Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine Publikums-Kommanditgesellschaft so organisiert, daß sich die Anleger nur mittelbar über einen Treuhänder an ihr beteiligen können, so unterliegt das zusammengehörende Bündel von Gesellschaftsvertrag und Treuhandabrede genauso der Inhaltskontrolle nach BGB § 242, wie wenn eine unmittelbare Beteiligung der Anleger an der Publikumsgesellschaft ohne Zwischenschaltung des Treuhänders vorläge.

2. Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die den persönlich haftenden Gesellschaftern einseitig das Recht einräumt, die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen nach freiem Ermessen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu übernehmen, ist unwirksam.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Ankaufsrecht hinsichtlich der von der Beklagten treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligung an der Immobiliengesellschaft Dr. P. KG R.-Zentrum West (nachfolgend: Kommanditgesellschaft) zusteht. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kommanditgesellschaft wurde mit Vertrag vom 20. Juli 1977 von den persönlich haftenden Gesellschaftern Dr. P. und O. zusammen mit der Beklagten – einer 100%igen Tochtergesellschaft der B. Bank – gegründet. Ziel der Gründung war, einen Anlegerfonds bereitzustellen, der es der S. AG ermöglichen sollte, auf ihrem Grundeigentum unter möglichst günstigen finanziellen und steuerlichen Bedingungen ein Einkaufszentrum zu errichten und zu betreiben. Zu diesem Zweck bestellte die S. AG der Kommanditgesellschaft an ihrem Grundstück ein Erbbaurecht. Nach der Errichtung des „R.-Zentrum West” mietete die S. AG das Grundstück an.

Vertragsgemäß erwarb die Beklagte, die sich zur Aufbringung des gesamten Kapitals verpflichtet hat, die Kommanditbeteiligung als Treuhänderin aller Inhaber der für den Fonds ausgestellten Beteiligungsscheine. Nach den zwischen ihr und den Kapitalgebern abgeschlossenen gleichlautenden Treuhandverträgen haben die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, sofern nichts anderes bestimmt ist, für das Treuhandverhältnis sinngemäß Gültigkeit (§ 3 Abs. 1). In Höhe seiner – mittelbaren – Beteiligung am Kommanditkapital trägt der Treugeber wie ein unmittelbar beteiligter Kommanditist anteilig das wirtschaftliche Risiko der Gesellschaft (§ 4 Abs. 3).

In § 11 des Gesellschaftsvertrages ist zugunsten der Komplementäre eine Optionsklausel vorgesehen. Diese hat folgenden Wortlaut:

„Die Kommanditistin räumt den Herren O. und Dr. P. ein Ankaufsrecht an dem Gesellschaftskapital einschließlich der Kommanditeinlage ein. Die Herren O. und Dr. P. sind berechtigt, dieses Ankaufsrecht an Dritte ganz oder teilweise abzutreten, ohne daß es hierzu der Zustimmung der Mitgesellschafter bedarf.

Das Ankaufsrecht kann nur schriftlich mit einer Frist von 6 Monaten zum 31. Dezember 1987 ausgeübt werden. Der Kaufpreis richtet sich nach der Bestimmung des § 13 Abs. 6.”

§ 13 Abs. 6 sieht vor, daß das Abfindungsguthaben bei Ausübung des Ankaufsrechts nicht weniger als 60% und nicht mehr als 80% der Kommanditeinlage betragen darf.

Noch im Jahre 1977 unterbreiteten Dr. P. und O. der S. AG das unwiderrufliche Angebot, ihr das Ankaufsrecht bis zum 30. Juni 1987 abzutreten. Mit Vertrag vom 18. Dezember 1984 traten sie allerdings das Ankaufsrecht in Höhe eines Teilbetrages von 100.000 DM dem Kläger ab. Später nahm die S. AG das ihr unterbreitete Angebot innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist an. Nach dem Vorbringen der Revision hat der Kläger sein Ankaufsrecht inzwischen, während des Revisionsverfahrens, fristgemäß ausgeübt.

Mit der vorliegenden Klage will der Kläger festgestellt wissen, daß ihm ein Ankaufsrecht an der Kommanditbeteiligung in Höhe der Teilabtretung vom 18. Dezember 1984 zusteht. Gemeinsam mit der ihm im zweiten Rechtszug als Streithelferin beigetretenen S. AG ist er der Auffassung, daß gegen die Wirksamkeit des in § 11 des Gesellschaftsvertrages vorgesehenen Ankaufsrechts – anders, als von der Beklagten vertreten wird – nichts zu erinnern sei.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger mit Unterstützung der Streithelferin sein Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Allerdings bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß der Kläger nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Revision das umstrittene Ankaufsrecht inzwischen innerhalb der gesellschaftsvertraglich vorgeschriebenen Frist ausgeübt hat. Zwar könnte er die Beklagte nunmehr auch auf Übertragung des Kommanditanteils in Höhe der Teilabtretung vom 18. Dezember 1984 in Anspruch nehmen oder Klage auf Feststellung des Bestehens seiner Beteiligung erheben, je nachdem, ob § 11 des Gesellschaftsvertrages nur eine Verpflichtung zur Übertragung der Kommanditbeteiligung bzw. eines Teils von ihr begründen oder mit der Ausübung des Ankaufsrechts zugleich das dingliche Übertragungsgeschäft zustande kommen sollte (vgl. dazu BGHZ 84, 11, 14). Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Kläger jedoch grundsätzlich nicht gehalten, von einer einmal zulässigen Feststellungsklage im Laufe des Rechtsstreits Abstand zu nehmen (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 10. Januar 1978 – VI ZR 113/75, WM 1978, 470, 471). Allerdings muß das Feststellungsinteresse als eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Prozeßvoraussetzung auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. BGHZ 18, 98, 106f). Diese Voraussetzung ist hier aber erfüllt, weil die Rechtsposition des Klägers hinsichtlich der Kommanditbeteiligung weiterhin vom Bestehen des nach wie vor streitigen Ankaufsrechts abhängt.

II. In der Sache selbst hat die Revision keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat die in § 11 des Gesellschaftsvertrages vom 20. Juli 1977 getroffene Regelung einer Inhaltskontrolle unterzogen und ist dabei in Anlehnung an die Entscheidung des erkennenden Senats vom 3. Mai 1982 (BGHZ 84, 11ff) zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Klausel, gemessen an den Grundsätzen von Treu und Glauben, die Anleger unzumutbar benachteilige und deshalb unwirksam sei. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind nicht begründet.

1. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht zu Recht angenommen, daß der vorliegende Gesellschaftsvertrag der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach § 242 BGB unterworfen ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, an der sich durch das Inkrafttreten des AGB-Gesetzes nichts geändert hat, unterliegen Gesellschaftsverträge von körperschaftlich strukturierten Publikumsgesellschaften der Inhaltskontrolle (vgl. BGHZ 64, 238ff; 84, 11ff; Senatsurteil v. 22. März 1982 – II ZR 74/81, WM 1982, 583, 584; v. 10. Oktober 1983 – II ZR 213/82, WM 1983, 1407; v. 9. November 1987 – II ZR 100/87, WM 1988, 23, 25). Die wesentlichen Merkmale der Publikumsgesellschaft sind nach diesen Entscheidungen darin zu sehen, daß sie auf die Beteiligung einer unbestimmten Vielzahl erst noch zu werbender Gesellschafter angelegt ist, die sich nur kapitalistisch an ihr beteiligen und mehr oder weniger zufällig zusammengeführt werden. Zwischen den Kapitalanlegern untereinander sowie zwischen ihnen und den Gründer-Gesellschaftern bestehen typischerweise keine persönlichen oder sonstigen Beziehungen, wie dies bei Personengesellschaften der Fall ist, die dem gesetzlichen Leitbild entsprechen. In der Öffentlichkeit geworben, müssen die Anleger den fertig formulierten Gesellschaftsvertrag hinnehmen, auf dessen inhaltliche Ausgestaltung sie keinen irgendwie gearteten, ihre Interessen wahrenden Einfluß ausüben können. Zhnlich wie bei allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen ist deshalb der Gesellschaftsvertrag einer gerichtlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen.

An dieser Auffassung, die in der Literatur überwiegend Zustimmung erfahren hat (vgl. aus jüngster Zeit Grunewald, Der Ausschluß aus Gesellschaft und Verein 1987 S. 132ff m.umfangr.Nachw.; H.P. Westermann, Festschrift für Goerdeler 1987 S. 697, 706ff), ist festzuhalten. Der Einwand, eine Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen sei nach geltendem Recht nicht zu begründen (vgl. dazu Hille, Die Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikums-Gesellschaften 1986) und auch aus rechtspolitischer Sicht nicht geboten, weil der um steuerliche Vorteile bemühte Kapitalanleger keines Schutzes bedürfe (vgl. Flume, DB 1986, 629, 631; vgl. auch Knobbe-Keuk, Das Steuerrecht – eine unerwünschte Rechtsquelle?, 1986, S. 11ff), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Richtig ist, daß Personen mit höherem Einkommen, die sich in erster Linie wegen der steuerlichen Vorteile am Beitritt zu einer Abschreibungsgesellschaft interessiert zeigen, in der Regel nicht geschäftlich unerfahren sind. Zumindest haben sie gewöhnlich die Möglichkeit, sich zu ihrem Schutz der Hilfe von Fachberatern zu bedienen. Das hat auch der Bundesgerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen zum Anlaß genommen, darauf hinzuweisen, daß die Norm des § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO nicht dem Schutz der vertraglichen Abschlußfreiheit des Kapitalanlegers dient (vgl. BGH, Urteile v. 17. Januar 1985 – III ZR 135/83, WM 1985, 221, 222; v. 25. April 1985 – III ZR 27/84, WM 1985, 993; v. 20. Februar 1986 – III ZR 223/84, WM 1986, 700; v. 10. April 1986 – III ZR 121/84, WM 1986, 995). Bei der Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen geht es demgegenüber aber nicht nur um die Frage, ob und wieweit der sich beteiligende Anleger – gegebenenfalls fachkundig beraten – eine ihn benachteiligende Vertragsgestaltung hätte erkennen und den Vertragsabschluß dementsprechend hätte unterlassen können. Vielmehr dürfen die Anleger, wenn sie bei ihrem Beitritt ein bereits fertig vorformuliertes Vertragswerk vorfinden, erwarten, daß die Gründer und Initiatoren des Projekts bei dessen Erstellung nicht einseitig und ausschließlich ihre Interessen durchzusetzen versuchen, indem sie unter Ausnutzung der für ganz andere Beteiligungsverhältnisse eingeräumten Vertragsgestaltungsfreiheit gesetzlichen Regelungen, die den Besonderheiten der Massengesellschaft Rechnung tragen, ausweichen und stattdessen ein Vertragswerk schaffen, das die Leitungsorgane einer wirksamen Kontrolle der Anleger entzieht (vgl. BGHZ 64, aaO; Senatsurteil v. 22. März 1982 – II ZR 74/81, aaO; v. 10. Oktober 1983 – II ZR 213/82, aaO; vgl. Senatsurteile v. 19. November 1984 – II ZR 102/84, WM 1985, 256f; v. 9. November 1987 – II ZR 100/87, aaO) oder die Anleger in einer sonst der rechtlichen Wertung widersprechenden Weise rechtlos stellt.

b) Zutreffend ist allerdings, daß die Kapitalanleger nach der hier gewählten Vertragsgestaltung weder Kommanditisten der Gesellschaft, noch aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarungen in das Gesellschaftsverhältnis einbezogen sind (vgl. hierzu Sen. Urt. v. 30. März 1987 – II ZR 163/86, WM 1987, 811). Vielmehr beruhen ihre Rechte und Pflichten auf den mit der Beklagten begründeten Treuhandverhältnissen. Dies nimmt der Kommanditgesellschaft aber nicht die Eigenschaft einer Publikumsgesellschaft.

Die Kommanditgesellschaft ist – anders, als die Revision meint – keine „normale” Gesellschaft mit geschlossenem Gesellschafterkreis, sondern von ihren Gründern darauf angelegt, eine unbestimmte Vielzahl von interessierten Kapitalanlegern durch die von vornherein vorgesehene Verzahnung von Gesellschaftsvertrag und Treuhandvertrag mittelbar an die Gesellschaft zu binden. Das ergibt sich insbesondere aus § 4 Abs. 3 ihres Gesellschaftsvertrages, in dem es wörtlich heißt: „Die B. Verwaltungs-Gesellschaft mbH erwirbt die Kommanditbeteiligung im eigenen Namen für fremde Rechnung als Treuhandkommanditistin für die Gesamtheit aller Inhaber der für den Fonds ausgestellten Beteiligungsscheine”. Entsprechend dieser vertraglichen Regelung waren sich die Gesellschafts-Gründer darüber einig, daß die Beklagte natürliche oder juristische Personen ihrer Wahl auf dem freien Kapitalmarkt anhand von Prospekten werben sollte. Nach den vorformulierten Treuhandverträgen hat die Beklagte die Beteiligungen „im Auftrag” und „für Rechnung” der Anleger zu halten (§ 4 Abs. 2 des Treuhandvertrages). Damit unterscheidet sich die Rechtsstellung des einzelnen Anlegers von der des „echten” Kommanditisten nur dadurch, daß er die Gewinn-, Stimm- und Kontrollbefugnisse nicht selbst wahrnehmen kann, und ihn die Gesellschafterpflichten sowie die unternehmerischen Entscheidungen innerhalb der Publikumsgesellschaft nicht unmittelbar, sondern über die Beklagte als zwischengeschaltete Treuhandkommanditistin treffen. Aus einer derartigen unabdingbar vorgegebenen Organisationsentscheidung der Gesellschafts-Gründer und Initiatoren dürfen den Kapitalanlegern, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des Treuhänders unvermeidbar ergibt, grundsätzlich keine Rechtsnachteile entstehen (vgl. Sen. Urt. v. 17. Dezember 1979 – II ZR 240/78, WM 1980, 401f; vgl. auch Schilling in GroßKomm. z. HGB 4. Aufl. Anh. § 161 Anm. 3). Für den mit Hilfe der gerichtlichen Inhaltskontrolle zu gewährleistenden Anlegerschutz ergibt sich nichts anderes. Zwar mag die vertraglich festgelegte Zwischenschaltung des Treuhänders für den einzelnen Anleger insoweit vorteilhaft sein, als durch die hiermit verbundene Bündelung der Anlegerrechte unter Umständen eine bessere Kontrolle der die Publikumsgesellschaft leitenden Personen oder Organe erreicht werden kann. Ansonsten drohen dem Anleger durch die Aufeinanderabstimmung von vorformuliertem Gesellschaftsvertrag und standardisierter Treuhandabrede aber dieselben Gefahren, wie wenn er Kommanditist oder aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung in das nicht dem gesetzlichen Leitbild entsprechende Gesellschaftsverhältnis einbezogen wäre. Die Gründe, die für eine Inhaltskontrolle von Publikumsgesellschaftsverträgen sprechen, kommen deshalb auch in Fällen der mittelbaren Beteiligung zum Tragen (vgl. auch Bälz, ZGR 1980, 1, 86ff; Stimpel, Festschrift für R. Fischer 1979 S. 771, 781; H.P. Westermann, Festschrift für Stimpel 1985 S. 69, 74; Grunewald, aaO S. 139).

c) Aus dem Umstand, daß die Beklagte selbst zum Kreis der Gesellschafts-Gründer und Initiatoren zählt, ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision nichts anderes. Zwar mag der Treuhänder sich oftmals für eine für die Treugeber günstige Vertragsgestaltung einsetzen, da er so sein Risiko, die Kommanditbeteiligung später auch tatsächlich absetzen zu können, reduzieren kann. Auch wenn der Treuhänder insoweit – wie die Revision geltend macht – nicht dem „Lager” der anderen Gesellschafts-Gründer zuzurechnen sein sollte, so ist dies aber noch kein Grund dafür, den Vertrag der Publikumsgesellschaft, der auf diese Weise abgeschlossen wurde, überhaupt nicht oder nach weniger strengen Maßstäben zu kontrollieren (vgl. auch Grunewald, aaO S. 134). Dem steht entgegen, daß den Anlegern im Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages noch kein Weisungsrecht gegenüber dem für sie handelnden Treuhänder zustand. Angesichts dieser Tatsache fehlt ein Anknüpfungspunkt, der die Annahme rechtfertigen könnte, daß der Gesellschaftsvertrag tatsächlich auf einem die Interessen der Anleger wahrenden Vertragskompromiß beruht. Dies gilt um so mehr, als nicht außer Betracht bleiben darf, daß die Interessen des Treuhänders nicht mit denen der Treugeber identisch sind. Denn erwirbt jener – wie im gegebenen Fall – die Kommanditbeteiligung für Rechnung der erst noch zu werbenden Anleger, so muß er nicht befürchten, daß die wirtschaftlichen Folgen seines Handelns ihn selbst treffen. So sind es hier denn auch nicht die Interessen der Beklagten, die durch das gesellschaftsvertraglich vorgesehene Ankaufsrecht berührt werden. Erst recht ist es nicht die Beklagte, die von der in § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages festgelegten Vereinbarung betroffen wird, nach der im Fall der Ausübung des Ankaufsrechts nur eine Abfindung von höchstens 80% der Kommanditeinlage gezahlt werden muß. Dabei deutet vieles darauf hin, daß diese Abfindungsregelung ohne sachlichen Anlaß Teile der geleisteten Einlage von der Rückzahlung ausnimmt und deshalb schon wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB als unverbindlich anzusehen ist (vgl. zur entspr. Problematik bei Individualabreden P. Ulmer in GroßKomm. z. HGB 3. Aufl. § 138 Anm. 121 m.w.N.; in diesem Sinne auch Flume, Personengesellschaftsrecht 1977 S. 185). Auch dies spricht dafür, daß nicht von einer Vertragsparität ausgegangen werden kann. Das zusammengehörende Bündel von Gesellschaftsvertrag und Treuhandabrede muß somit genauso einer Inhaltskontrolle unterzogen werden, wie wenn eine unmittelbare Beteiligung der Anleger ohne Zwischenschaltung der Beklagten als Treuhandkommanditistin vorläge.

2. Die beanstandete Klausel ist nach den im folgenden niedergelegten Rechtsgrundsätzen als unwirksam anzusehen.

Sie verfolgt – wie von beiden Vorinstanzen zu Recht vertreten – ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründer-Gesellschafter und Komplementäre der Kommanditgesellschaft und beeinträchtigt unangemessen und unbillig die berechtigten Interessen der Kapitalanleger.

a) § 11 des Gesellschaftsvertrages räumt den persönlich haftenden Gesellschaftern das Recht ein, die von der Beklagten treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung der Kapitalanleger durch einseitige Erklärung sich selbst oder Dritten zukommen zu lassen. Dieses Recht können die Komplementäre gemeinsam nach freiem Ermessen ausüben. Allerdings muß das Ankaufsrecht – anders, als in dem vom Senat in BGHZ, 84, 11ff entschiedenen Fall – zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeübt werden. Dies schließt aber nicht aus, daß von ihm in einer Weise Gebrauch gemacht wird, die zu einer einseitigen Belastung der Treugeber führt. Entgegen der Ansicht der Revision muß vielmehr auch hier nach der Lebenserfahrung damit gerechnet werden, daß das Übernahmerecht nur dann ausgeübt wird, wenn sich das Gesellschaftsunternehmen als wirtschaftlich erfolgreich erwiesen hat und auch in Zukunft mit Gewinnen zu rechnen ist, während von seiner Ausübung Abstand genommen wird, wenn das Unternehmen nicht sonderlich ertragreich war und sich hieran auch in Zukunft aller Voraussicht nach nichts ändern wird. Die in § 11 des Gesellschaftsvertrages festgelegte Regelung eröffnet den persönlich haftenden Gesellschaftern oder Dritten somit die Möglichkeit, zu Lasten der das wirtschaftliche Risiko der Beteiligung tragenden Treugeber zu spekulieren. Hierin kann, gemessen an den Grundsätzen von Treu und Glauben, keine ausgewogene Regelung gesehen werden; vielmehr löst sie den für die unternehmerische Beteiligung kennzeichnenden Zusammenhang von Chance und Risiko einseitig zum Nachteil der Anleger auf:

Ebenso wie bei der direkten Übernahme einer Kommanditbeteiligung (vgl. hierzu BGHZ 84, 11, 14f) begründet die Kapitalbeteiligung an einer Kommanditgesellschaft unter Zwischenschaltung eines Treuhänders für die Anleger einerseits das Risiko, das angelegte Kapital zu verlieren, andererseits die Chance, Gewinne zu erzielen und dieses Kapital zu vermehren. Diese Chancen und Risiken folgen aus dem Wesen einer derartigen Kapitalanlage und sind grundsätzlicher Bestandteil des Interessenausgleichs zwischen den an einer Publikums- und Massengesellschaft direkt oder über einen Treuhänder Beteiligten. Unter dem Blickpunkt der Inhaltskontrolle sind deshalb Klauseln grundsätzlich als unzulässig anzusehen, die einen Gesellschafter in die Lage versetzen, die zwischen der Risikoübernahme einerseits und den gewonnenen Chancen andererseits bestehende Verbindung zu lösen und für sich oder Dritte zu Lasten der anderen Beteiligten die mit der Kapitalanlage verbundenen Chancen zu beanspruchen und das Risiko den anderen Beteiligten zu belassen.

Eine andere Beurteilung ergäbe sich auch dann nicht, wenn den Anlegern im Ergebnis – in Abweichung von der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung über den Abfindungsanspruch – eine angemessene Abfindung zuzuerkennen wäre. Denn damit würde die mit dem Ankaufsrecht verbundene, dem Vertragstyp widersprechende einseitige Benachteiligung der Anleger nicht beseitigt, die daraus folgt, daß sie die Gefahr begründet, die Beteiligung nur dann zu verlieren, wenn die Gesellschaft erfolgreich arbeitet (vgl. BGHZ 84, 11, 15f).

b) Die Revision gibt ferner zu bedenken, daß das Ankaufsrecht in Wirklichkeit nicht den Gründungs-Gesellschaftern und Komplementären zustehe, sondern das Ziel verfolge, der Streithelferin nach Ablauf der auf zehn Jahre bemessenen Optionsfrist den vollen Rückerwerb der Immobilie zu ermöglichen. Es gehe daher nicht um eine gesellschaftsvertragliche Problematik, sondern um das der Inhaltskontrolle entzogene Verhältnis der Streithelferin zur Kommanditgesellschaft. Dabei sei zu beachten, daß das Ankaufsrecht wirtschaftlich gesehen einem befristeten Heimfallrecht hinsichtlich des der Kommanditgesellschaft von der Streithelferin bestellten Erbbaurechts gleichstehe. Auch dem kann nicht gefolgt werden. Zwar mögen die Gesellschafts-Gründer von der Vereinbarung eines Heimfallrechts oder von der Begründung eines Rückkaufsrechts bezüglich des Erbbaurechts aus steuerlichen Gründen Abstand genommen haben. Das ändert jedoch nichts daran, daß mit der vorliegenden Vertragsgestaltung kein Weg gewählt worden ist, der auf die schutzwürdigen Interessen der Anleger in angemessener Weise Rücksicht nimmt. Bei dieser Beurteilung bleibt es auch dann, wenn die Streithelferin nur aufgrund der Optionsklausel bereit gewesen sein sollte, der Bildung des Anlagefonds als Grundstückseigentümerin zuzustimmen. Hierauf kommt es schon deshalb nicht an, weil sich aus § 11 des Gesellschaftsvertrages nicht – auch nicht im Wege der Auslegung – ergibt, daß das Ankaufsrecht ausschließlich der Streithelferin zwecks Rückerwerbs der Immobilie zusteht. Denn auch für die mittelbar an einer Publikumsgesellschaft beteiligten Anleger ist nur dasjenige verbindlich, was dem schriftlichen Gesellschaftsvertrag entnommen werden kann, weil ihr Interesse daran, sich auf Wortlaut und objektiven Sinn der maßgebenden Urkunden verlassen zu können, ebenso groß ist, wie wenn sie Kommanditisten wären (vgl. Sen.Urt. v. 7. November 1977 – II ZR 105/76, WM 1978, 87f). Davon abgesehen müßte sich auch die Streithelferin – wie jeder andere Dritte – entgegenhalten lassen, daß die Klausel sie zu nichts verpflichtet, sondern darauf angelegt ist, den Anlegern die Beteiligung zu entziehen, sofern dies wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Im Hinblick hierauf kann die Ausgewogenheit der Optionsklausel – wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 3. Mai 1982 (BGHZ 84, 11, 16) zum Ausdruck gebracht hat – auch nicht damit begründet werden, daß ein sachliches Interesse der Komplementäre oder Dritter daran besteht, die Alleinherrschaft an dem Gesellschaftsunternehmen für sich zu erlangen, wenn das Anlegerkapital nicht mehr gebraucht wird und den Anlegern der „vorprogrammierte Kapitalnutzen” gewährt worden ist.

c) Da sich schon aus diesen Ausführungen ergibt, daß das Ankaufsrecht die Kapitalanleger ohne sachlichen Grund benachteiligt und deshalb als unwirksam anzusehen ist, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob dieses Ergebnis auch mit den Rechtsgrundsätzen begründet werden kann, die der Senat in seinen Urteilen vom 13. Juli 1981 (BGHZ 81, 263ff) und vom 25. März 1985 (II ZR 240/84, WM 1985, 772) auf eine dem gesetzlichen Leitbild entsprechende Kommanditgesellschaft angewandt hat.

3. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt die Beklagte auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf die Unwirksamkeit der Optionsklausel beruft. Daß sie selbst für deren Inhalt (mit-) verantwortlich ist, kann ihr nicht entgegengehalten werden, weil es nicht um die Durchsetzung ihrer Interessen, sondern die ihrer Treugeber geht. Daraus, daß die Streithelferin wegen des Streits um die Wirksamkeit des Ankaufsrechts mehr als 50% des gesamten Anlegerkapitals erworben hat (GA 335f), und sich dieses – wie im Revisionsverfahren erstmals von der Streithelferin geltend gemacht – inzwischen auf sie und einen weiteren „Großanleger” sowie einen Beteiligungskäufer verteilt, ergibt sich nichts anderes. Denn abgesehen davon, daß dem neuen Vorbringen hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse gemäß § 561 Abs. 1 ZPO keine Bedeutung geschenkt werden darf, ist diesem nicht zu entnehmen, daß die jetzigen Anleger die unwirksame Optionsklausel übereinstimmend gegen sich gelten lassen wollen. Vor allem ergibt sich daraus nichts dafür, daß im Verhältnis zu den Beteiligungen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites sind, eine Znderung eingetreten ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 647939

BGHZ, 50

NJW 1988, 1903

ZIP 1988, 906

DNotZ 1988, 788

JZ 1988, 874

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