung zu sehen, die auf andere Fälle nicht ausgedehnt werden kann (vgl. Motive III S. 685 f; Staudinger/Wiegand a.a.O. § 1225 Rdnr. 25). Vor dem Hintergrund dieser Vorschriften leitet der Senat die Ausgleichspflicht aus den schuldrechtlichen Sicherungsverträgen zwischen dem Gläubiger und den Sicherungsgebern über § 242 BGB her. Ungeachtet des unterschiedlichen Inhalts der Verträge, insbesondere der vielfältigen Sicherungsmittel, die vereinbart werden können, verfolgen sämtliche Sicherungsgeber, die gleichrangige Sicherheiten gewähren, den gemeinsamen Zweck, die Hauptschuld des Gläubigers zu sichern. Dies ist die innere Rechtfertigung dafür, ihnen beim Fehlen anderweiter Vereinbarungen gegenseitige Ausgleichsansprüche selbst dann zuzubilligen, wenn wegen des unterschiedlichen Inhalts der Haftung zwischen ihnen ein echtes Gesamtschuldverhältnis nicht besteht (vgl. dazu BGHZ 105, 154, 158).

III.

Da die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung des Beklagten begründet ist, steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Ausgleich nicht zu (§§ 387, 389 BGB).

 

Unterschriften

Merz, Henkel, Gärtner, Schmitz, Kreft

 

Fundstellen

Haufe-Index 1530771

BGHZ

BGHZ, 178

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1989, 1044

JuS 1990, 61

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