Leitsatz (amtlich)

a) Bei der Besicherung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs des Sicherungsnehmers gegen den Aktionär durch die Aktiengesellschaft mit einer dinglichen Sicherheit ist der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG der Freistellungsanspruch gegen den Aktionär. Dieser ist vollwertig, wenn nach einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Zeitpunkt der Besicherung ein Forderungsausfall für den Darlehensrückzahlungsanspruch unwahrscheinlich ist.

b) Eine Besicherung zum Zweck des Erwerbs von Aktien nach § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG setzt einen Zusammenhang der Besicherung mit dem Erwerb voraus. Dieser Zusammenhang besteht, wenn die Leistung der Gesellschaft objektiv dem Aktienerwerb dient, die Parteien des Finanzierungsgeschäfts dies wissen und die Zweckverknüpfung rechtsgeschäftlich zum Inhalt ihrer Vereinbarung machen. Die Unterstützung eines zahlungsschwachen Aktionärs, der ansonsten seine Anteile verkaufen müsste, steht nicht mehr im Zusammenhang mit dem Erwerb der Aktien.

 

Normenkette

AktG § 57 Abs. 1, § 71a Abs. 1 S. 2, § 93 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.03.2015; Aktenzeichen 15 U 266/07)

LG Marburg (Entscheidung vom 30.08.2007; Aktenzeichen 4 O 24/04)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten zu 2) gegen das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des OLG Frankfurt vom 26.3.2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 2) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Beklagten waren Vorstandsmitglieder der T. AG (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen im Jahr 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger ist seit 2011 deren Insolvenzverwalter.

Rz. 2

Vor dem Börsengang der Schuldnerin im Jahr 1998 bot sie ihren Mitarbeitern sowie 240 ausgewählten Handelsvertretern des Vertriebsunternehmens T. Vertriebs GmbH die bevorrechtigte Zeichnung von Aktien an. Zahlreiche Interessenten hatten weder genügend Eigenkapital für den Kauf von Aktien noch konnten sie die für eine Fremdfinanzierung erforderliche bankübliche Sicherheit stellen. Die D. Bank AG, Nebenintervenientin auf Seiten des Klägers, gewährte 264 Aktienerwerbern am 19.8.1998 Darlehen zur Finanzierung der jeweiligen Kaufpreise i.H.v. insgesamt 8,2 Mio. DM gegen Verpfändung der Aktien. Im Gegenzug verpfändeten die Beklagten zur Besicherung dieser Darlehen Kontoguthaben einer von ihnen beherrschten Aktionärin der Schuldnerin, der H. AG & Co. KG.

Rz. 3

Etwa die Hälfte der Kreditnehmer wollte die Aktien nach Fälligkeit der Darlehen am 31.1.1999 weiter behalten und die Finanzierung um ein halbes Jahr verlängern. Die Beklagten erklärten dazu gegenüber der Nebenintervenientin, dass die Schuldnerin nun selbst die Sicherheit stellen werde. Die Nebenintervenientin verlängerte daraufhin die Darlehensgewährung für 136 Kreditnehmer bis zum 30.6.1999. Die Beklagten verpfändeten in Vertretung der Schuldnerin am 4.5.1999 zu deren Vermögen gehörende Kontoguthaben als Sicherheit gegen Freigabe der von der H. AG & Co. KG gestellten Sicherheiten. Die Nebenintervenientin forderte im April 2001 nach Kursverlusten die noch verbliebenen Kreditnehmer zur Darlehensrückzahlung auf und befriedigte sich am 17.5.2001 wegen der von ihr auf 1.443.636,43 EUR bezifferten Außenstände aus der am 4.5.1999 gestellten Sicherheit.

Rz. 4

Der Kläger hat mit der Begründung, die Bestellung einer Sicherheit durch die Schuldnerin habe gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen, von den Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung i.H.v. 1.154.253,53 EUR nebst Zinsen verlangt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers, mit der er zuletzt noch Zahlung von 810.991,70 EUR nebst Zinsen verlangt hat, während er i.H.v. 411.780,04 EUR den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt hat, die nach einem Vergleich mit dem Beklagten zu 1) nur noch gegen den Beklagten zu 2) weiterverfolgten Klageanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten zu 2).

 

Entscheidungsgründe

Rz. 5

Die Revision des Beklagten zu 2) hat keinen Erfolg.

Rz. 6

I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für ein Grundurteil lägen sowohl hinsichtlich des Zahlungsantrags als auch hinsichtlich der Feststellungen der Teilerledigung des Rechtsstreits vor. Der Beklagte zu 2) habe seine Pflichten als Vorstandsmitglied verletzt. In der Verpfändung von Bankguthaben der Schuldnerin zur Besicherung von Darlehensansprüchen der Nebenintervenientin gegen Aktionäre der Schuldnerin liege eine Einlagenrückgewähr.

Rz. 7

Die Sicherheit sei nicht durch vollwertige Gegenleistungs- oder Rückgewähransprüche gegen die Aktionäre gedeckt gewesen. Von vollwertigen Rückgriffsansprüchen gegen die Kreditnehmer hätten die Beklagten bei pflichtgemäßer Sorgfalt nicht ausgehen dürfen. Die Bonität und die spätere Durchsetzbarkeit von Ansprüchen seien bereits zu dem Zeitpunkt offenkundig zweifelhaft gewesen, als die Sicherheiten von der Schuldnerin ausgereicht worden seien. Diejenigen Personen, die von der Vollfinanzierung des Kaufpreises Gebrauch gemacht hätten, seien unstreitig auf Fremdmittel angewiesen gewesen, weil ihnen anderenfalls der Aktienerwerb nicht möglich gewesen wäre. Der überwiegende Teil dieser Personen sei auch nicht in der Lage gewesen, selbst bankenübliche Sicherheiten zu stellen und aus eigener Kraft eine Fremdfinanzierung zu bewerkstelligen. Eine günstige Bonitätsprognose sei auch nicht mit dem Kurswert der Aktien am 4.5.1999 zu begründen. Dieser habe nicht die begründete Erwartung tragen können, die Schuldnerin werde im Fall der Verwertung der von ihr gestellten Sicherheiten wahrscheinlich erfolgreich bei den Kreditnehmern Rückgriff nehmen können. Die Kreditnehmer hätten die Werte in ihren bei der Nebenintervenientin geführten Aktiendepots schon als Sicherheit an die Nebenintervenientin verpfändet gehabt. Mit dem Sicherheitentausch sei die Schuldnerin auch nicht von einer aus der ursprünglichen Besicherung herrührenden gleichwertigen Verbindlichkeit befreit worden. Die Argumentation der Beklagten, mit der Besicherung durch die H. AG & Co. KG seien sie nur für die Schuldnerin in Vorlage gegangen, sei nicht nachzuvollziehen. Auch ein Bereicherungsanspruch gegen die Schuldnerin sei daraus nicht zu entnehmen.

Rz. 8

Es habe sich auch nicht um eine nach § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG erlaubte Finanzierungshilfe zum Erwerb von Belegschaftsaktien gehandelt. Den Aktionären habe durch die Fremdfinanzierung keine auf Dauer angelegte Unternehmensbeteiligung ermöglicht werden sollen. Ihnen sollte lediglich Gelegenheit gegeben werden, am erwarteten Erfolg des Börsengangs der Schuldnerin in einer Weise teilzuhaben, dass sie durch den von vornherein geplanten baldigen Weiterverkauf der Aktien Gewinne erzielten. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG dürfe die Gesellschaft eigene Aktien nur erwerben, wenn die Aktien Personen, die im Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stünden oder gestanden hätten, zum Erwerb angeboten werden sollten. Insoweit werde verlangt, dass die von der Gesellschaft erworbenen eigenen Aktien nach ernstlicher Absicht des Vorstands dazu bestimmt seien, Angehörigen des gesetzlich bestimmten Personenkreises zum Erwerb angeboten zu werden. § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG verbiete Umgehungsgeschäfte und damit Geschäfte, bei denen die Aktiengesellschaft durch Sicherheitsleistung den Erwerb ihrer Aktien durch Dritte wirtschaftlich unterstütze. Die Ausnahmeregelung des § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG sei ebenso wie diejenige in § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG Ausdruck der vom Gesetzgeber gewollten aktienrechtlichen Begünstigung von Belegschaftsbeteiligungen. Es bestehe kein Bedürfnis für eine ausufernde Auslegung des § 71a Abs. 1 AktG, weil nach vollzogenem Aktienerwerb regelmäßig die zwingenden Kapitalerhaltungsregeln des § 57 AktG eingriffen. Eine Anwendung des § 71a Abs. 1 AktG auf dem Aktienerwerb nachfolgende Rechtsgeschäfte komme allenfalls mit der Einschränkung in Betracht, dass sich das nachfolgende Rechtsgeschäft im Kerngehalt und Charakter nicht wesentlich von einer Finanzierungshilfe der Gesellschaft unterscheiden dürfe, die vor dem Erwerb von Aktien zu dessen Förderung gewährt werde. Es müsse deshalb ein Funktionszusammenhang zum Erwerb der Anteile und dessen Finanzierung bestehen, nicht lediglich zu ihrem Halten. Ein solcher Funktionszusammenhang zwischen dem Aktienerwerb und dem Sicherungsgeschäft vom 4.5.1999 sei nicht erkennbar. Zu der im Emissionsprospekt angekündigten bevorzugten Zuteilung von Aktien an Arbeitnehmer der Schuldnerin hätten die Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Nachfrage sei immens gewesen. Da eine große Anzahl der Interessenten unstreitig nicht in der Lage gewesen sei, aus eigener Kraft die finanziellen Voraussetzungen für einen Aktienerwerb zu schaffen, sei die Fremdfinanzierung und Besicherung durch die H. AG & Co. KG nicht als Anschubfinanzierung verstanden worden, der mit den späteren Zweitkrediten eine Hauptfinanzierung folge. Die tilgungsfreien Darlehen hätten bis zur vereinbarten Fälligkeit nach den damaligen Vorstellungen aus den Erlösen von Weiterverkäufen zurückgezahlt werden sollen, so dass eine nachhaltige Belegschaftsbeteiligung nicht vorliege.

Rz. 9

Der Schaden sei mit der Verwertung der Sicherheiten im Mai 2001 eingetreten. Den Beklagten zu 2) treffe auch ein Verschulden.

Rz. 10

II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

Rz. 11

1. Das Grundurteil ist zulässig. Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht ein Grundurteil erlassen, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist. Das ist hier der Fall, obwohl das Berufungsgericht in seinem Grundurteil auch über den Feststellungsantrag zur Erledigung entschieden hat. In der Regel kommt zwar bei Feststellungsklagen ein Grundurteil nicht in Betracht (BGH, Urt. v. 19.2.1991 - X ZR 90/89, NJW 1991, 1896; Urt. v. 7.11.1991 - III ZR 118/90, NJW-RR 1992, 531). Feststellungsklagen haben jedoch dann eine nach Grund und Betrag streitige Verpflichtung zum Gegenstand, wenn ein bestimmter Betrag in dem Sinne geltend gemacht wird, dass die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll. In einem solchen Ausnahmefall ist die Feststellungsklage in einer Weise beziffert, dass ein Grundurteil seinen Zweck erfüllen kann (BGH, Urt. v. 20.5.2014 - VI ZR 187/13, NJW-RR 2014, 1118 Rz. 19; Urt. v. 27.1.2000 - IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572; Urt. v. 9.6.1994 - IX ZR 125/93, WM 1994, 2113, 2114, insoweit nicht in BGHZ 126, 217; Urt. v. 19.2.1991 - X ZR 90/89, NJW 1991, 1896; RGZ 93, 152, 154). Das ist hier der Fall, weil der Antrag auf Feststellung der Erledigung sich auf einen Zahlungsantrag bezieht und damit eine Entscheidung der Höhe nach erfolgen soll. Neben dem verbleibenden Leistungsantrag beantragt der Kläger die Feststellung, dass die Klage in einer bestimmten Höhe erledigt ist.

Rz. 12

2. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 2) der Schuldnerin wegen einer unzulässigen Einlagenrückgewähr zum Ersatz verpflichtet ist, § 93 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 AktG.

Rz. 13

a) Die Feststellungen tragen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Besicherung eine nach § 57 Abs. 1 AktG verbotene Einlagenrückgewähr war.

Rz. 14

aa) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass in der Besicherung der von den Aktionären verlängerten Darlehen durch die Verpfändung von Kontoguthaben der Schuldnerin eine verbotene Einlagenrückgewähr liegt, weil den Aktionären die erforderliche Bonität fehlte und sie bei der Bestellung der Sicherheit voraussichtlich nicht in der Lage waren, die Darlehensrückzahlungsansprüche zu bedienen. Bei der Besicherung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs des Sicherungsnehmers gegen den Aktionär durch die Aktiengesellschaft mit einer dinglichen Sicherheit ist der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG der Freistellungsanspruch gegen den Aktionär. Dieser ist vollwertig, wenn nach einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung im Zeitpunkt der Besicherung ein Forderungsausfall für den Darlehensrückzahlungsanspruch unwahrscheinlich ist.

Rz. 15

(1) Das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG erfasst jede von der Gesellschaft dem Aktionär erbrachte, auf seiner Gesellschafterstellung beruhende Leistung, auf die ihm das Aktiengesetz keinen Anspruch gewährt und die auch nicht aufgrund einer speziellen gesetzlichen Regelung zugelassen ist (BGH, Urt. v. 14.5.1992 - II ZR 299/90, ZIP 1992, 1081; Urt. v. 13.11.2007 - XI ZR 294/07, ZIP 2008, 118, 119; Urt. v. 31.5.2011 - II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rz. 15 - Dritter Börsengang). Die Bestellung einer dinglichen Sicherheit für ein Darlehen des Aktionärs bei einem Dritten ist eine "Auszahlung" an den Aktionär. Der Vermögensvorteil, der dem Aktionär zugewandt wird, liegt in der Besicherung (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2011 - II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rz. 21 - Dritter Börsengang; vgl. zur GmbH Urt. v. 18.6.2007 - II ZR 86/06, BGHZ 173, 1 Rz. 12). Mit der Bestellung einer dinglichen Sicherheit - wie hier der Verpfändung des Kontoguthabens - an einen gesellschaftsfremden Dritten für ein Darlehen des Aktionärs und nicht erst mit der Verwertung liegt die Einlagenrückgewähr vor (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2011 - II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rz. 21 - Dritter Börsengang; zur Kommanditgesellschaft BGH, Urt. v. 20.10.1975 - II ZR 214/74, WM 1976, 130, 131). Die übrigen Gläubiger haben im Umfang der Sicherheit keinen Zugriff mehr auf das Vermögen der Aktiengesellschaft, die die Verwertung zugunsten des Sicherungsnehmers bei Fälligkeit auch nicht verhindern kann.

Rz. 16

Dass sich die Bestellung der Sicherheit in der Handelsbilanz nicht unmittelbar auswirkt (§ 251 Satz 1 HGB), steht dem nicht entgegen. Wenn der Gesetzgeber mit dem MoMiG zum bilanziellen Denken zurückkehren wollte (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG], BT-Drucks. 16/6140, 41), hatte er Darlehen im Blick, bei denen die Auszahlung immer bilanzwirksam ist. Auch in anderen Fällen, in denen unstreitig eine Auszahlung vorliegt, wie etwa bei der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes zum Buchwert statt zum Verkehrswert, muss sich dies nicht in der Handelsbilanz niederschlagen.

Rz. 17

Nach § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG liegt jedoch bei Leistungen der Gesellschaft, welche durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind, keine Einlagenrückgewähr vor. Die mit Wirkung vom 1.11.2008 durch das MoMiG eingeführte Vorschrift war keine inhaltliche Neuerung, sondern eine Klarstellung (BGH, Urt. v. 1.12.2008 - II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rz. 12 - MPS) und ist auch bei Leistungen an den Aktionär vor diesem Zeitpunkt anwendbar, wie sie hier mit der Besicherung am 4.5.1999 vorlag.

Rz. 18

Wenn wie hier der Rückzahlungsanspruch des Sicherungsnehmers für ein an den Aktionär ausgereichtes Darlehen besichert wird, ist der "Gegenleistungs- oder Rückzahlungsanspruch" entsprechend den Grundsätzen bei der Ausreichung eines Darlehens durch die Gesellschaft unmittelbar an den Aktionär vollwertig, wenn nach einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung ein Forderungsausfall für den Darlehensrückzahlungsanspruch unwahrscheinlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2008 - II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rz. 13 - MPS). Der "Rückgewähranspruch" gegen den mit der Besicherung begünstigten Aktionär besteht darin, dass dieser die Gesellschaft von der Inanspruchnahme der Sicherheit bei Fälligkeit des Darlehens freizustellen hat. Dieser Freistellungsanspruch, der sich mit Verwertung der Sicherheit in einen Rückgriffsanspruch wandelt, ist der "Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch" (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2011 - II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rz. 24 f. - Dritter Börsengang).

Rz. 19

Ob der Darlehensgeber und Sicherungsnehmer auf die Sicherheit zugreifen wird, hängt davon ab, ob der Aktionär aus der ex-ante-Perspektive zur Darlehensrückzahlung in der Lage ist. Insoweit ist der Freistellungsanspruch als "Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch" vollwertig und ein Ausfall unwahrscheinlich, wenn der Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs des Sicherungsnehmers unwahrscheinlich ist. In diesem Fall liegt auch bei der Stellung einer dinglichen Sicherheit der vom Gesetzgeber mit der bilanziellen Betrachtungsweise (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG], BT-Drucks. 16/6140, 41) zugelassene "Aktiventausch" vor, der nach § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG eine Bewertung als verbotene Einlagenrückgewähr ausschließt. Wenn der das Darlehen in Anspruch nehmende Aktionär voraussichtlich zur Rückzahlung in der Lage sein wird, also seine Bonität ausreichend ist, ist die Inanspruchnahme der Sicherheit unwahrscheinlich.

Rz. 20

(2) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zwar nicht jeden Mitarbeiter oder Handelsvertreter als Darlehensnehmer einzeln betrachtet, sondern die Bonität der Darlehensnehmer typisierend beurteilt. Dagegen erinnert die Revision aber nichts, und angesichts der Typengleichheit der Geschäfte bestehen dagegen auch revisionsrechtlich keine Bedenken. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Darlehensnehmer auf Fremdmittel angewiesen waren, weil ihnen der Aktienerwerb mit eigenen Mitteln nicht möglich gewesen wäre, und dass sie auch nicht vorrangige eigene bankübliche Sicherheiten stellen konnten.

Rz. 21

Entgegen der Auffassung der Revision scheidet eine Einlagenrückgewähr nicht aus, weil das Darlehen für den Erwerb der Aktien bestimmt war, die Kreditnehmer ihre Aktiendepots verpfändet hatten und für die Vollwertigkeit deshalb maßgebend war, ob der Wert der finanzierten Aktien die Darlehensverbindlichkeiten deckte und decken würde. Zwar kann eine Inanspruchnahme der Sicherheit der Aktiengesellschaft unwahrscheinlich sein und der Freistellungsanspruch werthaltig, wenn der Aktionär nicht zur Darlehensrückzahlung in der Lage ist, aber eine werthaltige, der Sicherheit der Aktiengesellschaft vorgehende Sicherheit bestellt hat, deren Verwertung den Darlehensrückzahlungsanspruch abdeckt und somit die Verwertung der Ausfallsicherheit der Aktiengesellschaft verhindern kann.

Rz. 22

Das Berufungsgericht verneint aber ohne Rechtsfehler, dass die Besicherung durch Verpfändung der Aktiendepots genügte, einen Forderungsausfall der Nebenintervenientin unwahrscheinlich zu machen. Der Sicherungsfall konnte zwar nicht eintreten, wenn der Marktwert der Aktien zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs noch zu seiner Deckung genügte. Auf einen bleibenden oder steigenden Kurswert der Aktien konnten die Beklagten nach vernünftiger kaufmännischer Betrachtung aber nicht vertrauen. Es handelte sich um ein spekulatives Geschäft. Dass die Aktien als Sicherheit für den Darlehensrückzahlungsanspruch der Nebenintervenientin dienten, lag schon in der Konzeption des Aktienerwerbs durch die Mitarbeiter. Es war von vornherein vorgesehen, dass sie mit dem Erlös aus dem Verkauf das Darlehen tilgen. Die zusätzliche Besicherung durch die Schuldnerin deckte damit das konkret bestehende Ausfallrisiko bei einer ungünstigen Kursentwicklung ab, die jederzeit möglich war. Daraus folgt, dass es nicht auf den aktuellen Wert der Aktien bei der Bestellung der Sicherheit ankam, sondern auf die voraussichtliche künftige Wertentwicklung.

Rz. 23

Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, dass zwar der Kurs zunächst ab August 1998 angestiegen war, aber seit Beginn des Jahres 1999 schon Kursrückgänge zu verzeichnen waren. Davon, dass bei vernünftiger kaufmännischer Betrachtung ein weiterer Kursrückgang und damit ein Forderungsausfall der Nebenintervenientin unwahrscheinlich war, konnte man bei einem jungen Unternehmen wie der Schuldnerin nicht ausgehen. Ein weiterer Anhaltspunkt ist, dass der Nebenintervenientin die Aktien als Sicherheit trotz des anfänglichen Kursanstiegs bei ihrer banküblichen Bewertung nicht genügten und dass die Beklagten die von ihnen gestellte Besicherung durch eine Sicherheit der Schuldnerin ablösten. Die nicht durch äußere Umstände veranlasste Ablösung der Sicherheit legt nahe, dass sie eine Inanspruchnahme der von ihnen persönlich gestellten Sicherheit jedenfalls nicht als unwahrscheinlich ansahen. Die Verpfändung von Festgeldeinlagen der H. AG & Co. KG durch die Beklagten war nicht befristet und sicherte auch die Kreditverlängerung ab, die am 5.2.1999 auch zeitlich vor dem Sicherheitenwechsel am 4.5.1999 erfolgte.

Rz. 24

Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht nicht nach § 139 ZPO darauf hinweisen, dass es die Stellung der Sicherheit aus der Perspektive des 4.5.1999 für risikoreich erachtete, um den Beklagten die Möglichkeit zu geben, die Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu zu beantragen, dass zu diesem Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für einen signifikanten Kursrückgang bestanden hätten. Ein Hinweis ist nach § 139 Abs. 2 ZPO nur dann erforderlich, wenn für das Gericht erkennbar ist, dass eine oder beide Parteien einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt übersehen oder für unerheblich gehalten haben. Die Revision zeigt nicht auf, dass eine Partei den Gesichtspunkt übersehen hätte, dass es auf die Bewertung des Ausfallrisikos zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit ankommt. Abgesehen davon ist auch nicht entscheidungserheblich, ob bereits Anhaltspunkte für einen signifikanten Kursrückgang bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs bestanden.

Rz. 25

bb) Die Besicherung war auch nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG i.V.m. § 71a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 AktG erlaubt. Nach § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG gilt die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien nicht als Rückgewähr. Damit nimmt das Gesetz Bezug auf einen nach § 71 AktG zulässigen Erwerb eigener Aktien. Entsprechend der Zahlung zum Erwerb eigener Aktien erfasst die Privilegierung nach ihrem Sinn und Zweck auch die Besicherung des Erwerbs eigener Aktien durch Dritte gem. § 71a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 AktG, wenn die Besicherung einer Einlagenrückgewähr i.S.v. § 57 Abs. 1 AktG entspricht.

Rz. 26

(1) Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Besicherung zum Zweck des Erwerbs von Aktien verneint. Die Privilegierung nach § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG setzt voraus, dass zum Zwecke des Erwerbs von Belegschaftsaktien eine Sicherheit geleistet wird. Damit knüpft § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG an die verbotene Besicherung nach Satz 1 an, die ebenfalls eine Besicherung zum Zweck des Erwerbs von Aktien voraussetzt.

Rz. 27

Hier muss nicht entschieden werden, ob die Bestellung einer Sicherheit nicht mehr zum Zweck des Erwerbs i.S.d. § 71a Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG geschieht, wenn sie dem Aktienerwerb nachfolgt (so Otto, DB 1989, 1389, 1395; Habersack, Festschrift Hopt, 2010, S. 725, 740; Hölters/Semler, Handbuch des Unternehmenskauf, 7. Aufl., VII Rz. 272), und eine solche enge Auslegung mit Art. 23 Abs. 2 der zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften i.S.d. Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. Nr. L 26 vom 31.1.1977, S. 1 - Kapitalrichtlinie), vereinbar ist, der von einer Besicherung "im Hinblick auf den Erwerb" spricht, oder ob auch eine dem Erwerb nachfolgende Bestellung einer Sicherheit, etwa weil sie eine andere Finanzierung ablöst, noch zum Zweck des Erwerbs erfolgt (so Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 71a Rz. 14; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 71a Rz. 3; Lutter/Drygala in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 71a AktG Rz. 40 f.; Merkt in Großkomm/AktG, 4. Aufl., § 71a AktG Rz. 46; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 71a Rz. 37; Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, S. 89 ff.; Lutter/Wahlers, AG 1989, 1, 9; Fleischer, AG 1996, 494, 500 f.; Singhof, NZG 2002, 745, 746; Nodoushani, Der Konzern 2008, 385, 390). Auch wenn man eine dem Erwerb nachfolgende Besicherung im Hinblick auf den Erwerb genügen lässt, fehlt bei der Sicherheitenbestellung vom 4.5.1999 der erforderliche Zusammenhang mit dem Erwerb.

Rz. 28

Voraussetzung des erforderlichen Zusammenhangs der Besicherung mit dem Erwerb der Aktien ist, dass die Leistung der Gesellschaft objektiv dem Aktienerwerb dient, die Parteien des Finanzierungsgeschäfts dies wissen und die Zweckverknüpfung rechtsgeschäftlich zum Inhalt ihrer Vereinbarung machen. Eine solche Abrede mag bei objektivem Sachzusammenhang und zeitlicher Nähe von Aktienerwerb und Finanzierungsgeschäft zu vermuten sein (Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 71a Rz. 14 m.w.N.). Allein dass die Finanzierungshilfe in irgendeiner Weise dem "Behalt" der Aktien dient, genügt dazu aber nicht (a.A. möglicherweise Lutter/Drygala in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 71a Rz. 41), weil die Unterstützung eines zahlungsschwachen Aktionärs, der ansonsten seine Anteile verkaufen müsste, nicht mehr im Zusammenhang mit dem Erwerb der Aktien steht (Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, S. 91).

Rz. 29

Daran gemessen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler den Zusammenhang abgelehnt, weil die Leistung der Gesellschaft nicht mehr objektiv dem Erwerb diente. Im ursprünglichen Erwerbsplan war nicht vorgesehen, die Anfangsfinanzierung nur als Zwischenfinanzierung anzusehen und danach eine Anschlussfinanzierung durch die Gesellschaft vorzunehmen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das Konzept nicht, dauerhaft Mitarbeiter mit Belegschaftsaktien zu binden, sondern ihnen mit tilgungsfreien Darlehen zu ermöglichen, an erhofften starken Wertsteigerungen in der Anfangsphase teilzuhaben. Eine über die Laufzeit der Erstkredite hinausreichende Perspektive bestand nicht, und eine weitere Finanzierungshilfe war nicht vom Plan der Besicherung des Aktienerwerbs umfasst. Das belegt auch die Tatsache, dass nur etwa die Hälfte der ursprünglichen Darlehensnehmer noch Zweitkreditverträge abschloss. Dass die Mitarbeiter bzw. Handelsvertreter frei waren, ob sie die Aktien veräußern oder das kreditfinanzierte Engagement fortführen wollten, zeigt entgegen der Auffassung der Revision gerade keinen Funktionszusammenhang zum Erwerb, sondern dass den Erwerbsinteressen der Arbeitnehmer damit gedient werden sollte, dass sie nach der relativ kurzen Laufzeit der Finanzierung die Aktien verkaufen konnten. Darauf, dass die Fortführung der Finanzierung nicht planwidrig war, kommt es nicht an; entscheidend ist, dass sie nicht plangemäß war.

Rz. 30

Die Finanzierung durch die Nebenintervenientin endete auch nicht - etwa wegen einer Kreditkündigung - unvorhergesehen, so dass zur Fortführung des Erwerbsvorgangs eine Anschlussfinanzierung erforderlich geworden wäre. Die Prolongation mit einer von der Schuldnerin gestellten Sicherheit diente vielmehr den Interessen der Beklagten, die von ihnen gestellte Sicherheit frei werden zu lassen. Die Verpfändung von Festgeldeinlagen der H. - AG & Co. KG durch die Beklagten war nicht befristet und sicherte auch die Kreditverlängerung ab. Die Sicherheit durch die Schuldnerin wurde auch erst nach der Verlängerung des Kredits durch die Nebenintervenientin bestellt.

Rz. 31

Entgegen der Auffassung der Revision durfte das Berufungsgericht die zur Kreditverlängerung und Besicherung in der mündlichen Verhandlung getätigten Äußerungen der Beklagten auch ohne Protokollierung verwerten. Es genügt, dass solche Äußerungen im Tatbestand wiedergegeben werden. Zum Tatbestand in diesem Sinne gehören auch tatsächliche Feststellungen, die sich in den Entscheidungsgründen finden (BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 99/05, NJW-RR 2008, 1566 Rz. 15). Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat der Beklagte zu 2) insoweit nicht gestellt.

Rz. 32

Damit kann offen bleiben, ob der hier vorliegende originäre Aktienerwerb überhaupt von § 71a AktG a.F. erfasst wird (verneinend die h.M., MünchKommAktG/Oechsler, 4. Aufl., § 71a Rz. 10; Merkt in Großkomm/AktG, 4. Aufl., § 71a Rz. 43; Lutter/Drygala in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 71a Rz. 21; a.A. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 71a Rz. 16 m.w.N.) und ob es sich bei dem hier teilweise angesprochenen Erwerberkreis der Handelsvertreter überhaupt um Arbeitnehmer i.S.d. §§ 71a Abs. 1 Satz 2, 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG handelt.

Rz. 33

(2) Ein Zusammenhang zwischen dem Aktienerwerb und der Bestellung der Sicherheit lässt sich auch nicht aus einem Anspruch der Beklagten aus Auftragsrecht auf Austausch der von ihnen gewährten Sicherheit herleiten. Ein Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten gegen die Schuldnerin auf Ablösung ihrer gegebenen Sicherheit bestand nicht. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beklagten bei der Verpfändung am 19.8.1998 nicht die Absicht hatten, von der Schuldnerin später Ersatz zu verlangen.

Rz. 34

b) Ein unternehmerischer Ermessensspielraum bestand entgegen der Auffassung der Revision nicht. Die Einlagenrückgewähr ist immer pflichtwidrig. Der den Vorstandsmitgliedern nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zukommende Handlungsspielraum ist dann verlassen, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen, etwa - wie hier - nach § 93 Abs. 3 AktG, pflichtwidrig ist (BGH, Urt. v. 31.5.2011 - II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rz. 32 f.). Das Verschulden des Beklagten zu 2) wird nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG i.V.m. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG vermutet.

Rz. 35

c) Auch ein nach § 254 BGB anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers liegt nicht vor. Die Revision sieht es zu Unrecht darin, dass der Kläger bzw. sein Rechtsvorgänger versäumt habe, bis 1.6.2002 Haftpflichtansprüche geltend zu machen, so dass eine Realisierung der Ansprüche gegen die D&O-Versicherung vereitelt worden sei.

Rz. 36

Wenn eine Pflicht des Insolvenzverwalters bestünde, für eine Deckung durch die D&O-Versicherung zu sorgen, schützte sie nicht das Organ der Schuldnerin. Der Insolvenzverwalter ist dem Organ gegenüber nicht verpflichtet, eine zu dessen Gunsten abgeschlossene Haftpflichtversicherung aufrechtzuerhalten. Versicherungspflichten treffen den Insolvenzverwalter ausschließlich im Interesse des Schuldners und seiner Gläubiger zum Zweck der Obhut und des Erhalts des Schuldnervermögens (BGH, Beschl. v. 14.4.2016 - IX ZR 161/15, ZIP 2016, 1126 Rz. 16). Das betrifft nicht nur die Aufrechterhaltung der Versicherung selbst, sondern auch die Anspruchsanmeldung, die der Aufrechterhaltung eines Versicherungsanspruchs dient.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10442332

BGHZ 2018, 224

BB 2017, 1102

BB 2017, 513

BB 2017, 588

DB 2017, 536

DStR 2017, 733

EWiR 2017, 229

NZG 2017, 344

WM 2017, 479

WuB 2017, 325

ZIP 2017, 17

ZIP 2017, 472

AG 2017, 233

DNotZ 2018, 68

DZWir 2017, 200

DZWir 2018, 75

JZ 2017, 290

MDR 2017, 529

NZI 2017, 388

ZInsO 2017, 597

GWR 2017, 143

NJW-Spezial 2017, 208

StX 2017, 285

r+s 2018, 12

AR 2017, 115

Konzern 2017, 204

ZCG 2017, 76

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge