Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.02.1967)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main vom 28. Februar 1967 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte bestellte im März 1964 über die Generalvertreterin der Klägerin, die Firma Karl A. in Bad Nauheim, bei der Klägerin eine Strumpf-L.- und Verpackungsmaschine, Type Plipack zum Preise von 38.313 DM, auf den die Beklagte eine Anzahlung von 5.747 DM schon vor Empfang der Maschine leistete. Die Klägerin lieferte sie Ende Juli 1964. Nachdem die Maschine am 14. August 1964 montiert und in Betrieb genommen worden war, teilte die Beklagte der Firma A. am 24. August 1964 mit, sie sei mit der Maschine nicht zufrieden, da diese sehr anfällig sei; sie müsse sich vorbehalten, die Maschine wieder zurückzugeben, „falls sie nicht auf Leistung komme”. Daraufhin erschien bei der Beklagten ein Monteur der Klägerin, der die Maschine nachsah. Am 17. September 1964 schrieb die Beklagte an die Firma A. sie könne mit der Maschine nicht arbeiten, Arnold möge sie sich ansehen. Am 23. Oktober 1964 teilte die Beklagte der Firma A. mit, sie sei nicht bereit, die Maschine endgültig zu übernehmen, solange sie nicht auf die zugesagte Leistung komme. Sie fügte hinzu:

„Die Maschine hat Fehler, die erst beseitigt werden müssen, und zwar:

Umtausch des Magazines für Einleger gegen das neue Magazin mit hydraulischer Hebevorrichtung. Umtausch des gesamten Farbband-Transport-Mechanismus (einschl. Antriebsvorrichtung ab Hauptwelle). Im Originalzustand funktioniert dieser Mechanismus überhaupt nicht. Die Druck- und Saugleitung müßte überprüft werden. Es kommt vor, daß der Druck nicht gleichmäßig stark ist.”

In dem an die Firma A. gerichteten Schreiben vom 29. Oktober 1964 bat die Beklagte, nicht nur die angegebenen Teile auszuwechseln, sondern die gesamte Gruppe I dieser Anlage neu zu liefern. Diesem Wunsche kam die Klägerin nicht nach, sie liess jedoch die im Schreiben vom 23. Oktober 1964 beanstandeten Teile auswechseln (Schreiben vom 16. November 1964).

Mit Schreiben vom 15. Januar 1964 übersandte die Beklagte der Firma A. einen Scheck über 10.000 DM als weitere à-conto-Zahlung. Sie führte dabei aus, sie könne die Maschine nicht voll bezahlen, solange sie nicht die Überzeugung habe, daß diese einwandfrei arbeite. Die Firma A. erklärte sich daraufhin bereit, noch einige Verbesserungsteile zu liefern, sie fügte hinzu, die Umstände rechtfertigten es aber nicht, daß die Beklagte einen Betrag von 22.566 DM zurückhalte. (Schreiben vom 29. Januar 1965). Am 2. Februar 1965 teilte die Beklagte der Firma A. mit, sie werde nur in dem Umfang Zahlung leisten, wie sie von der Maschine einen Nutzen habe. Am 1. April 1965 erklärte sie, es träten trotz des Einbaues und der Auswechslung verschiedener Teile immer wieder Störungen an der Maschine auf. Sie könne die Maschine daher nicht behalten. Die Zahlung von 15.747 DM bat sie als Anzahlung auf einen Fixierapparat für Pullover zu verwenden. In einer Reihe weiterer Schreiben vertrat die Beklagte in der Folgezeit immer wieder den Standpunkt, die Klägerin müsse die Maschine zurücknehmen, und brachte zum Ausdruck, sie wolle die Maschine nicht behalten, weil sie bei weitem nicht das halte, was man ihr versprochen habe.

Mit der Klage verlangt die Klägerin den Restkaufpreis für die gelieferte Maschine, nämlich 32.566 DM nebst Zinsen abzüglich der gezahlten 10.000 DM.

Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Gegenüber dem Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises beruft sich die Beklagte darauf, wegen angeblicher Mängel der Maschine zur Wandlung oder Minderung berechtigt zu sein. Das Berufungsgericht läßt diese Einwendung daran scheitern, daß die Beklagte, Mängel, soweit sie nicht behoben seien, nicht ordnungsgemäß gerügt habe. Alle Schreiben der Beklagten mit Ausnahme desjenigen vom 23. Oktober 1964, in dem die Beklagte den Umtausch einzelner Teile der Maschine verlangte, die alsbald von der Klägerin durch andere ersetzt wurden, enthielten nur allgemeine Äußerungen der Unzufriedenheit, aus denen nicht hervorgehe, welche Mängel der Maschine beanstandet würden. Die Klägerin habe daher keinen Anlaß gehabt, auf diese allgemein gehaltenen Erklärungen der Beklagten einzugehen. Wenn sie gleichwohl ihre Monteure zu der Beklagten geschickt habe und wenn diese versucht hätten, die Wünsche der Beklagten zufrieden zu stellen, so könne die Beklagte daraus nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil für die Klägerin keine Verpflichtung bestanden und sie nur aus Gründen der Kulanz gehandelt habe. Es liege nahe, daß die Maschine deshalb nicht gut gearbeitet habe, weil die Beklagte es an der richtigen Wartung und Bedienung habe fehlen lassen. Des Eingreifens der Monteure habe es auch deshalb bedurft, weil die Beklagte ihre Artikel häufig gewechselt habe und dadurch jeweils eine besondere Aufmachung für den Weiterverkauf notwendig geworden sei. Bei jeder Umstellung auf eine neue Verpackungsart hätten Beutel und Etikette gewechselt und verschiedene Einstellungen an der Maschine geändert werden müssen. Alle diese Umstände, die in den Risikobereich der Beklagten fielen, erklärten denn auch, warum die Beklagte, abgesehen von der einzigen ordnungsgemäßen Rüge vom 23. Oktober 1964 in ihren weiteren Schreiben keine ins einzelne gehende Beschreibung der angeblichen Störungen an der Maschine gegeben habe.

II. Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Angriffe der Revision sind nicht begründet.

1. Die Revision meint, das Berufungsgericht stelle zu strenge Anforderungen an Form und Inhalt einer Mängelrüge. In dieser Beziehung seien die Umstände des Einzelfalles maßgebend, denen die Beklagte jeweils gerecht geworden sei. Das Berufungsgericht lasse insbesondere außer acht, daß es sich um eine sehr komplizierte Präzisionsmaschine handele, deren Konstruktion auch ein Fachmann nicht ohne weiteres verstehen könne.

Dieser Vorwurf ist nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht hat den von der Revision angeführten Gesichtspunkt nicht übersehen. Wenn es gleichwohl verlangt, daß die Beklagte in den Schreiben, in denen sie ihre Unzufriedenheit mit Funktion und Leistung der Maschine zum Ausdruck brachte, die angeblichen Störungen nach Art und Umfang hätte beschreiben müssen, so ist das kein Rechtsfehler. Denn der Verkäufer muß, wie die Revision übrigens nicht verkennt, gegen das Nachschieben nicht präzisierter Mängel geschützt werden (RG, LZ 1911, 782; HGB RGRK 2. Aufl. § 377 Anm. 23, Schlegelberger HGB 4. Aufl, § 377, Anm. 55). Wenn es bei der Mängelanzeige auch nicht der Aufdeckung der Ursachen eines Fehlers bedarf, so ist doch jedenfalls dessen Beschreibung notwendig. Die Schreiben der Beklagten – mit Ausnahme des Schreibens vom 23. Oktober 1964 – lassen es jedoch an jeder näheren Angabe fehlen.

2. Unbegründet ist auch die Rüge, das Berufungsgericht habe zumindest die Besprechungen der Beklagten mit den Monteuren der Klägerin und insbesondere mit dem Generalvertreter A. über Fehler der Maschine als ausreichende Mangelanzeige gelten lassen müssen. Auch diesen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht nicht ausser acht gelassen. Soweit Besprechungen in Frage kommen, die vor dem 23. Oktober 1964 liegen, sind sie ohnedies unerheblich, weil das Berufungsgericht die Rüge vom 23. Oktober 1964 als ordnungsgemäße Mangelanzeige gelten läßt und ersichtlich und ohne Rechtsirrtum davon ausgeht, daß die bis dahin aufgetretenen Mängel der Maschine durch die an diesem Tage erstattete Mangelanzeige mit umfaßt sind. Aus der Rüge vom 23. Oktober 1964 kann aber die Beklagte keine Rechte herleiten. Denn das Berufungsgericht stellt fest, daß die dort gerügten Mängel beseitigt worden sind. Diese Feststellung, die sich auf nicht bestrittenes Vorbringen der Klägerin stützt, ist rechtlich einwandfrei. Sie wird auch von der Revision nicht ausdrücklich angegriffen. Soweit sich diese auf spätere Mängelanzeigen beruft und auf das Vorbringen der Beklagten verweist, die aufgetretenen Mängel seien überhaupt nicht behebbar, es handele sich bei der Maschine um eine Fehlkonstruktion, die die Klägerin nach der Lieferung nicht mehr hergestellt habe, vermag sie damit diese Feststellung des Berufungsgerichts nicht zu erschüttern. Denn aus den späteren Bemängelungen – so sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zu verstehen – geht nicht hervor, daß die Beklagte die Behebung der am 23. Oktober 1964 gerügten Fehler in Frage stellen wollte.

Ist aber hiervon auszugehen, so war von der Beklagten zu vorlangen, daß sie in ihren späteren Schreiben, in denen sie ihre Unzufriedenheit mit der Maschine zum Ausdruck brachte, diesem Umstand Rechnung trug. Sie musste nunmehr angeben, welche neuen Fehler aufgetreten seien, damit die Klägerin erkennen konnte, ob es sich um Störungen handelte, für die sie einzustehen hatte, oder ob die nunmehr gerügten Störungen mutmaßlich von der Beklagten oder dem Bedienungspersonal selbst verursacht waren, sodaß die Klägerin sie nur gegen Vergütung zu beheben brauchte. Diese Klarheit zu gewinnen, war für die Klägerin von größter Bedeutung. Im Geschäftsverkehr wird es als unerträglich empfunden, wenn sich die Ungewißheit über die Ordnungsmäßigkeit der Abwicklung von Kaufverträgen über Gebühr hinzieht. Deshalb hätte die Beklagte insbesondere in ihrem Schreiben vom 15. Januar 1965, mit dem sie einen Scheck über 10.000 DM als weitere à conto-Zahlung übersandte, wollte sie dieses Schreiben als Mangelanzeige gewertet wissen, sich nicht mit der allgemeinen Redewendung begnügen dürfen, solange sie nicht die Überzeugung habe, daß die Maschine einwandfrei funktioniere, könne sie sie nicht voll bezahlen.

In Wahrheit geht das Vorbringen der Beklagten, mit dem sie sich darauf beruft, daß die Maschine eine Fehlkonstruktion gewesen sei, in eine andere Richtung. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, daß sich die Monteure der Klägerin schon bei der Anlieferung der Maschine dahin geäußert hätten, es handele sich um eine Konstruktion, die die Klägerin nicht mehr herstelle. Aus solchen Äußerungen brauchte das Berufungsgericht nicht zu entnehmen, daß die Maschine nicht behebbare Mängel aufweise. Die Revision kann auch insoweit keinen Erfolg haben, als sie sich auf spätere Besprechungen und Besuche des Generalvertreters A. und der Monteure der Klägerin im Betrieb der Beklagten bezieht. Es kann ihr darin nicht gefolgt werden, daß alles das, was A. oder die Monteure mündlich von der Beklagten über Fehler der Maschine erfahren hätten, als ordnungsgemäße Mängelanzeigen im Sinne des § 377 HGB angesehen werden müsse. Sie verkennt, daß auch mündliche Rügen daraufhin zu prüfen sind, ob sie den zu stellenden Anforderungen entsprechen. Eine solche Prüfung war aber dem Berufungsgericht nicht möglich, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten keine Einzelheiten über den Inhalt dieser Besprechungen ergaben. Das Berufungsgericht stellt nämlich rechtlich einwandfrei und unbeanstandet von der Revision fest, es sei von der Beklagten im Rechtsstreit nicht vorgetragen und nicht unter Beweis gestellt worden, welche Mängel bei diesen einzelnen Besuchen der Monteure hervorgetreten und behoben worden sein sollen.

Die Revision kann auch dem von ihr aufgezeigten, soeben erörterten Gesichtspunkt nicht mit einer Rüge aus § 139 ZPO zum Erfolge verhelfen. Der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beklagten mußte bekannt sein, daß sie sich auf mündliche Mängelrügen nur dann würde berufen können, wenn sie gleichzeitig den Inhalt dieser Rügen vortrug. Hierauf brauchte sie daher das Gericht oder dessen Vorsitzender nicht hinzuweisen. Eine auf § 139 ZPO gestützte Rüge kann aber, auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die Revision nicht angegeben hat, welche Bemängelungen gegenüber A. und den Monteuren geltend gemacht worden sein sollen.

III. Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die späteren (nach dem 1. April 1965 liegenden) Schreiben der Beklagten keine Einzelheiten über die Art der angeblichen Störungen enthielten, wird von der Revision nicht angegriffen. Es bedarf daher keines Eingehens auf die lange nach Ablauf der sechs bis sieben Monate betragenden Garantiefrist bei dem Generalbevollmächtigten der Klägerin, der Firma A., eingegangenen, in der Klagebeantwortung mitgeteilten Schreiben. Ist aber davon auszugehen, daß die bis zum 23. Oktober 1964 ordnungsgemäß gerügten Mängel behoben und daß weitere ordnungsgemäße Mängel anzeigen nicht erstattet wurden, so gilt die von der Klägerin gelieferte Maschine gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt. Der Beklagten stehen somit Gewährleistungsansprüche nicht zu. Sie ist vielmehr verpflichtet, den eingeklagten Restkaufpreis zu zahlen.

Die Revision war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Gelhaar, Artl, Dr. Messner, Mormann, Braxmaier

 

Fundstellen

Haufe-Index 1722842

MDR 1969, 752

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