Entscheidungsstichwort (Thema)

Offen gelegtes Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren und verdeckte Sacheinlage

 

Leitsatz (amtlich)

Wird gegenüber dem Registergericht offengelegt, daß eine Kapitalerhöhung im „Schutt aus – Hol zurück” – Verfahren durchgeführt werden soll, sind die Voraussetzungen ihrer Eintragung an der für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln geltenden Regelung auszurichten. Die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage finden in diesem Falle keine Anwendung (Ergänzung zu BGHZ 113, 335).

 

Normenkette

GmbHG § 57 Abs. 2, §§ 57i, 8 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 13.02.1996; Aktenzeichen 9 U 178/95)

LG Bonn

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Februar 1996 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der „R. GmbH” in W., nimmt die Beklagten unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Sacheinlage als Gesamtschuldner auf Zahlung von 525.000,– DM in Anspruch.

Die Beklagte zu 2, bis zur Übertragung ihrer Geschäftsanteile auf den Beklagten zu 1 Alleingesellschafterin der „R. GmbH”, beschloß am 3. Juni 1987 die Ausschüttung eines Bilanzgewinns für 1986 in Höhe von 450.000,– DM und am 27. Oktober 1988 für 1987 in Höhe von 250.000,– DM. Nach Abzug der Kapitalertragsteuer wurden am 27. Oktober 1987 und 28. November 1988 Nettobeträge von 337.500,– DM und 187.500,– DM ausgezahlt. Durch Gesellschafterbeschlüsse vom 8. Juli 1987 und 9. September 1988 erhöhte die Beklagte zu 2 das Stammkapital der Gesellschaft um 400.000,– DM auf 700.000,– DM bzw. um 300.000,– DM auf 1 Mio. DM. In den Beschlüssen heißt es u.a. wie folgt:

„Die Leistung der Einlage erfolgt durch entsprechende Umbuchung im Wege des Schutt-aus-hol-zurück-Verfahrens sofort.”

Auf die Kapitalerhöhung vom 8. Juli 1987 zahlte die Beklagte zu 2 am 28. Oktober 1987 den Ausschüttungsbetrag von 337.500,– DM und im Dezember 1987 – nach ihrer Behauptung – weitere 62.500,– DM, auf die Kapitalerhöhung vom 9. September 1988 am 28. und 30. November 1988 Beträge von 220.000,– DM bzw. 80.000,– DM ein.

Das Registergericht forderte auf den Antrag, die Kapitalerhöhung vom 8. Juli 1987 einzutragen, von der Beklagten zu 2 die Vorlage einer testierten Bilanz sowie des Beschlusses über die Gewinnausschüttung mit der Begründung, „de facto” handle es sich um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Die Beklagte zu 2, die sich bereits im notariellen Protokoll vom 8. Juli 1987 zur Einreichung entsprechender Unterlagen bereit erklärt hatte, legte u.a. eine testierte Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung sowie eine Erklärung über die Genehmigung des Jahresabschlußberichts der Gesellschaft zum 31. Dezember 1986 vor. Daraufhin wurde die Kapitalerhöhung – allerdings ohne Hinweis darauf, daß die Einlageforderung überwiegend mit Gewinnausschüttungsbeträgen zu erfüllen war – eingetragen. In ähnlicher Weise wurde mit der Kapitalerhöhung vom 9. September 1988 verfahren.

Der Kläger ist der Ansicht, die Einlageforderungen seien nach den Grundsätzen der verdeckten Sacheinlage in Höhe der Gewinnausschüttungsbeträge von 337.500,– DM und 187.500,– DM nicht erfüllt. Er macht ihre Zahlung geltend.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts schulden die Beklagten deswegen keine Einlagezahlungen mehr, weil die Beklagte zu 2 ihr Vorhaben, die Einlageverpflichtungen aus den beiden Kapitalerhöhungen mit den an sie ausgeschütteten Gewinnen der Gesellschaft zu tilgen, gegenüber dem Registergericht offengelegt, insoweit die wesentlichen Erfordernisse einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen eingehalten und die geschuldeten Beträge tatsächlich eingezahlt habe. Diese Begründung trifft zum Teil nicht zu. Der Entscheidung ist jedoch im Ergebnis zu folgen.

a) Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Februar 1991 (BGHZ 113, 335) entschieden, daß bei der GmbH eine Kapitalerhöhung im Wege des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens nur unter Beachtung der Vorschriften über die Leistung von Sacheinlagen möglich ist. Dabei hat er sich von der Erwägung leiten lassen, daß auch das „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahren letztlich darauf hinausläuft, die Tilgung der geschuldeten Bareinlage durch einen der Einbringung einer Sacheinlage entsprechenden Vorgang zu ersetzen. So wie in den Fällen, in denen Forderungen des Gesellschafters gegen die GmbH, die nicht im engeren Sinne Vergütungsansprüche für die Überlassung von Vermögensgegenständen seien, entweder mit Einlagemitteln oder in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Einlageforderung aufgrund einer den wirtschaftlichen Erfolg einer Sacheinlage umfassenden Abrede getilgt würden (vgl. BGHZ 113, 335, 341 für sogenannte Altforderungen; BGH, Beschl. v. 4. März 1996 – II ZB 8/95, ZIP 1996, 668, 670 – zur Veröffentlichung in BGHZ 132, 141 vorgesehen – für die auf einer Vorabsprache beruhenden Neuforderungen), müsse auch hier der Gefahr begegnet werden, daß die Kapitaleinlage nicht vollständig aufgebracht werde. Der Zweck des in § 19 Abs. 5 GmbHG enthaltenen Rechtsgedankens gebiete daher über ihren Wortlaut hinaus die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift auch auf derartige Forderungen, die somit nicht als Bar-, sondern nur als Sacheinlage eingebracht werden dürften. Sie müßten aus diesem Grunde im Kapitalerhöhungsbeschluß förmlich festgesetzt werden (§§ 56 Abs. 2, 5 Abs. 4 GmbHG), damit das Registergericht die Angemessenheit ihrer Bewertung überprüfen (§§ 57 a, 9 c GmbHG) und mit der Eintragung der Kapitalerhöhung die Festsetzung bekanntgemacht oder auf sie Bezug genommen werden könne (§ 57 b GmbHG).

b) Soweit das Berufungsgericht die Ansicht vertritt, bei beiden Kapitalerhöhungen seien die wesentlichen Erfordernisse einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen beachtet worden, trifft das nicht zu.

2. Die Beklagte zu 2 hat jedoch in den Kapitalerhöhungsbeschlüssen darauf hingewiesen, daß sie die Einlage-Verbindlichkeiten – auch – mit den Beträgen tilgen werde, die für 1987 und 1988 als (Netto-)Gewinne ausgeschüttet wurden. Unter derartigen Umständen braucht die Kapitalerhöhung im Wege des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens nicht unter Beachtung der Sacheinlagevorschriften vorgenommen zu werden. Vielmehr hält es der Senat für gerechtfertigt, das Verfahren der Auszahlung von Gewinnen, die anschließend wieder in das Vermögen der Gesellschaft zurückgeführt werden, dann zuzulassen, wenn es offengelegt wird. Das setzt allerdings voraus, daß die Kapitalaufbringung in gleicher Weise sichergestellt werden kann wie bei der Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen. Da die Gestaltung des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens in hohem Maße dem Verfahren der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gleicht (vgl. Lutter/Zöllner, ZGR 1996, 164, 178 ff.), kann das im wesentlichen durch sinngemäße Anwendung der Grundsätze dieses Verfahrens gewährleistet werden.

a) Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln setzt zwar den Ausweis von Kapital- und Gewinnrücklagen in der letzten Jahresbilanz voraus, während bei dem „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahren der Ausweis eines Bilanzgewinnes genügt, der aus einem Gewinnvortrag herrühren oder als Jahresüberschuß erzielt worden sein kann. Das ist jedoch lediglich ein technischer Unterschied, der eine unterschiedliche Bewertung der beiden Vorgänge nicht rechtfertigt. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kann unmittelbar im Anschluß an die Rücklagenbildung beschlossen werden. Entscheidend ist vielmehr, daß das Registergericht – ebenso wie beim Sacheinlageverfahren – in die Lage versetzt wird, eine präventive Werthaltigkeitskontrolle entsprechend § 57 i Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit §§ 57 a und 9 c GmbHG durchzuführen. Da sich Rücklagenbildung bzw. Bilanzgewinn aus einer testierten Bilanz ergeben (vgl. § 57 i Abs. 1 Satz 1 GmbHG), die in sinngemäßer Anwendung des § 57 i Abs. 2 GmbHG nicht älter als acht Monate sein sollte, kann das Gericht bei ihrer Vorlage überprüfen, ob die Forderung des Gesellschafters auf Gewinnausschüttung werthaltig ist.

Dieses Verfahren stellt zugleich sicher, daß die Öffentlichkeit bei der Leistung einer Sacheinlage durch die Registereintragung und ihre Bekanntmachung die Möglichkeit erhält, von der Art der Kapitalaufbringung Kenntnis zu nehmen. Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist nach § 57 i Abs. 4 GmbHG bei der Eintragung des Beschlusses anzugeben, daß es sich um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt. Bei dem „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahren ist in Anlehnung an diese Vorschrift die Angabe zu fordern, daß die Kapitalerhöhung im Wege des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens durchgeführt worden ist. Wegen der Einzelheiten kann auf den jeweils zugrundeliegenden Kapitalerhöhungsbeschluß verwiesen werden. Auf diese Weise wird die Aufklärung außenstehender Dritter darüber sichergestellt, daß die Kapitalaufbringung aus Mitteln erfolgt, die dem Gesellschafter als Bilanzgewinn ausgezahlt worden sind.

b) Weiterhin kann die für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln getroffene Regelung des § 57 i Abs. 1 Satz 2 GmbHG übernommen werden. Der anmeldende Geschäftsführer hat danach dem Registergericht gegenüber zu erklären, daß nach seiner Kenntnis seit dem Stichtag der zugrundegelegten Bilanz bis zum Tag der Anmeldung der Kapitalerhöhung keine Vermögensminderung eingetreten ist, die der Kapitalerhöhung entgegenstünde, wenn sie am Tag der Anmeldung beschlossen worden wäre.

c) Da das Verfahren durch einen Aus- und einen Einzahlungsvorgang abgewickelt wird, muß nach § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG noch die Versicherung hinzukommen, daß sich der Gegenstand der Leistung endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet.

3. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sind die vorgenannten Voraussetzungen im wesentlichen erfüllt.

Die Beklagte zu 2 hat in die Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 8. Juli 1987 und 9. September 1988 jeweils die Erklärung aufgenommen, daß die Leistung der Einlage im Wege des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens durchgeführt werden sollte. Damit hat sie die Abwicklung des Kapitalerhöhungsvorganges gegenüber dem Registergericht offengelegt. Aufgrund der Offenlegung war das Registergericht in der Lage, eine präventive Werthaltigkeitskontrolle der Gewinnausschüttungsforderungen durch Einsichtnahme in die Jahresbilanz der Gesellschaft durchzuführen. Von der Möglichkeit dieser Kontrolle hat es vor Eintragung der Kapitalerhöhung vom 8. Juli 1987 auch Gebrauch gemacht.

In gleicher Weise ist die Offenlegung des Vorganges in einer für Dritte nachvollziehbaren Weise gewährleistet. Aus den Kapitalerhöhungsbeschlüssen ist ersichtlich, daß die jeweilige Kapitalerhöhung im Wege des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens durchgeführt werden sollte. Zwar hat das Registergericht nicht ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen, wie es das Gesetz für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln fordert (§ 57 i Abs. 4 GmbHG). Das kann jedoch den Beklagten nicht zum Nachteil gereichen.

Die Beklagte zu 2 hat als Geschäftsführerin ferner die Versicherung abgegeben, die Einlagen seien zu ihrer freien Verfügung geleistet. Das trifft zwar nicht zu. Für die Beklagten hat das jedoch keine Konsequenzen, weil die umstrittenen Beträge später – nämlich am 28. Oktober 1987 und am 28. November 1988 – eingezahlt worden sind.

Die Beklagte zu 2 hat zwar eine Erklärung im Sinne des § 57 i Abs. 1 Satz 2 GmbHG nicht ausdrücklich abgegeben. Sie kommt jedoch in ihrer Versicherung zum Ausdruck, daß die neue Stammeinlage in voller Höhe eingezahlt worden sei. Denn die Einzahlung des Erhöhungsbetrages führt dazu, daß die Gesellschaft über Vermögen in Höhe der Erhöhungsziffer verfügt. Das entspricht dem Inhalt, der Gegenstand der Erklärung nach § 57 i Abs. 1 Satz 2 GmbHG ist.

Aus den vorstehend dargelegten Umständen ergibt sich, daß beide im Wege des „Schütt-aus-hol-zurück”-Verfahrens durchgeführten Kapitalerhöhungen nicht unter Beachtung der Sacheinlagevorschriften vorgenommen werden mußten. Die Beklagten haben ihre Einlageverpflichtung erfüllt. Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine erneute Leistung der Einlagebeträge zu.

 

Unterschriften

Röhricht, Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Dr. Kapsa, Kraemer

 

Fundstellen

Haufe-Index 714230

BGHZ

BGHZ, 381

HFR 1998, 229

NJW 1997, 2516

BBK 1997, 856

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1997, 1337

JZ 1998, 199

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