Entscheidungsstichwort (Thema)

Weichender Erbe

 

Normenkette

HöfeO § 13 Abs. 1, 4, 10

 

Gründe

I.

Aufgrund Übergabevertrages vom 12. März 1973 erwarb der Beteiligte zu 2 im Wege vorweggenommener Erbfolge von seinem Vater den im Grundbuch von D., Blatt 1034, eingetragenen landwirtschaftlichen Grundbesitz (Hof) mit einem damaligen Einheitswert von 17.100 DM. Der Beteiligte zu 1, sein Bruder, erhielt eine ausgehandelte Geldabfindung. Durch den Brand einer versicherten Scheune der Hofstelle im April 1986 und Aufgabe der Viehwirtschaft nebst Veräußerung des zugehörigen Inventars Ende 1987 flossen dem Beteiligten zu 2 Gelder zu, woraus der Beteiligte zu 1 die Möglichkeit von Abfindungsergänzungsansprüchen herleitet. Mit seinem Antrag begehrt er von dem Beteiligten zu 2 zunächst Auskunft über die abfindungserheblichen Umstände.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat die Anträge des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - hat den Beteiligten zu 2 zur Auskunftserteilung hinsichtlich des 1986 entstandenen Brandschadens (insbesondere die Höhe der Versicherungsleistung) sowie hinsichtlich der 1987 aus dem Verkauf von lebendem und totem Inventar erzielten Erlöse und der damit zusammenhängenden Kosten verpflichtet. Dagegen wendet sich die - wegen der Auskunft über den Brandschaden zugelassene - Rechtsbeschwerde mit dem Antrag, die Entscheidung des Amtsgerichts wiederherzustellen.

II.

Das Beschwerdegericht meint, die Versicherungsleistung an den Beteiligten zu 2 für den Brand der Scheune könne unter Umständen einen Nachabfindungsanspruch gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO auslösen. Teile des Hofes seien hiernach nicht nur Grundstücke, sondern auch Gebäude als ihre wesentlichen Bestandteile. Die besondere Begünstigung des Hoferben bei fortgeführter Bewirtschaftung des ungeteilten Hofes verfehle nachträglich auch dann teilweise ihren Zweck, wenn der Hof durch anderweitige Verwendungen der Versicherungssumme als zum Wiederaufbau in seiner tatsächlichen Substanz gemindert werde, nicht anders als dies beim Verkauf der Scheune zum Abbruch oder beim Verkauf von Grundstücken der Fall wäre. Der Sachverhalt unterliege demnach der geltend gemachten Auskunftsverpflichtung aus § 13 Abs. 10 HöfeO. Ebenso verhalte es sich in bezug auf die Beendigung der Viehwirtschaft nebst Veräußerung des dazugehörigen Inventars; denn für diesen Tatbestand komme ein Nachabfindungsanspruch gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a HöfeO in Betracht. Das Landwirtschaftsgericht habe verkannt, daß sich die Ansprüche der Miterben auch an den Surrogaten fortsetzten (§ 13 Abs. 6 HöfeO). Im übrigen komme es für die Beurteilung des Auskunfsanspruchs nicht darauf an, ob die Veräußerung des Zubehörs außerhalb des Rahmens ordnungsgemäßer Bewirtschaftung liege.

III.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie den zuerkannten Anspruch auf Auskunft über die Veräußerung von Hofzubehör angreift.

Das Beschwerdegericht konnte im Streitfall die Zulassung des Rechtsmittels (§ 24 Abs. 1 LwVG) wirksam auf einen der beiden Auskunfsansprüche beschränken, weil es sich um zwei tatsächlich und rechtlich selbständige prozessuale Ansprüche handelt. Das zieht die Rechtsbeschwerde auch nicht in Zweifel. Die zulassungsüberschreitende Einlegung der Rechtsbeschwerde wäre, da es sich nicht um die Unzulässigkeit der Beschwerde handelt (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG), nur zulässig, wenn das Beschwerdegericht von einer in der Rechtsbeschwerdebegründung angeführten Entscheidung eines der in § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG bezeichneten Gerichte oder des Bundesverfassungsgerichts abgewichen wäre und der angefochtene Beschluß auf der Abweichung beruhte. Eine Abweichung ist nur dann anzunehmen, wenn das Berufungsgericht eine bestimmte Rechtsfrage abweichend von einer Entscheidung eines dieser Gerichte beantwortet hat. Der Rechtsbeschwerdeführer muß in der Begründung der Abweichungsrechtsbeschwerde die von der angezogenen und von der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete Rechtsfrage bezeichnen sowie weiter darlegen, inwieweit beide Entscheidungen die gleiche Rechtsfrage verschieden beantworten und daß die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (BGHZ 89, 149 ff).

Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde nicht gerecht: Sie meint, in BGHZ 59, 220 sei entschieden, daß der Grundsatz der Surrogation im Höferecht nicht gelte. Entgegen dieser Entscheidung nehme das Oberlandesgericht an, daß § 13 Abs. 6 HöfeO das Surrogationsprinzip gesetzlich verankere. Diese Auffassung der Rechtsbeschwerde trifft nicht zu. In der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes ging es um Kaufgelder für veräußerte Hofgrundstücke und den für die Auslegung von § 3 HöfeO bedeutsamen Rechtssatz, daß solche Erlöse nicht kraft allgemeiner Geltung des Surrogationsprinzips zu Hofvermögen (Betriebsmittel) werden und dazu auch nicht die Tatsache ausreicht, daß diese Gelder für bauliche Veränderungen auf dem Hof erforderlich und bereitgelegt sind. Einen davon abweichenden Rechtssatz bei der Auslegung von § 13 Abs. 4 Buchst. a HöfeO stellt das Berufungsgericht nicht auf. Es geht ihm darum, daß nicht nur die Veräußerung von Hofzubehörstücken, die beim Erbfall oder der Hofübergabe bereits vorhanden waren, sondern auch die Veräußerung später beschaffter Hofzubehörersatzstücke eine Nachabfindungspflicht begründen kann. Die Zugehörigkeit der Hofzubehörersatzstücke, im Streitfall des fortlaufend ergänzten Jungviehs, zum Hofvermögen folgt schon aus § 3 Satz 2 HöfeO.

2.

Die im Umfang der Zulassung zulässige Rechtsbeschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

a)

Die für den vorliegenden Fall maßgebende (Art. 3, § 5 Abs. 1 des zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung vom 29. März 1976, BGBl I S. 881) Neufassung des Gesetzes gewährt den Miterben in § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO einen Anspruch auf Abfindungsergänzung, wenn der Hoferbe innerhalb von 20 Jahren nach dem Erbfall den Hof oder Teile davon auf andere Weise als land- oder forstwirtschaftlich nutzt und dadurch erhebliche Gewinne erzielt. Gemäß § 17 Abs. 2 HöfeO steht die Übertragung des Hofes im Wege der vorweggenommenen Hoferbfolge dem Erbfall gleich. Was als Nutzung des Hofes oder von Hofteilen gewertet werden kann, bestimmt sich nach der Legaldefinition des § 100 BGB (BGHZ 94, 306, 309), umfaßt mithin die Ziehung von Früchten (§ 99 BGB) und Gebrauchsvorteilen. Bestandteil des Hofes gemäß § 2 Buchst. a HöfeO, § 94 Abs. 1 BGB war zwar auch die abgebrannte Scheune. In ihrer Zerstörung durch Brand liegt jedoch kein Gebrauch, in der dadurch erlangten Brandversicherungssumme kein Gebrauchsvorteil. Ebensowenig handelt es sich hierbei um eine mittelbare Sachfrucht gemäß § 99 Abs. 3 BGB, denn die Brandversicherungssumme ist nur Bestandteilssurrogat, kein aufgrund des Versicherungsverhältnisses vorherbestimmter Sachertrag. Der Versicherungsvertrag ist nicht auf den Gebrauch oder die Nutzung der Sache gerichtet und die Versicherungssumme keine hierfür gewährte Vergütung (vgl. BGB-RGRK/Kregel § 99 Rdn. 15; Erman/Schmidt, BGB 8. Aufl. § 99 Rdn. 9; MünchKomm/Hohl, BGB 2. Aufl. § 99 Rdn. 10; Soergel/Mühl, BGB 12. Aufl. § 99 Rdn. 14; Staudinger/Dilcher, BGB 12. Aufl. § 99 Rdn. 14). Eine Hofteilnutzung und damit ein direkter Anwendungsfall der vom Beschwerdegericht insoweit herangezogenen Vorschrift des § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO lag infolgedessen hier nicht vor.

b)

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist jedoch im Ergebnis richtig (§ 27 Abs. 2 LwVG, § 563 ZPO), weil in rechtsanaloger Anwendung von § 13 HöfeO auch aus der Zahlung einer Brandversicherungssumme für Hofbestandteile ein Nachabfindungsanspruch folgen kann. Ein solcher Anspruch ist nicht auf die in § 13 Abs. 1 und Abs. 4 HöfeO ausdrücklich erwähnten Fälle beschränkt. Die Höfeordnung will die ungeteilte Erhaltung des Hofes im Erbgang sicherstellen, um dem Hoferben die Fortführung der Bewirtschaftung zu ermöglichen. Die Privilegierung des Hoferben und das den weichenden Erben zugemutete Opfer finden hierin ihren rechtfertigenden Grund (vgl. Amtliche Begründung zum Entwurf der Bundesregierung für ein zweites Gesetz zur Änderung der Höfeordnung BT-Drs. 7/1443 zu Nr. 8 (§ 13 HöfeO) S. 26). Der nachträgliche Wegfall dieses höferechtlichen Zwecks kann sich vielfältig äußern. Dementsprechend hat die Rechtsprechung des Senats Ausgleichsansprüche der Miterben schon auf der Grundlage von § 13 HöfeO a.F. anerkannt, wenn diese Vorschrift durch wirtschaftlich einer Veräußerung gleichkommende Rechtsgeschäfte umgangen wurde (vgl. BGHZ 91, 154, 171 m.w.N.). Auch bei der Neufassung der Höfeordnung wurde erkannt, daß die Beschränkung der Abfindungsergänzungsansprüche auf den Fall der Veräußerung von Grund und Boden zu eng ist. Es wurden deshalb neben den Anspruchstatbeständen des § 13 Abs. 1 HöfeO in Abs. 4 der Vorschrift zwei weitere Fälle aufgeführt, deren Regelung das rechtspolitische Erfordernis nach einer Ausweitung des Anspruchstatbestandes "besonders angezeigt erscheinen" läßt (Amtliche Begründung aaO unter Nr. 8 (§ 13 Nr. 4 HöfeO)). Vor diesem Hintergrund sind die im Gesetz genannten Fälle zwar typisch, aber nicht erschöpfend (so Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftsrecht 5. Aufl. § 13 HöfeO Rdn. 21; Celle AgrarR 1984, 219). Der Zweck der Vorschrift erfordert es vielmehr, über die genannten Einzeltatbestände im Wege richterlicher Rechtsfortbildung weitere Fälle mit einzubeziehen. Ob dafür § 13 Abs. 5 Satz 3 HöfeO als Grundlage dienen kann (so Wöhrmann/Stöcker aaO), mag offenbleiben. Dahin stehen kann auch, ob eine solche Rechtsfortbildung schon aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten erscheint (vgl. zur verfassungsrechtlichen Motivation der Neufassung von § 13 HöfeO Wöhrmann/Stöcker aaO Rdn. 5/6). Mit dem Zweck von § 13 HöfeO wäre es jedenfalls nicht vereinbar, wenn der Hoferbe eine Brandversicherungssumme kassieren und nicht zum Wiederaufbau verwenden könnte, ohne grundsätzlich einem Abfindungsergänzungsanspruch ausgesetzt zu sein. Mit Recht verweist das Beschwerdegericht darauf, daß dieser Fall im Ergebnis nicht anders behandelt werden kann als die Veräußerung von Hofbestandteilen. Wenn nach § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO schon erhebliche Gewinne aus einer Nutzungsänderung von Hofteilen ohne deren Substanzschmälerung eine Abfindungsergänzung rechtfertigen, so muß dies grundsätzlich erst recht gelten, wenn der Hoferbe über eine brandbedingte Substanzschmälerung eine Versicherungsleistung erhält und so der höferechtliche Zweck seiner Begünstigung entfällt. Der Hoferbe wird damit nicht zweckwidrig gegenüber anderen Nachabfindungsfällen benachteiligt. Er kann insbesondere die Brandversicherungssumme zum Wiederaufbau verwenden und entsprechend § 13 Abs. 2 HöfeO das sogenannte Reinvestitionsprivileg für sich in Anspruch nehmen. Im einzelnen bedarf dies im Rahmen des geltend gemachten Auskunftsanspruchs ebensowenig einer Prüfung wie die Frage, ob vorliegend schon versicherungsrechtlich ein gewisser Zwang besteht, die Entschädigungssumme zur Wiederherstellung des versicherten Gebäudes zu verwenden (vgl. § 97 VVG). Für das Entstehen des Auskunftsanspruchs nach § 13 Abs. 10 HöfeO reicht es nämlich aus, daß ein Anspruch des Miterben auf Ergänzung seiner Abfindung ernstlich in Betracht kommt (BGHZ 91, 154, 171/172).

Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit § 3 HöfeO. Der Anspruch auf die Brandversicherungssumme stellt nämlich grundsätzlich sogenanntes hoffreies Vermögen dar und gehört nicht etwa als "Betriebsmittel" zum Hof.

Insoweit hat die Rechtsbeschwerde recht, soweit sie ausführt, das Beschwerdegericht habe nicht offenlassen dürfen, ob die Versicherungsleistung dem hofgebundenen Vermögen zuzurechnen ist. Der Gesetzgeber der Höfeordnung hat die Vorschrift des § 9 Reichserbhofgesetz und vergleichbare landesrechtliche Regelungen (vgl. z.B. § 3 Nr. 3 des Lippischen Gesetzes über die Anerbengüter vom 26. März 1924, Lippische Gesetzessammlung S. 557 ff), die Ansprüche aus hofbezüglichen Versicherungen ausdrücklich zum hofgebundenen Vermögen rechnen, bewußt nicht übernommen. Daraus muß der Schluß gezogen werden, daß diese Versicherungsleistungen grundsätzlich hoffreies Vermögen sein sollen (vgl. Wöhrmann/Stöcker aaO § 3 Rdn. 20-23; a.A. OLG Celle Nds. Rpflege 1965, 102; Lange/Wulff/Lüdtke/Handjery, HöfeO 8. Aufl. § 3 Rdn. 11 ff; Faßbender/Hötzel/Pikalo, HöfeO § 3 Rdn. 9 und § 2 Rdn. 11). Die vom Bundesgerichtshof schon früher (vgl. Urt. v. 31. Januar 1969, V ZR 164/65, LM HöfeO § 2 Nr. 5 Bl. 2 R; BGHZ 59, 220, 224) im Hinblick auf den Verkauf von Hofgrundstücken und die Verwertung von Bodenschätzen zu den §§ 2 und 3 HöfeO aufgestellten Rechtssätze (kein Surrogationsprinzip, keine Einbeziehung der Erlöse in die Betriebsmittel durch einfache Verwendungsbestimmung des Eigentümers) müssen im Hinblick auf Forderungen aus der für das Hofvermögen eingegangenen Sachversicherung entsprechend gelten. Es ist kein Grund ersichtlich, die Entschädigungsleistung für ein abgebranntes Gebäude im Ansatz anders zu behandeln als den Erlös aus einer Veräußerung von Hofgrundstücken. Ob etwas anderes gelten würde, wenn versicherungsrechtlich eine sogenannte Wiederaufbauklausel (§ 97 VVG) vereinbart wäre, ist im Rahmen des Auskunftsanspruchs nicht zu entscheiden.

Die Gerichtskosten seiner nach allem erfolglosen Rechtsbeschwerde trägt der Beteiligte zu 2 gemäß § 44 LwVG. Die Erstattungspflicht für die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1 im Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Senat nach § 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG angeordnet. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 34 Abs. 2 Satz 1 LwVG i.V.m. § 19 Buchst. d HöfeVfO und § 30 KostO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456388

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