Leitsatz (amtlich)

a) Im Zwangsversteigerungsverfahren vollzieht sich der Eigentumserwerb nicht aufgrund eines Kaufvertrags, sondern aufgrund eines staatlichen Hoheitsakts (Bestätigung von RGZ 60, 48).

b) Dem Makler steht kein Provisionsanspruch zu, wenn sein Kunde das vom Makler benannte Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt.

c) Durch Individualvereinbarung kann der Erwerb in der Zwangsversteigerung dem Abschluß eines Grundstückskaufvertrages gleichgestellt werden.

d) Ob eine solche Gleichstellungsabrede auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden kann, bleibt offen.

 

Normenkette

BGB § 652; ZVG § 81

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 03.05.1989; Aktenzeichen 10 U 7/89)

LG Bonn (Urteil vom 13.12.1988; Aktenzeichen 17 O 199/88)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Mai 1989 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 13. Dezember 1988 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die als Maklerin tätige Klägerin wurde im Frühjahr 1986 auf das leerstehende Haus G. in B. aufmerksam. Ihre Erkundigungen ergaben, daß das Objekt einer Frau Z. gehörte, aber von deren Grundpfandgläubigerin, der Bank in K. (im folgenden: B.), verwaltet wurde. Die B. war sowohl an einer Vermietung als auch an einem Verkauf des Hauses interessiert. Die Klägerin bot es im Einverständnis mit der B. durch Zeitungsinserat an. Daraufhin meldeten sich die Beklagten im März 1986 als Mietinteressenten. Unter dem 16. April 1986 schlossen die Beklagten mit der Eigentümerin, vertreten durch die B., einen auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag für die Zeit ab 1. Juli 1986, in dem es unter anderem heißt:

  1. Der Mieter behält sich während des Mietverhältnisses das Vorkaufsrecht für vorgenanntes Objekt vor. …
  2. Bei Kauf des Objektes wird eine Maklerprovision in Höhe von 3,42 % incl. Mwst. an die Vermittlerin M. fällig. Verrechnet werden DM 2.400,– der Vermietungsprovision vom 16.04.1986.

Unter dem 15. April 1986 hatte die B. die Zwangsversteigerung des Hauses beantragt. Mit Schreiben vom 2. Juni 1986 teilte die Klägerin den Beklagten mit, ihr sei von der B. erneut bestätigt worden, daß eine Zwangsversteigerung des von den Beklagten gemieteten Hauses während der Mietzeit nicht beabsichtigt sei.

Im Juli/August 1986 bot die B. den Beklagten das Haus zum Kauf an. Im Lauf der Verhandlungen ermäßigte sie ihre Kaufpreisforderung von 355.000 DM bis auf 275.000 DM. Eine Einigung mit den Beklagten kam jedoch nicht zustande. Im Zwangsversteigerungstermin vom 28. April 1987 erhielten die Beklagten als einzige Bieter bei einem Gebot von 250.000 DM den Zuschlag.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von 3,42 % der Erwerbskosten abzüglich 2.400 DM = 6.149,90 DM. Sie behauptet, die Beklagten hätten sich bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme nach einer näheren Beschreibung des Objekts auch für dessen Ankauf interessiert. Sie, die Klägerin, habe sich sowohl für den Fall der Anmietung als auch für den Fall des Ankaufs Provision ausbedungen.

Die Beklagten behaupten, sie seien lediglich an einer Anmietung des Hauses interessiert gewesen. Der einzige Hinweis auf die Möglichkeit des Erwerbes des Hauses sei die Bemerkung der Klägerin gewesen, das Haus solle vermietet werden, weil frühere Verkaufsversuche gescheitert seien. Die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts nebst Anrechnung der Miete auf den Kaufpreis habe nur ein Schutz gegen alle Eventualitäten sein sollen. Es sei ihnen nicht bekannt gewesen, daß das Haus versteigert werden sollte; hätten sie dies gewußt, so hätten sie das Haus nicht angemietet. Sie hätten es nur deshalb ersteigert, weil sie befürchtet hätten, das Haus bei Zuschlag an einen anderen Bieter kurzfristig räumen zu müssen.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der (zugelassenen) Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht nimmt in Übereinstimmung mit dem Landgericht an, daß nach § 652 BGB dem Makler auch dann ein Provisionsanspruch zustehe, wenn der Maklerkunde das Grundstück, das Gegenstand des Nachweises war, im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt. Diese Rechtsansicht steht im Widerspruch zu dem Senatsbeschluß vom 18. Juni 1986 – IVa ZR 251/85. Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an der in diesem Beschluß vertretenen Rechtsansicht fest.

1. Nach § 652 BGB steht dem Makler nur dann eine Provision zu, wenn der von ihm herbeizuführendeVertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers zustande kommt. Durch einen Erwerb in der Zwangsvollstreckung könnte daher der gesetzliche Provisionsanspruch nur dann begründet werden, wenn sich dieser Erwerb im Wege eines Kaufvertrags vollziehen würde.

a) Das ist in der Tat früher vielfach – insbesondere im Geltungsbereich des Allgemeinen Preußischen Landrechts und des gemeinen Rechts – angenommen worden (RGZ 7, 270; 19, 321; Rassow, Gruchot Bd. 35 S. 358; Wolff, ZVG 3. Aufl. 1909 § 90 Anm. 1; Rothenberg, AcP Bd. 94 S. 265; ob auch Schöller, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken im Wege der Zwangsvollstreckung 1899 S. 15 die gleiche Ansicht vertritt, erscheint zweifelhaft). Auch das Berufungsgericht scheint dieser Ansicht zu sein; denn es führt aus, die Maklerleistung habe in dem Nachweis einer (doppelten)Vertragsgelegenheit bestanden (BU S. 7 Abs. 2); für den Fall des Erwerbs im Wege der Zwangsvollstreckung sei die Provisionspflicht nichtabbedungen worden (BU S. 7 Abs. 3; S. 9 Abs. 2). Der Senat schließt sich jedoch der bereits von Dernburg (Pfandrecht 1864 Bd. 2 § 120 S. 260f.; Preuß. Privatrecht 5. Aufl. § 343, 4; Bürgerliches Recht Bd. 3 § 252) begründeten, vom Reichsgericht (RGZ 60, 48, 54; 129, 155, 159; 153, 252, 254) übernommenen und heute allgemein vertretenen Meinung an, nach der der Zuschlag nicht als Annahme eines privatrechtlichen Kaufvertragsangebots, sondern als öffentlich-rechtlicher Eigentumsübertragungsakt anzusehen ist (von der Pfordten, ZVG § 56 Anm. 1; Reinhard-Müller, ZVG 3./4. Aufl. § 82 Anm. I; Kretzschmar, ZVG 1904 S. 54; Jäckel/Güthe, ZVG 7. Aufl. § 81 Rdn. 7; Zeller/Stöber, ZVG 11. Aufl. § 90 Rdn. 2; Rosenberg, Zivilprozeßrecht 9. Aufl. 1981 § 203 II; Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht 10. Aufl. § 27 III 1b bb; BGHZ 53, 47, 50; OLG Karlsruhe MDR 1954, 112). Der Provisionsanspruch der Klägerin muß demnach schon daran scheitern, daß es an einer wesentlichen Voraussetzung des § 652 BGB, nämlich am Zustandekommen des Hauptvertrages, fehlt.

b) Wenn man die Entscheidung über den Provisionsanspruch des Maklers im Zwangsversteigerungsverfahren davon abhängig macht, ob in diesem Verfahren ein Vertrag zustande kommt, dann liegt darin keine „formalistische” oder „formaljuristische” (so OLG Köln NJW-RR 1989, 247, 249) Betrachtungsweise. Es entspricht dies nicht nur der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers, sondern ebenso der allgemeinen, auch von Nichtjuristen geteilten Auffassung, nach der die Aufgabe des Maklers darin besteht, durch eine Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit auf einenfreiwilligen Vertragsschluß, also auf eine echte, nicht bloß fingierte Willenseinigung der beteiligten Interessenten hinzuwirken. Aus diesem Grunde erscheint es sogar zweifelhaft, ob man dem Makler einen Provisionsanspruch zubilligen könnte, wenn man mit der älteren, heute allgemein als unrichtig erkannten Theorie annehmen würde, daß durch den Zuschlagsbeschluß ein Zwangskaufvertrag zwischen Eigentümer und Bieter zustande komme.

c) Für seine gegenteilige Auffassung beruft sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (NJW 1986, 2117 = WM 1986, 1006) zu Unrecht auf die Grundsätze, die das Reichsgericht und der Bundesgerichtshof über die Provisionspflicht bei wirtschaftlicher Identität aufgestellt haben. Beide Gerichte haben einem Makler einen Provisionsanspruch auch dann zugebilligt, wenn der infolge der Bemühungen des Maklers zustandegekommeneVertrag zwar in seiner rechtlichen Ausgestaltung nicht dem Vertrag entspricht, den der Makler nach dem Inhalt des Maklervertrages herbeiführen sollte, ihm in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen aber gleichkommt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 30.11.1983 – IVa ZR 58/82 – WM 1984, 342; vom 14.12.1983 – IVa ZR 66/82 – WM 1984, 412; vom 15.2.1984 – IVa ZR 150/82 – WM 1984, 560). Diese Rechtsprechung setzt also wiederum das Zustandekommen eines Hauptvertrages voraus; gerade daran fehlt es aber im Zwangsversteigerungsverfahren. Das Oberlandesgericht Frankfurt setzt in unzulässiger Weise (Haupt-)Vertrag und Eigentumserwerb gleich. Nach § 652 BGB hängt jedoch der Anspruch des Käufermaklers ausschließlich vom Zustandekommen des schuldrechtlichen Kaufvertrages, nicht aber vom Eigentumserwerb des Käufers ab. Es ist demgemäß auch allgemein anerkannt, daß einerseits dem Makler auch dann eine Provision zusteht, wenn der rechtswirksam zustandegekommene Kaufvertrag nicht vollzogen worden ist, daß er andererseits keinen Maklerlohn verlangen kann, wenn der abgeschlossene Kaufvertrag nichtig ist, das Eigentum aber infolge mangelfreier Auflassung und Grundbucheintragung auf den Maklerkunden übergeht.

2. Im übrigen kann ohne besondere Vereinbarung dem Makler für eine auf das Zwangsversteigerungsverfahren bezügliche Tätigkeit schon deshalb kein Provisionsanspruch zugebilligt werden, weil in diesem Verfahren eine dem Gesetz entsprechende Maklertätigkeit – Nachweis oder Vermittlung – nicht möglich ist.

a) Hinsichtlich der Vermittlungstätigkeit ist dies offensichtlich und auch im Schrifttum allgemein anerkannt (Werner, Juristische Analysen 1970, 353, 357; derselbe in Erman, BGB 8. Aufl. § 652 Rdn. 18; ebenso wohl auch Schwerdtner, Maklerrecht 3. Aufl. Rdn. 88; derselbe in MünchKomm, 2. Aufl. § 652 Rdn. 60, 61; Vollkommer bei Jauernig, BGB 4. Aufl. § 652 Anm. 3c m.w.N.). Nach der durchaus herrschenden Lehre setzt der Begriff der Vermittlung eine Einwirkung auf die Willensentschließung des anderen Teils voraus. Ein etwaiger Versuch des Maklers, den Willen des Eigentümers des zu versteigernden Grundstücks zu beeinflussen, kann für den Erwerb in der Zwangsversteigerung niemals ursächlich sein, da es für den Eigentumsübergang im Zwangsversteigerungsverfahren auf die Willensrichtung des Eigentümers nicht ankommt. Eine Einwirkung auf die Willensentschließung des Rechtspflegers ist aber unmöglich, weil dieser nicht den Entscheidungsspielraum eines privaten Verkäufers hat, sondern – soweit keine gesetzlichen Hinderungsgründe entgegenstehen – den Zuschlag demjenigen erteilen muß, der das höchste Gebot abgegeben hat. Den Gang des Zwangsversteigerungsverfahrens könnte ein Makler höchstens dadurch beeinflussen, daß er die Verhandlungsführung des Rechtspflegers auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften hin überwacht und gegen gesetzwidrige Entscheidungen, die seinen Auftraggeber benachteiligen, Vorstellungen erhebt oder Rechtsmittel einlegt; wenn der Makler aber hiermit beauftragt werden sollte, hätte der mit ihm geschlossene Vertrag keine Maklerleistung, sondern eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zum Gegenstand.

b) Für die Nachweistätigkeit des Maklers gilt im wesentlichen das gleiche. Ein Nachweis begründet, wie in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt ist, nur dann einen Provisionsanspruch, wenn er die Maklerkunden in die Lage versetzt, in konkreteVerhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten (Senatsurteile vom 22.10.1986 – IVa ZR 4/85 – LM BGB § 652 Nr. 104 = WM 1987, 23, 24; vom 15.2.1984 – IVa ZR 150/82 – WM 1984, 560; Reuter bei Staudinger, BGB 12. Aufl. §§ 652, 653 Rdn. 28). Solche Verhandlungen kommen jedoch im Zwangsversteigerungsverfahren nicht in Betracht: Verhandlungen mit dem Eigentümer wären sinnlos, weil dieser keine Verfügungsbefugnis besitzt; der das Verfahren leitende Rechtspfleger hat aber keinen Verhandlungsspielraum, weil – abgesehen von der Höhe des Preises – die Veräußerungsbedingungen durch das Gesetz und das geringste Gebot festgelegt sind und die Entscheidung über den Zuschlag nach strengen gesetzlichen Vorschriften erteilt werden muß.

II.

Die Gültigkeit einer Individualvereinbarung, durch die für die Mitteilung über ein Zwangsversteigerungsverfahren eine Provision versprochen wird, läßt sich nicht bezweifeln. Dies hat auch der Senat im Urteil vom 20. April 1983 – IVa ZR 232/81 – NJW 1983, 1849 unter Ziffer II. 1. ausgesprochen. Die Klägerin scheint, wie ihre Revisionsbegründung erkennen läßt, der Ansicht zu sein, daß die Parteien nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts eine derartige Vereinbarung getroffen hätten. Das ist indes nicht zutreffend. Das Berufungsurteil beschäftigt sich lediglich mit der Frage, ob die Parteien die Provisionspflicht für den Erwerb in der Zwangsvollstreckungabbedungen, ob sie also eine Ausnahme von der vom Berufungsgericht aufgestellten Rechtsregel vereinbart haben. Wenn es diese Frage verneint, so liegt darin noch nicht die positive Feststellung, daß die Parteien die Ersteigerung für provisionspflichtig erklärt hätten. Für eine solche Vereinbarung fehlt im Sachvortrag der Klägerin jeder Anhaltspunkt. Das Berufungsgericht nimmt demgemäß auch an, daß die Parteien beim Abschluß des Maklervertrages den Fall der Zwangsversteigerung nicht ins Auge gefaßt und daher für ihn auch keine Regelung getroffen haben (S. 9 unten). Der Klageanspruch ist daher allein nach § 652 BGB zu beurteilen.

Ob ein Erwerb in der Zwangsversteigerung auch durch allgemeine Geschäftsbedingungen einem Kauf gleichgestellt werden kann – eine Frage, die der Senat in dem vor Inkrafttreten der AGBG ergangenen Urteil vom 2. April 1969 – IV ZR 786/68 (BB 1969, 934 = WM 1969, 884) bejaht hat – braucht im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht entschieden zu werden.

III.

Da die Klage nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin unbegründet ist, bedarf es einer weiteren Sachaufklärung und damit einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht nicht; der Senat kann die erforderliche Klageabweisung gemäß § 565 III Nr. 1 ZPO selbst aus sprechen.

 

Unterschriften

R, D, Die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Sch-K und R haben Urlaub und können daher nicht unterschreiben. R, Dr. Z

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 04.07.1990 durch Keller Justizassistentin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 513501

BGHZ

BGHZ, 59

BB 1990, 1931

NJW 1990, 2744

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1990, 1202

JZ 1991, 309

JuS 1991, 74

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge