Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermögensverwaltung i.S.d. § 1413 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

(Eheliche Lebensgemeinschaft: Vermögensverwaltung iSd BGB § 1413; zur Darlegungslast und Beweislast eines Deliktsanspruchs gegen den anderen Ehegatten wegen Beiseiteschaffen von Familieneinkommen)

1. Eine Vermögensverwaltung iSd BGB § 1413 kommt nicht schon dadurch zustande, daß ein Ehegatte mit Billigung des anderen alle finanziellen Angelegenheiten der Eheleute erledigt.

2. Zur Darlegungslast und Beweislast eines Ehegatten, der gegen den anderen einen Zahlungsanspruch erhebt, weil dieser Familieneinkommen (teilweise) nicht bestimmungsgemäß verwendet, sondern für sich beiseite geschafft habe.

 

Normenkette

BGB §§ 667, 1353 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1976-06-14, § 1413 Fassung: 1957-06-18, § 1353 Abs. 1 S. 2 (i.d.F. vom 14.06.1976), § 1413 (i.d.F. vom 18.06.1957)

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.12.1984; Aktenzeichen 8 U 247/83)

LG Gießen (Entscheidung vom 11.08.1983; Aktenzeichen 3 O 443/78)

 

Tatbestand

Die Parteien sind seit dem 3. Juli 1954 miteinander verheiratet und leben im gesetzlichen Güterstand. Sie trennten sich im Juli 1977. Seit Anfang 1977 ist ein Scheidungsverfahren rechtshängig, in dem die Parteien auch über den Zugewinnausgleich streiten.

Im vorliegenden Rechtsstreit fordert der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 60.213,99 DM nebst Zinsen. Dabei geht es um folgendes:

Der Kläger übte seine Praxis als Zahnarzt in den ersten sechs Ehejahren in den Räumen und mit dem Inventar der Zahnarztpraxis des im März 1954 verstorbenen Vaters der Beklagten aus; dafür zahlte er an die Mutter der Beklagten eine Miete. Die Beklagte arbeitete neben der Haushaltsführung in der Praxis mit: Sie führte selbständig die Buchhaltung einschließlich der Abrechnungen, assistierte dem Kläger und erledigte auch zahntechnische Arbeiten. Sie wurde als Angestellte geführt und erhielt ein Gehalt. Der Kläger erteilte der Beklagten eine Generalvollmacht zu Verfügungen über die auf seinen Namen lautenden Konten und überließ ihr auch im familiären Bereich die Wirtschaftsführung. Etwa im Jahre 1960 ließen die Parteien auf einem dem Kläger gehörenden Grundstück einen Neubau errichten, in dem sie in der Folgezeit wohnten und der Kläger seine Praxis betrieb. Die daraus erzielten Einnahmen stiegen im Laufe der Jahre stetig an. 1975 betrug das zu versteuernde Einkommen des Klägers 121.486 DM; 1976 verblieb ihm nach Steuern ein Nettoeinkommen von 93.632 DM.

Am 16. Juni 1976 stellte die Beklagte ihre Mitarbeit in der Praxis aus ungeklärten Gründen ein, doch wohnten die Parteien weiterhin zusammen. Im Oktober 1976 entzog der Kläger der Beklagten die Verfügungsbefugnis über die auf seinen Namen lautenden Konten, nachdem er von den Geldbewegungen nähere Kenntnis genommen hatte. In der vom 27. Dezember 1976 datierten, auf § 43 EheG gestützten Scheidungsklage warf er der Beklagten vor, zwischen Mai und September 1976 insgesamt 32.500 DM von seinen Konten abgehoben zu haben und über deren Verbleib jede Auskunft zu verweigern. Die Beklagte trat dem entgegen.

Erstmals in einem im Jahre 1978 anhängig gewordenen Rechtsstreit wegen Trennungsunterhalts beantragte der Kläger, die Beklagte zur Rückzahlung der von ihr in den ersten zehn Monaten des Jahres 1976 von seinen Konten abgehobenen Gelder zu verurteilen. Nach Abtrennung dieses Streitteiles vom Unterhaltsverfahren und Verweisung an das Landgericht machte der Kläger geltend, die Beklagte habe in der genannten Zeit insgesamt 69.304,32 DM von den Konten abgehoben und weitere 10.008,12 DM in der Praxis in bar eingenommen. Nach Abzug für angemessen gehaltener Ausgaben für die Praxis und für die Lebenshaltung forderte er die Rückzahlung von 60.213,99 DM. Die Beklagte bestreitet, von den abgehobenen Geldern etwas beiseite geschafft zu haben. Sie behauptet Ausgaben für die fragliche Zeit in Höhe von mindestens 82.026,53 DM und ist der Ansicht, der Kläger könne von ihr keine genaue Abrechnung über die Kosten der zwischen ihnen großzügig bemessenen Lebenshaltung verlangen, nachdem er dies während der Ehe 22 Jahre lang niemals gefordert habe.

Im ersten Rechtszug hat die Beklagte Widerklage mit dem Antrag erhoben festzustellen, daß sie dem Kläger weder für die Zeit vom 1. Januar 1976 bis 31. Oktober 1976 noch für die davorliegenden Zeiträume zur Auskunft und Abrechnung über ihre Ausgaben verpflichtet sei, mit Ausnahme der Ausgaben für die Zahnarztpraxis, und daß zwischen den Parteien für die vorgenannten Zeiträume kein auskunfts- und abrechnungspflichtiges Geschäftsbesorgungsverhältnis bestanden habe, aus dem sie verpflichtet wäre, über Einnahmen und Ausgaben Rechenschaft zu legen. Daraufhin hat der Kläger im Verhandlungstermin vom 11. August 1983 zu Protokoll erklärt, daß von der Beklagten für keinerlei Zeiträume über ihre Ausgaben aus dem von ihr verwalteten Geld Auskunft oder Abrechnung verlangt worden sei oder verlangt werde. Die Beklagte hat danach die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger hat dem widersprochen. Die Beklagte hat deshalb beantragt, die Widerklage für erledigt zu erklären; den ursprünglichen Feststellungsantrag hat sie als Hilfsantrag gestellt.

Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt und die Widerklage für erledigt erklärt, soweit die Beklagte Feststellung begehrt, daß sie weder für die Zeit vom 1. Januar 1976 bis 31. Oktober 1976 noch für davorliegende Zeiträume gegenüber dem Kläger auskunfts- und abrechnungspflichtig ist hinsichtlich ihrer Ausgaben mit Ausnahme der Ausgaben für die Zahnarztpraxis. Im übrigen hat das Landgericht die Widerklage als unbegründet abgewiesen.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre Anträge weiter, die Klage abzuweisen und die Widerklage auch insoweit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, als diese abgewiesen worden ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat in bezug auf die Widerklage vollen Erfolg und führt wegen der Klage zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.

Klage

I.

Das Berufungsgericht hat den Standpunkt eingenommen, zwischen den Parteien habe während der Ehe hinsichtlich der Praxiseinnahmen ein Auftragsverhältnis bestanden, das die Beklagte grundsätzlich zur Rechnungslegung (§ 666 BGB) sowie zur Herausgabe erlangten Geldes (§ 667 BGB) verpflichte. Derartige Ansprüche des Klägers seien für die Zeit bis Ende 1975 allerdings erloschen, denn die Beklagte habe die eingenommenen Gelder unstreitig für den Unterhalt und für andere Ausgaben verwandt oder sie auf eines der Konten des Klägers eingezahlt. Für die Zeit ab 1. Januar 1976 bis 31. Oktober 1976 habe der Kläger durch die im Termin vom 11. August 1983 abgegebene Erklärung zwar auf Auskunft verzichtet, nicht jedoch auf die Rückforderung des Betrages, den die Klägerin abgehoben, aber nicht im Rahmen der erteilten Einwilligung verwendet habe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte den von ihr selbst mit 82.026,53 DM bezifferten Betrag in der Zeit vom 1. Januar 1976 bis 31. Oktober 1976 ordnungsgemäß ausgegeben habe. Das Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme sei dahin zu würdigen, daß abzüglich eines angemessenen Unterhaltsbetrages und weiterer Zahlungen für die Familie – zu denen das Landgericht noch weitere Feststellungen für erforderlich halte – noch eine erhebliche zurückzugewährende Summe übrig bleiben werde.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand; sie wird von den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch im Ergebnis nicht getragen.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Oberlandesgerichts, zwischen den Parteien habe keine Ehegatteninnengesellschaft bestanden.

Richtig ist, daß Ehegatten – unabhängig vom bestehenden Güterstand – durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung ein Gesellschaftsverhältnis begründen können. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Gesellschaftsverhältnis zwischen Ehegatten angenommen worden, wenn sie abredegemäß durch beiderseitige Leistungen einen über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen, indem sie etwa durch Einsatz von Vermögenswerten und Arbeitsleistungen gemeinsam ein Unternehmen aufbauen oder eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gemeinsam ausüben. Soweit dagegen die Beiträge der Ehegatten nur ihrem Bestreben gelten, die eheliche Lebensgemeinschaft zu verwirklichen und hierfür die materiellen Bedingungen zu verbessern, ist der stillschweigende Abschluß eines Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die durch § 1353 BGB ohnehin begründeten Pflichten zu verneinen (BGHZ 8, 249; 31, 197; 46, 343; 47, 157; 84, 361, 366 f; vgl. außerdem BGH LM BGB § 705 Nr. 5 und BGH FamRZ 1975, 35). Bei Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, hat der Bundesgerichtshof nur in seltenen Fällen den Bestand einer Innengesellschaft angenommen, weil der im Falle einer Scheidung gebotene Vermögensausgleich in der Regel bereits durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich gesichert ist (vgl. Johannsen WM 1978, 654, 655 m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das Berufungsgericht zutreffend entschieden, daß der festgestellte Sachverhalt hier gegen die stillschweigende Vereinbarung einer Ehegattengesellschaft spricht. Ob die Beklagte in den ersten Ehejahren gemäß § 1356 Abs. 2 BGB (in der vor wie nach der Änderung durch das GleichberG gültigen Fassung) verpflichtet war, im Beruf des Klägers mitzuarbeiten, kann zwar zweifelhaft sein; denn das hängt davon ab, ob dies nach den im einzelnen nicht festgestellten Verhältnissen, in denen die Parteien lebten, üblich war. Selbst wenn aber eine Pflicht zur Mitarbeit nicht oder nur in geringerem Umfang bestanden haben sollte, kann entgegen der Ansicht der Revision eine über das nach den §§ 1353, 1356 Abs. 2 BGB a.F. gebotene Maß hinausgehende Mithilfe in einer zahnärztlichen Praxis nicht als entscheidendes Indiz für das Vorliegen einer Innengesellschaft gewertet werden. Es ist daher nicht rechtsfehlerhaft, daß das Oberlandesgericht zum Umfang der Mitarbeit die von der Beklagten angebotenen Beweise nicht erhoben hat. Ebensowenig wäre es entscheidend, wenn der wirtschaftliche Ertrag der Praxis des Klägers in den ersten Ehejahren dadurch verbessert worden wäre, daß er seinen Beruf in den Räumen und mit dem Inventar der durch den Tod des Vaters der Beklagten verwaisten Zahnarztpraxis ausüben konnte. Es bedurfte daher keiner Feststellungen zu der Frage, ob diese Praxis trotz der an die Mutter der Beklagten gezahlten Miete noch als ein von der Beklagten zur Verfügung gestellter Vermögenswert anzusehen ist (vgl. dazu BGH Urteil vom 5. Juli 1974 - IV ZR 203/72 - NJW 1974, 2045).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts wird von der Erwägung getragen, daß die Beklagte trotz selbständiger Erledigung bestimmter ihr übertragener Aufgaben als Sprechstundenhilfe eine weisungsgebundene Tätigkeit ausübte; dem entsprach es, daß sie als Angestellte geführt wurde und auch ein Gehalt bezog, selbst wenn die Ausgestaltung ihrer Tätigkeit als Arbeitsverhältnis zugleich steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Zwecken gedient haben sollte. Übt ein Ehegatte wie hier der Kläger einen freien Beruf aus, der eine besondere Qualifikation und eine staatliche Zulassung voraussetzt, wird die Mithilfe des anderen, der die entsprechenden beruflichen Voraussetzungen nicht aufweist, Dritten gegenüber in aller Regel aus öffentlich-rechtlichen oder standesrechtlichen Gründen nicht in der Rechtsform einer Gesellschaft ausgestaltet werden dürfen; auch deshalb liegt es fern, im Verhältnis der Ehegatten zueinander aus der geleisteten Mithilfe in solchen Fällen die stillschweigende Vereinbarung einer Innengesellschaft herzuleiten.

2. Zwischen den Parteien bestand auch kein Auftragsvertrag im Sinne der §§ 662 ff. BGB.

a) Das Gesetz geht in § 1413 BGB von der Möglichkeit aus, daß ein Ehegatte sein Vermögen der Verwaltung des anderen Ehegatten „überläßt”. Weder hier noch an anderer Stelle regelt es die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Vermögensverwaltung anzunehmen ist; § 1413 BGB enthält nur Bestimmungen über Einschränkungen des Widerrufsrechts. Die Überlassung der Vermögensverwaltung setzt einen (schuldrechtlichen) Vertrag voraus, der zwar auch durch schlüssiges Handeln zustandekommen kann, stets aber den Rechtsbindungswillen beider Ehegatten erfordert (vgl. RG JW 1938, 3112; BGB-RGRK/Finke § 1413 Rdn. 5; Staudinger/Thiele BGB 12. Aufl. § 1413 Rdn. 5; Soergel/Gaul BGB 11. Aufl. § 1413 Rdn. 2; MünchKomm/Kanzleiter BGB § 1413 Rdn. 3). Im Hinblick auf die bei einer Vermögensverwaltung entstehenden Pflichten des verwaltenden Ehegatten zur Befolgung von Weisungen, Auskunft und Rechenschaft, Herausgabe von Einkünften und Haftung auf Schadensersatz bei Verstößen gegen Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung (vgl. etwa § 1435 BGB bei der Verwaltung des Gesamtgutes einer Gütergemeinschaft durch einen Ehegatten) dürfen an die Feststellung eines Verwaltungsvertrages keine geringen Anforderungen gestellt werden. Die Erteilung einer Vollmacht – auch einer Generalvollmacht – genügt nicht, da sie nur Dritten gegenüber eine Vertretungsbefugnis schafft (vgl. Staudinger/Thiele aaO Rdn. 7). Ebensowenig reicht aus, wenn ein Ehegatte im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft aus Gefälligkeit gegenüber dem anderen, oder weil dieser sich um die finanziellen Angelegenheiten nicht kümmert, dessen Vermögensangelegenheiten miterledigt (Finke aaO Rdn. 7, Staudinger/Thiele aaO Rdn. 3). Für eine Vermögensverwaltung würde es dagegen sprechen, wenn der Vermögensinhaber während der Verwaltungsdauer nicht selbst Vermögensverfügungen treffen könnte.

b) Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe während des Zusammenlebens der Parteien aufgrund einer Vereinbarung mit dem Kläger dessen Vermögen verwaltet, findet in den getroffenen Feststellungen danach keine ausreichende Stütze. Die Einnahme von Bargeld innerhalb der Praxistätigkeit oblag der Beklagten schon aufgrund der ihr als Mitarbeiterin übertragenen Aufgaben. Daß die Beklagte Geld für familiäre Zwecke von den auf den Namen des Klägers lautenden Bankkonten ohne Rückfrage abheben und ausgeben durfte und dies auch etwa 22 Ehejahre lang getan hat, reicht nicht aus; ein solches Verhalten kann in gleicher Weise ohne Verwaltungsauftrag auf der Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch die Parteien beruhen. Es ist auch weder vorgetragen noch festgestellt, daß der Kläger etwa wegen eines Verwaltungsrechtes der Beklagten nicht selbst über seine Bankguthaben verfügen konnte. Er hat anfänglich im Verfahren sogar selbst vorgetragen, er habe die für den Familienunterhalt angefallenen Kosten regelmäßig selbst bezahlt. Die Beklagte hat ebenfalls behauptet, der Kläger habe in von ihr nicht zu kontrollierender Weise Bargeldbeträge für sich verwendet. Das angefochtene Urteil kann daher mit der ihm gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben.

3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht mit einer anderen Begründung als richtig (§ 563 ZPO).

Wenn die Beklagte gegen den Willen des Klägers in der in Frage stehenden Zeit Geld von seinen Bank- oder Sparkonten abgehoben und es, statt damit Ausgaben für den Haushalt oder andere familiäre Zwecke zu bestreiten, auf ein eigenes Konto eingezahlt hätte, käme eine Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung in Betracht. Denn unabhängig davon, ob eine Vermögensverwaltung besteht oder ob ein Ehegatte Vermögensverfügungen zu Lasten des anderen innerhalb des ehelichen Aufgabenbereiches vornehmen darf, hat er jedenfalls kein Recht, sich ohne erklärtes oder stillschweigendes Einverständnis des anderen Ehegatten in unerlaubter Weise dessen Vermögenswerte anzueignen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus unerlaubter Handlung muß aber der Kläger darlegen und ggfs. beweisen. Die bisher getroffenen Feststellungen ergeben nicht, daß der Beklagten eine unerlaubte Handlung zur Last fällt. Der Tatrichter hat bisher nicht einmal den Widerspruch aufgeklärt, der darin liegt, daß die Beklagte einerseits für ihre Mitarbeit in der Praxis ein Gehalt bezog, andererseits aber keine eigenen Einkünfte erzielt haben soll. Es ist daher möglich, daß sie Gehaltszahlungen an sich selbst auf ein eigenes Konto leisten durfte. Daß die Beklagte in der hier fraglichen Zeit irgendeinen Betrag unbefugt auf ein eigenes Konto eingezahlt hat, steht jedenfalls bisher nicht fest.

Es ist Sache des Klägers darzulegen und zu beweisen, daß die Beklagte Teile der abgehobenen oder vereinnahmten Beträge nicht für familienbezogene Zwecke ausgegeben, sondern beiseite geschafft hat. Seine Klage kann daher nicht schon dann Erfolg haben, wenn die Beklagte nicht beweisen kann, daß den abgehobenen und vereinnahmten Beträgen entsprechende Ausgaben gegenüberstehen. Eheleute müssen während des Zusammenlebens Ausgaben nicht mit der gleichen Genauigkeit abrechnen wie Vertragspartner, die nicht in ehelicher Lebensgemeinschaft verbunden sind (vgl. Gernhuber Lehrbuch des Familienrechts 3. Aufl. § 20 I 4; MünchKomm/Wacke BGB § 1356 Rdn. 10; Rolland 1. EheRG, 2. Aufl., § 1353 BGB Rdn. 30). Über den Umfang der durch die eigenverantwortliche Haushaltsführung gedeckten Ausgaben entscheidet der Lebenszuschnitt der Ehegatten, der wesentlich durch ihre Einkünfte und die von ihnen getroffenen Grundentscheidungen zur Verwendung des Einkommens bestimmt wird. Verschwenderische oder unbelegte Ausgaben durch den wirtschaftenden Ehegatten können den anderen zwar veranlassen, Bankvollmachten zu entziehen oder vorzeitigen Zugewinnausgleich zu verlangen (§ 1386 BGB); sie werden möglicherweise auch Auswirkungen auf die weitere Gestaltung oder sogar auf die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft haben. Sie begründen jedoch keinen eigenständigen familienrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung. Die Regelung des § 667 BGB ist auf die Verwendung von Mitteln zur Wirtschaftsführung in einer ehelichen Gemeinschaft weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Auch soweit aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft eine Obliegenheit besteht, den anderen Ehegatten über die Verwendung des Familieneinkommens wenigstens in großen Zügen zu unterrichten, führt deren Verletzung weder zu einem Zahlungsanspruch des anderen noch zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines deliktischen Ersatzanspruchs. Dem steht schon entgegen, daß durch solche Folgen mittelbar ein Zwang zur Herstellung des ehelichen Lebens ausgeübt werden würde, der der staatlichen Gewalt untersagt ist (§§ 888 Abs. 2 ZPO).

Das zu Lasten der Beklagten ergangene Grundurteil ist danach nicht mit der Begründung aufrecht zu erhalten, sie habe in den in Frage stehenden zehn Monaten über Bankguthaben des Klägers in Höhe von 69.304,32 DM verfügt und außerdem etwa 4.000 DM aus Bareinnahmen in der Praxis übrigbehalten, denen „ordnungsgemäße Ausgaben” in dieser Höhe nicht gegenüberstehen könnten. Die Beklagte hat für die gleiche Zeit Ausgaben von über 82.000 DM behauptet; diese Größenordnung ist angesichts des für 1976 festgestellten höheren Nettoeinkommens des Klägers auch nicht von vornherein unglaubwürdig, denn die Ausgaben umfassen nicht nur reine Lebenshaltungskosten, sondern Positionen für Urlaubsreisen, Anschaffungen und Baumaßnahmen.

Da danach nicht abzusehen ist, ob es dem Kläger gelingt, die Einwendungen der Beklagten zu widerlegen, und ob dem Kläger im Ergebnis irgendein Ersatz zugesprochen werden wird, kann das Grundurteil nicht bestehen bleiben. Das angefochtene Urteil muß daher aufgehoben werden. Der Senat kann insoweit nicht abschließend entscheiden, sondern muß die Sache zurückverweisen, denn das Berufungsgericht ist von einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ausgegangen; dem Kläger muß deshalb Gelegenheit gegeben werden, seinen Vortrag zu ergänzen.

B.

Widerklage

Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe die Widerklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, soweit sie sich auf die Feststellung eines abrechnungspflichtigen Geschäftsbesorgungsverhältnisses bezog. Die Beklagte habe in diesem Punkt kein Feststellungsinteresse mehr, denn die Bescheidung der Widerklage im übrigen habe die gestellte Frage bereits beantwortet. Dieser Teil der Widerklage sei somit im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses unzulässig gewesen.

Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Die Beklagte hatte aufgrund der Erklärung des Klägers im Verhandlungstermin vom 11. August 1983 beantragt, die Widerklage (insgesamt) für erledigt zu erklären. Den Feststellungsantrag hatte sie nur noch hilfsweise gestellt. Bei verständiger Auslegung ging es ihr von vornherein nicht um isolierte Feststellungen einerseits zum Bestand eines Geschäftsbesorgungsvertrages und andererseits einer Auskunfts- und Abrechnungspflicht. Erkennbar sollte das eine vom anderen abhängen oder anders ausgedrückt – wie es das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat – beantwortete die Bescheidung des ersten Teils der (ursprünglichen) Widerklage bereits die gestellte (weitere) Frage. Bei dieser Sachlage bestand aber schon in erster Instanz kein Grund, die Erledigungserklärung aufzuspalten und über einen Teil des insgesamt nur hilfsweise gestellten Feststellungsantrages durch Klagabweisung zu entscheiden. Die Widerklage war vielmehr insgesamt für erledigt zu erklären. Insoweit kann der Senat abschließend in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

 

Fundstellen

NJW 1986, 1870

NJW 1986, 1870-1872 (LT1-2)

BGH-DAT Zivil

BGHWarn 1986, Nr. 32 (LT1-2)

FamRZ 1986, 558-560 (LT1-2)

WM IV 1986, 649-652 (LT1-2)

WuB IV A § 667, § 1413 BGB, 2.86 (LT1-2)

DNotZ 1986, 500-501 (LT1)

MDR 1986, 480-480 (LT1-2)

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