Leitsatz (amtlich)

Die zwingenden Vorschriften des § 90 a HGB gelten für alle Wettbewerbsabreden, die zwischen Unternehmer und Handelsvertreter während der Dauer des Handelsvertreterverhältnisses getroffen werden, auch wenn zugleich vereinbart wird, dieses zu einem bestimmten künftigen Zeitpunkt zu beenden (Ergänzung zu BGHZ 51, 184).

 

Normenkette

HGB § 90 a

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 14.07.1967)

LG Hamburg

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 14. Juli 1967 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien waren alleinige Gesellschafter der Firma A. und A. GmbH. Mit zwei Verträgen vom 25. April 1962 trat der Beklagte seinen Geschäftsanteil an den Kläger ab und schied aus der Gesellschaft aus. Am selben Frage schlossen die Parteien – der Kläger als Geschäftsführer der GmbH – einen weiteren Vertrag, wonach der Beklagte als Generalvertreter den Vertrieb der Erzeugnisse der GmbH in deren Namen und für deren Rechnung übernahm.

In einer Besprechung am 8. Oktober 1962 einigten die Parteien sich dahin, daß das Vertreterverhältnis zum 31. Oktober 1962 beendet werden sollte. Demgemäß schlossen sie den Vertrag vom 18. Oktober 1962 in dem die Verträge vom 25. April 1962 aufgehoben wurden. Der Beklagte sollte für bis Ende 1962 eingehende, von ihn bearbeitete Aufträge noch Provision erhalten. In Ziffer 6 des Vertrages heißt es:

„Herr Koop wird sich weder direkt noch indirekt mit der Herstellung oder dem Vertrieb von Füllarmen für Tanklager für Obenbetankung in den NW 65 bis 150 befassen, soweit es sich um Konkurrenzfabrikate handelt.”

Der Beklagte stellte in der Folgezeit unter einer von ihm gegründeten neuen Firma wieder Füllarme für Obenbetankung her, auch solche der Typen NW 65 bis 150.

Der Kläger hat mit der Klage beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, jede Beteiligung an der Herstellung und dem Vertrieb solcher. Füllarme zu unterlassen,
  2. ihm für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Geld- oder Haftstrafe im gesetzlichen Strafrahmen anzudrohen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.

Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dem Klageanspruch ständen die zwingenden Vorschriften des § 90 a HGB entgegen. Insbesondere dürfe danach eine Wettbewerbsabrede nur für längstens zwei Jahre nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses getroffen werden. Dieser Zeitraum sei bereits verstrichen. Eine Anwendung des § 90 a HGB wäre nur dann ausgeschlossen, wenn die Wettbewerbsabrede erst nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses getroffen worden wäre. Das sei hier nicht der Fall.

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Nach Erlaß des angefochtenen Urteils und nach Fertigung der Revisionsbegründung hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. Dezember 1968 BGHZ 51, 184 zur Anwendung des § 90 a HGB Stellung genommen.

Er hat dort ausgesprochen, die zwingenden Vorschriften des § 90 a HGB seien nicht anzuwenden, wenn die Wettbewerbsabrede erst nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses oder zugleich mit dessen sofortiger Beendigung durch Vereinbarung der Vertragsparteien getroffen werde.

2. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem in BGHZ 51, 184 entschiedenen in einem wesentlichen Punkt. Dort hatten die Parteien zugleich mit der Wettbewerbsabrede – am 4. Juli 1960 – die Auflösung des Handelsvertreterverhältnisses auf einen bereits in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt – den 1. Juli 1960 – vereinbart. Der Senat hat in der Entscheidung ausdrücklich bemerkt, es könne hinsichtlich der Frage einer Anwendung des § 90 a HGB anders liegen, wenn die Parteien die Wettbewerbsabrede mit einer Vereinbarung verbinden, wonach sie das Vertrags Verhältnis erst zu einem bestimmten künftigen Zeitpunkt beenden wollen. Zu einer Stellungnahme dazu war damals kein Anlaß.

Hier ist nach der Feststellung des Berufungsgerichts die Wettbewerbsabrede im Vertrag vom 18. Oktober 1962 getroffen. Es entnimmt aus der den Vertragsabschluß vorbereitenden Niederschrift vom 8. Oktober 1962, daß das Handelsvertreterverhältnis erst am 31. Oktober 1962 enden sollte (BU 25). Aus den Bestimmungen des Vertrages vom 18. Oktober 1962 folgert es ferner, daß der Beklagte sogar noch bis zum 31. Dezember 1962 als Vertreter tätig sein sollte (BU 26).

3. Die Wettbewerbsabrede ist daher hier nicht zugleich mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses, sonder noch während der Vertragsdauer getroffen worden. Zur Ausschließung des § 90 a HGB genügt es nicht, daß die Parteien zugleich mit der Wettbewerbsabrede zwar die Auflösung des Handelsvertretervertrages vereinbaren, aber erst für einen späteren Zeitpunkt. In einen solchen Fall stehen sich die Parteien im Zeitpunkt der Wettbewerbsabrede noch als Unternehmen und Handelsvertreter gegenüber. Unzweifelhaft gilt § 90 a HGB nicht nur für Wettbewerbsabreden, die bei Abschluß des Handelsvertretervertrages getroffen werden, sondern auch für solche während der Vertragsdauer (vgl. dazu auch LM Nr.2 zu § 90 a HGB). Nicht selten wird gerade erst, wenn das Handelsvertreterverhältnis sich seinem Ende nähert, etwa wenn ein Teil gekündigt hat, der Unternehmer ein Wettbewerbsverbot für den Handelsvertreter in der Zeit nach Vertragsende wünschen. In diesem Stadium besteht der Schutzzweck der zwingenden Vorschriften des § 90 a noch fort. Eine Abgrenzung für deren Anwendung, je nachdem ob die Wettbewerbsabrede noch Monate oder nur noch Wochen oder gar nur wenige Tage vor dem Ablauf des Vertragsverhältnisses getroffen wird, wäre ganz willkürlich. Der Schutz des § 90 a HGB muß daher aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dem Handelsvertreter auch dann noch zukommen, wenn die Wettbewerbsabrede erst kurz vor Vertragsende zustande kommt. Es gilt hier, wie schon in BGHZ 51, 184 ausgesprochen, dasselbe wie beim Ausgleichsanspruch, der gleichfalls gemäß § 89 b Abs. 4 HGB nicht durch eine Vereinbarung vor Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann.

4. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Handelsvertreter im Einzelfall des ihm vom Gesetz zugedachten Schutzes tatsächlich bedarf. Die zwingenden Vorschriften des Handelsvertreterrechts gelten auch dann, wenn das nicht der Fall ist. Die Revision leugnet hier aber auch zu Unrecht einen wirtschaftlichen Zusammenhang der Wettbewerbsabrede mit dem Handelsvertreterverhältnis der Parteien. Dieser wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Parteien vor Abschluß des Handelsvertretervertrages zusammen Gesellschafter einer GmbH waren.

5. Das Berufungsgericht hat hiernach mit Recht jedenfalls deshalb die auf Unterlassung von Wettbewerbshandlungen gerichtete Klage abgewiesen, weil nach den hier anwendbaren Vorschriften des § 90 a HGB ein Wettbewerbsverbot höchstens auf zwei Jahre nach Vertragsende vereinbart werden kann und dieser Zeitraum schon spätestens am 31. Dezember 1964 abgelaufen war. Ob das Wettbewerbsverbot vorher wirksam war, bedurfte keiner Entscheidung.

Die Revision ist daher mit Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Glanzmann, Rietschel, Meyer, Finke, Schmidt

 

Fundstellen

BGHZ

BGHZ, 89

Nachschlagewerk BGH

JZ 1970, 140

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