Leitsatz (amtlich)

Schadensersatzansprüche aus Fehlern eines zur Beseitigung von Bauwerkmängeln erstatteten Sanierungsgutachtens verjähren nach § 638 Abs. 1 BGB in 5 Jahren seit Abnahme bzw. Vollendung der von dem Gutachter zu erbringenden Leistungen (im Anschluß an BGHZ 37, 341; 48, 257; 58, 225; 72, 257).

 

Normenkette

BGB § 638

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 05.02.1986; Aktenzeichen 13 U 81/85)

LG Heilbronn (Urteil vom 31.01.1985; Aktenzeichen 6 O 3054/82)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 5. Februar 1986 im Kostenpunkt – mit Ausnahme der der Klägerin auferlegten außergerichtlichen Auslagen des Beklagten R im ersten und zweiten Rechtszug – und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten Braunstein abgewiesen worden ist.

Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrechtszuges übertragen wird, soweit über diese noch nicht mit dem Senatsbeschluß (Teilentscheidung) vom 9. Oktober 1986 befunden worden ist.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin hat 1972 einen Neubau mit Ausstellungsraum für Autos und einem befahrbaren Flachdach errichten lassen. Der frühere Beklagte zu 2) war ihr umfassend beauftragter Architekt. Nachdem das Flachdach undicht geworden war, zog die Klägerin 1974-1976 den Beklagten zu 1) als beratenden Ingenieur hinzu. Dieser schlug ihr zunächst umfangreiche, nach Abstimmung mit der Haftpflichtversicherung des früheren Beklagten zu 2) schließlich aber einfachere Sanierungsmaßnahmen vor, die im Frühjahr 1976 auch ausgeführt wurden. Nachdem erneut Durchfeuchtungen auf getreten waren, hat die Klägerin im April 1981 gegen beide Beklagten ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet und mit der im Dezember 1982 zugestellten Klage beide Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 100.000 DM Schadensersatz (nebst Zinsen) in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage gegen den früheren Beklagten zu 2) abgewiesen und den Beklagten zu 1) zur Zahlung von (nur) 45.000 DM (nebst Zinsen) verurteilt.

Mit seiner Berufung hat der Beklagte zu 1) die volle Abweisung der Klage erreichen wollen, während die Klägerin mit ihrer Berufung unter Erweiterung der Klage gegen beide Beklagten einen Zahlungsanspruch von nunmehr 160.000 DM (nebst Zinsen) sowie einen Feststellungsantrag wegen weitergehender Schäden verfolgt hat.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten zu 1) die gegen diesen gerichtete Klage voll abgewiesen.

Mit ihrer Revision hat die Klägerin ihre zweitinstanzlichen Anträge zunächst voll weiterverfolgt. Mit Beschluß vom 9. Oktober 1986 (Teilentscheidung) ist die Revision jedoch nur insoweit angenommen worden, als die Klage gegen den Beklagten zu 1) (künftig: der Beklagte) abgewiesen worden ist; im übrigen ist die Revision nicht angenommen worden.

Mit dieser Maßgabe verfolgt die Klägerin ihre Revision weiter, die der Beklagte zurückzuweisen bittet.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht ist nicht darauf eingegangen, ob der Beklagte der Klägerin nur unzureichende Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen und sich damit schadensersatzpflichtig gemacht hat. Es läßt Schadensersatzansprüche, auch soweit sie gegen den Beklagten gerichtet sind, schon an dessen Verjährungseinrede scheitern (sein Urteil ist veröffentlicht NJW-RR 1986, 1281). Das hält den Revisionsangriffen nicht stand.

1) Nicht gefolgt werden kann der Revision allerdings, soweit sie von einerdreißigjährigen Frist für die Verjährung von Schadensersatzansprüchen ausgehen will, die etwa auf Mängeln des Sanierungsvorschlages des Beklagten beruhen.

Der Beklagte hat als Mitglied einer „Technisch wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft” auftragsgemäß als beratender Ingenieur und wie ein Architekt die Planung der erforderlichen Flachdachsanierung erarbeitet und deshalb deren Erfolg aufgrund Werkvertrages geschuldet.

Revisionsrechtlich ist, weil das Berufungsgericht diese Frage offen gelassen hat, davon auszugehen, daß diese Sanierungsplanung zu einem Mangel des Bauwerks, der erneuten Undichtigkeit des Flachdaches, geführt hat und deshalb fehlerhaft ist.

Ansprüche aus Mängeln derart von Architekten erbrachter Werkleistungen verjähren – wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt – regelmäßig gemäß § 638 BGB infünf Jahren, auch wenn der Architekt nur geplant und Oberleitung sowie Bauaufsicht nicht innegehabt hat (BGHZ 32, 206, 207/208; 37, 341, 344/345). Es macht keinen Unterschied, daß der Beklagte den Sanierungsvorschlag als beratender Ingenieur erarbeitet hat. Denn er hat damit nicht etwa ein bloßes Wertgutachten oder dergleichen erstellt (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 67, 1). Er hat vielmehr wie ein Architekt einen Sanierungsvorschlag unterbreitet, der sich mit seiner Ausführung im Bauwerk „verkörpert” hat (so auch Döbereiner BauR 1982, 11, 14 m.N.). Die hier eng mit etwaigen Fehlern des Sanierungsvorschlages zusammenhängenden Schäden sind deshalb nach §§ 635, 638 Abs. 1 BGB mitfünfjähriger Verjährungsfrist für Bauwerksmängel zu beurteilen (vgl. auch die ähnlich liegenden Fälle der Verträge mit Statikern, Vermessungsingenieuren und Geologen BGHZ 48, 257, 259; 58, 225, 228; 72, 257, 260).

2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Verjährung der gegen den Beklagten gerichteten Schadensersatzansprüche rechtzeitig unterbrochen.

a) Das Berufungsgericht nimmt insoweit rechtsfehlerhaft an, diese Frist habe schon im Juli 1975 zu laufen begonnen mit der Folge, daß mit dem im April 1981 eingeleiteten Beweissicherungsverfahren und mit der im Dezember 1982 erhobenen Klage eine Verjährungsunterbrechung nicht mehr zu erreichen gewesen sei.

Damit verkennt das Berufungsgericht jedoch den ihm von den Parteien unterbreiteten unstreitigen Sachverhalt:

Der Beklagte hat der Klägerin zwar schon mit Schreiben vom 24. Juli 1975 mitgeteilt, daß unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Sanierungsbesprechung vom 9. Juli 1975 (Anlage K 4) entgegen seinem umfassenderen ursprünglichen Sanierungsvorschlag die Flachdachsanierung auch entsprechend dem Wunsche der Haftpflichtversicherung des früheren Beklagten zu 2) mit erheblich geringerem Aufwand durchgeführt werden könne (Anlage K 8). Damit war sein ihm von der Klägerin erteilter Auftrag entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch noch nicht beendet. Mit dem Zugang dieses Schreibens begann die 5-jährige Verjährungsfrist für Schäden aus Fehlern des vereinfachten Sanierungsvorschlages deshalb noch nicht zu laufen. Denn der Beklagte hat der Klägerin schon in diesem Schreiben vorgeschlagen, nach Beendigung der nunmehr auszuführenden Sanierungsarbeiten das Flachdach erneut zu begehen. Erst danach könne er, wie es die Klägerin verlangt hatte, eine eventuell verbleibende Wertminderung beurteilen. Er bitte, ihn nach „Fertigstellung” zu benachrichtigen.

Darauf ist die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 26. März 1976 (Anlage K 10a) eingegangen. Die darin erbetene Nachbesichtigung hat der Beklagte am 28. April 1976 durchgeführt, deren Ergebnis der Klägerin unter dem 24. Mai 1976 mitgeteilt und dabei eine verbleibende Wertminderung verneint (Anlage K 5). Erst damit war sein Auftrag beendet. Erst von diesem Zeitpunkt an lief die Verjährung von Schadensersatzansprüchen aus Fehlern des Beklagten bei der Sanierungsplanung.

Denn das alles war einzusammenhängender, auf einheitlicher Beauftragung beruhender Vorgang. Davon ist seinerzeit auch der Beklagte ausgegangen. In seinem Schreiben vom 24. Mai 1976 nimmt er nämlich auf die seinem vereinfachten Sanierungsvorschlag vorangegangene Sanierungsbesprechung/Objektbegehung vom 9. Juli 1975 Bezug. Dieser Zusammenhang kommt insbesondere darin zum Ausdruck, daß der Beklagte, der seine ursprünglichen umfassenderen Sanierungsvorschläge der Klägerin schon mit seiner Kostenliquidation vom 5. März 1974 (GA II 387) berechnet hatte, seine gesamte Tätigkeit im Zusammenhang mit der von der Haftpflichtversicherung des früheren Beklagten zu 2) gewünschten Vereinfachung der Sanierungsmaßnahmen, nämlich seine Teilnahme an der Sanierungsbesprechung/Objektbesichtigung vom 9. Juli 1975 und seine Mitwirkung an der „Abnahmebegehung” vom 28. April 1976, der Klägerineinheitlich erst mit seiner Kostenliquidation vom 24. Mai 1976 (Anlage K 7) in Rechnung gestellt hat. Damals hatte er danach seinen Auftrag noch nicht mit der Abfassung des Schreibens vom 24. Juli 1975 als beendet angesehen; er wußte vielmehr, daß eine von ihm für erforderlich gehaltene Abnahmebegehung noch ausstand.

b) Die Verjährung der eingeklagten Schadensersatzansprüche begann daher nicht vor Zugang des Schreibens des Beklagten vom 24. Mai 1976 zu laufen und endete mithin erst im Mai 1981 (§§ 638 Abs. 1, 640, 646 BGB). Sie ist mit dem auch gegen den Beklagten im April 1981 eingeleiteten Beweissicherungsverfahren 4 H 413/81 AG Heilbronn unterbrochen worden. Die Klage und die mit der selbständigen Anschlußberufung der Klägerin im Mai 1985 erfolgte Klageerweiterung haben innerhalb der laufenden neuen Verjährungsfrist rechtzeitig zur erneuten Verjährungsunterbrechung geführt.

3) Die Abweisung der gegen den Beklagten gerichteten Klage kann nach alledem nicht auf Verjährung gestützt werden. Das angefochtene Urteil muß deshalb insoweit und einschließlich seiner Kostenentscheidung – mit Ausnahme der erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Auslagen des auch in der Revisionsinstanz erfolgreich gewesenen früheren Beklagten zu 2) – aufgehoben werden.

Da das Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – sich weder mit der Frage befaßt hat, ob der letzte Sanierungsvorschlag des Beklagten überhaupt Fehler auf gewiesen hat, noch mit der Schadenshöhe, ist dem Revisionsgericht eine abschließende Entscheidung, auch nur zum Grunde des Anspruchs, nicht möglich (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über diejenigen Kosten des Revisionsverfahrens, über die mit dem Senatsbeschluß vom 9. Oktober 1986 noch nicht befunden worden ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

G, R, B, O, W

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 12.03.1987 durch Werner, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 512647

BB 1987, 1351

NJW 1987, 2431

Nachschlagewerk BGH

JZ 1987, 630

JZ 1987, 682

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