Entscheidungsstichwort (Thema)

Sicherung der Rückzahlung eines Investitionskredits durch Grundschuld. Antrag auf Eintragung der Grundschuldbestellungsvormerkung nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Umwirksamkeit der Vormerkung. Mangelnde Durchsetzbarkeit eines noch nicht vorgemerkten Grundschuldbestellungsanspruchs in der Gesamtvollstreckung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Schuldner auf einem von ihm gekauften Grundstück dem Kreditgeber eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Grundschuld bewilligt, so ist diese Vormerkung unwirksam, wenn der Eintragungsantrag erst nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens beim Grundbuchamt eingegangen ist und zu diesem Zeitpunkt noch der Verkäufer Eigentümer des Grundstücks war.

 

Normenkette

DDR-GesO § 9 Abs. 1 S. 3; InsO § 106 Abs. 1; BGB § 883

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 27.03.2003; Aktenzeichen 22 U 3/02)

LG Berlin

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des KG v. 27.3.2003 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Berlin v. 8.11.2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Beklagte ist Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der M. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin kaufte 1993 von der Stadt B. großflächige Ländereien für den Betrieb einer Ziegelei. Die Klägerin bewilligte der Schuldnerin hierfür einen Investitionskredit von 50 Mio. DM. Diesen sollte die hierzu bevollmächtigte Schuldnerin durch erstrangige Grundpfandrechte auf dem angekauften Grundbesitz sichern. Zu dem verkauften Grundbesitz gehörte auch der größere Teil des auf Bl. 2322 im Grundbuch von B. unter lfd. Nr. 5 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstücks, damals Flurstück Flur 3 Nr. 130/6 (künftig Streitgrundstück), aus dem noch eine Teilfläche von ca. 250 m2 als Straßenland herausgemessen werden musste. Mit notarieller Urkunde v. 11.8.1994 bestellte eine Notargehilfin auf Grund der ihr im Kaufvertrag erteilten Vollmacht die vorgesehene Buchgrundschuld zu Gunsten der Klägerin auf diesem Grundbesitz (irrtümlich bezeichnet als Teilfläche von ca. 250 m2) und bewilligte die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung der Rechte aus der Grundschuldbestellung. Der Urkundsnotar stellte mit Schreiben v. 24.8.1994 Grundbuchanträge, welche die Klägerin auch auf das Streitgrundstück beziehen will. Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 21.12.1998 wurde am 23.12.1998 die Eintragung der im Kaufvertrag bewilligten Auflassungsvormerkung für die Gemeinschuldnerin beantragt. Mit Schreiben v. 23.12.1998, beim Grundbuchamt eingegangen am 28.12.1998, beantragte die Klägerin die Eintragung der Grundschuld im Grundbuch des Streitgrundstücks, hilfsweise die der zu ihren Gunsten bewilligten Grundschuldbestellungsvormerkung. Am 30.12.1998 wurde im Grundbuch des Streitgrundstücks der Anspruch der Klägerin auf Eintragung einer brieflosen Gesamtgrundschuld i.H.v. 50 Mio. DM mit Vorrang vor der am gleichen Tage eingetragenen Auflassungsvormerkung der Schuldnerin vorgemerkt.

Der Beklagte veräußerte das Streitgrundstück nebst aufstehendem Ziegelwerk und Verwaltungsgebäude mit Zustimmung der Klägerin lastenfrei. Über das Anrecht auf den erzielten Erlös, den der Beklagte nach Abzug von 500.000 DM treuhänderisch für die Beteiligten verwaltet, streiten die Parteien mit Klage und Widerklage. Sie stimmen darin überein, dass der streitige Weiterveräußerungserlös der Klägerin zusteht, wenn ihre Vormerkung zur Sicherung des Grundschuldbestellungsanspruchs dem Beklagten ggü. wirksam war.

Der Beklagte meint, zumindest den Vorrang ggü. der für die Masse eingetragenen Auflassungsvormerkung habe die Vormerkung der Klägerin ohne seine Zustimmung nicht erlangt. Das Grundbuch sei insoweit unrichtig.

Das LG hat zu Gunsten des Beklagten erkannt. Das KG hat den Beklagten verurteilt, der Auszahlung des Verwahrgeldes an die Klägerin zuzustimmen, und die Widerklage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe wirksam und insolvenzfest am 30.12.1998 die Vormerkung zur Sicherung eines Grundschuldbestellungsanspruchs an dem späteren Grundstück Blatt 2455 des Grundbuchs von B., Bestandsverzeichnis Nr. 14, erlangt. Die Schuldnerin habe daher auf Grund ihrer mit Nachrang eingetragenen Auflassungsvormerkung nur belastetes Eigentum erworben. Daran ändere sich auch nichts Wesentliches, wenn das Grundbuchamt, wozu es nach Auffassung beider Tatsacheninstanzen verpflichtet war, die Auflassungsvormerkung ohne Rangvermerk eingetragen haben würde. Selbst bei Nachrang der Grundschuldbestellungsvormerkung habe dem Beklagten aus der Auflassungsvormerkung kein Anspruch auf Löschung der widerstreitenden Vormerkung zugestanden, weil er kaufvertraglich nur Anspruch auf Verschaffung des in Ausnutzung der Beleihungsvollmacht belasteten Grundstücks gehabt habe. Demgemäß sei die Klägerin nach der Vereinbarung der Parteien v. 29.12.1998 an dem hierauf entfallenden Kaufpreisanteil besser berechtigt und könne von dem Beklagten die geltend gemachte Zustimmung zur Auszahlung der hinterlegten Gelder verlangen.

Demgegenüber ist die Revision der Auffassung, dass die Bewilligung der Grundschuldbestellungsvormerkung in der Urkunde des Notars K. v. 11.8.1994 - Urkundenrolle Nr. K 451/1994 -durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Käuferin unwirksam geworden sei, obwohl das belastete Grundstück zu der Zeit nicht zur Gesamtvollstreckungsmasse gehört habe. Der Unwirksamkeit stehe auch § 878 BGB nicht entgegen, weil der maßgebliche Eintragungsantrag für die Grundschuldbestellungsvormerkung erst am 28.12.1998 - nach der Verfahrenseröffnung - eingereicht worden sei.

II.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist unbegründet.

Die Vormerkung der Klägerin zur Sicherung ihres Anspruchs auf Bestellung einer Grundschuld ist zu Unrecht im Grundbuch eingetragen. Denn sie ist zu dem gesicherten Anspruch streng akzessorisch. Besteht er nicht, so ist auch die Vormerkung wirkungslos (BGH v. 26.11.1999 - V ZR 432/98, BGHZ 143, 175 [179] = MDR 2000, 384; v. 7.3.2002 - IX ZR 457/99, BGHZ 150, 138 [142] = BGHReport 2002, 658 = MDR 2002, 907, m.w.N., st.Rspr.).

Die Grundschuld sollte hier die Rückzahlung des Investitionskredits der Schuldnerin an die Klägerin sichern. Die Schuldnerin war der Klägerin daher zur Bestellung dieses Grundpfandrechts sicherungsvertraglich verpflichtet. Diesen Grundschuldbestellungsanspruch hatte die Schuldnerin im Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens für das Streitgrundstück noch nicht erfüllt. Der Anspruch war auch noch nicht durch Eintragung einer Vormerkung zu Gunsten der Klägerin gesichert. Die eingetragene Vormerkung hätte den Beklagten nach § 9 Abs. 1 S. 3 GesO zur Erfüllung des vormerkungsgesicherten Anspruchs verpflichtet, obwohl das verpfändete Grundstück noch nicht der Schuldnerin gehörte. Diese Vorschrift entspricht nach Inhalt und Zweck den §§ 24 KO, 106 InsO (BGH v. 19.3.1998 - IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179 [186] = MDR 1998, 682). Die Erfüllungspflicht des Verwalters kommt nur in Frage, wenn die Vormerkung bereits vor der Verfahrenseröffnung eingetragen gewesen ist (Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 24 Rz. 19; Ott in MünchKomm/InsO, § 106 Rz. 14; s. außerdem BGH v. 14.9.2001 - V ZR 231/00, BGHZ 149, 1 [5 f.] = BGHReport 2001, 988).

Auch der Schutzgedanke des § 878 BGB kommt hier nicht zur Geltung. Zwar findet die Vorschrift auf die Bewilligung einer Vormerkung entsprechende Anwendung (BGHZ 28, 182 [186]; BGHZ 60, 46 [50]; BGH v. 23.11.1995 - IX ZR 18/95, BGHZ 131, 189 [197] = MDR 1996, 271). Eine nach Insolvenzeröffnung eingetragene Vormerkung hat daher Bestand, wenn eine bindende Bewilligung vorliegt und ihre Eintragung vor dem Eröffnungszeitpunkt beantragt war (§ 15 S. 2 KO, § 91 Abs. 2 InsO analog; BGH v. 19.3.1998 - IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179 [186] = MDR 1998, 682). Ob dies auch für den Grundschuldbestellungsanspruch der Klägerin gilt, der sich auf ein noch nicht massezugehöriges Grundstück bezog, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Voraussetzungen des § 878 BGB liegen nicht vor, weil die Eintragung der Grundschuldbestellungsvormerkung erst nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens beantragt worden ist. Der von den Parteien unterschiedlich gewertete Eintragungsantrag des Notars v. 24.8.1994 hat sich nach den eindeutigen Flurstücksangaben nicht auf das Streitgrundstück bezogen. Dies hat schon das LG rechtsfehlerfrei angenommen. Der Senat kann diese im Berufungsverfahren offen gebliebene Auslegung des Antragsschreibens selbst nachholen und beantwortet die Frage in Übereinstimmung mit dem LG. Ein Eintragungsantrag für die Grundschuldbestellungsvormerkung der Klägerin ist danach vor ihrem eigenen Schreiben v. 23.12.1998 nicht gestellt worden. Der Beklagte ist ferner nicht deshalb zur Erfüllung des erst nach Verfahrenseröffnung vorgemerkten Anspruchs der Klägerin verpflichtet, weil das vormerkungsbelastete Grundstück selbst noch nicht zur Gesamtvollstreckungsmasse gehörte, sondern zu ihren Gunsten lediglich ein Erwerbsanspruch und eine vollmachtgestützte Verfügungsmöglichkeit bestand. Da es hiernach nicht um den Schutz der Klägerin vor den Verfügungsbeschränkungen des § 5 S. 2 Nr. 1 und 2 GesO (BGH v. 10.7.1997 - IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267 [286]) geht, kommt zu ihren Gunsten auch ein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung nach § 892 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB nicht in Frage.

Der bei Verfahrenseröffnung noch nicht vorgemerkte Grundschuldbestellungsanspruch der Klägerin war in der Gesamtvollstreckung der Schuldnerin gegen den Beklagten nicht mehr durchsetzbar. Der Grundschuldbestellungsanspruch war mithin nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin auch nicht mehr vormerkungsfähig. Die gleichwohl eingetragene Vormerkung der Klägerin war von Anfang an wirkungslos. Der Beklagte war daher nach § 886 BGB berechtigt, mit Rücksicht auf seine nachrangig eingetragene Auflassungsvormerkung von der Klägerin die Beseitigung ihrer eingetragenen Grundschuldbestellungsvormerkung zu verlangen. Das landgerichtliche Urteil ist im Ergebnis richtig und - da die Sache spruchreif ist - durch den Senat wieder herzustellen.

 

Fundstellen

BGHR 2005, 880

DNotI-Report 2005, 94

WM 2005, 749

WuB 2006, 93

ZIP 2005, 627

ZfIR 2005, 424

DZWir 2005, 254

MDR 2005, 892

NZI 2005, 331

ZInsO 2005, 370

NotBZ 2005, 182

ZBB 2005, 194

ZVI 2005, 271

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