Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Revision von Streitgenossen

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Auftrag zur Verwaltung von Sparbüchern erteilt worden, so trägt im Streitfall grundsätzlich der Auftraggeber die Beweislast dafür, welche Sparbücher der Beauftragung erhalten hat, welche Guthaben die Sparkonten bei der Erlangung aufwiesen und welche Abhebungen während der dem Beauftragten obliegenden Verwaltung vorgenommen worden sind.

 

Normenkette

BGB §§ 606, 667, 666

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerinnen zu 1)-3) wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Dezember 1987 aufgehoben, soweit es ihnen einen Zahlungsanspruch von je 10.834,74 DM nebst Zinsen aberkennt und sie mit Kosten belastet.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Das angefochtene Berufungsurteil vom 10. Dezember 1987 enthält keinen Tatbestand. Mit Urteil vom 17. März 1988 hat das Berufungsgericht die in dem Urteil vom 10. Dezember 1987 enthaltene Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergänzt. Nach dem Tatbestand dieses rechtskräftigen Ergänzungsurteils geht es noch um folgendes:

Die vier Kläger und der Beklagte sind die Kinder ihrer am 15. November 1983 verstorbenen Mutter (Erblasserin); sie haben diese zu je einem Fünftel beerbt. Die Kläger haben behauptet, der Beklagte habe noch einen Geldbetrag von 54.173,68 DM in Besitz, den er aus Anlaß der Verwaltung von Vermögen des im Jahre 1962 vorverstorbenen Vaters und der Mutter der Parteien erlangt habe. Der Beklagte bestreitet das. Die Verwaltung soll sich auf Sparbücher bezogen und bis August 1981 angedauert haben.

Die Kläger sind der Auffassung, der Beklagte habe diesen Betrag anteilig an sie herauszugeben. Sie haben den Beklagten wegen dieses Geldbetrages und wegen eines weiteren Postens auf Zahlung von je 19.144,91 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung haben die Kläger noch je ein Fünftel des genannten Betrages von 54.173,68 DM nebst Zinsen verlangt. Das Berufungsgericht hat die Klage insoweit für unbegründet gehalten. Mit der Revision verfolgen nur noch die Klägerinnen zu 1)-3) den Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit zum Nachteil der Klägerinnen zu 1)-3) erkannt ist.

1.

Die Revision ist unbedenklich zulässig.

Zwar beträgt die Beschwer der Revisionsklägerinnen nur je 10.834,74 DM, insgesamt (§§ 2, 5 ZPO) also nur 32.504,22 DM und übersteigt damit die für die Revisibilität vorgesehene Grenze von 40.000 DM (§ 546 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht. Das ist jedoch unschädlich. Denn für die Zulässigkeit der Revision von Streitgenossen, deren Klage abgewiesen worden ist, kommt es nicht auf die einzelne Beschwer der betreffenden Streitgenossen an. Vielmehr ist die Beschwer aller Streitgenossen einer Parteiseite, soweit es sich nicht um wirtschaftlich identische Streitgegenstände handelt, nach den auch hier maßgebenden Berechnungsvorschriften der §§ 2, 5 ZPO bei der subjektiven Klagenhäufung zusammenzurechnen. Das gilt auch dann, wenn nur einer oder einzelne von mehreren Streitgenossen Revision einlegen (Senatsentscheidung vom 23.6.1983 - IVa ZR 136/82 - LM 111 zu § 546 ZPO m.w.N.).

2.

Das Klagebegehren, das die Klägerinnen zu 1)-3) im zweiten und dritten Rechtszug noch verfolgen, hat zweierlei zum Gegenstand: einmal die Aufteilung des Betrages, den der Beklagte aus der Vermögensverwaltung erlangt haben soll (und des darauf gerichteten Herausgabeanspruchs gemäß § 667 BGB) unter die fünf Miterben (§§ 2042 Abs. 2, 752 BGB - Teilung in Natur) zu je einem Fünftel und zum anderen die Erfüllung der dementsprechend den Klägerinnen zu 1)-3) gebührenden Teile dieser Forderung. Eine solche Zusammenfassung von Auseinandersetzung und Erfüllung der auseinandergesetzten Forderung ist, wie der Senat in seinem Urteil vom 15. November 1988 (IVa ZR 74/87 - FamRZ 1989, 273, 274) ausgesprochen hat, in überschaubaren Fällen - wie anscheinend hier - rechtlich unbedenklich (vgl. auch BGH Urteil vom 13.3.1963 - V ZR 208/61 - LM BGB § 2042 Nr. 4; RGZ 65, 5, 10; RG WarnR 1913 Nr. 236a, b, c; RG SeuffArch 77 Nr. 149; Lange/Kuchinke, Erbrecht 3. Aufl. § 45 III 4a S. 886 Fn. 122).

3.

Das Berufungsgericht stellt in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ein Auftragsverhältnis zwischen der Erblasserin und dem Beklagten fest. In diesem Zusammenhang habe der Beklagte mindestens bis 1981 Sparbücher der Erblasserin besessen und von diesen Geldbeträge abgehoben. Der Beklagte habe aber sämtliche Sparbücher zurückgegeben. Das Oberlandesgericht hat sich nicht davon überzeugen können, wo die abgehobenen Beträge verblieben sind. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der Beklagte das Geld auftrags- oder treuwidrig für sich verwendet und damit eine positive Vertragsverletzung begangen habe, hätten die Klägerinnen zu tragen. Diese hätten ihre Behauptung, der Beklagte habe Beträge von den Sparbüchern für sich verwendet, aber nicht hinreichend substantiiert.

Die Begründung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht stand.

Rechtsfehlerhaft ist es bereits, wenn das Berufungsgericht davon ausgeht, daß der Beklagte seine Herausgabepflichten gemäß § 667 BGB in Bezug auf die von ihm verwalteten Sparbücher schon durch deren bloße Rückgabe erfüllt habe. Wenn der Beklagte Auftrag hatte, Sparbücher der Mutter für diese zu verwalten, und wenn er von diesen Büchern Geld abhob, zu welchen Zwecken auch immer, dann erstreckt sich seine Herausgabepflicht aus § 667 BGB auch auf die bei diesen Abhebungen erlangten Gelder. Dementsprechend stützen die Klägerinnen ihre Klage entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts anscheinend nicht in erster Linie auf Pflichtverletzungen des Beklagten, sondern darauf, daß der Beklagte bestimmte Beträge aus dem Vermögen der Mutter erlangt und noch in seinem Besitz habe. Das Berufungsgericht hätte daher feststellen sollen, welche Sparbücher der Beklagte erhalten hat, welche Guthaben die Sparkonten bei der Erlangung aufwiesen und welche Abhebungen während der dem Beklagten obliegenden Verwaltung vorgenommen worden sind. Die Beweislast für diese Vorgänge hat im Grundsatz der Auftraggeber zu tragen (vgl. Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast § 667 BGB Rdn. 1; Erman/Hauß, 7. Aufl. § 667 Rdn. 5; Jauernig/Vollkommer, BGB 4. Aufl. § 667 Anm. 3e). Dabei kommen ihm jedoch die Auskunfts- und die Rechnungslegungspflicht des Beauftragten (§ 666 BGB) zugute. Sollte der Beklagte bestreiten, einzelne während der Dauer seiner Verwaltung abgebuchte Beträge erlangt zu haben, dann wird er im Hinblick auf seine Pflichten aus § 666 BGB im einzelnen darzulegen und im Rahmen des § 259 Abs. 1 BGB auch zu belegen haben, wohin die betreffenden Gelder geflossen sind und aus welchen Gründen das geschehen ist. Für den Verbleib von Geldbeträgen, die der Beklagte abgehoben oder über die er sonst verfügt hat, und dafür, daß solche Verfügungen im Einklang mit seinen Pflichten als Verwalter standen, trägt der Beklagte die Beweislast (vgl. Senatsurteil vom 13.11.1985 - IVa ZR 42/84 - NJW 1986, 1.492).

 

Unterschriften

Dr. Hoegen

Dehner

Dr. Schmidt-Kessel

Dr. Zopfs

Dr. Ritter

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456462

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