Leitsatz (amtlich)

Die beim Möbelkauf gegenüber Nichtkaufleuten verwendete Klausel:

„Der Käufer ist drei Wochen an seinen Auftrag gebunden. Aufträge bedürfen zur Rechtswirksamkeit der schriftlichen Bestätigung des Verkäufers. Lehnt der Verkäufer nicht binnen drei Wochen nach Auftragserteilung die Annahme ab, gilt die Bestätigung als erteilt,”

hält in ihren Sätzen 1 und 3 einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz nicht stand.

 

Normenkette

AGBG § 10 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund

OLG Hamm

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Dezember 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt als Verbraucherschutzverein die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG wahr. Er begehrt von der Beklagten, die ein Möbelhaus betreibt, die Unterlassung der Verwendung mehrerer Formularklauseln gegenüber Nichtkaufleuten beim Möbelkauf. In den von der Beklagten bis Frühjahr 1999 verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen war – soweit für die Revision noch von Interesse – folgende Bestimmung enthalten:

§ 1 Vertragsabschluß

Der Käufer ist drei Wochen an seinen Auftrag gebunden. Aufträge bedürfen zur Rechtswirksamkeit der schriftlichen Bestätigung des Verkäufers. Lehnt der Verkäufer nicht binnen drei Wochen nach Auftragserteilung die Annahme ab, gilt die Bestätigung als erteilt.

Das Landgericht hat die gegen die Verwendung von Satz 1 und 3 dieser Klausel gerichtete Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr dagegen stattgegeben und dem Kläger die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Mit ihrer – zugelassenen – Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Verwendung des § 1 Satz 1 und 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verstoße gegen § 10 Nr. 1 AGBG. Zwar spreche für die Zulässigkeit einer längeren Annahmefrist, daß schon wegen der Größe von Möbeln, aber auch wegen der Vielfalt von Ausführungsformen und Kombinationen eine umfassende Lagerhaltung von dem Möbelhändler nicht erwartet werden könne und dieser vielfach erst bei dem Hersteller erfragen müsse, ob die gewünschte Ware – in der gewünschten Zeit – lieferbar sei. Als berechtigt sei grundsätzlich auch das Interesse eines Möbelhändlers anzuerkennen, für alle von ihm abzuschließenden Geschäfte eine möglichst einheitliche Annahmefrist vorzusehen. Es sei ferner zu berücksichtigen, daß die Kunden sich vor der Bestellung eines Möbelstücks in der Regel bereits einen Überblick über die sie interessierenden Angebote verschafft und das für sie attraktivste ausgesucht hätten. Doch verkaufe die Beklagte auch vorrätige Ware, unter anderem Ausstellungsstücke. Eine allgemeine Annahmefrist von drei Wochen sei hier unangemessen lang. Die Beklagte habe in den Fällen des Verkaufs vorrätiger Ware kein berechtigtes Interesse an einer dreiwöchigen Annahmefrist. Ein solches Interesse könnte sich, da bei dieser Ware eine Rückfrage beim Hersteller entfalle, allein daraus ergeben, daß die Bonität des Kunden überprüft werden müsse. Gegen die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Kunden sichere sich die Beklagte dadurch ab, daß sie Waren nur gegen Bezahlung übergebe und in geeigneten Fällen zuvor auch Anzahlungen verlange. Soweit Käufe finanziert würden, sei die Bonitätsprüfung durch die beteiligte Bank im Regelfall in etwa einer Woche abgeschlossen.

Bei dieser Sachlage sei eine dreiwöchige Annahmefrist auch nicht wegen des Interesses der Beklagten an einheitlichen Vertragsbedingungen gerechtfertigt. Ein solches Interesse sei nur beachtlich, soweit die jeweilige Klausel eine für alle erfaßten Fallgestaltungen insgesamt angemessene Regelung enthalte. Da bei dem Verkauf vorrätiger Ware im Regelfall kein vernünftiger Grund bestehe, sich eine dreiwöchige Annahmefrist vorzubehalten, sei es nicht gerechtfertigt, auch den Käufer solcher Ware an die in § 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmte Frist zu binden.

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten kann keinen Erfolg haben.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die in § 1 Satz 1 und 3 der AGB der Beklagten bestimmte Annahmefrist wegen Verstoßes gegen § 10 Nr. 1 AGBG als unwirksam angesehen.

a) Die Entscheidung, ob eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmte Frist, innerhalb welcher sich der Verwender die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorbehält, unangemessen lang im Sinne von § 10 Nr. 1 AGBG ist, erfordert eine wertende Abwägung der Interessen beider Verhandlungspartner unter Berücksichtigung der für den Vertragsgegenstand typischen Umstände (BGH, Urteil vom 6. März 1986 – III ZR 234/84, WM 1986, 577 unter III 2; BGH, Urteil vom 24. März 1988 – III ZR 21/87, WM 1988, 607 unter II 2 = BGHR AGBG § 10 Nr. 1, Darlehensvertrag 1). Ist die Annahmefrist wesentlich länger als die in § 147 Abs. 2 BGB umschriebene, übersteigt sie also den Zeitraum erheblich, der für die Übermittlung der Erklärungen notwendig ist und eine angemessene Bearbeitungs- und Überlegungsfrist einschließt, so ist diese Fristbestimmung nur dann wirksam, wenn der Verwender daran ein schutzwürdiges Interesse hat, hinter dem das Interesse des Kunden am baldigen Wegfall seiner Bindung zurückstehen muß (BGHZ 109, 359, 361 f). Als Besonderheit des Möbelhandels, die eine längere Annahmefrist des Verkäufers rechtfertigt, ist dabei zu berücksichtigen, daß dieser die angebotenen Möbel schon wegen ihres Umfangs sowie der vielfältigen Ausführungsformen in der Regel nicht vorrätig halten kann, sondern erst beim Hersteller nachfragen muß, ob die bestellten Stücke, gegebenenfalls in welcher Frist, lieferbar sind. Hinzu kommt, daß Möbelkäufe häufig finanziert werden, so daß hierfür einschließlich der Prüfung der Bonität des Bestellers, die nach den Angaben des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH der Beklagten durch die beteiligte Bank im Regelfall etwa eine Woche erfordert, eine weitere Zeitspanne hinzuzurechnen ist. In der Rechtsprechung und Literatur wird deshalb beim Möbelkauf eine formularmäßig ausbedungene Annahmefrist von drei Wochen, wie sie auch in § 1 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist, als zulässig angesehen (OLG Celle in Bunte, AGBE I 4 zu § 10 Nr. 1 betreffend Möbelversandhandel; OLG Köln, Urteil vom 21. Mai 1999 – 6 U 122/98; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 9 Rdnr. M 102; § 10 Nr. 1 Rdnr. 15; Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl., § 10 AGBG Rdnr. 6 [1 Monat]; Staudinger/Coester-Waltjen (1998) § 10 Nr. 1 AGBG Rdnr. 11; MünchKomm-Basedow, BGB, 3. Aufl., § 10 Nr. 1 AGBG Rdnr. 11 [1 Monat]; Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Möbelkauf Rdnr. 7; Walchshöfer, WM 1986, 1041, 1044 [4 Wochen]; a.A. Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdnr. 441).

b) Nach der verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellung des Berufungsgerichts veräußert die Beklagte – neben den vom jeweiligen Hersteller erst zu liefernden Möbeln – auch am Lager vorrätige Ware und Ausstellungsstücke; nach dem im Tatbestand des Berufungsurteils als unstreitig wiedergegebenen Parteivorbringen verkauft die Beklagte in geringem Umfang, vom Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten grob mit etwa 1 % der Verkäufe beziffert, vorrätige Möbel und darüber hinaus Ausstellungsstücke, was bei Polstermöbeln häufiger der Fall ist. Dann aber kann entgegen der Ansicht der Revision nicht davon gesprochen werden, daß es sich bei den zuletzt genannten Verkäufen um seltene Ausnahmen handelt, die bei einer auf den Regelfall abzustellenden Betrachtungsweise unberücksichtigt bleiben können.

c) Zutreffend hat das Berufungsgericht für den Verkauf vorrätiger Möbel einschließlich der Ausstellungsstücke die in § 1 der AGB der Beklagten bestimmte Annahmefrist als unangemessen lang beurteilt. Da bei dieser Ware eine Rückfrage beim Hersteller nach dessen Liefermöglichkeit, die den wesentlichen Grund der verlängerten Annahmefrist beim Kauf erst noch zu beschaffender Möbel darstellt, entfällt, ist dem Verkäufer lediglich für den Fall einer Finanzierung des Kaufs ein angemessener Zeitraum, der auch eine Bonitätsprüfung des Kunden einschließt, zuzubilligen; dafür ist aber nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten ein Zeitraum von drei Wochen nicht erforderlich. Fehlt es danach an einem schutzwürdigen Interesse des Verkäufers an der von ihm formularmäßig auf drei Wochen verlängerten Annahmefrist, ist dem Interesse des Kunden an einem baldigen Wegfall seiner Bindung (BGHZ 109, 359, 362 m.w.Nachw.) der Vorrang einzuräumen.

d) Die hier zu beurteilende Klausel ist auch, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, entgegen der Ansicht der Revision beim Kauf vorrätiger Waren nicht ohne Bedeutung. Abgesehen vom Verkauf von sogenannten Mitnahmeartikeln, die ohnehin gegen sofortige Zahlung verkauft werden, kann zwar auch beim Verkauf vorrätiger Ware der für die Beklagte handelnde Verkäufer den Kundenantrag sofort annehmen, so daß der Kaufvertrag damit zustande gekommen ist. Wie die Beklagte selbst ausgeführt hat, besteht jedoch auch beim Verkauf vorrätiger Ware vielfach die Notwendigkeit einer Bonitätsprüfung des Kunden, da bei teuren Möbeln eine Finanzierung üblich sei; hieraus leitet die Beklagte gerade die Zulässigkeit einer dreiwöchigen Annahmefrist auch für diese Verkaufsfälle ab. Daraus kann nur geschlossen werden, daß die Beklagte beim Verkauf vorrätiger Möbel, insbesondere solcher der gehobenen Preisklasse, die streitgegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ebenfalls verwendet.

e) Die Beklagte hätte daher, wie das Berufungsgericht weiter zu Recht ausführt, entweder eine für alle Fälle angemessene kurze Annahmefrist vorsehen oder für die bei ihr nicht ganz seltenen Verkäufe vorrätiger Ware eine besondere, kürzere Frist bestimmen müssen (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 1984 – VIII ZR 226/83, WM 1985, 24 unter V 2 a). Da es an einer solchen Differenzierung fehlt und eine solche wegen des Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion (st.Rspr., vgl. BGHZ 86, 284, 297; 96, 18, 25; 114, 338, 342 f; Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 – VIII ZR 279/85, WM 1987, 349 unter II 2 c) auch nicht vom Gericht vorgenommen werden kann, ist § 1 der AGB der Beklagten in dem hier angefochtenen Umfang insgesamt für unwirksam zu erklären.

2. Ohne Erfolg muß schließlich die Revision auch insoweit bleiben, als sie sich gegen die dem Kläger zugesprochene Befugnis wendet, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger bekannt zu machen (§ 18 AGBG). Ermessensfehler des Berufungsgerichts, das seine Entscheidung mit der Notwendigkeit begründet hat, dem Eindruck einer allgemeinen Zulässigkeit der Klauselverwendung durch Möbelhändler entgegenzuwirken, sind nicht ersichtlich und werden auch von der Revision nicht geltend gemacht. Soweit die Veröffentlichungsbefugnis ferner die vom Berufungsgericht ebenfalls für unwirksam erklärte Klausel in § 12 Ziff. 1 der AGB der Beklagten umfaßt, ist die Revision hinsichtlich dieser Klausel vom Berufungsgericht nicht zugelassen worden, so daß auch die sich hierauf beziehende Veröffentlichungsbefugnis vom Revisionsgericht nicht zu überprüfen ist.

 

Unterschriften

Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball, Dr. Wolst

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 13.09.2000 durch Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 556361

BGHZ

BGHZ, 139

NJW 2001, 303

NWB 2000, 3816

EWiR 2001, 203

Nachschlagewerk BGH

WM 2001, 29

ZIP 2001, 78

MDR 2001, 20

VuR 2000, 449

PVR 2001, 152

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