Leitsatz (amtlich)

a) Verletzt der Grundbuchbeamte bei der Abschreibung von Grundstücksteilen seine Pflicht, sich die amtliche Flurkarte vorlegen zu lassen (§ 2 Abs. 3 GBO), so haftet das Land zwar für die Abweichung der in das Grundbuch eingetragenen Parzellen von der Teilungserklärung des Eigentümers (§ 903 BGB), nicht aber für eine spätere Verwechslung der Parzellen.

b) Verletzt der Grundbuchbeamte bei der Anlegung von Wohnungsgrundbüchern seine Pflicht, sich eine Abgeschlossenheitsbescheinigung vorlegen zu lassen, die das Grundstück bezeichnet, auf dem die Wohnungen errichtet sind oder errichtet werden, haftet das Land für die Abweichung des Gegenstandes der Teilungserklärung (§ 8 WEG) vom Gegenstand des in den Wohnungsgrundbüchern eingetragenen Miteigentumsanteils.

c) In Grundbuchangelegenheiten ist Dritter im Sinne des § 839 BGB nicht nur derjenige, auf dessen Antrag oder in dessen Interesse die Eintragung erfolgt, sondern jeder, der im Vertrauen auf die richtige Handhabung der Grundbuchgeschäfte am Rechtsverkehr teilnimmt.

 

Normenkette

BGB § 839; GBO § 2 Abs. 3; WEG § 7 Abs. 4, § 8

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 25.06.1992; Aktenzeichen 11 U 171/89)

LG Lübeck (Urteil vom 11.07.1989; Aktenzeichen 5 O 589/88)

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 25. Juni 1992 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die – liquidierte – Anonyme Aktiengesellschaft I. mit Sitz in L. – Stadt (I.) war Eigentümerin des im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von M. Blatt 14 A unter lfd. Nr. 1 eingetragenen, aus den Flur 3, Flurstücken 16/1 und 145/28 der Gemarkung V. bestehenden. Grundstücks. Mit notarieller Urkunde vom 7. Februar 1975 teilte sie das Grundstück in vier, in einer Planskizze nach Größe. Lage und Nutzungsart gekennzeichnete Flächen und beantragte den Vollzug der Teilung im Grundbuch. Entstehen sollten:

Grundstück 1

375 qm

Nordosten, für Abstellplätze bestimmt

Grundstück 2

392 qm

Norden, mit Hallenschwimmbad bebaut

Grundstück 3

125 qm

Osten, für Kläranlage bestimmt

Grundstück 4

Restfläche

Zur Fortschreibung des Liegenschaftskatasters wurden – im Uhrzeigersinn und damit abweichend von der erklärten Teilung – 375 qm im Norden, das Hallenschwimmbad umfassend, und 392 qm im Nordosten, die geplanten Stellplätze einschließend, abvermessen. In dieser Reihenfolge vergab das Katasteramt die neuen Flurstücksnummern. Der dem Grundbuchamt vorgelegte Katasterauszug wies folgende Flurstücke der Flur 3 aus:

Flurstück

28/1

375 qm

Flurstück

28/2

392 qm

Flurstück

28/3

125 qm

Flurstück

28/4

Restfläche

Sie wurden am 16. Juni 1975 unter den lfd. Nrn. 2-5 in das Bestandsverzeichnis des Grundbuchs eingetragen. Bei der Eintragung lag dem Grundbuchbeamten eine Flurkarte nicht vor.

Die I. stockte das Hallenschwimmbad um zwei Wohnungen auf und verkaufte das hieran noch zu bildende Wohnungseigentum mit Vertrag vom 23./30. April 1976 an die Klägerin zu 1 (Wohnung 39 B) und mit angenommenem Angebot vom 26. Oktober 1976 an den Kläger zu 2 (Wohnung 39 A).

Mit notarieller Urkunde vom 5. November 1976 teilte die I. das Grundstück „lfd. Nr. der Grundstücke 3 Flur 3, Flurstück 28/2 … mit einer Größe von 392 qm” in Wohnungseigentum sowie in ein das Hallenschwimmbad als Sondereigentum ausweisendes Teileigentum auf. Die dem Grundbuchamt vorgelegte Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 7. Oktober 1976 bezeichnete das in Wohnungseigentum aufzuteilende Grundstück nur lückenhaft, der Aufteilungsplan war nicht von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehen.

Der Grundbuchbeamte übertrug das Grundstück lfd. Nr. 3 (Flur 3, Flurstück 28/2) am 15. November 1976 auf das Grundbuchblatt 613, schloß dieses und legte am gleichen Tag die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher Blatt 614 bis 616 an. Als Gegenstand der Miteigentumsanteile ist dort jeweils das Grundstück „V. Flur 3, Flurstück 28/2” mit 392 qm angegeben.

Auf Grund gesonderter Auflassungen wurden die Klägerin zu 1 im November 1976 auf Blatt 616, der Kläger zu 2 im August 1977 auf Blatt 615 als Wohnungseigentümer eingetragen. Als Teileigentümerin wurde die LV – L. – und V. GmbH mit Sitz in V. in Blatt 614 vermerkt. Diese Gesellschaft erwarb auch das im Grundbuch Blatt 14 A unter lfd. Nr. 2 eingetragene Grundstück Flur 3 (Flurbezeichnung künftig entfallend), Flurstück 28/1 und veräußerte es später weiter.

Im Jahre 1985 wies das Amtsgericht O. die Kläger darauf hin, daß die Wohnanlage auf dem Grundstück Flurstück 28/1 errichtet worden sei, und vertrat die Auffassung, Wohnungseigentum sei deshalb auf die Erwerber nicht übergegangen. Die Kläger betrieben hierauf ohne Erfolg die Eintragung eines Amtswiderspruchs in das Grundbuch Blatt 14 A. Am 4. September 1991 wurde in die Wohnungsgrundbücher ein Amtswiderspruch gegen die Errichtung und Veräußerung von Wohnungseigentum auf dem Grundstück Flurstück 28/2 eingetragen.

Die Kläger haben das beklagte Land wegen Amtspflichtverletzung des Grundbuchbeamten in Anspruch genommen und beantragt, festzustellen, daß das Land verpflichtet ist, ihnen den Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist und entsteht, daß das jeweilige Wohnungseigentum „nicht auf dem Grundstück Flurstück 28/1, sondern auf 28/2 gebildet und entstanden” ist. Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es bestreitet eine Amtspflichtverletzung, verneint einen Schaden, hält anderweitige Ersatzmöglichkeiten für gegeben und macht Verjährung geltend.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Grundbuchbeamte habe zwar bei der Eintragung der Grundstücksteilung am 16. Juni 1975 gegen die Pflicht verstoßen, sich eine Flurkarte vorlegen zu lassen. Dies sei aber für einen etwaigen Schaden der Kläger nicht ursächlich geworden, denn der Karte hätte nicht entnommen werden können, daß der Katasterauszug mit dem Teilungsantrag nicht übereinstimmte. Der Vollzug der Teilungserklärung nach dem Wohnungseigentumsgesetz am 15. November 1976 sei nicht zu beanstanden. Da die Abgeschlossenheitsbescheinigung mit der notariellen Teilungsurkunde durch Schnur und Siegel verbunden gewesen sei, habe kein Zweifel daran bestanden, daß sie sich auf das aufzuteilende Grundstück bezogen habe. Im übrigen beschränke sich der Zweck der Bescheinigung auf den Ausweis der Abgeschlossenheit der Räume, die richtige Bezeichnung des Grundstücks sei hiervon nicht erfaßt. Schließlich habe den Grundbuchbeamten bei beiden Eintragungen gegenüber den Klägern keine Amtspflicht getroffen, da sie an den Grundbuchgeschäften nicht beteiligt gewesen seien.

II.

Dies hält insgesamt der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist es allerdings, daß das Berufungsgericht einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) nicht darauf gestützt hat, daß es der Grundbuchbeamte bei der Teilung des Ausgangsgrundstücks Flurstück 16/1 und 145/2 unterließ, sich eine Flurkarte vorlegen zu lassen.

Nach § 2 Abs. 3 Buchst. a GBO soll ein Teil eines Grundstücks von diesem (grundsätzlich) nur abgeschrieben werden, wenn ein beglaubigter Auszug aus dem amtlichen Grundstücksverzeichnis und, sofern eine Karte geführt wird, eine von der zuständigen Behörde beglaubigte Karte vorgelegt wird, aus denen die Größe und Lage des Teils ersichtlich sind. Hätte der Grundbuchbeamte pflichtgemäß die Eintragung der Teilung von der Vorlage der Flurkarte abhängig gemacht, so hätte er zwar nicht, worauf das Berufungsurteil abhebt, aus dieser allein, wohl aber aus der Karte in Verbindung mit dem Auszug aus dem amtlichen Verzeichnis ersehen können, daß das Flurstück 28/1 nicht mit dem nach der Erklärung der I. in gleicher Lage (Norden) zu bildenden Trennstück (Grundstück 2) identisch war. Aus der Flurkarte wäre die Lage und die Bebauung des Flurstücks 28/1 zu ersehen gewesen, aus dem Katasterauszug ergab sich dessen Flächengröße mit 375 qm. Einer Ermittlung des Flächenmaßes anhand der Flurkarte hätte es daher nicht bedurft. Die Abweichung gegenüber der Erklärung der I. über die Größe des neu zu bildenden Grundstücks wäre aus der notariellen Urkunde ersichtlich gewesen.

Ohne weitere Feststellungen könnte nicht ausgeschlossen werden, daß der Fehler des Grundbuchbeamten dafür ursächlich war, daß in der Teilungserklärung nach § 8 WEG vom 5. November 1976 – abweichend vom Willen der teilenden Eigentümerin – das unbebaute Grundstück Flurstück 28/2 genannt wurde. Wäre nämlich bei der Teilung des Ursprungsgrundstücks die Flächenabweichung des Katasters von dem Teilungsantrag zutage getreten, hätte entweder eine Neuvermessung stattgefunden, oder es wäre eine Änderung der sachlich-rechtlichen Erklärung der I. erforderlich geworden. In dem einen wie dem anderen Falle wäre der Eigentümerin in einprägsamer Weise vor Augen geführt worden, daß das mit der Schwimmhalle bebaute Grundstück die Flurstücks-Nr. 28/1 trug. Bei der späteren Teilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz hätte die so erlangte Kenntnis nachwirken können.

Diese Ursachenkette verliefe jedoch außerhalb des zur Begründung des Schadensersatzanspruches erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und eingetretenem Schaden (vgl. BGH, Urt. v. 18. Oktober 1990, III ZR 260/88, WM 1991, 653/656). Das in § 2 Abs. 3 Buchst. a GBO enthaltene Gebot, bei der Abschreibung eines Grundstücksteils Katasterauszug und Flurkarte beizuziehen, hat den Zweck, auch nach der Teilung die Übereinstimmung des Grundbuchs mit dem amtlichen Verzeichnis zu gewährleisten. Außerhalb seines Schutzzweckes liegt es dagegen, den teilenden Eigentümer bei späteren Verfügungen vor einer Verwechslung der neugebildeten Grundstücke zu bewahren. Wären die in Katasterauszug und Flurkarte ausgewiesenen Flurstücke nach Größe und Lage mit den Trennstücken in der Erklärung über die Grundstücksteilung identisch gewesen, hätte die abweichende Nummernfolge dem Vollzug der Teilung im Grundbuch nicht entgegengestanden. Maßgeblich für die Bezeichnung der Grundstücke wären nach § 2 Abs. 2 GBO die in das Bestandsverzeichnis übernommenen Katasternummern gewesen. Der Fehler des Grundbuchbeamten hat zu einer Abweichung der im Bestandsverzeichnis ausgewiesenen Fläche der Grundstücke Flurstück 28/1 und 28/2 von der Erklärung der I. … vom 7. Februar 1975 geführt. Für einen hierin liegenden Schaden hätte das beklagte Land wegen der Amtspflichtverletzung des Grundbuchbeamten einzustehen. Zwischen der Flächenabweichung und der späteren Verwechslung der Grundstücke bei der Bildung von Wohnungseigentum besteht aber kein haftungsbegründender innerer Zusammenhang.

2. Anders liegen die Dinge beim Vollzug der Teilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz.

Auch hier hat der Grundbuchbeamte pflichtwidrig gehandelt, denn bei der Anlegung der Wohnungsgrundbücher lag ihm eine dem § 7 Abs. 4 GBO in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19. März 1974 (BAnz. 1974 Nr. 58 v. 23. März 1974) genügende Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht vor. Die Bescheinigung, die dem der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift beigefügten Muster folgte, enthielt an den Stellen, die für die Kennzeichnung des aufzuteilenden Grundstücks bestimmt sind, nur unzulängliche Angaben. Zwar war die Gemeinde, auf deren Gebiet das Grundstück lag („V.”), nicht aber die Straße und, soweit vergeben, auch nicht die Hausnummer ausgewiesen; aus dem Grundstückskataster war die Flur („Flur 3”), nicht aber die Flurstücksnummer übernommen; aus den Grundakten war zwar der Grundbuchbezirk, nicht aber das Grundbuchblatt angegeben. Eine Individualisierung des Grundstücks war damit nicht möglich. Welches Grundstück Gegenstand der Bescheinigung war, konnte auch nicht in einer den Förmlichkeiten des § 7 Abs. 4 WEG entsprechenden Weise anhand des Aufteilungsplanes festgestellt werden. Ein Aufteilungsplan im Rechtssinne war wegen des Fehlens der in § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG vorgesehenen Unterschrift nebst Siegel oder Stempel der Baubehörde nicht vorhanden. Die Bescheinigung war auch nicht mit der Bauzeichnung in einer Weise verbunden, die den Willen der Behörde hätte hervortreten lassen, beide Urkunden als eine Einheit zu behandeln (vgl. Nr. 7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift, wonach die Zusammengehörigkeit von Bescheinigung und Aufteilungsplan durch Verbindung beider mittels Schnur und Siegel oder durch übereinstimmende Aktenbezeichnung ersichtlich zu machen ist). Schließlich war auf der Bauzeichnung selbst keine Grundstücksbezeichnung angebracht. Die Verbindung der – unvollständigen – Abgeschlossenheitsbescheinigung und der Bauzeichnung mit der notariellen Teilungsurkunde nach § 44 BeurkG war, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, für das Grundbuchverfahren ohne Bedeutung. Sie diente nur dem Nachweis dafür, daß die I. die Teilungserklärung unter Verwendung beider Schriftstücke abgegeben hatte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 BeurkG).

Die Ursächlichkeit des Fehlers für den Schadenseintritt ist nicht auszuschließen. Hätte der Grundbuchbeamte der I. nach § 18 GBO eine Frist zur Vorlage der vollständigen Abgeschlossenheitsbescheinigung gesetzt, so hätte die Baubehörde die von ihr erteilte Erklärung ergänzen müssen. Die Angabe der zutreffenden Katasternummer (Flurstück 28/1) und der Grundbuchbezeichnung des aufzuteilenden Grundstücks lag in diesem Falle nahe; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Behörde die fehlenden Angaben ihren eigenen Unterlagen entnommen hätte. Wäre die Bescheinigung korrekt ausgestellt worden, wäre die Abweichung von dem in der Teilungserklärung als Teilungsobjekt angegebenen Flurstück 28/2 zutage getreten. Eine Berichtigung der unzutreffenden Flurstücksangabe in der Teilungserklärung, die zur Anlage der Wohnungsgrundbücher für das Grundstück Flurstück 28/2 geführt hat, wäre möglich gewesen.

Der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang wäre hier zu bejahen. Der engere Zweck der Abgeschlossenheitsbescheinigung besteht zwar, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, darin, die Abgeschlossenheit von Wohnungen oder sonstigen Räumen auszuweisen. Von diesem Zweck läßt sich aber der Gegenstand der Bescheinigung rechtlich nicht trennen. Nicht die Abgeschlossenheit irgendwelcher Räume, sondern von Räumen, die auf dem aufzuteilenden Grundstück vorhanden oder noch zu erstellen sind, ist dem Grundbuchamt zu bescheinigen. Dies ergibt sich unmittelbar daraus, daß die Bescheinigung, zusammen mit dem Aufteilungsplan, dazu dient, den verfahrensrechtlichen Nachweis dafür zu erbringen, daß die sachlich-rechtliche Aufteilung eines bestimmten Grundstücks den nach § 8 i.V.m. § 3 Abs. 2 WEG gebotenen Inhalt hat. Ihre Eignung hierfür sucht die Allgemeine Verwaltungsvorschrift dadurch sicherzustellen, daß sie dem teilenden Eigentümer in Nr. 2 auferlegt, der Behörde eine Bauzeichnung vorzulegen, die bei bestehenden Gebäuden eine Baubestandszeichnung sein, bei erst zu errichtenden Gebäuden den – für das zu teilende Grundstück geltenden – bauaufsichtsrechtlichen (baupolizeilichen) Vorschriften entsprechen muß. Die unlösbare Verknüpfung zwischen dem Zweck der Abgeschlossenheitsbescheinigung und ihrem Gegenstand, vorhandenen oder künftigen Räumen oder Flächen auf einem bestimmten Grundstück, führt bei der gebotenen wertenden Betrachtung (vgl. BGH, Urt. v. 29. Juni 1989, III ZR 92/87, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 – Zurechnungszusammenhang 2) dazu, einen Zurechnungszusammenhang zwischen der Unvollständigkeit der Bescheinigung und der Aufteilung des falschen Grundstücks zu bejahen.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bestand die Amtspflicht des Grundbuchbeamten, die Anlegung der Wohnungsgrundbücher von der Vollständigkeit der Abgeschlossenheitsbescheinigung abhängig zu machen, nicht nur gegenüber der I., sondern auch gegenüber den Klägern. In Grundbuchangelegenheiten sind Dritte im Sinne des § 839 BGB nicht nur die, auf deren Antrag oder in deren Interesse Eintragungen vorgenommen werden, sondern auch alle diejenigen, die im Vertrauen auf die richtige Handhabung der Grundbuchgeschäfte und die dadurch geschaffene Rechtslage im Rechtsverkehr tätig werden (BGB-RGRK/Kreft, 12. Aufl., § 839 Rdn. 259 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des RG). Hierzu gehörten die Kläger bereits deshalb, weil die Bezeichnung des Wohnungseigentums im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuchs an dessen öffentlichem Glauben teilnimmt (zum öffentlichen Glauben des Bestandsverzeichnisses vgl. BGB-RGRK/Augustin, aaO, § 892 Rdn. 63; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 892 Rdn. 11). Im übrigen ist die Teilung auch im Interesse der Kläger erfolgt, die das zu bildende Wohnungseigentum gekauft hatten.

III.

Damit entfällt die Grundlage des Berufungsurteils. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 565 ZPO).

Hierbei wird das Berufungsgericht zu beachten haben:

1. Ein Schaden der Kläger ist zu bejahen, denn sie sind jedenfalls nicht Inhaber eines Wohnungseigentums geworden, dessen Sondereigentum die auf dem Grundstück Flurstück 28/1 errichteten Räumlichkeiten zum Gegenstand hat.

Bei der Teilung des Ursprungsgrundstücks Flurstück 16/1 und 145/28 deckten sich der Inhalt der Teilungserklärung nach § 903 BGB und die Eintragung im Grundbuch nicht. Das im Grundbuch eingetragene Flurstück 28/1 blieb um 17 qm hinter dem Gegenstand der sachlich-rechtlichen Erklärung zurück, das Flurstück 28/2 übertraf diesen in entsprechendem Umfang. Ob die Teilung gleichwohl wirksam war, hängt nach dem entsprechend anwendbaren § 139 BGB davon ab, ob nach dem mutmaßlichen Willen der Eigentümerin neue Grundstücke jedenfalls insoweit entstehen sollten, als sich Erklärung und Eintragung deckten (vgl. Senatsurt. v. 15. Februar 1985, V ZR 131/83, WM 1985, 876, 878; Erman/Hagen, BGB, 9. Aufl., § 873 Rdn. 22). Wäre ein solcher Wille festzustellen, wären unter der Bezeichnung Flurstück 28/1 und 28/2 Grundstücke mit jeweils 375 qm entstanden (Flurstück 28/1 mit den in der Flurkarte ausgewiesenen Grenzen, Flurstück 28/2 nach Maßgabe der der Teilungserklärung beigefügten Planskizze); die gewollte Größe und Lage der übrigen Trennstücke stünde dem nicht entgegen, denn Flurstück 28/3 ist von dem Irrtum nicht berührt, das Restgrundstück 28/4 sollte aus der nach der Abschreibung der übrigen Teile verbleibenden Fläche bestehen.

Damit könnte zwar die Grundlage für eine wirksame Teilung nach § 8 WEG geschaffen sein. Das verkaufte Wohnungseigentum ist aber gleichwohl nicht entstanden und damit auch nicht an die Kläger aufgelassen worden, weil der Gegenstand der Teilungserklärung und der Inhalt der angelegten Wohnungsgrundbücher unvereinbar sind. Die Teilungserklärung vom 5. November 1976 hat das Grundstück Flurstück 28/1 zum Gegenstand. In der Urkunde ist zwar zunächst das Flurstück 28/2 angeführt. Zur näheren Bezeichnung weist die Erklärung aber auf die der Niederschrift nach § 9 Abs. 1 Satz 3, 44 BeurkG beigefügte Planskizze hin, in der das Flurstück 28/1 als Gegenstand der Erklärung kenntlich gemacht ist. Des weiteren werden als Gegenstände des Sondereigentums das in der beigefügten Bauzeichnung „näher beschriebene Hallenschwimmbad mit Sauna” bzw. die „im Obergeschoß des Gebäudes liegenden Wohnungen” angegeben. Damit war nach den für die Auslegung von Grundbucherklärungen maßgebenden objektiven Gesichtspunkten (Senatsrechtsprechung BGHZ 92, 351, 355; 113, 374, 378 f), die, soweit erforderlich, auch eine Miteinbeziehung der örtlichen Gegebenheiten erlauben (Senatsurt. v. 3. Juli 1992, V ZR 203/91, WM 1992, 1784), für einen unbefangenen Betrachter ersichtlich, daß das bebaute Grundstück Flurstück 28/1 gemeint war. Im Grundbuch gelöscht und als Gegenstand des Miteigentumsanteils in den Wohnungsgrundbüchern fortgeschrieben wurde dagegen das Grundstück Flurstück 28/2. Die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung der Eigentümerin in den Wohnungsgrundbüchern führte nicht dazu, abweichend von den Eintragungen im Bestandsverzeichnis, deren Aufteilungswillen für den Inhalt der Eintragung bestimmend werden zu lassen. Maßgebend für die Bezeichnung der Grundstücke im Grundbuch ist nach § 2 Abs. 2 GBO allein das amtliche Grundstücksverzeichnis. Die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuchs bezieht sich deshalb nicht auf den Gegenstand des Miteigentumsanteils, sondern auf Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums (§ 7 Abs. 3 WEG; vgl. auch § 3 Abs. 2 WEG-GBVerf.). Damit konnte kein Wohnungseigentum entstehen. Die Rechtsprechung des Senats zur Unschädlichkeit der Parzellenverwechslung beim Grundstückskauf (BGHZ 74, 116; 87, 150) führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Sie betrifft nur den Gegenstand der schuldrechtlichen Verpflichtung bzw. der dinglichen Einigung (Auflassung), nicht aber die Divergenz der ermittelten Erklärung zum Inhalt des Grundbuchs (Erman/Hagen aaO, § 873 Rdn. 11; vgl. auch Senatsurt. v. 15. Februar 1985, V ZR 131/83 aaO; Soergel/Stürner, aaO, § 873 Rdn. 24).

Ein gutgläubiger Erwerb der Kläger nach § 892 BGB war jedenfalls nicht in der Weise möglich, daß sie Wohnungseigentum an dem Grundstück Flurstück 28/1 erworben hätten. Dieses war nach der Grundbuchlage nicht in Wohnungseigentum aufgeteilt. Ob die Kläger an dem als Parkplatz genutzten Grundstück Flurstück 28/2 gutgläubig einen isolierten Miteigentumsanteil im Sinne der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 110, 36) erlangt haben, kann für den Feststellungsantrag dahingestellt bleiben.

War schließlich, was mithin ebenfalls offen bleiben kann, bereits die Teilung des Ausgangsgrundstücks Flurstück 16/1 und 145/28 unwirksam, ist das Ergebnis das gleiche.

2. Weiter ist über den streitigen Vortrag der Parteien zu etwaigen anderweitigen Ersatzmöglichkeiten zu befinden, wobei eine solche Möglichkeit nicht aus der Haftung des beurkundenden Notars nach § 19 BNotO herzuleiten ist (BGH, Urt. v. 18. Oktober 1990, III ZR 260/88, WM 1991, 653, 656). Bei der Frage der Verjährung wird zu berücksichtigen sein, wann die Kläger von der Unvollständigkeit der Abgeschlossenheitsbescheinigung Kenntnis erlangt haben.

 

Unterschriften

H, R, L, W, T

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 12.11.1993 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 512675

BGHZ

BGHZ, 100

NJW 1994, 650

BGHR

Nachschlagewerk BGH

DNotZ 1995, 37

Rpfleger 1994, 245

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