Orientierungssatz

Zur Wirksamkeit des Eintritts als Kommanditist in eine Kommanditgesellschaft bei Annahme der Beitrittserklärung durch den Komplementär im Namen der KG.

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (Main) vom 24. April 1974 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht der C. TF – Transportflug GmbH & Co. KG (weiterhin: C. KG) – einer Anlagegesellschaft, die auf die Aufnahme einer größeren Anzahl von Kommanditisten gerichtet ist – einen Anspruch auf Zahlung der Kommanditeinlage geltend. Der Beklagte erklärte am 14. Februar 1972, daß er mit sofortiger Wirkung der Gesellschaft und „dem Kommanditgesellschaftsvertrag in der Fassung vom 22. Februar 1971 beitrete” und sich verpflichte, eine Kommanditeinlage von 90.000 DM nebst 5 % Agio bis 31. Januar 1973 zu zahlen (Beitrittserklärung GA 4). Die Beitrittserklärung wurde am 25. Februar 1972 von Alexander von P., nach dem Vortrag beider Parteien dem maßgeblichen Hintermann der C. KG, im Namen der C. KG angenommen. Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde am 13. März 1972 das Konkursverfahren eröffnet und am 13. Februar 1973 rechtskräftig mangels Masse eingestellt.

Der Beklagte ist der Auffassung, er sei nicht wirksam in die Gesellschaft eingetreten, weil seine Beitrittserklärung in einer – hinsichtlich des Zahlungsempfängers – veränderten Form angenommen worden und von P. zur Abgabe der Annahmeerklärung nicht bevollmächtigt gewesen sei. Er trägt ferner vor, über die finanzielle Lage der C. KG arglistig getäuscht worden zu sein und deshalb die Beitrittserklärung mit Schreiben vom 16. März 1972 (GA 62) angefochten zu haben.

Landgericht und Oberlandesgericht haben den Antrag des Klägers, den Beklagten zur Zahlung von 90.000 DM (Landgericht) bzw. 94.500 DM (Oberlandesgericht) nebst Zinsen zu verurteilen, abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Kläger die Klageforderung geltend machen kann. Aus dem Umstand, daß es sich hier um die Abtretung einer Einlageforderung handelt, ergeben sich schon deshalb keine rechtlichen Bedenken, weil mit der Abtretung unstreitig Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber einem Darlehensgläubiger erfüllt werden sollten (vgl. BGHZ 63, 338, 339 ff).

II. In Übereinstimmung mit dem Landgericht hält das Berufungsgericht den Beitritt des Beklagten nicht deshalb für unwirksam, weil die „Zahlstelle” nachträglich verändert worden ist. Der Abänderung der Klausel „Zahlung erbitten wir ausschließlich auf unser Treuhandkonto (Rechtsanwalt-Anderkonto Dr. Richard B.) Nr. …” in „Zahlung erbitten wir ausschließlich auf unser Treuhandkonto 2348 beim Bankhaus K. in F. …” komme insoweit keine Bedeutung zu.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung liegt insbesondere keine Annahme unter Änderungen im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB vor; denn nach den unangefochtenen, das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich insoweit um eine Klausel, die nach Wortlaut und Sinn nicht zum Inhalt der Beitrittserklärung gehörte und als bloße Angabe einer Zahlstelle von der C. KG einseitig geändert werden konnte.

III. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Aufnahmevereinbarung deshalb nicht zustande gekommen, weil die Erklärung des Beklagten namens der C. KG angenommen worden sei; nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages sei nur die persönlich haftende Gesellschafterin, die T. – T. GmbH, ermächtigt, Beitrittsverträge mit weiteren Kommanditisten abzuschließen, nicht aber die C. KG. Hierbei handele es sich nicht nur um eine allgemein erkennbare falsche Bezeichnung, sondern um einen Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Vorschriften; die Aufnahme eines Kommanditisten in eine Kommanditgesellschaft erfolge nicht durch Vertrag mit der Gesellschaft, sondern durch Vertrag der Gesellschafter untereinander. Schließlich sei von P. zur Annahme der Beitrittserklärung nicht bevollmächtigt gewesen.

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision greifen durch.

1. Der Beitritt in eine Personengesellschaft bedarf – wie das Berufungsgericht nicht verkennt – grundsätzlich eines Vertragsschlusses mit allen bisherigen Gesellschaftern. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch die Aufnahme neuer Gesellschafter erleichtern, insbesondere – wie hier – die persönlich haftende Gesellschafterin „ermächtigen und verpflichten, nach ihrer Wahl mit weiteren Kommanditisten deren Beitritt zur Gesellschaft durch Abschluß entsprechender Verträge zu vereinbaren”. Das erforderliche Einverständnis der übrigen Gesellschafter mit dem Eintritt neuer Gesellschafter kann im voraus und damit auch im Gesellschaftsvertrag selbst erteilt werden.

Der Eintritt neuer Gesellschafter vollzieht sich in einem solchen Falle zwar auch durch den Abschluß eines Aufnahmevertrages mit den übrigen Gesellschaftern, Dieser aber kommt schon dadurch zustande, daß sich die persönlich haftende Gesellschafterin im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen mit dem neu eintretenden Gesellschafter auch im Namen der übrigen Gesellschafter über die Aufnahme einigt. In der Ermächtigung und Verpflichtung, die Aufnahme weiterer Gesellschafter durch Abschluß entsprechender Verträge zu vereinbaren, liegt die Vollmacht, Aufnahmeverträge im Namen und mit Wirkung für die übrigen Gesellschafter zu schließen.

2. Der Beklagte ist damit rechtswirksam Kommanditist der C. KG geworden, wenn seine Beitrittserklärung vom 14. Februar 1972 von der Komplementär-GmbH auch im Namen der Kommanditisten angenommen worden ist.

Diese Frage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu bejahen.

a) Die Annahmeerklärung wurde zwar unter der Firma der C. KG abgegeben. Daraus ergibt sich jedoch nicht, daß der unterzeichnende Vertreter die Beitrittserklärung in deren Namen angenommen hat. Das Berufungsgericht haftet mit seiner gegenteiligen Auffassung an dem buchstäblichen Sinne der Erklärung des Vertreters und verletzt damit §§ 133, 164 Abs. 1 Satz 2 BGB; § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht nur bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob im Namen eines anderen gehandelt, sondern auch bei der Frage, für welchen Vertretenen gehandelt worden ist.

Bei der Beurteilung der Frage, in welchem Namen ein Vertreter einen Vertrag abschließt, kommt es – wie stets im Rechtsverkehr bei der Auslegung von Willenserklärungen – auf den objektiven Inhalt der Erklärung des Vertreters an, also darauf, wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners darstellt (§§ 133, 157 BGB). Hierbei sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere auch die dem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand zugehört, und die typischen Verhaltensweisen. Der Inhalt des vorliegenden Beitrittsvertrages, vor allem die ausdrückliche Bezugnahme auf den Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 22. Februar 1971 und der zum Ausdruck kommende übereinstimmende Wille der Vertragschließenden, auf dieser Grundlage die Kommanditistenstellung des Beklagten begründen zu wollen, lassen erkennen, daß der Beitrittsantrag des Beklagten nach seinem objektiven Erklärungsinhalt gegenüber den Gesellschaftern der C. KG als den richtigen Adressaten abgegeben werden sollte und der Vertreter den Antrag für diese angenommen hat.

b) Der Aufnahmevertrag soll mit dem Beklagten nach den Darlegungen des Berufungsgerichts auch deshalb nicht zustande gekommen sein, weil von P., der die Annahmeerklärung unterzeichnet hat, nur von der C. KG, nicht aber von der Komplementär-GmbH, die nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages über die Aufnahme von Kommanditisten zu entscheiden hatte, bevollmächtigt worden sei; das Schreiben der C. KG vom 28. Februar 1972 an die Darlehensgeberin der Gesellschaft (GA 68) – in dem es heißt, daß sie „Herrn von P. in diesem Einzelfalle zur Annahme dieser Beitrittserklärung ermächtigt” habe, weil zum Zeitpunkt der Annahme kein Geschäftsführer im Hause gewesen sei – könne auch deshalb nicht als ausreichend angesehen werden, weil es nicht, wie vorgesehen, von zwei Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin unterzeichnet worden sei.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen der Revision durchgreifen und von Prohaska von der Komplementär-GmbH zur Abgabe der Annahmeerklärung bevollmächtigt worden ist. Die Beitrittsvereinbarung ist jedenfalls dadurch rechtlich wirksam geworden, daß deren Geschäftsführer das Rechtsgeschäft von P. genehmigt haben (§ 177 Abs. 1, § 182 Abs. 1 BGB).

Die Abtretungserklärung der C. KG vom 25. Februar 1972 (GA 5), die von den beiden Geschäftsführern der Komplementär-GmbH unterzeichnet ist, vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang jedoch nicht erörtert wurde, enthält nicht nur die ausdrückliche Abtretung der Forderung gegen den Beklagten, sondern auch die Mitteilung, es sei veranlaßt worden, daß der Beklagte seine Einlage auf das Sonderkonto 2348 beim Bankhaus K. in F. einzahle. Das Schreiben der C. KG an den Beklagten vom 2. März 1972 (GA 6), das die Unterschrift eines der beiden Geschäftsführer trägt, enthält dementsprechend die Mitteilung der Abtretung und die Bitte, die Kenntnisnahme von der Abtretung dem Bankhaus K. zu bestätigen. Diese Ausführungen lassen erkennen, daß die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Erklärungen von P. gesellschaftsintern gebilligt haben und den Beitritt als wirksam vollzogen anerkennen. Der Umstand, daß dies in einem Schreiben der C. KG enthalten ist, steht der Annahme, daß die Organe der Komplementär-GmbH im Rahmen des § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages und damit für die von ihnen vertretenen Gesellschafter der C. KG handelten, nicht entgegen; insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen (zu III 2 a).

War der Beklagte danach mit allen Rechten und Pflichten in die Stellung eines Kommanditisten eingerückt, so konnte er seine Beitrittserklärung nach § 178 BGB nicht mehr widerrufen. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob seine „Rücktrittserklärung” vom 16. März 1973 als wirksamer Widerruf im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden könnte.

3. Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht bestehen bleiben. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt vielmehr von der Frage ab, ob der Beklagte arglistig getäuscht worden ist, damit einen wichtigen Grund zum Ausscheiden hat, aus diesem Grund sein Beteiligungsverhältnis wirksam gekündigt hat und, wenn das der Fall ist, welchen Ausgleichsbetrag er schuldet (vgl. hierzu insbesondere BGHZ 63, 338, 344 ff; SenUrt. v. 14. Dezember 1972 – II ZR 82/70, LM HGB § 132 Nr. 3; SenUrt. v. 27. Februar 1975 – II ZR 77/73, NJW 1975, 1700). Da die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen bisher nicht getroffen worden sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Stimpel, Dr. Schulze, Dr. Kellermann, Bundschuh, Dr. Skibbe

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 17.11.1975 durch Kaufmann Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 647914

BB 1976, 154

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