Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflassungsvormerkung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Auflassungsvormerkung kann auch dann nicht mit dem Inhalt eingetragen werden, daß zu ihrer Löschung der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt, wenn sie ohne zeitliche Begrenzung bestellt worden ist.

 

Normenkette

GBO § 23 Abs. 2

 

Gründe

I.

Mit notariellem Vertrag vom 28. März 1994 ließ der Beteiligte zu 1 einen Miteigentumsanteil von 1/2 an seinem Hausgrundstück an die Beteiligte zu 2 auf. Dem Beteiligten zu 1 wurde zugleich ein Anspruch auf Rückübereignung für den Fall eingeräumt, daß

  1. die Beteiligte zu 2 über den Miteigentumsanteil ohne Zustimmung des Beteiligten zu 1 verfügt oder daß
  2. über das Vermögen der Beteiligten zu 2 das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet oder mangels Masse abgelehnt wird, sie in Vermögensverfall gerät oder die Zwangsvollstreckung in "das Vertragsgrundstück" betrieben wird.

Der Rückübereignungsanspruch soll nach dem Vertrag mit dem Ableben des Beteiligten zu 1 erlöschen, sofern er zuvor nicht unbedingt entstanden ist.

Zur Sicherung des Anspruchs auf Rückübereignung bewilligten die Beteiligten die Eintragung einer Vormerkung des Inhalts, daß zur Löschung der Nachweis des Todes des Beteiligten zu 1 genügen soll.

Das Grundbuchamt hat die Beteiligte zu 2 als Miteigentümerin zu 1/2 sowie zugunsten des Beteiligten zu 1 eine Auflassungsvormerkung bezüglich dieses Anteils eingetragen. Den Antrag auf Eintragung der Löschungserleichterungsklausel hat es dagegen zurückgewiesen. Erinnerung und Beschwerde der Beteiligten sind erfolglos geblieben. Die weitere Beschwerde möchte das Bayerische Oberste Landesgericht zurückweisen. Daran sieht es sich aber durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Februar 1994, Rpfleger 1994, 345 gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Vorlage ist statthaft (§ 79 Abs. 2 GBO).

Das vorlegende Gericht geht davon aus, daß sich die bewilligte Auflassungsvormerkung nicht auf die Lebenszeit des Beteiligten zu 1 beschränkt und daß der gesicherte Anspruch, sofern er zu Lebzeiten des Beteiligten zu 1 wirksam geworden ist, vererblich ist und dann ebenfalls keiner zeitlichen Beschränkung unterliegt. Für diesen Fall hält das vorlegende Gericht eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 2 GBO mit der Folge, daß die beantragte Löschungserleichterungsklausel einzutragen wäre, nicht für zulässig.

Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Köln in dem angeführten Beschluß den Standpunkt vertreten, die Eintragung eines Löschungserleichterungsvermerks sei bei dieser Fallgestaltung in analoger Anwendung des § 23 Abs. 2 GBO geboten. Die beiden Gerichte sind mithin über dieselbe, hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedlicher Auffassung. Dies trägt die Vorlage.

III.

Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 78, 80 GBO), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1.

Sind bei einem auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkten dinglichen Recht seiner Art nach Rückstände von Leistungen möglich, so bedarf es nicht der an sich gemäß § 23 Abs. 1 GBO erforderlichen Bewilligung des Rechtsnachfolgers, wenn im Grundbuch eingetragen ist, daß zur Löschung der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt (§ 23 Abs. 2 GBO). Für die Löschung einer sich auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkenden Auflassungsvormerkung hat der erkennende Senat die Zulässigkeit einer Löschungserleichterungsklausel nach § 23 Abs. 2 GBO verneint (BGHZ 117, 390). Ist nämlich die Vormerkung mit Eintritt der Bedingung erloschen, so entfallen ihre gesetzlichen Wirkungen (§§ 883 Abs. 1 und 2, 884, 888 BGB, § 24 KO, § 48 ZVG). Rückstände im Sinne des § 23 GBO sind dann nicht mehr denkbar. Soweit der gesicherte Anspruch auf Rückübereignung - unter bestimmten Voraussetzungen - vererblich und damit nicht zeitlich beschränkt ist, so stellt der Fortbestand dieses Anspruchs keinen Rückstand der Vormerkung dar.

2.

Im Anschluß an diese Entscheidung ist in Rechtsprechung und Rechtslehre vielfach der Versuch unternommen worden, § 23 Abs. 2 GBO auf die Vormerkung dann analog anzuwenden, wenn nicht nur der gesicherte Rückübereignungsanspruch - sofern entstanden - vererblich ist, sondern auch die Vormerkung ohne zeitliche Begrenzung bestellt worden ist. In diesem Fall könne nämlich der fortbestehende schuldrechtliche Anspruch als Rückstand der ebenfalls fortbestehenden Vormerkung begriffen werden und die Eintragung einer Löschungserleichterungsklausel rechtfertigen (OLG Köln, Rpfleger 1994, 345; AG München, MittBayNot 1992, 279; Ertl, MittBayNot 1992, 195; Lülsdorf, MittRhNotK 1994, 129, 134 ff; Rastätter, BWNotZ 1994, 135, 137 f).

Der Senat vermag sich dem nicht anzuschließen.

a)

Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 GBO setzt voraus, daß das eingetragene Recht auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt ist (§ 23 Abs. 1 GBO). Schon daran fehlt es bei der vorliegenden Fallgestaltung, worauf das vorlegende Gericht zu Recht hinweist (s. auch Tiedtke, DNotZ 1992, 539, 543 f; Streuer, Rpfleger 1994, 346, 347). Die Vormerkung, um deren Löschung es geht, ist gerade nicht auf die Lebenszeit des Beteiligten zu 1 bestellt worden. Vielmehr soll sie fortbestehen und den Rückauflassungsanspruch, sofern er auf den Erben übergegangen ist, sichern.

b)

Ferner kommt die Eintragung einer Löschungserleichterungsklausel nur in Betracht, wenn Rückstände von Leistungen nicht ausgeschlossen sind. Solche Rückstände will das Oberlandesgericht Köln in der von der Auffassung des vorlegenden Gerichts abweichenden Entscheidung (aaO. S. 346) in dem auf den Erben übergegangenen Rückübereignungsanspruch erblicken, da dieser Anspruch allein in der Person des ursprünglich Berechtigten entstanden aber nicht erfüllt worden sei. Mag auch diese Sichtweise den Eindruck erwecken, der Anspruch auf Rückübereignung sei in solch einem Fall rückständig, so ist bei nüchterner Betrachtung nichts anderes geschehen, als daß der ursprüngliche Anspruch auf einen Rechtsnachfolger übergegangen ist. Er hat sich dabei in seinem Wesen nicht verändert. Die Annahme, es handele sich um Rückstände im Sinne von § 23 Abs. 1 GBO, liegt daher fern (vgl. Tiedtke, DNotZ 1992, 539, 543; Streuer, Rpfleger 1994, 346 f). Hinzu kommt, daß es ohnehin nicht um Rückstände des eingetragenen Rechts geht. Betroffen ist allein - wie der Senat in seiner bereits zitierten Entscheidung dargelegt hat (BGHZ 117, 390, 393) - der schuldrechtliche Anspruch.

c)

Angesichts dieser wesentlichen Unterschiede zu dem in § 23 Abs. 2 GBO geregelten Sachverhalt kommt eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf die hier vorliegende Fallkonstellation nicht in Betracht. Sie entspräche nicht der Interessenlage. Normalerweise kann ein auf die Lebenszeit des Berechtigten bestehendes Recht bei Fristablauf durch eine Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 GBO zur Löschung gebracht werden. Sind hingegen Rückstände vorhanden mit der Folge, daß das Recht insoweit fortbesteht, ist eine Grundbuchberichtigung nicht möglich. Verfahrensrechtlich bedarf die Löschung der Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO). Darüber hinausgehend schützt § 23 Abs. 1 GBO den Betroffenen schon dann, wenn bei einem auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkten Recht Rückstände nicht ausgeschlossen sind (unabhängig davon, ob sie wirklich bestehen). In jedem Fall bedarf es zur Löschung seiner Bewilligung (vgl. dazu Lülsdorf, MittRhNotK 1994, 129 f). Dies bedeutet für den Eigentümer, der nach Fristablauf das Recht zur Löschung bringen will, eine Erschwerung, die im Einzelfall einer schnellen Verwertung des Grundstücks hinderlich sein kann. Daher gibt § 23 Abs. 2 GBO in solchen Fällen die Möglichkeit, eine Löschungserleichterung zu vereinbaren und einen entsprechenden Vermerk einzutragen, der wiederum den Weg freimacht für das Verfahren nach § 22 GBO.

Dieser vom Gesetzgeber vorgenommene Interessenausgleich findet seine Rechtfertigung darin, daß Rückstände im allgemeinen die Ausnahme bilden werden und - vor allem - daß sie gegenüber dem (erloschenen) Stammrecht nicht erheblich ins Gewicht fallen, so daß die Erleichterung für den Grundstückseigentümer, die mit einer gewissen Gefährdung des Berechtigten einhergeht - sein Recht erlischt zwar nicht, kann aber nach Löschung einem gutgläubigen Erwerb durch einen Dritten anheim fallen (§ 892 BGB) -, der für beide Seiten unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedeutung gerecht wird. Dieses gesetzgeberische Konzept würde indes verlassen, wenn die Vorteile des § 23 Abs. 2 GBO dem Eigentümer auch dann zugute kämen, wenn es sich nicht um mögliche Rückstände (z.B. Zinsen oder sonstige Nutzungen) handelt, die dem Berechtigten noch zustehen können, sondern um das Recht selbst, mag auch sein Fortbestand nach Fristablauf wegen der vereinbarten Bedingungen die Ausnahme bilden. Hier müssen die Interessen des Berechtigten im Vordergrund stehen. Die Möglichkeit einer Löschung ohne seine Bewilligung wäre systemwidrig. Sein Recht ist (unter Umständen) unverändert wirksam. Diese Sachlage unterscheidet sich damit grundlegend von dem in § 23 Abs. 2 GBO geregelten Fall, der an das Erlöschen des Stammrechts anknüpft und lediglich Rückstände in Rechnung stellt (vgl. auch Tiedtke, DNotZ 1992, 539, 543 f; Streuer, Rpfleger 1994, 346 f).

3.

Die weitere Beschwerde ist somit zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, da Gerichtskosten kraft Gesetzes erhoben werden (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO) und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten hier nicht in Betracht kommt (§ 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 2 KostO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456432

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