Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung der Vaterschaft durch vor dem 03. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet geborener nichteheliche Kinder

 

Leitsatz (amtlich)

Nichteheliche Kinder, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts im Gebiet der ehemaligen DDR geboren wurden, können auch dann gem. § 1600 n BGB auf Feststellung der Vaterschaft klagen, wenn sie vor dem 3. Oktober 1990 die Jahresfrist des § 56 Abs. 2 DDR FGB haben verstreichen lassen.

 

Normenkette

BGB § 1600n; DDR FGB § 56 Abs. 2; EGBGB 1986 Art. 234 §§ 1, 7; FGB-DDR § 56 Abs. 2; EGBGB Art. 234 §§ 1, 7

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 18.08.1995)

AG Berlin-Pankow/Weißensee

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 18. August 1995 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger wurde am 25. März 1969 im Gebiet der ehemaligen DDR nichtehelich geboren und lebt seitdem dort. Seine Mutter und der Beklagte, die seinerzeit ein Verhältnis unterhielten, leben ebenfalls dort. Bis März 1986 zahlte der Beklagte für den Kläger Unterhalt, ohne dessen Vaterschaft anzuerkennen. In einem Brief an die Mutter des Klägers vom 19. April 1989 wies er darauf hin, daß eine Vaterschaftsanerkennung bisher im gegenseitigen Einvernehmen unterblieben sei und daß nunmehr die Jahresfrist des § 56 Abs. 2 des Familiengesetzbuchs der DDR (im folgenden FGB) verstrichen sei mit der Folge, daß eine Vaterschaftsfeststellungsklage nicht mehr möglich sei. Von diesem Brief erhielt der Kläger noch im April 1989 Kenntnis.

Im Mai 1994 erhob er gegen den Beklagten Klage auf Feststellung der Vaterschaft. Nach Einholung eines Abstammungsgutachtens und Einvernahme der Mutter des Klägers als Zeugin gab das Amtsgericht der Klage statt. Dagegen legte der Beklagte Berufung und gegen deren Zurückweisung – zugelassene – Revision ein. Er vertritt den Standpunkt, daß einer Vaterschaftsfeststellung der Ablauf der Klagefrist des § 56 Abs. 2 FGB noch vor dem 3. Oktober 1990 entgegenstehe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Vaterschaftsfeststellungsklage gemäß § 1600 n Abs. 1 BGB zulässig, unbeschadet des Umstandes, daß der Kläger in der ehemaligen DDR geboren wurde und die Klagefrist des § 56 Abs. 2 FGB bereits vor dem Wirksamwerden des Beitritts, nämlich spätestens am 1. Mai 1990, abgelaufen ist. Die genannte Vorschrift des DDR-Rechts lautet:

„Die Klage des volljährigen Kindes ist nur binnen Jahresfrist zulässig. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnis der Tatsachen, die für die Vaterschaft des Verklagten sprechen, frühestens jedoch mit der Volljährigkeit des Kindes.”

Im angefochtenen Urteil ist dazu im wesentlichen ausgeführt: Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 234 § 1 EGBGB richte sich die Feststellung der Vaterschaft eines nichtehelichen Kindes seit dem Beitritt auch dann nach den Vorschriften des BGB, wenn das Kind vor dem 3. Oktober 1990 geboren worden sei. Maßgebend sei daher § 1600 n BGB, der keine Befristung vorsehe. Art. 234 § 7 EGBGB, der speziell die Überleitung des Abstammungsrechts regele, stehe nicht entgegen; die Frist des § 56 Abs. 2 FGB sei dort nicht erwähnt. Vor dem Beitritt sei ansonsten weder eine Entscheidung über die Abstammung des Klägers ergangen noch diese auf sonstige Weise geklärt worden. Art. 231 § 6 Abs. 3 EGBGB sei nicht einschlägig, weil es sich bei § 56 Abs. 2 FGB nicht um eine Frist handele, die für die Geltendmachung eines Rechts maßgebend sei. Auch das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot begründe keine durchgreifenden Bedenken. Fraglich sei bereits, ob überhaupt eine Rückwirkung im Rechtssinne vorliege, weil die Abstammung des Klägers zu keinem Zeitpunkt tatsächlich und rechtlich geklärt worden sei. Es liege in der Natur eines Abstammungsverhältnisses, daß dieses unabhängig von seiner rechtlichen Feststellung im Zeitpunkt der Zeugung des Kindes begründet werde und von diesem Zeitpunkt an fortdauere. Jedenfalls sei Voraussetzung der Beschränkung einer rückwirkenden Änderung von Gesetzen, daß der Betroffene aufgrund der bisher bestehenden Gesetzeslage ein schützenswertes Vertrauen in die Fortgeltung dieser Regelung habe entwickeln können. Dies sei hier für den Beklagten zu verneinen, da die Regelung des § 56 Abs. 2 FGB nicht dem Schutz nichtehelicher Väter vor einer Feststellung der Vaterschaft bezweckt, sondern diese nur mittelbar begünstigt habe.

2. Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Soweit sich Rechtsprechung und Schrifttum mit der Bedeutung des Ablaufs der Klagefrist des § 56 Abs. 2 FGB für eine nach dem Beitritt erhobene Vaterschaftsfeststellungsklage des volljährigen Kindes befassen, vertreten sie die gleiche Ansicht wie das Berufungsgericht, wenn auch mit teilweise unterschiedlicher Begründung (vgl. OLG Celle FamRZ 1991, 1228; Adlerstein/Wagenitz FamRZ 1990, 1169, 1170 f.; MünchKomm/Mutschler BGB 3. Aufl. Erg.Bd. Art. 234 § 7 EGBGB Rdn. 3; Staudinger/Rauscher (1996) Art. 234 § 7 EGBGB Rdn. 22; Soergel/Hartmann BGB 12. Aufl. Art. 234 EGBGB Rdn. 26; Palandt/Diederichsen BGB 56. Aufl. Art. 234 § 7 EGBGB Rdn. 13).

b) Interlokalrechtlich verweint der vorliegende Fall auf das Recht der DDR, weil der Kläger, seine Mutter und der Beklagte sowohl im Zeitpunkt der Geburt des Klägers als auch des Wirksamwerdens des Beitritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der ehemaligen DDR hatten. Die danach anwendbare Überleitungsvorschrift des Art. 234 § 1 BGB besagt, daß vom 3. Oktober 1990 an für alle familienrechtlichen Verhältnisse, die zu diesem Zeitpunkt bestanden, das Vierte Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Familienrecht) gilt, soweit in den folgenden Vorschriften des Artikels (§§ 2 bis 15) nichts anderes bestimmt ist. Ein derartiges familienrechtliches Verhältnis bestand seinerzeit auch zwischen einem nichtehelichen Kind und seinem Vater, und zwar unabhängig davon, ob die Vaterschaft zuvor festgestellt war. So entstanden schon vor einer solchen Feststellung ab dem Tage der Geburt Unterhaltsansprüche, die gem. § 108 FGB in vier Jahren verjährten (vgl. Staudinger/Rauscher a.a.O. Art. 234 § 1 EGBGB Rdn. 26; Lingelbach NJ 1994, 204). Voraussetzung für die Geltendmachung war allerdings der Nachweis der Abstammung durch gerichtliche Entscheidung oder Vaterschaftsanerkennung. Wenn das Kind nach dem Eintritt seiner Volljährigkeit die Ausschlußfrist des § 56 Abs. 2 FGB zur Erhebung der Vaterschaftsfeststellungsklage verstreichen ließ, änderte dies nichts daran, daß es mit seinem Vater auch nach dem Gesetz (§ 79 FGB) verwandt war (vgl. Kommentar zum FGB, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 5. Aufl. § 79 Anm. 2). Sofern also der Kläger tatsächlich vom Beklagten abstammt, bestand auch nach der Rechtsauffassung in der DDR zum Beitrittszeitpunkt zwischen ihnen das familienrechtliche Rechtsverhältnis der Verwandtschaft.

c) Spezielle Übergangsvorschriften für das Abstammungsrecht enthält § 7 des Art. 234 EGBGB, nach dessen Absatz 1 einschlägige gerichtliche Entscheidungen sowie Anerkennungen der Vaterschaft aus der Zeit vor dem Beitritt unberührt bleiben (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. Januar 1997 – XII ZR 207/95 – FamRZ 1997, 490). Die Absätze 2 und 3 der Vorschrift behandeln Fristen für Klagen, die die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes und der Anerkennung der Vaterschaft betreffen, während die Frist des § 56 Abs. 2 FGB nicht genannt ist. Da nach der Grundnorm des Art. 234 § 1 EGBGB künftig das Familienrecht des BGB gelten soll, soweit nicht in den nachfolgenden Vorschriften dieses Artikels ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist (vgl. Coester-Waltjen Jura 1991, 516, 517), § 1600 n BGB aber eine unbefristete Vaterschaftsfeststellungsklage des volljährigen Kindes vorsieht, ergibt sich daraus, daß für künftige Verfahren dieser Art die Frist des § 56 Abs. 2 FGB nicht mehr zu berücksichtigen ist. Das gleiche läßt sich einem Umkehrschluß aus Absatz 1 des Art. 234 § 7 EGBGB entnehmen: Fortgeltung sollen nur bereits getroffene Regelungen der Abstammungsfrage haben.

In Fällen, in denen die Frist des § 56 Abs. 2 FGB vor dem Beitritt bereits begonnen hatte, aber am 3. Oktober 1990 noch nicht abgelaufen war (vgl. insoweit die Regelung des Art. 231 § 6 EGBGB für laufende sonstige Fristen), ist danach dieser Umstand ohne weiteres unerheblich. Das vom Gesetzgeber erstrebte Ziel der Rechtsvereinheitlichung wäre aber nur unvollkommen erreicht, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufene Fristen weiterhin beachtet werden müßten. Bei in den neuen Bundesländern geborenen nichtehelichen Kindern, die mehr als ein Jahr vor dem Beitritt volljährig geworden sind, müßte dann weiterhin nach dem Zeitpunkt geforscht werden, zu dem ihnen Anhaltspunkte für die Vaterschaft des in Anspruch genommenen Mannes bekannt geworden sind. Das würde sie gegenüber den in den alten Bundesländern geborenen Klägern schlechter stellen und wäre nicht zuletzt auch mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden. Derartiges hat der Gesetzgeber des Einigungsvertrages ersichtlich nicht gewollt. Rechtsgeschichtlich hat es bereits eine ähnliche Situation gegeben, als durch das Nichtehelichengesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I 1243 – NEhelG) die Zehnjahresfrist seit Geburt des Kindes für die Anfechtung der Ehelichkeit (§ 1594 Abs. 4 BGB a.F.) abgeschafft wurde. Auch hierbei sollten künftige Klagen durch den Ablauf der Frist vor Inkrafttreten der Neuregelung nicht gehindert werden (Art. 12 § 4 S. 1 NEhelG; vgl. dazu auch Odersky NEhelG 4. Aufl. Anm. 1, wonach es sich um eine Klarstellung der Grundregel des Art. 12 § 1 handelte).

d) Art. 231 § 6 Abs. 3 BGBGB, wonach bestimmte Ausschlußfristen entsprechend den in Abs. 1 und 2 geregelten, im Zeitpunkt des Beitritts noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen zu behandeln sind, ist nicht einschlägig. Art. 234 § 1 EGBGB geht dieser Bestimmung als Sonderregelung vor (ebenso MünchKomm/Mutschier aaO). Der Anwendbarkeit von Regeln des Allgemeinen Teils des BÖB kann die vorwiegend personenrechtliche Natur der familienrechtlichen Rechtsverhältnisse entgegenstehen (vgl. MünchKomm/Rebmann a.a.O. Einl. § 1297 Rdn. 16). Ausdruck dessen ist etwa § 194 Abs. 2 BGB, wonach der Anspruch aus einem familienrechtlichen Verhältnis der Verjährung nicht unterliegt, sofern er auf die Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet ist. Art. 231 § 6 EGBGB ist eine Übergangsvorschrift für den Allgemeinen Teil des BGB. Sie ist auf die speziell familienrechtliche Ausschlußfrist des § 56 Abs. 2 FGB nicht anzuwenden.

e) Eine Rückwirkung hat der Gesetzgeber bei der Überleitung des Familienrechts des BGB grundsätzlich nicht beabsichtigt, wie den Erläuterungen zu Art. 234 § 1 EGBGB zu entnehmen ist (vgl. BT-Drucks. 11/7817 S. 42). Eine verfassungsrechtlich bedenkliche echte Rückwirkung kann auch nicht darin gesehen werden, daß es für künftige Statusklagen des volljährigen nichtehelichen Kindes nicht darauf ankommen soll, ob vor dem Beitritt die Ausschlußfrist des § 56 Abs. 2 FGB bereits abgelaufen ist. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn in abgewickelte, der Vergangenheit angehörige Tatbestände eingegriffen wird (vgl. etwa BVerfGE 72, 175, 196 m.w.N.). Als in diesem Sinne „abgewickelt” kann das Abstammungsverhältnis zwischen einem nichtehelichen Kind und seinem Vater grundsätzlich erst dann angesehen werden, wenn es durch eine positive oder negative gerichtliche Entscheidung oder ein Vaterschaftsanerkenntnis geklärt ist. Vorliegend war zwar nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Klagefrist des § 56 Abs. 2 FGB spätestens am 1. Mai 1990 abgelaufen, aber ein nachträgliches Vaterschaftsanerkenntnis durch den Beklagten wäre noch rechtlich möglich gewesen. Ferner kam nach der Rechtslage in der DDR die Durchbrechung auch abgelaufener familienrechtlicher Ausschlußfristen gemäß § 472 Abs. 2 ZGB in Betracht (vgl. Eberhard NJ 1979, 350, 352), wenn dafür schwerwiegende Gründe vorlagen, es in Interesse des Berechtigten dringend geboten erschien und dem Verpflichteten zuzumuten war (zur weiteren Anwendung vgl. BGHZ 126, 87, 102 f.). Die Rechtspraxis wendete die Vorschrift insbesondere an, wenn ein Verhalten des Verpflichteten maßgeblich dazu beigetragen hat, daß ein Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht worden ist (vgl. OG NJ 1979, 139 f.; 1982 138 f.; 1990, 362 f.). Anhaltspunkte für eine solche Fallgestaltung liegen gerade im vorliegenden Fall vor. Das Berufungsgericht hat die Frist des § 56 Abs. 2 FGB mit der Kenntnis des Klägers von dem Brief des Beklagten vom 18. April 1989 beginnen lassen. Der Inhalt dieses Briefes war andererseits geeignet, die Anwendung des § 472 Abs. 2 ZGB zu rechtfertigen, weil der Beklagte darin die Jahresfrist des § 56 Abs. 2 FGB als bereits verstrichen dargestellt hat, obwohl diese in Wahrheit erst mit der Kenntnisnahme von dem Brief durch den Kläger begonnen hatte. Käme es auf diese Frist weiterhin an, müßte der Frage nachgegangen werden, ob sich der Kläger seinerzeit durch den irreführenden Inhalt des Briefes des Beklagten, der Jurist ist und vor dem Jahre 1969 als Richter tätig war, von einer fristgerechten Klageerhebung hat abhalten lassen.

Regelungen mit unechter Rückwirkung, bei denen in gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft eingegriffen wird (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 20. September 1989 – IVb ZB 138/88 – BGHR GG 20 Abs. 3 Rückwirkung 3), sind verfassungsrechtlich zulässig, wenn die Interessen der Allgemeinheit, die damit verfolgt werden, das Vertrauen des einzelnen auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage überwiegen (vgl. etwa BVerfGE 88, 384, 406 f. m.w.N.). Das ist hier der Fall. In den Verhandlungen zum Einigungsvertrag setzte sich einvernehmlich die Auffassung durch, daß mit der staatlichen Einheit auch die Rechtseinheit auf der Grundlage des bundesdeutschen Rechts einhergehen müsse (vgl. etwa Horn AcP 94, 177, 182). Die hier erörterte Regelung des Wegfalls der Klagefrist des § 56 Abs. 2 FGB und des Übergangs auf die unbefristete Vaterschaftsfeststellung gemäß § 1600 n BGB verfolgt dieses Ziel und soll vermeiden, daß nach der Herstellung der Einheit Deutschlands noch auf längere Dauer familienrechtliche Verhältnisse zweierlei Rechts bestehen (vgl. auch Staudinger/Rauscher a.a.O. Art. 234 § 1 EGBGB Rdn. 6). Wenn volljährige nichteheliche Kinder, die in den alten Bundesländern geboren wurden, unbefristet die Vaterschaftsfeststellung betreiben könnten, die auch dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung dient, während bei Kindern, die vor dem Beitritt im Gebiet der ehemaligen DDR geboren wurden, in einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl von Fällen ein Verlust des Klagerechts wegen Ablaufs der Frist des § 56 Abs. 2 FGB in Betracht käme, würde auf nicht unerhebliche Zeit eine unerwünschte Rechtsspaltung bestehen (vgl. dazu auch BVerfG NJW 1980, 689, 691). Dem Allgemeininteresse an der Herbeiführung der Rechtseinheit und der Herstellung gleicher Lebensverhältnisse in den alten und neuen Bundesländern kommt größeres Gewicht zu als dem Vertrauen nichtehelicher Väter auf den Fortbestand einer Rechtsposition, die durch den Ablauf der Klagefrist des § 56 Abs. 2 FGB vor dem Wirksamwerden des Beitritts erlangt wurde. Diese Norm diente der Rechtssicherheit (vgl. auch Kommentar zum FGB a.a.O. 4. Aufl. § 62 Anm. 1) und begünstigte die betroffenen Väter nur mittelbar, Überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, können die Beseitigung einer Norm selbst dann rechtfertigen, wenn damit eine echte Rückwirkung verbunden ist (vgl. BVerfG 13, 261, 272; 30, 367, 387; 88, 384, 404). Der Gesetzgeber befand sich hier in einer ähnlichen Ausnahmesituation wie im Jahre 1969 bei der Einführung des Nichtehelichenrechts, wobei die rechtfertigenden Gründe bei der Verwirklichung der Rechtseinheit aus Anlaß der Wiedervereinigung eher noch gewichtiger waren als beim Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes (vgl. oben c). Damit entbehrt die Frage, ob eine echte oder unechte Rückwirkung anzunehmen ist, letztlich der Schärfe.

3. In der Sache hat das Berufungsgericht aufgrund der Beweisaufnahme, insbesondere der biostatistischen Auswertung der erhobenen serologischen Befunde mit dem Ergebnis eines Wahrscheinlichkeitsgrades von 99,99999 % sowie den Angaben der Mutter des Klägers als Zeugin, die Überzeugung gewonnen, daß der Beklagte der Vater des Klägers ist. Die diesbezüglichen Ausführungen lassen keinen Rechtsverstoß erkennen und werden von der Revision auch nicht angegriffen.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Weber-Monecke

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128086

BGHZ

BGHZ, 209

Nachschlagewerk BGH

MDR 1997, 743

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