Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungsdurchgriff für Darlehensnehmer gegenüber Bank bei verbundenem Geschäft bei vorsätzlich falschen Angaben des Vermittlers

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Darlehensnehmer kann sich ggü. der seine Fondsbeteiligung finanzierenden Bank in Fällen eines verbundenen Geschäfts mit Erfolg auf einen Einwendungsdurchgriff berufen, wenn er durch vorsätzlich falsche Angaben des Vermittlers zu dem Fondsbeitritt bewogen worden ist, nicht hingegen wenn sein Beitritt durch eine nur fahrlässige Aufklärungspflichtverletzung verursacht wurde (Bestätigung von BGHZ 167, 239 Rz. 27 ff.).

 

Normenkette

BGB a.F. §§ 123, 276

 

Verfahrensgang

Brandenburgisches OLG (Urteil vom 02.12.2009; Aktenzeichen 4 U 28/09)

LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 03.02.2009; Aktenzeichen 12 O 390/07)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des OLG Brandenburg vom 2.12.2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die klagende Bank und der Beklagte streiten über die Pflicht des Beklagten zur Rückzahlung eines Darlehens, das dieser bei der Klägerin zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung aufgenommen hat.

Rz. 2

Geworben durch einen Vermittler, nahm der Beklagte mit Vertrag vom 14./28.6.2000 bei der Klägerin ein Darlehen i.H.v. 52.500 DM zur Finanzierung seiner Beteiligung an der V. KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) auf. Die Darlehensvaluta wurde vereinbarungsgemäß ausgezahlt und der Kreditvertrag mit Vereinbarung vom 27.6./13.7.2005 prolongiert. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 26.10.2006 wandte sich der Beklagte an die Klägerin und berief sich unter Hinweis auf einen ihm zustehenden Einwendungsdurchgriff darauf, das Geschäft sei in einer Haustürsituation geschlossen und er - der Beklagte - sei über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden; ferner sei er bei Abschluss der Verträge nicht ausreichend und zutreffend über die Risiken der Kapitalanlage aufgeklärt worden.

Rz. 3

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - die Feststellung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag mit der Maßgabe wirksam ist, dass lediglich Zinsen i.H.v. 4 % nominal geschuldet sind, sowie die weitere Feststellung, dass der Beklagte der Klägerin keine Einwendungen aufgrund von Schadensersatzansprüchen wegen falscher oder unvollständiger Aufklärung über die Risiken seiner Beteiligung an der Fondsgesellschaft, sowie Unwirksamkeit oder Kündigung seiner Beteiligung an der Fondsgesellschaft entgegenhalten kann.

Rz. 4

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag insoweit weiter, als das Berufungsgericht Gegenrechte wegen der mangelnden Aufklärung durch den Vermittler verneint hat; er erstrebt die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Berufungsgericht ihm das Recht abgesprochen hat, dem Darlehensrückzahlungsanspruch seinen - des Beklagten - Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben entgegenzuhalten.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 5

Die Revision ist unbegründet.

I.

Rz. 6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit im Revisionsverfahren noch von Belang - im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 7

Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag sei trotz der entgegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1b VerbrKrG (in der bis 30.9.2000 geltenden Fassung) fehlenden Gesamtbetragsangabe wirksam. Die Formmängel hätten gem. § 6 Abs. 3 VerbrKrG lediglich die auch von der Klägerin zugestandene Reduzierung des geschuldeten Nominalzinses zur Folge. Gegenüber den Ansprüchen der Klägerin aus dem Darlehensvertrag stehe dem Beklagten auch kein Leistungsverweigerungsrecht aus § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG im Umfang eines ggü. der Fondsgesellschaft nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft begründeten Abfindungsanspruchs zu. Es sprächen zwar gute Gründe dafür, dass es sich bei dem Beitritt des Beklagten zu der Fondsgesellschaft und dem mit der Klägerin geschlossenen Darlehensvertrag um ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 9 Abs. 1 VerbrKrG handele. Der Beklagte habe im Rahmen des Berufungsverfahrens auch schlüssig eine Aufklärungspflichtverletzung des Vermittlers zumindest in Bezug auf das Risiko des Entstehens einer Nachschussverpflichtung i.S.d. § 172 Abs. 4 HGB vorgetragen. Dem müsse aber nicht weiter nachgegangen werden, da der Vermittler nach dem Vortrag des Beklagten seine Aufklärungspflicht lediglich fahrlässig und nicht vorsätzlich verletzt habe. Eine fahrlässige Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Vermittler vermöge jedoch ein der finanzierenden Bank im Wege des Einwendungsdurchgriffs entgegenzuhaltendes Kündigungsrecht in Bezug auf den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft nicht zu begründen. Dies komme nur bei einem vorsätzlichen Aufklärungsverschulden in Betracht. In Rechtsprechung und Literatur bestehe Einigkeit, dass ein Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Aufklärungsverschuldens des Vermittlers nur gegenüber diesem, nicht aber ggü. der Gesellschaft bestehe; auch seien die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nur im Falle eines die Wirksamkeit des Beitritts betreffenden Mangels anwendbar; eine nur fahrlässige Aufklärungspflichtverletzung rechtfertige daher weder einen Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft noch führe sie zur Unwirksamkeit des Gesellschaftsverhältnisses. An eine fahrlässige Aufklärungspflichtverletzung über die Risiken des Gesellschaftsbeitritts angesichts dessen die selben rechtlichen Wirkungen der Möglichkeit einer Kündigung des Gesellschaftsvertrags aus wichtigem Grund zu knüpfen wie an einen wegen vorsätzlicher Aufklärungspflichtverletzung unwirksamen Gesellschaftsbeitritt, werde den schutzwürdigen Interessen der übrigen Gesellschafter nicht gerecht. Insoweit seien dieselben Erwägungen zu berücksichtigen wie sie bei der Frage der Haftung der Gesellschaft aus Verschulden bei Vertragsschluss einhelliger Meinung entsprächen.

II.

Rz. 8

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Der Beklagte kann der Klägerin die im Streit stehenden Gegenrechte wegen mangelnder Aufklärung durch den Vermittler nicht mit Erfolg entgegenhalten.

Rz. 9

1. Zutreffend - und von den Parteien zu Recht nicht angegriffen - ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kreditvertrag trotz des Fehlens der gem. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1b VerbrKrG in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung erforderlichen Angabe des Gesamtbetrags wirksam ist. Das Fehlen der Gesamtbetragsangabe hat, da die Darlehensvaluta vereinbarungsgemäß ausgezahlt wurde, nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG nur zur Folge, dass der Beklagte der Klägerin statt des festgelegten Vertragszinses lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4 % p.a. schuldet.

Rz. 10

2. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsurteil auch rechtsfehlerfrei, soweit das Berufungsgericht festgestellt hat, dass der Beklagte der Klägerin im Wege des Einwendungsdurchgriffs keine Gegenrechte wegen einer fahrlässigen Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Vermittler entgegenhalten kann.

Rz. 11

a) Mangels entgegen stehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass der Darlehensvertrag und der finanzierte Gesellschaftsbeitritt ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 9 Abs. 1 VerbrKrG sind.

Rz. 12

b) Revisionsrechtlich ist zugunsten des Beklagten auch die vom Berufungsgericht nicht abschließend geklärte fahrlässige Verletzung einer das Anlageobjekt betreffenden Aufklärungspflicht durch den Vermittler zugrunde zu legen.

Rz. 13

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Beklagte der Klägerin als der finanzierenden Bank eine solche fahrlässige Verletzung einer Aufklärungspflicht durch den Vermittler nicht im Wege eines Einwendungsdurchgriffs entgegenhalten kann. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BGH zu dem Haftungssystem bei verbundenen Anlagegeschäften (hierzu BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 ff. Rz. 27 ff.). Wie auch die Revision nicht verkennt, hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden, dass der finanzierenden Bank auch in Fällen eines verbundenen Geschäfts nur ein vorsätzliches Verhalten des Vermittlers zuzurechnen ist (BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 Rz. 27 ff.; v. 5.6.2007 - XI ZR 348/05, WM 2007, 1367 Rz. 21; v. 1.7.2008 - XI ZR 411/06, WM 2008, 1596 Rz. 19; a.A. OLG Stuttgart ZIP 2008, 1570, 1571 f.; dem folgend Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 705 Rz. 19b). Die Ausführungen der Revision geben zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

Rz. 14

aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH muss sich eine finanzierende Bank ein Fehlverhalten eines im Rahmen von Erwerbermodellen auftretenden Anlagevermittlers durch unrichtige Angaben zu dem Anlageobjekt nicht gem. § 278 BGB zurechnen lassen (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 333; v. 16.5.2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rz. 63, jeweils m.w.N.). Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft bilden. Auch bei einem verbundenen Geschäft geht das Gesetz von zwei rechtlich selbständigen Verträgen aus (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 309; v. 4.12.2007 - XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rz. 36), bei denen jedoch aufgrund der bestehenden wirtschaftlichen Einheit der kreditgebenden Bank unter den Voraussetzungen des § 9 VerbrKrG Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft entgegengehalten werden können. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass sämtliche, also auch fahrlässige Aufklärungspflichtverletzungen durch den Fondsvertreiber oder Vermittler der kreditgebenden Bank nach § 278 BGB ohne Weiteres zugerechnet werden, hätte es der komplizierten Regelungen über den Einwendungsdurchgriff nicht bedurft (Nobbe, WM 2007, Sonderbeilage Nr. 1, S. 33).

Rz. 15

Anders als die Revision meint, ist daher mit der Zurechnung ausschließlich vorsätzlichen Verhaltens nicht etwa eine entgegen §§ 276, 278 BGB vorgesehene Begrenzung der Haftung ohne gesetzliche Grundlage verbunden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Verbraucher gem. § 9 Abs. 3 VerbrKrG im Wege des Einwendungsdurchgriffs ggü. der Finanzierungsbank die Rückzahlung des Kredits nur insoweit verweigern kann, als ihm aus dem verbundenen Vertrag ggü. dem Verkäufer - im Falle eines Fondsbeitritts also ggü. der Fondsgesellschaft - ein Recht zur Verweigerung der Leistung zusteht.

Rz. 16

Bei einer Aufklärungspflichtverletzung durch einen Vermittler ist das nach der langjährigen Rechtsprechung des BGH nicht der Fall, weil hier nur der für die Gesellschaft handelnde Vertreter persönlich, nicht aber die übrigen Gesellschafter und die Gesellschaft aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden haften (BGH, Urt. v. 14.12.1972 - II ZR 82/70, WM 1973, 863, 865; v. 24.4.1978 - II ZR 172/76, BGHZ 71, 284, 286 ff.; v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 51 f.; v. 3.12.2007 - II ZR 21/06, WM 2008, 391 Rz. 7). Anders lässt sich eine geordnete Auseinandersetzung der Fondsgesellschaft nach dem Regelwerk über die fehlerhafte Gesellschaft bzw. den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt nicht durchführen (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52). Zwar hat grundsätzlich - wie die Revision zutreffend ausführt - derjenige, der einen anderen zur Führung von Vertragsverhandlungen ermächtigt, ein schuldhaftes Verhalten seines Vertreters ebenso zu verantworten wie eigenes Verschulden. Gerade im Falle einer rein kapitalistisch organisierten Gesellschaftsbeteiligung hat der BGH aber eine Haftung der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter gem. § 278 BGB aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden ausgeschlossen und eine alleinige Haftung des Vertreters angenommen, weil die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten bei Beitrittsverhandlungen haben und allein der die Verhandlungen führende Vertreter der Gesellschaft das Verhandlungsvertrauen des Beitrittsinteressenten für sich in Anspruch nimmt. Für eine Haftung der Gesellschaft und der übrigen Kommanditisten für die Verletzung vorvertraglicher Verhaltenspflichten des Vertreters besteht danach kein Grund (BGH, Urt. v. 14.12.1972 - II ZR 82/70, WM 1973, 863, 865; v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 51 f.). Dies hat zur Folge, dass der Anleger einen solchen Anspruch auch nicht der Finanzierungsbank im Wege des Einwendungsdurchgriffs entgegenhalten kann.

Rz. 17

bb) Im Falle einer vorsätzlichen arglistigen Täuschung verhält es sich anders. Der arglistig getäuschte Anleger kann nach der Rechtsprechung des BGH u.a. die Fondsbeteiligung fristlos kündigen und der kreditgebenden Bank den ihm zustehenden Anspruch auf ein Abfindungsguthaben gegen die Fondsgesellschaft im Wege des Einwendungsdurchgriffs gem. § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG entgegenhalten (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 53 f.; BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 Rz. 27; v. 21.11.2006 - XI ZR 347/05, WM 2007, 200 Rz. 28). Zur Kündigung der Fondsbeteiligung ist der Anleger in diesem Fall berechtigt, weil ein Anfechtungstatbestand nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung nach der langjährigen Rechtsprechung des BGH stets ein wichtiger Grund zur Kündigung der Gesellschaft ist (BGH, Urt. v. 14.12.1972 - II ZR 82/70, WM 1973, 863, 864 f. m.w.N.). Dies übersieht die Revision bei ihrem Einwand, es gebe keinen rechtfertigenden Grund, arglistiges Fehlverhalten des Vermittlers im Gegensatz zu bloß fahrlässigem der Gesellschaft zuzurechnen. Wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, nimmt die Rechtsprechung die Nachteile, die für die verbleibenden Gesellschafter einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft im Falle der außerordentlichen Kündigung entstehen, für den Fall eines durch arglistige Täuschung verursachten Beitritts hin (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f.).

Rz. 18

cc) Nichts anderes kann die Revision zu ihren Gunsten im Anschluss an das oben zitierte Urteil des OLG Stuttgart (ZIP 2008, 1570, 1571 f.) aus dem Urteil des BGH vom 21.7.2003 (II ZR 387/02, BGHZ 156, 46 ff.) herleiten. Zwar ist die Entscheidung des BGH vom 21.7.2003 nicht ganz eindeutig, weil sie - worauf die Revision zutreffend hinweist - im Ausgangspunkt (a.a.O. S. 53) ein Recht zur fristlosen Kündigung der Gesellschaft auch an ein Aufklärungsverschulden des Vermittlers anknüpft, im Weiteren dann allerdings tragend ausschließlich auf Einwendungen aus einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch den Fondsvertreiber oder Vermittler abstellt (a.a.O. S. 53 f., hierzu auch Nobbe, WM 2007, Sonderbeilage Nr. 1, S. 33). Ob damit - wie die Revision meint - die fahrlässige Verletzung einer Aufklärungspflicht und die arglistige Täuschung als gleichwertige Alternativen für ein der Finanzierungsbank zurechenbares Verhalten des Vermittlers benannt werden sollten, kann aber offen bleiben. Die Revisionserwiderung weist nämlich zu Recht darauf hin, dass diese Entscheidung insoweit jedenfalls durch die im Einvernehmen zwischen dem II. und XI. Zivilsenat des BGH entwickelte neuere Rechtsprechung zu den Ansprüchen von Anlegern überholt ist (so auch zu Recht Schnauder, juris PR-BKR 6/2010, Anm. 3). Danach sind der kreditgebenden Bank nur Einwendungen aus einer arglistigen Täuschung durch den Vermittler oder Vertreiber des Fonds zuzurechnen (BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 Rz. 27 ff.; v. 5.6.2007 - XI ZR 348/05, WM 2007, 1367 Rz. 21), die ihr der Anleger u.a. im Wege des Einwendungsdurchgriffs entgegenhalten kann (BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 Rz. 27 f.).

Rz. 19

Soweit - worauf die Revision hinweist - Leitsatz c) der Senatsentscheidung vom 25.4.2006 (XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239) unter Hinweis auf BGHZ 156, 46 ff. die der finanzierenden Bank im Wege eines Einwendungsdurchgriffs entgegenzuhaltenden Ansprüche des aufgrund falscher Angaben zum Erwerb der Fondsbeteiligung bewogenen Darlehensnehmers gegen die Fondsgesellschaft anspricht, betrifft auch dies ausweislich der Entscheidungsgründe allein vorsätzlich falsche Angaben des Vermittlers (BGHZ 167, 239 Rz. 26 ff.). Der II. Zivilsenat hat, soweit er zuvor auch weitergehende Rechte des Anlegers bejaht hatte (hierzu auch Strohn, WM 2005, 1441 ff.), daran mit Rücksicht auf die einvernehmlich entwickelte neue Rechtsprechung zum Schutze arglistig getäuschter Anleger (vgl. BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 Rz. 29 ff.) nicht festgehalten (vgl. BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 Rz. 28).

Rz. 20

dd) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich schließlich auch kein abweichendes Ergebnis aus dem Senatsurteil vom 10.11.2009 (XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112), mit dem der Senat das oben zitierte Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben und den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen hat. Für die dort zur Entscheidung stehenden Fragen kam es darauf, ob sich der Anleger ggü. der Finanzierungsbank bei fahrlässiger Aufklärungspflichtverletzung auf einen Einwendungsdurchgriff berufen kann, nicht an. Soweit sich die Revision auf die Ausführungen des Senats zu einer an Sinn und Zweck orientierten Auslegung von § 9 Abs. 3 VerbrKrG beruft (BGH, Urt. v. 10.11.2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rz. 56), folgt auch daraus nichts zu ihren Gunsten. Dort ist lediglich ausgeführt, dass der Verbraucher nach dem Schutzzweck des § 9 Abs. 3 VerbrKrG vor dem Aufspaltungsrisiko geschützt werden sollte. Ein Einwendungsdurchgriff kommt daher auch hiernach nur in Frage, wenn und soweit dem Verbraucher ggü. dem Verkäufer - hier also der Gesellschaft - ein Anspruch zusteht. Wie oben näher dargelegt, fehlt es aber in Fällen fahrlässiger Aufklärungspflichtverletzung an einem solchen Anspruch des Anlegers gegen die Gesellschaft.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2551818

DB 2011, 529

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