Verfahrensgang

OLG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 12.11.1981)

LG Osnabrück (Urteil vom 26.03.1981)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 12. November 1981 aufgehoben und das Teilurteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 26. März 1981 geändert.

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, dem Kläger 100.353,43 DM nebst 4 % Zinsen auf 40.141,37 DM seit dem 19. März 1980 und auf 60.212,06 DM seit dem 1. Oktober 1980 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1 trägt die Kosten beider Rechtsmittelinstanzen und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten erster Instanz; im übrigen bleibt die Entscheidung über die weiteren Kosten dem Landgericht vorbehalten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Vater des Klägers war einer der geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten zu 1. Diese schuldete ihm seit seinem Ausscheiden im Jahre 1970 eine Pension, die zunächst regelmäßig, zuletzt in Höhe von monatlich 12.815 DM, gezahlt wurde. Ein über das Vermögen der Beklagten zu 1 eröffnetes Vergleichsverfahren führte am 21. Februar 1979 zur Bestätigung eines Vergleichs, der eine Vergleichsquote von 35 % vorsah. Die Quote war in zwei Raten von je 10 % am 31. August 1979 und 31. Dezember 1979 und einer weiteren Rate von 15 % am 30. September 1980 zu zahlen. Der Vater des Klägers nahm mit Pensionsrückständen und der kapitalisierten Pensionsforderung am Vergleichsverfahren teil. Nachdem der Verwalter die Forderung zunächst bestritten hatte, einigte man sich am 3. Mai 1979 auf einen Gesamtbetrag von 1.204.241,17 DM, so daß dem Vater des Klägers als Quote 421.484,41 DM zustanden. Die erste Rate in Höhe von 120.424,11 DM wurde am 31. August 1979 gezahlt. Am 30. September 1979 starb der Vater. Die Beklagten stehen auf dem Standpunkt, mit dessen Ableben sei die noch offene Forderung erloschen, und verweigern deshalb die Zahlung der beiden weiteren Raten.

Der Kläger und seine beiden Geschwister haben den Vater zu gleichen Teilen beerbt. Sie haben sich hinsichtlich der Pensionsforderung in der Weise auseinandergesetzt, daß jedem der Erben ein Drittel zusteht. Der Kläger macht mit der Klage seinen Anteil geltend. Die Beklagte zu 2 nimmt er als persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1 und als selbstschuldnerische Bürgin in Anspruch.

Das Landgericht hat mit Teilurteil die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen und das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der vom Kläger geltend gemachte Pensionsanspruch beim Tode des Vaters noch nicht fällig gewesen sei und durch Erbfolge auf den Kläger nicht habe übergehen können. Diese Ansicht beanstandet die Revision mit Recht.

1. Die vertragliche Ruhegeldzusage begründet ein Dauerschuldverhältnis, das von vornherein bis zum Ableben des Berechtigten befristet ist. Schon der Pensionär hat demnach keinen Anspruch auf monatliche Einzelleistungen für die Zeit nach Ablauf der Frist. Aus diesem Grunde kann er solche Rechte auch nicht vererben. Etwas anderes gilt aber für die noch zu Lebzeiten fällig gewordenen monatlichen Einzelbeträge. Sie werden durch den Tod des Berechtigten nicht beeinflußt. Ist der Schuldner mit ihrer Zahlung im Rückstand, gehen die Ruhegehaltsansprüche insoweit auf die Erben über.

2. Dasselbe gilt, wenn die Ruhegehaltszusage nicht befristet ist, wie das bei einer Kapitalisierung der Rente der Fall ist. Zwar bestimmt die mutmaßliche Lebensdauer des Berechtigten die Höhe des Kapitals; der – früher oder später als mutmaßlich angenommen – eingetretene Todesfall kann aber die Kapitalisierung rückwirkend nicht mehr beeinflussen. Ein Fall, für den das Gesetz ausdrücklich etwas anderes vorsieht, wie zum Beispiel im § 1587 m BGB, liegt nicht vor. Daher ist unerheblich, ob der Kapitalbetrag noch zu Lebzeiten des Berechtigten gezahlt worden ist, ob er zu Lebzeiten zwar fällig, der Schuldner aber mit der Zahlung im Verzuge war, oder ob der Berechtigte schon vor Eintritt der Fälligkeit verstorben ist. Der Verpflichtete ist mit der Kapitalisierung das Risiko eingegangen, daß die tatsächliche Lebensdauer kürzer als die vermutete ist und er in einem solchen Falle an Kapital mehr aufwenden muß, als er als Rente insgesamt zu zahlen gehabt hätte. Dieses Risikos, das durch die den Verpflichteten begünstigende Möglichkeit einer längeren als erwarteten Lebensdauer aufgewogen wird, kann jener sich nachträglich nicht entledigen. Der Tod des Berechtigten hat den Anspruch auf Zahlung der beiden am 31. Dezember 1979 und 30. September 1980 fälligen Raten nicht berührt. Der Anspruch war Teil des Nachlasses und ist durch Erbauseinandersetzung zu einem Drittel auf den Kläger übertragen worden.

3. Das Berufungsgericht führt das Urteil vom 19. Oktober 1977 (BGHZ 69, 369) zu Unrecht als Beleg für die Richtigkeit seiner Entscheidung an. Der Bundesgerichtshof hat in einem nicht entscheidungserheblichen Teil des Urteils zu einem Sachverhalt Stellung genommen, der sich von dem vorliegenden gerade darin unterscheidet, daß die Rente im Vergleichsverfahren zwar kapitalisiert, die Vergleichsquote aber entsprechend der bisherigen Zahlungsweise in Form einer Rente geleistet worden ist. Soll die Vergleichsquote nicht in monatlichen, vom Tod des Berechtigten unabhängigen Raten, sondern – wie in dem vom Bundesgerichtshof behandelten Falle – in Form einer mit dem Tode des Berechtigten endenden Rente gezahlt werden, verbleibt selbstverständlich ein bei vorzeitigem.

Ende der Pensionszahlungen nicht verbrauchter Teil der Quote der Vergleichsmasse. Ob Raten- oder Rentenzahlung gewollt ist, ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln. Im vorliegenden Falle ist die Ratenzahlung außer Streit.

 

Unterschriften

Stimpel, Fleck, Dr. Bauer, Bundschuh, Brandes

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1502397

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