Leitsatz (amtlich)

a) Die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, dem im Fall des Obsiegens eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, widerspricht dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG und damit dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB und ist unzulässig (Fortführung von BGH, Urt. v. 13.9.2018 - I ZR 26/17, GRUR 2018, 1166 - Prozessfinanzierer I).

b) Die Klagebefugnis des zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs Berechtigten wird in dieser Fallkonstellation vom gewerblichen Prozessfinanzierer instrumentalisiert, um den Gewinnabschöpfungsprozess zur Einnahmenerzielung zu führen. Die unerwünschte Gewinnerzielungsabsicht wirkt sich trotz ihrer Abspaltung von der Klagebefugnis auf diese aus, weil sie dem gesetzgeberischen Ziel widerspricht und zu einer Umgehung des Gesetzes führt.

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3, §§ 10, 12 Abs. 4; BGB § 242

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 23.11.2017; Aktenzeichen 2 U 1/17)

LG Kiel (Urteil vom 30.12.2016; Aktenzeichen 13 O 135/15)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Schleswig in Schleswig vom 23.11.2017 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil der 13. Zivilkammer des LG Kiel vom 30.12.2016 abgeändert.

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger ist als gemeinnütziger Verbraucherschutzverein in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragen. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört es, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, insb. auch durch die Unterbindung von Verstößen gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Beklagte erbringt Mobilfunkleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Rz. 2

Der Kläger beanstandet, dass die Beklagte ihren Kunden in den Jahren 2011 bis April 2013 bei der Abwicklung von Mobilfunkverträgen überhöhte Rücklastschriften in Rechnung gestellt hat. Er nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage nach § 10 Abs. 1 UWG auf Herausgabe des Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch. Auf der ersten Stufe seiner Klage erstrebt er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung über die Gewinne, die diese seit dem 28.6.2012 dadurch erzielt hat, dass sie in Preislisten zum Abschluss von Verträgen über Mobilfunkleistungen gegenüber Verbrauchern Rücklastschriftklauseln mit einer Pauschale i.H.v. 10 EUR verwendet hat.

Rz. 3

Der Kläger hat zur Finanzierung des Rechtsstreits einen gewerblichen Prozessfinanzierer eingeschaltet, der ihn im Unterliegensfall von Kosten freistellt und im Obsiegensfall mit 20 % am abgeschöpften Gewinn beteiligt wird. Das Bundesamt für Justiz hat mit Schreiben vom 16.7.2015 dem mit dem Prozessfinanzierer geschlossenen Vertrag zugestimmt. Es hat erklärt, hinsichtlich der Kosten für die Inanspruchnahme des gewerblichen Prozessfinanzierers zu den Bedingungen des vorgelegten Finanzierungsvertrags, insb. hinsichtlich der Kostenerstattung und Erlösbeteiligung, nicht den Einwand zu erheben, diese Kosten seien nicht für die Geltendmachung des Anspruchs erforderliche Aufwendungen i.S.v. § 10 Abs. 4 Satz 2 UWG.

Rz. 4

Das LG hat der Klage durch Teilurteil in der Auskunftsstufe überwiegend stattgegeben und die Beklagte zur Auskunftserteilung unter Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehalts verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Schleswig, Urt. v. 23.11.2017 - 2 U 1/17, juris). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 5

A. Das Berufungsgericht hat die Stufenklage auf der Auskunftsstufe für zulässig und begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

Rz. 6

Der Kläger sei als qualifizierte Einrichtung nach dem Unterlassungsklagengesetz zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs zugunsten des Bundeshaushalts prozessführungsbefugt. Es sei nicht rechtsmissbräuchlich, dass der Kläger die Kosten des Gewinnabschöpfungsanspruchs über einen Prozessfinanzierer aufbringe. Etwas anderes ergebe sich nicht aus der Möglichkeit, eine Streitwertherabsetzung zu beantragen. Dem Kläger stehe der ausgeurteilte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung auch zu, die Voraussetzungen des Gewinnabschöpfungsanspruchs seien erfüllt.

Rz. 7

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Revision ist zulässig (dazu B I). Sie ist auch begründet. Der Kläger ist zwar klagebefugt (dazu B II), die Klageerhebung ist aber rechtsmissbräuchlich und deshalb unzulässig (dazu B III).

Rz. 8

I. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig und nicht auf Fragen der Zulässigkeit der Klage beschränkt. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine Beschränkung der Revisionszulassung. Eine solche Beschränkung ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungsgründen. Das Berufungsgericht hat dort zwar ausgeführt, die Revision sei zuzulassen, weil die Frage, ob die Einschaltung eines Prozessfinanzierers im Hinblick auf die Möglichkeit, eine Streitwertreduzierung beantragen zu können, eine Gewinnabschöpfungsklage rechtsmissbräuchlich mache, grundsätzliche Bedeutung habe. Damit ist indes lediglich der Grund für die Zulassung der Revision genannt. Das genügt nicht, um mit der notwendigen Sicherheit von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen. Der Grundsatz der Rechtsmittelklarheit gebietet es, dass für die Parteien zweifelsfrei erkennbar ist, welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist (vgl. BVerfGE 108, 341, 349 [juris Rz. 25]; BGH, Urt. v. 1.2.2018 - I ZR 82/17, GRUR 2018, 627 Rz. 9 = WRP 2018, 827 - Gefäßgerüst, m.w.N.).

Rz. 9

II. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, der Kläger sei als qualifizierte Einrichtung im Sinne des Unterlassungsklagengesetzes nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG für einen Gewinnabschöpfungsprozess klagebefugt.

Rz. 10

1. Ansprüche auf Gewinnabschöpfung können nach § 10 Abs. 1 UWG nur von den nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten erhoben werden. Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG regelt nicht nur die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis, die als Sachurteilsvoraussetzung im Revisionsverfahren fortbestehen muss. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG erfüllt sind, ist deshalb vom Revisionsgericht ohne Bindung an die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 13.9.2018 - I ZR 26/17, GRUR 2018, 1166 Rz. 12 = WRP 2018, 1452 - Prozessfinanzierer I, m.w.N.).

Rz. 11

2. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG sind qualifizierte Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragen sind, anspruchsberechtigt und klagebefugt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger in dieser Liste eingetragen ist. Das stellt die Revision nicht in Abrede.

Rz. 12

3. Gemäß § 4 Abs. 4 UKlaG kann das Gericht das Bundesamt für Justiz zur Überprüfung der Eintragung auffordern und die Verhandlung bis zu dessen Entscheidung aussetzen, wenn sich in einem Rechtsstreit begründete Zweifel am Fortbestehen der Eintragungsvoraussetzungen ergeben. Derartige Zweifel macht die Revision nicht geltend und bestehen im Streitfall auch nicht. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, für die Klagebefugnis sei es nicht erforderlich, dass der Kläger mit finanziellen Mitteln ausgestattet ist, die es ihm erlauben, die Kosten eines Gewinnabschöpfungsanspruchs selbst zu tragen.

Rz. 13

Voraussetzung für die Aufnahme eines Verbrauchervereins in die Liste der qualifizierten Einrichtungen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UKlaG, dass aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit gesichert erscheint, dass er seine satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird. Der Verband muss dafür über eine hinreichende finanzielle, sachliche und personelle Ausstattung verfügen. Die Frage, ob die Voraussetzungen einer Eintragung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 UKlaG vorliegen, ist in erster Linie mit Blick auf die den qualifizierten Einrichtungen nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu beurteilen. In die Liste der qualifizierten Einrichtungen werden nach § 4 Abs. 2 Satz 1 UKlaG auf Antrag rechtsfähige Verbände eingetragen, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG stehen qualifizierten Einrichtungen die in den §§ 1 und 2 UKlaG bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung, Widerruf und Beseitigung zu. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die finanzielle Ausstattung des Klägers zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht ausreicht. Gewinnabschöpfungsklagen nach § 10 UWG gehören nicht zu den Aufgaben, die Verbrauchervereinen nach dem Unterlassungsklagengesetz zugewiesen sind. Dass der Kläger keine ausreichende finanzielle Ausstattung für eine Gewinnabschöpfungsklage haben mag, begründet deshalb keine Zweifel am Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen (BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 17 - Prozessfinanzierer I, m.w.N.).

Rz. 14

4. Das mit der Klage verfolgte Ziel steht mit den satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers in Einklang.

Rz. 15

a) Die Klagebefugnis des Klägers folgt nicht schon daraus, dass dieser in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen ist. Die Notwendigkeit, im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Prozessführung vom Satzungszweck des klagenden Verbands umfasst ist, bleibt davon unberührt (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 20 - Prozessfinanzierer I).

Rz. 16

b) Das Führen eines Gewinnabschöpfungsprozesses ist vom Satzungszweck des Klägers umfasst. Zu den Aufgaben des Klägers gehört es nach § 3 Abs. 2 Satz 1 seiner Satzung, Verbraucherinteressen wahrzunehmen und den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Der Verein wird nach § 3 Abs. 2 Satz 2 seiner Satzung insb. dort tätig, wo rechtswidrige unternehmerische Praktiken die Rechte einer Vielzahl von Verbrauchern verletzen können, der einzelne Verbraucher aber üblicherweise aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht wirksam gegen die Verletzung seiner Rechte vorgehen kann bzw. will oder aber eine Bündelung der Verbraucherinteressen zu deren Durchsetzung sonst geboten ist. Dabei befasst sich der Kläger nach § 3 Abs. 2 Satz 3 seiner Satzung u.a. mit Problemen, die aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen resultieren. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 seiner Satzung sucht der Kläger den Vereinszweck insb. dadurch zu erreichen, dass er Wettbewerbsverstöße und Verstöße gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch geeignete Maßnahmen unterbindet, erforderlichenfalls auch durch die Einleitung und Durchführung gerichtlicher Verfahren.

Rz. 17

Aus § 3 Abs. 2 Satz 2 der Satzung ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger bei Rechtsverletzungen tätig wird, die Gewinnabschöpfungsansprüche begründen; die Formulierung ist an die Gesetzesbegründung zu § 10 UWG angelehnt (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487, 23). In § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 der Satzung sind Wettbewerbsverstöße und Verstöße gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen explizit genannt. Dass ausdrücklich nur von einer Durchführung gerichtlicher Verfahren zum Unterbinden solcher Verstöße und nicht von Gewinnabschöpfungsverfahren die Rede ist, ist unschädlich (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 23 - Prozessfinanzierer I).

Rz. 18

III. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Zulässigkeit der Klage stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Beurteilung, ob eine Gewinnabschöpfungsklage gem. § 10 Abs. 1 UWG rechtsmissbräuchlich ist, richtet sich nicht nach § 8 Abs. 4 UWG, sondern nach § 242 BGB (dazu B III 1). Danach ist die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, der im Falle des Obsiegens einen Anteil am abgeschöpften Gewinn erhalten soll, rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig (dazu B III 2).

Rz. 19

1. Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine Gewinnabschöpfungsklage nach § 10 UWG rechtsmissbräuchlich ist, ist nicht die Bestimmung des § 8 Abs. 4 UWG in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung, sondern das allgemeine Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB. Eine diesem Verbot widersprechende Klage ist unzulässig.

Rz. 20

Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insb., wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen Zuwiderhandelnde einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Die Vorschrift kann auf die Geltendmachung von Gewinnabschöpfungsansprüchen weder direkt noch analog angewendet werden. Der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 UWG beschränkt sich auf Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche. Für eine analoge Anwendung fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Anhaltspunkte einer planwidrigen Regelungslücke liegen ebenfalls nicht vor, weil für den Gewinnabschöpfungsanspruch das allgemeine Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB gilt (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 34 bis 36 - Prozessfinanzierer I, m.w.N.).

Rz. 21

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Erhebung der Klage sei nicht rechtsmissbräuchlich und damit zulässig, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, der im Falle des Obsiegens einen Anteil am abgeschöpften Gewinn erhalten soll, widerspricht dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB.

Rz. 22

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Finanzierung einer Verbandsklage durch einen gewerblichen Prozessfinanzierer sei nicht rechtsmissbräuchlich, solange gewährleistet sei, dass Kläger und Prozessfinanzierer weder personell noch finanziell verflochten seien und der an den Prozessfinanzierer im Falle des Obsiegens abzuführende Gewinnanteil das Maß des Üblichen - wie hier - nicht übersteige. Ein Rechtsmissbrauch ergebe sich nicht daraus, dass der Kläger eine Streitwertherabsetzung gem. § 12 Abs. 4 Satz 1 UWG beantragen könne. Es widerspräche der Waffengleichheit, wenn sich qualifizierte Einrichtungen auf die einseitige Streitwertminderung verweisen lassen müssten. Spezialisierte Prozessbevollmächtigte nähmen ein Mandat vielfach nur an, wenn sie nach dem realen Streitwert honoriert würden. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

Rz. 23

b) Bei der Prüfung des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB können Umstände, die gem. § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG oder § 2b Satz 1 UKlaG einen Rechtsmissbrauch begründen, herangezogen werden (BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 40 - Prozessfinanzierer I, m.w.N.; Teplitzky/Büch, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 13 Rz. 47a). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei der Annahme eines Rechtsmissbrauchs mit Blick auf den nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK zu gewährleistenden effektiven Rechtsschutz eine gewisse Zurückhaltung geboten ist, wenn die Besonderheiten der Interessenlage des § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG, namentlich eine Vielzahl von Gläubigern, nicht vorliegen. Ein Missbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG liegt nach der Rechtsprechung des BGH vor, wenn Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgen und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 40 - Prozessfinanzierer I, m.w.N.). Die Ausübung von Befugnissen, die nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient, ist auch nach § 242 BGB missbräuchlich (vgl. BGH, Beschl. v. 10.5.2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rz. 12; BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 40 - Prozessfinanzierer I, jeweils m.w.N.).

Rz. 24

Ein schuldhaftes Verhalten ist nicht Voraussetzung dafür, dass eine Rechtsausübung i.S.v. § 242 BGB unzulässig ist. Es kommt lediglich darauf an, ob bei objektiver Betrachtung ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1975 - IV ZR 18/74, BGHZ 64, 5, 9 [juris Rz. 24]; Urt. v. 12.11.2008 - XII ZR 134/04, NJW 2009, 1343 Rz. 41; Urt. v. 14.11.2013 - IX ZR 215/12, NJW-RR 2014, 1020 Rz. 15; BeckOGK.BGB/Kähler, Stand 1.1.2019, § 242 Rz. 457).

Rz. 25

c) Danach kann ein Rechtsmissbrauch im Streitfall nicht verneint werden. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Gläubiger und der Prozessfinanzierer personell oder finanziell verflochten sind und ob der an den Prozessfinanzierer im Falle des Obsiegens abzuführende Gewinnanteil das Maß des in solchen Fällen Üblichen übersteigt. Die Rechtsmissbräuchlichkeit der Klage resultiert bereits daraus, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierers, dem eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG widerspricht (BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 41 - Prozessfinanzierer I).

Rz. 26

aa) Nach der Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BT-Drucks. 15/1487, 25 und 43) soll die in § 10 Abs. 1 UWG für Gewinnabschöpfungsklagen geregelte Herausgabe des - gesamten - Gewinns an den Bundeshaushalt der Gefahr vorbeugen, dass der Anspruch aus dem sachfremden Motiv der Einnahmeerzielung heraus geltend gemacht wird. Damit soll ein kommerzieller Anreiz für Gewinnabschöpfungsklagen vermieden werden.

Rz. 27

Diesem Ziel widerspricht es, wenn einer derjenigen, die - wie der Kläger - dazu berechtigt sind, den Gewinnabschöpfungsanspruch geltend zu machen, einen Gewinnabschöpfungsprozess unter Einschaltung eines Prozessfinanzierers führt, dem mit Zustimmung des Bundesamts für Justiz für den Erfolgsfall ein Anteil am Gewinn zugesagt worden ist. Der Anspruch auf Gewinnabschöpfung wird dann (auch) aus dem sachfremden Motiv heraus geltend gemacht, einen Anteil am abgeschöpften Gewinn zu erlangen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass zwar der zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs Berechtigte nicht aus dem sachfremden Motiv der Einnahmenerzielung heraus handelt und der aus diesem Motiv handelnde Prozessfinanzierer nicht zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs berechtigt ist. Die Klagebefugnis des zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs Berechtigten wird in dieser Fallkonstellation vom gewerblichen Prozessfinanzierer instrumentalisiert, um den Gewinnabschöpfungsprozess zur Einnahmenerzielung zu führen (vgl. Köhler, WRP 2019, 139 Rz. 12). Die unerwünschte Gewinnerzielungsabsicht wirkt sich trotz ihrer Abspaltung von der Klagebefugnis auf diese aus, weil sie dem gesetzgeberischen Ziel widerspricht und zu einer Umgehung des Gesetzes führt.

Rz. 28

Das finanzielle Interesse des vom Verband beauftragten Rechtsanwalts widerspricht ebenfalls dem Zweck des § 10 Abs. 1 UWG, soweit der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin - wie üblich - bei Einschaltung eines Prozessfinanzierers eine weitere Gebühr erhält (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 42 - Prozessfinanzierer I). Dass diese Gebühr dem Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zusteht, ändert nichts daran, dass sie geeignet ist, einen finanziellen Anreiz darzustellen (vgl. Köhler, WRP 2019, 139 Rz. 35; a.A. Loschelder, GRUR-Prax. 2018, 534; Römermann, AnwBl. 2019, 86, 89).

Rz. 29

Der Rechtsmissbrauchsvorwurf liegt nach alledem darin begründet, dass der klagende Verband, der zwar selbst keine Einnahmen erzielt (vgl. Halfmeier, WuB 2019, 27, 29; L. Ullmann, jurisPR-WettbR 11/2018, Anm. 4; Meller-Hannich, Legal Tribune Online, 7.11.2018), es Dritten ermöglicht, mit seiner Klagebefugnis Einnahmen zu erzielen. Das widerspricht der Intention des Gesetzgebers. Einer weitergehenden Interessenabwägung bedurfte es nicht; diese hat bereits im Gesetzgebungsverfahren stattgefunden (vgl. BT-Drucks. 15/1487, 25 und 43; BGH, Beschl. v. 29.11.2018 - v. 13.9.2018 - I ZR 26/17, juris Rz. 7). Ein schuldhaftes Verhalten des Klägers ist nicht Voraussetzung dafür, dass eine Rechtsausübung i.S.v. § 242 BGB unzulässig ist.

Rz. 30

bb) Hinzu kommt, dass § 10 Abs. 4 UWG dem Bundesamt für Justiz, das sich als staatliche Behörde neutral und objektiv zu verhalten hat, allein die Rolle einer Zahlstelle zuweist. Das Bundesamt für Justiz verlässt dadurch, dass es die vom Prozessfinanzierer als Voraussetzung für sein Tätigwerden geforderte Zusage der Beteiligung am abgeschöpften Gewinn erteilt, diese neutrale Stellung und entscheidet ebenfalls faktisch mit darüber, welche Gewinnabschöpfungsprozesse geführt werden. Seine Zusage, die Kosten zu übernehmen, entfaltet für Gewinnabschöpfungsklagen eine Filter- und Anreizwirkung, die dem Zweck der gesetzlichen Regelung widerspricht (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 43 - Prozessfinanzierer I). Die Erlasse des Bundesministeriums der Justiz vom 1.12.2006 und 15.10.2007, die dem Bundesamt für Justiz im Rahmen von Gewinnabschöpfungsprozessen eine Zusage der Kostenübernahme gegenüber von Verbraucherverbänden eingeschalteten gewerblichen Prozessfinanzierern gestatten, können auch i.V.m. § 2 Abs. 1 und 3 des Justiz-Bundesamt-Errichtungsgesetzes (BfJG) nicht über die gesetzliche Regelung in § 10 Abs. 4 Satz 2 UWG hinausgehen oder diese Regelung umgehen (a.A. OLG Schleswig, Urt. v. 14.2.2019 - 2 U 4/18, juris Rz. 85).

Rz. 31

cc) Es mag zutreffen, dass mit der gewerblichen Prozessfinanzierung der Zweck verfolgt wird, der Regelung über die Gewinnabschöpfung in § 10 UWG im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher zum Erfolg zu verhelfen. Das kann aber nicht in der hier geschehenen Weise erfolgen. Dass die klagebefugten Verbände im Obsiegensfall den Gewinn an den Bundeshaushalt abzuführen haben und im Unterliegensfall die Kosten des Rechtsstreits tragen müssen und daher - wie bereits vom Bundesrat prognostiziert (vgl. BT-Drucks. 15/1487, 35) - kein besonderes Interesse an einer Rechtsverfolgung haben, beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 43 - Prozessfinanzierer I; a.A. L. Ullmann, jurisPR-WettbR 11/2018, Anm. 4). Auch wenn sich dessen Erwartung, die Verbände würden trotz des vom Bundesrat erwähnten Prozessrisikos von ihrer Klagebefugnis ausreichend Gebrauch machen (vgl. BT-Drucks. 15/1487, 43), nicht erfüllt hat, darf die gesetzgeberische Entscheidung nicht dadurch umgangen werden, dass Dritte eingeschaltet werden, die von der Klagemöglichkeit wirtschaftlich zu profitieren suchen (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 43 - Prozessfinanzierer I).

Rz. 32

dd) Der vorstehenden Beurteilung steht nicht entgegen, dass der Kläger die Erstattung der Kosten eines Prozessfinanzierers ohne eine Zusage des Bundesamts für Justiz verlangen könnte. Das ist nicht der Fall. Nach § 10 Abs. 4 Satz 2 UWG können die Gläubiger zwar von der zuständigen Stelle des Bundes Erstattung der für die Geltendmachung des Anspruchs erforderlichen Aufwendungen verlangen, soweit sie vom Schuldner keinen Ausgleich erlangen können. Bei den Kosten eines Prozessfinanzierers handelt es sich aber nicht um erforderliche Aufwendungen im Sinne dieser Regelung. Dazu zählen nur Aufwendungen, die im Grundsatz vom Schuldner zu erstatten sind, für die von diesem aber kein Ausgleich erlangt werden kann (vgl. BT-Drucks. 15/1487, 35; Goldmann in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 10 Rz. 168). Die Erforderlichkeit der Aufwendungen wird daran gemessen, ob sie nach den zu § 91 ZPO entwickelten Grundsätzen für Prozessvorbereitungskosten und deren Erstattungsfähigkeit als notwendig angesehen werden können (vgl. von Braunmühl in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 10 Rz. 267). Der Schuldner eines Gewinnabschöpfungsanspruchs hat die zusätzlichen Kosten eines Prozessfinanzierers oder die zusätzlichen Gebühren des Rechtsanwalts des Gläubigers aber weder als notwendige Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO noch aus materiellem Recht nach den Grundsätzen des Verzugs zu erstatten (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 44 - Prozessfinanzierer I, m.w.N.).

Rz. 33

ee) Grundrechte der Verbraucherverbände - etwa aus Art. 9 Abs. 1 oder Art. 12 Abs. 1 GG - werden durch die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht ungerechtfertigt beschränkt. Die Möglichkeit, Gewinnabschöpfungsprozesse zu führen, ist den Verbraucherverbänden - neben den Wettbewerbsverbänden (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) und den Industrie- und Handelskammern (§ 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG) - mit der Einführung des § 10 UWG durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3.7.2004 (BGBl. I 1414) eingeräumt worden. Dieses durch § 10 Abs. 1 UWG u.a. für Verbraucherverbände neu geschaffene Betätigungsfeld war von Beginn an immanent begrenzt durch den mit dem Erfordernis der Herausgabe des Gewinns an den Bundeshaushalt verfolgten Zweck des § 10 Abs. 1 UWG, der Gefahr vorzubeugen, dass der Anspruch aus dem sachfremden Motiv der Einnahmeerzielung heraus geltend gemacht wird. In der Unzulässigkeit einer mit Hilfe eines Prozessfinanzierers erhobenen Gewinnabschöpfungsklage realisiert sich lediglich diese bereits bei Einräumung der Klagebefugnis angelegte Beschränkung (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 45 - Prozessfinanzierer I). Aus demselben Grund liegt in der Unzulässigkeit von Gewinnabschöpfungsklagen, die mit Hilfe eines Prozessfinanzierers geführt werden, auch keine verfassungswidrige Beschränkung des Zugangs zum Recht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK). Überdies bleiben dem Kläger andere Wege der Rechtsverfolgung (dazu sogleich Rz. 34 bis 39).

Rz. 34

d) Die Klagemöglichkeit von Verbraucherverbänden nach § 10 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG läuft gleichwohl nicht ins Leere, weil die klagenden Verbände die Herabsetzung des Streitwerts nach § 12 Abs. 4 Satz 1 UWG, § 51 Abs. 5 GKG beantragen können.

Rz. 35

aa) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann auf ihren Antrag das Gericht nach § 12 Abs. 4 Satz 1 UWG in der seit dem 9.10.2013 geltenden Fassung anordnen, dass sich ihre Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. In § 12 Abs. 4 Satz 2 UWG ist geregelt, wie sich diese Anordnung auf die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltsgebühren auswirkt. Gemäß § 12 Abs. 5 Satz 1 UWG kann der Antrag auf Streitwertbegünstigung zur Niederschrift vor der Geschäftsstelle des Gerichts erfolgen; er unterliegt mithin gem. § 78 Abs. 3 ZPO keinem Anwaltszwang (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 47 - Prozessfinanzierer I).

Rz. 36

bb) Die Bestimmung des § 12 Abs. 4 UWG bezweckt den Schutz der wirtschaftlich Schwächeren vor dem Kostenrisiko eines Prozesses mit hohem Streitwert. Sie sollen den Prozess mit einem ihren wirtschaftlichen Verhältnissen angepassten Streitwert führen können und so davor bewahrt werden, ihr Recht gegenüber den wirtschaftlich Stärkeren nicht ausreichend geltend machen zu können (vgl. BGH GRUR 2018, 1166 Rz. 48 - Prozessfinanzierer I). Die Vorschrift dient der prozessualen Waffengleichheit, die Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes im Zivilprozess ist (vgl. BVerfG GRUR 2018, 1288 Rz. 14; zu § 144 PatG vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.2009 - v. 21.4.2009 - X ZR 153/04, GRUR 2009, 1100 Rz. 8 = WRP 2009, 1401 - Druckmaschinen-Temperierungssystem III), und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (zu § 23b UWG a.F. vgl. BVerfG NJW-RR 1991, 1134 f. [juris Rz. 1 bis 11]; BVerfG, Beschl. v. 28.6.1993 - 1 BvR 1321/90, juris Rz. 1 bis 6).

Rz. 37

cc) Die Regelung des § 12 Abs. 4 UWG kann damit gerade in Fallgestaltungen wie der vorliegenden zum Tragen kommen, falls die Klage wegen eines selbst unter Berücksichtigung von § 51 Abs. 2 und 3 GKG hohen Streitwerts ein nicht unerhebliches Kostenrisiko für den klagenden Verbraucherverband birgt. Gleichzeitig wird damit dem Anspruch auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK Rechnung getragen.

Rz. 38

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war es dem Kläger nicht erst seit dem Beschluss des Senats vom 15.9.2016 in der Sache I ZR 24/16 (GRUR 2017, 212 Rz. 11) zuzumuten, einen Antrag auf Streitwertherabsetzung zu stellen. Bereits der zu § 12 Abs. 4 UWG a.F. ergangenen Rechtsprechung war zu entnehmen, dass zugunsten von Verbraucherverbänden eine großzügige Handhabung der Regelungen über die Streitwertbegünstigung angezeigt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.2011 - BGH v. 10.2.2011 - I ZR 183/09, GRUR 2011, 560 Rz. 6 = WRP 2011, 752 - Streitwertherabsetzung II; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. [2015], § 12 Rz. 5.23).

Rz. 39

dd) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts widerspricht es auch nicht dem Gebot der prozessualen Waffengleichheit, einen Verbraucherverband auf die Möglichkeit zu verweisen, einen Antrag nach § 12 Abs. 4 UWG zu stellen. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit ist Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes im Zivilprozess. Er sichert verfassungsrechtlich die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor Gericht, das - auch mit Blick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 Abs. 1 GG - den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die von ihm zu treffende Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, diese Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlungsführung zu wahren (vgl. BVerfG GRUR 2018, 1288 Rz. 14). Die Möglichkeit einer Partei, im Wettbewerbsrecht spezialisierte Prozessbevollmächtigte zu Höchstpreisen engagieren zu können, gehört danach nicht zur prozessualen Waffengleichheit (vgl. Köhler, WRP 2019, 139 Rz. 22 bis 25; a.A. Wolf/Flegler, NJW 2018, 3581, 3586; ähnlich Halfmeier, WuB 2019, 27, 30).

Rz. 40

C. Danach ist die Klage unter Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts und Abänderung des Urteils erster Instanz als unzulässig abzuweisen.

Rz. 41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13218216

BB 2019, 1601

BB 2019, 1869

NJW 2019, 2691

NJW 2019, 8

NWB 2019, 2192

EWiR 2020, 125

GRUR 2019, 850

JurBüro 2019, 441

WM 2019, 1309

WuB 2019, 519

ZIP 2019, 1448

AnwBl 2019, 559

DZWir 2019, 450

JZ 2019, 578

JZ 2019, 581

MDR 2019, 1001

VersR 2020, 47

WRP 2019, 1009

GRUR-Prax 2019, 361

K&R 2019, 514

MMR 2020, 314

Mitt. 2019, 468

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