Leitsatz (amtlich)

Hat der Schuldner die Genehmigung einer befreienden Schuldübernahme ohne Rechtsgrund erlangt, so kann der Gläubiger in der Regel aus der alten Schuldurkunde weiter vollstrecken.

 

Normenkette

BGB § 415 Abs. 1 S. 1, § 812 Abs. 1 S. 1 Altern. 1; ZPO § 767 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf

OLG Düsseldorf

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Oktober 1988 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 5. Oktober 1982 kaufte der Kläger von den Eheleuten L. eine Eigentumswohnung zurück, die er ihnen zwei Jahre vorher verkauft hatte. In Anrechnung auf den Kaufpreis von 190.000 DM übernahm der Kläger die durch Grundschulden über 130.000 DM und 40.000 DM gesicherten Schulden der Eheleute gegenüber der Beklagten mit befreiender Wirkung. Zugleich unterwarf er sich wegen der übernommenen Verbindlichkeiten im Umfang der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung.

Am 29. Oktober 1982 bestellte der Kläger mit notarieller Urkunde zugunsten der Beklagten eine weitere Grundschuld über 50.000 DM an seinem Wohnungseigentum. In der Urkunde übernahm er außerdem die persönliche Haftung für die Zahlung im Umfang der Grundschuld und unterwarf sich wegen dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in sein gesamtes Vermögen.

Mit notariellem Vertrag vom 5. August 1983 verkaufte der Kläger das Wohnungseigentum an G. L. für 260.000 DM. Der Käufer übernahm in Anrechnung auf den Kaufpreis mit befreiender Wirkung für den Kläger die bei der Beklagten bestehenden, durch die eingetragenen Grundschulden über insgesamt 220.000 DM gesicherten Verbindlichkeiten einschließlich der Forderung aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis. Er bestellte zugunsten der Beklagten eine weitere Grundschuld über 30.000 DM. Die Beklagte erklärte sich bereit, die Schuldübernahme gegen die Gewährung von Sicherheiten, zu denen auch die Unterzeichnung einer Ausbietungsgarantie gehören sollte, zu genehmigen. Am 1. September 1983 verpflichtete sich der Kläger in einer von der Beklagten vorbereiteten, von beiden damals für formwirksam erachteten privatschriftlichen Erklärung, die zugunsten der Beklagten eingetragenen Grundschulden von 250.000 DM im Falle der Versteigerung des Grundbesitzes auszubieten und die Beklagte wegen der Grundschulden zu befriedigen. Die Beklagte genehmigte die Schuldübernahme.

Da L. seinen Verpflichtungen nicht nachkam, beantragte die Beklagte die Zwangsversteigerung in das Wohnungseigentum aus ihrer erstrangigen Grundschuld von 130.000 DM. Sie forderte den Kläger auf, den Versteigerungstermin wahrzunehmen und die Grundschuld auszubieten. Der Kläger kam dem nicht nach. Im Termin wurden Gebote nicht abgegeben. Nachdem der Kläger es auch abgelehnt hatte, für die offene Darlehensvaluta aus der in den notariellen Urkunden vom 5. und 20. Oktober 1982 enthaltenen persönlichen Haftungsübernahme einzustehen, ließ die Beklagte die beiden Urkunden zustellen. Das Wohnungseigentum wurde versteigert. Der an die Beklagte ausgekehrte Erlös betrug 120.267,11 DM. Wegen einer behaupteten Restforderung in Höhe von 187.828,83 DM betreibt sie nunmehr die Zwangsvollstreckung aus den zugestellten Urkunden.

Der Kläger hat verlangt, die Zwangsvollstreckung aus den beiden Urkunden für unzulässig zu erklären, soweit die Hauptsache durch die Auskehrung des Zwangsversteigerungserlöses nicht erledigt sei. Er hält die Vollstreckung für unzulässig, weil die Beklagte die zwischen ihm und dem Käufer L. vereinbarte Schuldübernahme genehmigt habe. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Mit der Revision wendet sich der Kläger weiterhin gegen die Zwangsvollstreckung. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Kläger könne sich auf die Genehmigung der Schuldübernahme nicht berufen, weil er um sie wegen Formnichtigkeit der Ausbietungsgarantie auf Kosten der Beklagten ungerechtfertigt bereichert sei. Dies hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

II.

Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß nicht nur die von dem Kläger abgegebene Ausbietungsgarantie formnichtig ist (vgl. BGHZ 85, 245, 250), sondern auch das zugrundeliegende Kausalgeschäft, durch das die Beklagte sich verpflichtet hat, die Schuldübernahme gegen die Gewährung bestimmter Sicherheiten, einschließlich der geforderten Ausbietungsgarantie, zu genehmigen. Denn auch die Verpflichtung zur Abgabe einer Ausbietungsgarantie enthält schon eine bedingte Erwerbsverpflichtung im Sinne des § 313 Satz 1 BGB. Die Revision zieht dies auch nicht in Zweifel. Sie wendet sich nur gegen die Annahme eines Kausalgeschäfts, ohne jedoch bei den entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Allein die Tatsache, daß die befreiende Schuldübernahme nach § 415 BGB durch einen Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer zustande kommt, schließt entgegen der Annahme der Revision nicht aus, daß Schuldner und Gläubiger über die ausstehende Genehmigung einen Vertrag schließen und die Bedingungen für deren Erteilung regeln. Ist eine solche Vereinbarung – wie hier – nichtig, dann hat der Schuldner die Genehmigung ohne Rechtsgrund erlangt.

Hat der Schuldner die Genehmigung der Schuldübernahme ohne Rechtsgrund erlangt, so kann der Gläubiger verlangen, die alte Verbindlichkeit durch entsprechende Willenserklärung wieder herzustellen. Handelt es sich um eine fällige Forderung, braucht der Gläubiger allerdings nicht erst auf Abgabe einer solchen Willenserklärung zu klagen, sondern kann sogleich Erfüllung verlangen (vgl. im Ergebnis zum Forderungserlaß: BGB-RGRK/Heimann-Trosien, 12. Aufl., § 818 Rdnr. 4; Erman/H. P. Westermann, BGB 8. Aufl. § 818 Rdnr. 7; Staudinger/Lorenz, BGB 12. Aufl. § 818 Anm. 3).

War die ursprüngliche Forderung – wie hier – durch eine vollstreckbare Urkunde tituliert, so braucht der Gläubiger sich in der Regel keinen neuen Vollstreckungstitel zu beschaffen. Er kann aus der alten Urkunde vollstrecken, weil die Vollstreckbarkeit eines Titels von dem Schicksal des sachlich-rechtlichen Anspruchs unabhängig ist und nur auf eine Vollstreckungsabwehrklage hin beseitigt werden kann. Eine solche Klage hat aber dann keinen Erfolg, wenn der Schuldner nach § 242 BGB gehindert ist, die Übernahme der titulierten Verbindlichkeit durch einen Dritten einzuwenden. Dies ist der Fall, wenn und soweit er verpflichtet ist, im Zeitpunkt der Vollstreckung die Inanspruchnahme aus einer neu zu errichtenden vollstreckbaren Urkunde gleichen Inhalts zu dulden; denn dann fehlt ihm ein schutzwürdiges Interesse daran, die fehlende Passivlegitimation geltend zu machen. Entgegen der Annahme der Revision wird der titulierte Anspruch dadurch nicht – was unzulässig wäre (vgl. Senatsurt. v. 23. November 1979, V ZR 123/76, NJW 1980, 1050, 1051) – ausgewechselt.

Auch die übrigen Revisionsrügen sind nicht begründet.

Die mit der Genehmigung erlangte Befreiung von der alten Verbindlichkeit hat insoweit zu einer Bereicherung des Klägers geführt, als die Darlehensforderungen der Beklagten mit dem in der Zwangsversteigerung realisierten Wert des Wohnungseigentums nicht getilgt werden konnten. Dieser verbliebene Rest ist Gegenstand der von dem Kläger bekämpften Vollstreckung. Daß er sich auf 187.828,83 DM beläuft, hat der Kläger nicht substantiiert bestritten. Da er aufgrund der bestehenden vertraglichen Beziehung zu dem Käufer von diesem Auskunft über den Schuldenstand hätte verlangen können, durfte er sich nicht damit begnügen, die konkreten Angaben der Beklagten einfach zu bestreiten.

Schließlich läßt auch die Verneinung eines Anspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß durch das Berufungsgericht keinen Rechtsfehler erkennen. Der Formmangel der Ausbietungsgarantie hätte den Kläger nicht gehindert, die Eigentumswohnung zu dem von ihm für angemessen erachteten Wert zu ersteigern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609574

BGHZ, 319

BB 1990, 1376

NJW 1990, 1662

KTS 1990, 627

ZIP 1990, 720

DNotZ 1991, 531

JZ 1990, 603

JuS 1990, 938

ZBB 1990, 160

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