Leitsatz (amtlich)

a) Aus einer an Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken orientierten Auslegung von § 1 Abs. 6 PAngV ergibt sich, dass bei einer Werbung unter Angaben von Preisen für Dienstleistungen, bei denen der Gesamtpreis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung für aufwandsabhängige Kosten mitzuteilen ist.

b) Ein Bestattungsunternehmer, der für seine Dienstleistungen unter Angabe von Preisen für einzelne Bestattungsarten wirbt, hat im Hinblick auf die bei jeder Beerdigung anfallenden, entweder in Form von Entfernungspauschalen oder anhand eines Kilometerpreises berechneten Überführungskosten die hierfür maßgeblichen Berechnungsparameter und deren Höhe anzugeben.

c) Die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 10.12.2015 neu eingeführte Bestimmung des § 3a UWG entspricht in ihrem Halbs. 1 inhaltlich § 4 Nr. 11 UWG a.F. und ist in ihrem Halbs. 2 um die Spürbarkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG a.F. ergänzt worden. In der Sache hat sich durch die Gesetzesänderung für den Tatbestand des Rechtsbruchs nichts geändert.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11; PAngV § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 S. 1; EGRL 29/2005 Art. 7 Abs. 4 Buchst. c

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 13.02.2014; Aktenzeichen 6 U 4153/13)

LG Traunstein (Urteil vom 03.05.2013; Aktenzeichen 1 HKO 162/13)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des OLG München - 6. Zivilsenat - vom 13.2.2014 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und im Umfang der nachfolgenden Abänderung aufgehoben sowie insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Traunstein - 1. Kammer für Handelssachen - vom 27.9.2013 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des LG Traunstein - 1. Kammer für Handelssachen - vom 3.5.2013 wird in folgender Fassung aufrechterhalten:

1. Der Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter der Überschrift "Auszug aus unseren eigenen Leistungen" für eigene Dienstleistungen im Zusammenhang mit Feuerbestattungen oder Erdbestattungen Preisangaben mit Bildung einer Gesamtsumme der einzelnen Positionen für einzelne Bestattungsarten zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, solange nicht deutlich erkennbar darauf hingewiesen wird, in welcher Weise für weitere, nicht hoheitliche Leistungen, die im Rahmen einer ortsüblichen Bestattung anfallen, die anfallenden Kosten berechnet werden, wenn dies in der nachfolgenden Form geschieht:

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 134,36 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Von den Kosten erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 60 % und der Beklagte 40 %.

Von den Kosten der Revision tragen die Klägerin 20 % und der Beklagte 80 %.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Parteien betreiben Bestattungsunternehmen.

Rz. 2

Der Beklagte warb im November 2012 mit einem Werbeflyer, in dem er unter dem Titel "Wir helfen im Trauerfall" seine Dienstleistungen anführte. Der Flyer enthielt die im Tenor abgebildete Preistabelle. Darin werden die Preise der bei den verschiedenen Bestattungsformen anfallenden Dienstleistungen und der Särge sowie Urnen einzeln angegeben. In der untersten Zeile der Tabelle ist jeweils die sich aus den Einzelpositionen ergebende Summe für einzelne Bestattungsarten aufgeführt. Unter der Tabelle befindet sich folgender Hinweis: "Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass zu diesen aufgeführten Leistungen, weitere Kosten z.B. Überführung, Grabarbeiten entstehen."

Rz. 3

Die Klägerin ist der Auffassung, diese Werbung verstoße gegen die Preisangabenverordnung und sei irreführend, weil bei jeder Beerdigung Überführungskosten anfielen, die in Form von Entfernungspauschalen oder anhand eines Kilometerpreises berechnet würden.

Rz. 4

Die Klägerin hat, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, beantragt, den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

im Geschäftsverkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter der Überschrift "Auszug aus unseren eigenen Leistungen" für eigene Dienstleistungen im Zusammenhang mit Feuerbestattungen oder Erdbestattungen Preisangaben mit Bildung einer Gesamtsumme der einzelnen Positionen für einzelne Bestattungsarten zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, solange nicht deutlich erkennbar darauf hingewiesen wird, in welcher Weise für weitere, nicht hoheitliche Leistungen, die im Rahmen einer ortsüblichen Bestattung anfallen, die anfallenden Kosten berechnet werden, insb. wenn dies wie in dem aus dem Tenor ersichtlichen Ausschnitt aus dem Werbeflyer des Beklagten geschieht.

Rz. 5

Außerdem hat sie den Beklagten wegen dieses und eines weiteren, vom LG rechtskräftig abgewiesenen Unterlassungsantrags auf Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. insgesamt 335,90 EUR in Anspruch genommen.

Rz. 6

Das LG hat der Klage durch Versäumnisurteil stattgegeben, dieses auf den Einspruch des Beklagten jedoch aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das landgerichtliche Urteil abgeändert und das der Klage stattgebende Versäumnisurteil mit dem vorstehend wiedergegebenen Unterlassungsantrag sowie wegen anteiliger Abmahnkosten i.H.v. 325,90 EUR aufrechterhalten.

Rz. 7

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte sein auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 8

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet gehalten. Hierzu hat es ausgeführt:

Rz. 9

Der Klägerin stehe zwar kein Anspruch gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG zu. Die Werbung des Beklagten sei nicht irreführend, weil sie bei dem angesprochenen Verkehr nicht die Vorstellung hervorrufe, dass mit der jeweils angegebenen Gesamtsumme alle nicht hoheitlichen Kosten, die bei einer Beerdigung anfallen, erfasst seien. Der Unterlassungsanspruch sei jedoch aus § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 PAngV begründet. Sowohl nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 PAngV als auch nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken seien hinsichtlich der Kosten für Bestattungsleistungen, deren Höhe nicht von vornherein feststehe, zumindest die von den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles abhängigen Angaben dazu zu machen, auf welcher Grundlage sie berechnet würden. Dazu zählten insb. die Überführungskosten.

Rz. 10

II. Die Revision hat nur zum Teil Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der beanstandete Werbeflyer sei lauterkeitsrechtlich unzulässig, hält sowohl nach dem zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung im November 2012 geltenden Recht (§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG a.F. i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 PAngV) als auch nach dem zur Zeit der Entscheidung im Januar 2016 maßgeblichen neuen Recht (§ 3a UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 PAngV) der rechtlichen Nachprüfung stand (dazu unter II.1 bis 6). Das Verbot geht allerdings zu weit und ist auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken (dazu unten unter II.7). Die Revision führt außerdem zu einer Reduzierung der vom Berufungsgericht zugesprochenen Abmahnkosten (dazu unten unter II.8).

Rz. 11

1. Nach dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung im November 2012 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung ab 10.12.2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb novelliert worden (BGBl. I, 2158). Die Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG a.F. ist nunmehr inhaltsgleich in § 3a UWG n.F. enthalten, und die neue Bestimmung ist um die Spürbarkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG a.F. ergänzt worden. In der Sache hat sich durch die Gesetzesänderung für den Tatbestand des Rechtsbruchs nichts geändert. Deshalb besteht auch kein Anlass, die mündliche Verhandlung wegen dieser Gesetzesänderung nach § 156 Abs. 1 ZPO wiederzueröffnen.

Rz. 12

2. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbsmäßig Leistungen anbietet oder als Anbieter von Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind. Nach der seit dem 13.6.2014 geltenden Fassung dieser Vorschrift wird dieser Preis als "Gesamtpreis" bezeichnet; zuvor wurde er "Endpreis" genannt. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV müssen die Angaben der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV ist eine Vorschrift i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. und des § 3a UWG, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer - der Verbraucher - das Marktverhalten zu regeln (BGH, Urt. v. 29.4.2010 - I ZR 23/08, GRUR 2010, 652 Rz. 11 = WRP 2010, 872 - Costa del Sol; Urt. v. 7.5.2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240 Rz. 18 = WRP 2015, 1464 - Der Zauber des Nordens).

Rz. 13

3. Im Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/EG kann ein Verstoß gegen eine nationale Marktverhaltensregel die Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG a.F. und § 3a UWG allerdings nur begründen, wenn diese nationale Bestimmung eine unionsrechtliche Grundlage hat (vgl. BGH GRUR 2010, 652 Rz. 11 - Costa del Sol; BGH, Urt. v. 22.3.2012 - I ZR 111/11, GRUR 2012, 1159 Rz. 9 = WRP 2012, 1384 - Preisverzeichnis bei Mietwagenangebot; Vorlagebeschluss v. 18.9.2014 - I ZR 201/12, GRUR 2014, 1208 Rz. 11 = WRP 2014, 1444 - Preis zzgl. Überführung; BGH GRUR 2015, 1240 Rz. 19 - Der Zauber des Nordens).

Rz. 14

Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/EG ist vorliegend eröffnet. Die Richtlinie 2005/29/EG bezieht sich nach ihrem Art. 2 Buchst. c nicht nur auf Waren, sondern auch auf Dienstleistungen, so dass die vorliegende Werbung für Bestattungsdienstleistungen vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/EG erfasst ist. Zudem handelt es sich bei der im Streitfall zu beurteilenden Werbung um eine Geschäftspraxis von Unternehmern gegenüber Verbrauchern vor Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts i.S.d. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG.

Rz. 15

Soweit § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV bestimmt, dass beim Angebot von oder der Werbung für Dienstleistungen der Preis anzugeben ist, hat diese nationale Regelung ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG und in Art. 22 Abs. 1 Buchst. i, Abs. 2 und 3 Buchst. a, Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt.

Rz. 16

a) Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte. Im Falle der Aufforderung zum Kauf gelten nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG folgende Informationen als wesentlich, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie ggf. alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.

Rz. 17

b) Als wesentlich i.S.d. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG gelten ferner gem. Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhang II der Richtlinie verwiesen wird.

Rz. 18

aa) In der Liste des Anhang II der Richtlinie 2005/29/EG wird auf die Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangabenrichtlinie) verwiesen. Die Preisangabenrichtlinie gilt allerdings nur für Waren und ist vorliegend nicht relevant (BGH GRUR 2015, 1240 Rz. 24 - Der Zauber des Nordens). Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte in erster Linie Särge und Urnen zum Kauf anbietet und ein im Vordergrund stehender kaufrechtlicher Schwerpunkt den Anwendungsbereich der Preisangabenrichtlinie eröffnet. Gegenstand eines Vertrags über die Durchführung einer Bestattung durch einen Bestattungsunternehmer ist nicht der Verkauf der hierfür erforderlichen Särge oder Urnen, sondern die Erbringung der für eine Bestattung erforderlichen Dienstleistungen.

Rz. 19

bb) Informationspflichten für Dienstleistungserbringer regelt die Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Zwar ist diese Richtlinie im Anhang II der Richtlinie 2005/29/EG nicht ausdrücklich genannt. Sie ist jedoch ebenfalls zu beachten, da die Aufzählung im Anhang II - wie Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG ausdrücklich bestimmt - nicht erschöpfend ist (BGH GRUR 2015, 1240 Rz. 25 - Der Zauber des Nordens; Köhler, WRP 2013, 723, 724).

Rz. 20

Hat der Dienstleistungserbringer den Preis für eine bestimmte Art von Dienstleistung im Vorhinein festgelegt, muss er dem Dienstleistungsempfänger nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. i und Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG den Preis der Dienstleistung zur Verfügung stellen. Hat der Dienstleistungserbringer den Preis für die Dienstleistung nicht im Vorhinein festgelegt, so muss er den Dienstleistungsempfängern nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2006/123/EG auf Anfrage den Preis der Dienstleistung oder, wenn kein genauer Preis angegeben werden kann, die Vorgehensweise zur Berechnung des Preises mitteilen, die dem Dienstleistungsempfänger die Überprüfung des Preises ermöglicht, oder diesem einen Kostenvoranschlag zur Verfügung stellen. Nach Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG müssen die mitzuteilenden Informationen - mithin auch der Preis - klar und unzweideutig sein und rechtzeitig vor Abschluss des Vertrags oder, wenn kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, vor Erbringung der Dienstleistung bereitgestellt werden.

Rz. 21

c) Die Vorschriften über die Informationspflichten in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG einerseits und Art. 22 Abs. 1 Buchst. i, Abs. 2 und 3 Buchst. a, Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG andererseits sind nebeneinander anwendbar. Zwar bestimmt Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG, dass bei einer Kollision von Bestimmungen der Richtlinie mit anderen Rechtsvorschriften der Union, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, die Letzteren vorgehen und für diese besonderen Aspekte maßgebend sind. Ein solcher Kollisionsfall liegt in Bezug auf die hier in Rede stehenden Informationsanforderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und der Dienstleistungsrichtlinie jedoch nicht vor (vgl. Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 3.12.2009, Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, SEK [2009] 1666, S. 22; Glöckner in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., Einl. B Rz. 124). Nach Erwägungsgrund 32 der Richtlinie 2006/123/EG steht diese Richtlinie im Einklang mit der unionsrechtlichen Gesetzgebung zum Verbraucherschutz wie etwa der Richtlinie 2005/29/EG. In Übereinstimmung hiermit regelt Art. 22 Abs. 5 Halbs. 1 der Richtlinie 2006/123/EG, dass die Informationsanforderungen der Dienstleistungsrichtlinie die bereits im Unionsrecht vorgesehenen Anforderungen (lediglich) ergänzen. Zudem integriert die Bestimmung des Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG, indem sie die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen als wesentlich i.S.d. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG definiert, die Informationsanforderungen der Dienstleistungsrichtlinie in die Richtlinie 2005/29/EG (vgl. Köhler, WRP 2013, 723, 724; ders. in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 1 PAngV Rz. 1d). Die Bestimmung des Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG wird danach durch die Bestimmungen der Art. 22 Abs. 1 Buchst. i, Abs. 2 und 3 Buchst. a, Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG nicht verdrängt (BGH GRUR 2015, 1240 Rz. 29 - Der Zauber des Nordens). Entsprechend hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Zulässigkeit einer Preiswerbung für eine Flugreise - also eine Dienstleistung - an Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG gemessen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.5.2011 - Rs. C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR 2011, 930 Rz. 60 ff. = WRP 2012, 189 - Ving Sverige).

Rz. 22

4. Da die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten sowohl im Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch im Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 9.6.2011 - I ZR 17/10, GRUR 2012, 188 Rz. 11 = WRP 2012, 975 - Computer-Bild, m.w.N.; Urt. v. 6.11.2014 - I ZR 26/13, GRUR 2015, 504 Rz. 8 = WRP 2015, 565 - Kostenlose Zweitbrille; BGH GRUR 2015, 1240 Rz. 31 - Der Zauber des Nordens).

Rz. 23

Dies ist vorliegend auch insoweit von Bedeutung, als zwischen dem Handlungszeitpunkt im November 2012 und dem Entscheidungszeitpunkt im Januar 2016 die in Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG genannte Übergangsfrist am 12.6.2013 abgelaufen ist. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt hieraus jedoch nicht.

Rz. 24

Nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/29/EG konnten die Mitgliedstaaten (nur) innerhalb der bis zum 12.6.2013 laufenden Übergangsfrist nationale Vorschriften, die zur Umsetzung von Richtlinien mit Mindestangleichungsklauseln erlassen wurden, beibehalten, die restriktiver als die Vorschriften der Richtlinie 2005/29/EG waren, d.h. ein geringeres Verbraucherschutzniveau bestimmten, oder strenger waren als die Richtlinie 2005/29/EG, also ein höheres Verbraucherschutzniveau vorsahen (vgl. BGH GRUR 2014, 1208 Rz. 14 - Preis zzgl. Überführung; MünchKomm/UWG/Micklitz, 2. Aufl., EG D Art. 3 UGP-RL Rz. 38; Glöckner, GRUR 2013, 568, 573; Köhler, WRP 2013, 723). Bei der Bestimmung des Art. 22 Abs. 5 Halbs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG handelt es sich um eine Mindestangleichungsklausel. Sie gestattet den Mitgliedstaaten, zusätzliche Informationsanforderungen für in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassene Dienstleistungserbringer vorzuschreiben.

Rz. 25

Es kann offenbleiben, ob Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/29/EG nationale Vorschriften wie § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV erfasst, die Mindestangleichungsklauseln in Richtlinien umsetzen, die - wie die Dienstleistungsrichtlinie - erst nach Inkrafttreten der Richtlinie 2005/29/EG erlassen worden sind (dafür Köhler, WRP 2013, 723, 724; ders. in Köhler/Bornkamm, a.a.O., Vorb PAngV Rz. 16a; Goldberg, WRP 2013, 1561, 1562; dagegen Omsels, WRP 2013, 1286 ff.; Kolb, Auswirkungen und Zusammenspiel der Übergangsklausel und des Spezialitätsgrundsatzes der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken am Beispiel der Preisangabenverordnung, Diss. Bayreuth 2015, S. 12 ff.). Es kann ferner offenbleiben, ob und inwieweit ggf. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV in Umsetzung des Art. 22 Abs. 5 Halbs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG Informationsanforderungen vorsieht, die strenger oder restriktiver als die Informationsanforderungen der Richtlinie 2005/29/EG sind (dazu Köhler, WRP 2013, 723, 726; Goldberg, WRP 2013, 1561, 1563). Darauf kommt es im Streitfall nicht an. Der geltend gemachte Anspruch ist schon dann begründet, wenn die beanstandete Werbung gegen die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV verstößt, soweit diese der Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG dient.

Rz. 26

5. Davon ist im Streitfall auszugehen.

Rz. 27

a) Der Beklagte hat als Anbieter von Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV unter Angabe von Preisen geworben.

Rz. 28

aa) Soweit die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV der Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG dient, ist der in § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV genannte Begriff der "Werbung unter Angabe von Preisen" im Blick auf den in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG verwendeten Begriff der "Aufforderung zum Kauf" richtlinienkonform auszulegen. Eine "Aufforderung zum Kauf" ist nach der Definition des Art. 2 Buchst. i der Richtlinie 2005/29/EG jede kommerzielle Kommunikation, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen. Der Begriff "Produkt" umfasst nach Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG Dienstleistungen. Eine "Aufforderung zum Kauf" stellt eine besondere Form der Werbung dar, die einer verstärkten Informationspflicht unterliegt. Dieser Begriff darf nicht restriktiv ausgelegt werden. Eine Aufforderung liegt vor, wenn der Verkehr über das beworbene Produkt und dessen Preis hinreichend informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht (vgl. EuGH GRUR 2011, 930 Rz. 28 und 33 - Ving Sverige; BGH, Urt. v. 9.10.2013 - I ZR 24/12, GRUR 2014, 580 Rz. 12 = WRP 2014, 545 - Alpenpanorama im Heißluftballon; BGH GRUR 2015, 1240 Rz. 37 - Der Zauber des Nordens). Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung nach Art. 2 Buchst. k der Richtlinie 2005/29/EG wird weit ausgelegt. Danach ist eine geschäftliche Entscheidung jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er den Kauf tätigen will. Dieser Begriff erfasst nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insb. das Betreten des Geschäfts (EuGH, Urt. v. 19.12.2013 - Rs. C-281/12, GRUR 2014, 196 Rz. 36 = WRP 2014, 161 - Trento Sviluppo). Etwas anderes gilt dann, wenn eine individuelle Einzelanfertigung in Rede steht, bei der vor einem Vertragsabschluss in der Regel zunächst ein Beratungsgespräch erfolgen muss, bevor konkrete Einzelangebote abgegeben werden können (vgl. BGH, Urt. v. 21.7.2011 - I ZR 192/09, GRUR 2012, 402 Rz. 32 = WRP 2012, 450 - Treppenlift).

Rz. 29

bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, der von der Werbung des Beklagten angesprochene Verkehr werde hinreichend über die beworbenen Leistungsbestandteile und deren Preis informiert, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, so dass von einer "Aufforderung zum Kauf" i.S.v. Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG auszugehen ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision erinnert hiergegen auch nichts. Der Beklagte hat die im Rahmen einer Bestattung von ihm angebotenen Leistungen sowie die für verschiedene Formen der Bestattung wählbaren Särge oder Urnen und deren Ausstattung unter Angabe der von ihm hierfür geforderten Preise aufgeführt. Dies ermöglicht es dem Verbraucher, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob er dem Angebot nähertreten möchte.

Rz. 30

b) Die Preisangaben des Beklagten genügen nicht den in § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 PAngV geregelten Pflichten zur Angabe des zu zahlenden Preises einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile.

Rz. 31

aa) Der in § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV genannte Begriff der "Preise" ist im Hinblick auf die nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG geforderten Preisinformationen richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG ist der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie ggf. alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache anzugeben, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.

Rz. 32

bb) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte nicht in der Lage ist, Gesamtpreise für durch sein Unternehmen durchgeführte Bestattungen anzugeben, weil diese von Kosten abhängen, die im Einzelfall variieren.

Rz. 33

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte sei angesichts des nicht im Voraus feststehenden Umfangs an Überführungsleistungen nicht in der Lage, in der Werbung einen Endpreis unter Einschluss der Überführungskosten anzugeben. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien würden Überführungskosten in Form von Entfernungspauschalen oder anhand eines Kilometerpreises berechnet. Dagegen erinnert die Revisionserwiderung nichts; Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

Rz. 34

(2) Mit dem Abschluss eines Vertrags verbundene Kosten, die nicht bezifferbar, insb. zeit- oder verbrauchsabhängig sind, können und müssen nicht in einen einheitlichen Endpreis einbezogen werden (BGH GRUR 2010, 652 Rz. 18 - Costa del Sol; BGH, Urt. v. 10.12.2009 - I ZR 149/07, GRUR 2010, 744 Rz. 33 = WRP 2010, 1023 - Sondernewsletter; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 1 PAngV Rz. 28). Dies gilt im Streitfall für die Überführungskosten, die abhängig von den bei der Überführung zurückzulegenden Entfernungen und dementsprechend aufwandsabhängig sind.

Rz. 35

(3) Ob Preisunterschiede zwischen einer Feuerbestattung und unterschiedlichen Ausführungen einer Erdbestattung allein diese Annahme rechtfertigen würden, kann offen bleiben. Jedenfalls fallen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei jeder Bestattung Überführungskosten an, deren Höhe von der Entfernung zwischen dem Sterbeort und dem Friedhof oder - wenn eine Feuerbestattung durchgeführt wird - von der Entfernung zwischen Sterbeort und Krematorium einerseits und Krematorium und Friedhof andererseits abhängt. Die Höhe der Überführungskosten ist deshalb von Fall zu Fall unterschiedlich und kann nicht im Voraus angegeben werden, so dass der Beklagte zur Angabe eines einheitlichen Preises nicht verpflichtet ist.

Rz. 36

cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, der Hinweis des Beklagten, neben den von ihm angegebenen Preisen fielen Überführungskosten an, sei für die Erfüllung seiner Pflichten aus § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 PAngV nicht ausreichend; vielmehr habe der Beklagte die für die Höhe der Überführungskosten maßgeblichen Berechnungsparameter und deren Höhe anzugeben.

Rz. 37

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, da Überführungskosten nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien in Form von Entfernungspauschalen oder anhand eines Kilometerpreises berechnet würden, sei es für den Beklagten möglich und zumutbar, die von ihm zugrunde gelegten Entfernungsstaffeln oder den berechneten Kilometerpreis anzugeben. Dem könne nicht entgegengehalten werden, eine solche Angabe sei für die von der Werbung angesprochenen Personen nicht von Vorteil, weil ihnen die konkrete Entfernung zur Leichenhalle oder zum Krematorium nicht bekannt sei. Die Angabe der Entfernungspauschalen oder die berechneten Kilometerpreise seien nicht ohne Aussagekraft für die Preisgestaltung. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung stand.

Rz. 38

(2) Die Vorschrift des § 1 PAngV ist im Hinblick auf die nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG geforderten Preisinformationen richtlinienkonform auszulegen. Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV nicht, dass für den Fall, dass ein End- oder Gesamtpreis nicht angegeben werden kann, die Art der Preisberechnung mitzuteilen ist. Dies hat entgegen der Annahme der Revision jedoch nicht zur Folge, dass der Beklagte nur darüber zu informieren hätte, welche weiteren Leistungsbestandteile kostenpflichtig sind. Vielmehr hat er auch die Art der Preisberechnung mitzuteilen. Hierzu gehören die Beträge, die er bei der Berechnung der Überführungskosten einsetzt. Dies folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 1 Abs. 6 PAngV anhand von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG. Danach müssen Preisangaben der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Nach der Senatsrechtsprechung zur Auslegung der Preisangabenverordnung müssen in Fällen, in denen mit dem Erwerb des angebotenen oder beworbenen Produkts zugleich eine Entscheidung oder eine nicht ohne Weiteres abzuändernde Vorentscheidung im Hinblick auf ein anderes Produkt des Anbieters oder Werbenden verbunden ist, vom Anbietenden oder Werbenden die für dieses andere Produkt entstehenden Kosten deutlich kenntlich gemacht werden (BGH GRUR 2010, 744 Rz. 30 - Sondernewsletter). Ein solches einheitliches Leistungsangebot liegt in aller Regel dann vor, wenn die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung zwangsläufig die Inanspruchnahme einer anderen Leistung voraussetzt (BGH, Urt. v. 17.7.2008 - I ZR 139/05, GRUR 2009, 73 Rz. 23 = WRP 2009, 48 - Telefonieren für 0 Cent!). Nicht bezifferbare Kosten für Einzelleistungen müssen hinreichend deutlich kenntlich gemacht werden (BGH GRUR 2010, 744 Rz. 33 - Sondernewsletter).

Rz. 39

(3) Nach diesen Maßstäben genügt es nicht, wenn der Beklagte neben der Angabe von Einzelpreisen für Bestattungsdienstleistungen für Feuer- und Erdbestattungen pauschal auf Überführungskosten verweist, ohne die von ihm dabei verwendeten Berechnungsparameter anzugeben. Das Berufungsgericht ist - von der Revision unbeanstandet - davon ausgegangen, dass Aufträge an Bestattungsunternehmen zur Durchführung von Feuer- oder Erdbestattungen Überführungsleistungen umfassen. Die Kosten für Überführungen gehören damit zum einheitlichen Leistungsangebot des Beklagten. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass Bestattungsunternehmen Überführungskosten entweder anhand von Entfernungspauschalen oder anhand eines Kilometerpreises berechnen. Bei einer solchen Sachlage muss der Beklagte die von ihm praktizierte Berechnung und die hierbei einzusetzenden Parameter nicht nur pauschal benennen, sondern auch beziffern, wenn er unter Angabe von Preisen in der beanstandeten Art und Weise wirbt.

Rz. 40

6. Der Verstoß gegen § 4 Nr. 11 a.F. i.V.m. § 1 PAngV ist geeignet, die Interessen der Verbraucher i.S.v. § 3 UWG a.F. spürbar zu beeinträchtigen. Werden unter Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG a.F. Informationen vorenthalten, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, ist das Erfordernis der Spürbarkeit grundsätzlich erfüllt (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2011 - I ZR 190/10, GRUR 2012, 842 Rz. 25 = WRP 2012, 1096 - Neue Personenkraftwagen I; BGH GRUR 2015, 1240 Rz. 46 - Der Zauber des Nordens). Dass im Streitfall etwas anderes gilt, ist nicht ersichtlich. Diese Maßstäbe gelten für die Spürbarkeitsschwelle des § 3a Halbs. 2 UWG entsprechend.

Rz. 41

7. Das gegen den Beklagten ausgesprochene Verbot kann allerdings nur insoweit Bestand haben, als es nicht über die konkrete Verletzungsform hinausreicht. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass dem Beklagten die von der Klägerin beanstandete Werbung nicht im Hinblick auf im Klageantrag nicht näher konkretisierte nicht hoheitliche Leistungen, die im Rahmen einer ortsüblichen Bestattung anfallen, sondern allein im Hinblick auf die Überführungskosten verboten werden kann. Der von der Klägerin formulierte Antrag ist demgegenüber allgemein formuliert und umfasst "insbesondere" die von ihr beanstandete Werbung des Beklagten. Das Klagevorbringen ist jedoch dahin auszulegen, dass die Klägerin zumindest die von ihr beanstandete konkrete Verletzungsform verboten haben will (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2003 - I ZR 50/01, GRUR 2004, 605, 607 = WRP 2004, 735 - Dauertiefpreise; Urt. v. 4.11.2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rz. 18 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; Urt. v. 6.11.2011 - I ZR 54/10, GRUR 2012, 405 Rz. 16 = WRP 2012, 461 - Kreditkontrolle). Der Unterlassungsantrag ist daher insoweit abzuweisen, als er über die konkrete Verletzungsform hinausgeht (BGH, Urt. v. 15.9.1999 - I ZR 131/97, GRUR 2000, 436, 438 = WRP 2000, 383 - Ehemalige Herstellerpreisempfehlung; BGH GRUR 2004, 605, 607 - Dauertiefpreise, m.w.N.; BGH GRUR 2015, 504 Rz. 30 - Kostenlose Zweitbrille).

Rz. 42

8. Der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ist aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur i.H.v. 134,36 EUR begründet.

Rz. 43

a) Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann der Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Die Abmahnung war nur insoweit berechtigt, als die Klägerin darin geltend gemacht hat, dass für die Höhe der Überführungskosten die maßgeblichen Berechnungsparameter und deren Höhe anzugeben seien. Die Klägerin kann den Ersatz ihrer Aufwendungen daher nur beanspruchen, soweit diese dem berechtigten Unterlassungsanspruch zuzurechnen sind.

Rz. 44

b) Das Berufungsurteil erweist sich im Hinblick auf die zugesprochenen Abmahnkosten schon deshalb als fehlerhaft, weil es der Klägerin - ausgehend von einem Streitwert von 5.000 EUR für den im Berufungsverfahren erfolgreichen Unterlassungsantrag - die Hälfte der im Abmahnschreiben vom 20.11.2012 nach einem Streitwert von 10.000 EUR berechneten Abmahnkosten i.H.v. 651,80 EUR (1,3 Geschäftsgebühr zzgl. der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) zugesprochen hat, obwohl die Klägerin mit dem Klageantrag zu 2 lediglich eine 0,65 Geschäftsgebühr und die volle Post- und Telekommunikationspauschale i.H.v. insgesamt 335,90 EUR beansprucht hat. Dieser Betrag ist der Berechnung des Teils der Aufwendungen zugrunde zu legen, für den die Klägerin Ersatz beanspruchen kann.

Rz. 45

c) Richtet sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung, sind die Kosten einer nur teilweise berechtigten Abmahnung nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH GRUR 2010, 744 Rz. 52 - Sondernewsletter). Die Klägerin hat ihrer Abmahnung einen Gegenstandswert von 10.000 EUR zugrunde gelegt. Der Antrag, mit dem sie im Rechtsstreit überwiegend durchdringt, hat einen Wert von 5.000 EUR. Letztlich erfolgreich ist dieser Antrag nur bezogen auf die konkrete Verletzungsform, so dass der Gegenstandswert des berechtigten Teils der Abmahnung - die das Unterlassungsbegehren der Klägerin ebenso wenig wie der streitgegenständliche Unterlassungsantrag auf die konkrete Verletzungsform beschränkt - 4.000 EUR beträgt. Den über die konkrete Verletzungsform hinausgehenden Teil der Abmahnung bemisst der Senat mit 20 % des anteiligen Betrags von 5.000 EUR. Von den geltend gemachten Abmahnkosten i.H.v. 335,90 EUR entfallen demnach 40 % - also 134,36 EUR - auf den begründeten Unterlassungsanspruch.

Rz. 46

III. Im vorliegenden Verfahren stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union erfordert. Die Anwendungsvoraussetzungen der in Betracht kommenden Richtlinien sowie ihr Verhältnis zueinander unterliegen keinem vernünftigen Zweifel (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rz. 16 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.). Daran ändern die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 16.12.2015 im Verfahren Citroën/ZLW (C-476/14) nichts. Diese betreffen die Richtlinie 98/6/EG und nicht die Dienstleistungsrichtlinie. Soweit sie sich auf Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG beziehen, berühren sie die hier streitgegenständlichen Fragen nicht.

Rz. 47

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 9163926

BB 2016, 705

DB 2016, 7

NJW-RR 2016, 1322

GRUR 2016, 516

GRUR 2016, 7

GewArch 2016, 255

JZ 2016, 283

MDR 2016, 472

WRP 2016, 581

GRUR-Prax 2016, 154

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge