Leitsatz (amtlich)

Es stellt eine mangelhafte Büroorganisation dar, wenn der Rechtsanwalt das Büropersonal nicht anweist, bei der Telefaxübermittlung fristwahrender Schriftsätze zu kontrollieren, ob die zutreffende Empfängernummer gewählt worden ist.

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG (Entscheidung vom 05.08.1996)

 

Tenor

  • 1.

    Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in J. vom 5. August 1996 wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

  • 3.

    Streitwert: 12.313,17 DM.

 

Gründe

Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat nach Einlegung der Berufung mit einem an das Oberlandesgericht gerichteten Schriftsatz vom 28. Mai 1996 um "stillschweigende" Verlängerung der am selben Tage ablaufenden Berufungsbegründungsfrist gebeten. Zur Fristwahrung hat er nach seinem Vorbringen den Verlängerungsantrag vorab noch am 28. Mai 1996 per Telefax an das Oberlandesgericht übermitteln lassen; dort ist das Fax jedoch nicht eingegangen, weil eine falsche Empfängernummer eingegeben worden war.

Der mit der normalen Post abgesandte Schriftsatz traf erst am 29. Mai 1996 beim Oberlandesgericht ein.

Die rechtzeitig unter gleichzeitiger Begründung der Berufung beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Berufungsgericht durch den angefochtenen Beschluß abgelehnt und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten treffe ein Organisationsverschulden, da er nicht sichergestellt habe, daß bei der Übermittlung fristgebundener Anträge durch Telefax die Richtigkeit der Empfängernummer überprüft werde.

Die gegen diese Entscheidung gemäß §§ 519 b Abs. 2, 547 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet.

Es gehört zwar nicht zur persönlichen, auf Büropersonal nicht übertragbaren Verantwortung eines Prozeßbevollmächtigten, die richtige postalische Adressierung und die Auswahl der richtigen Empfängernummer bei Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes durch Telefax zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluß vom 23. März 1995 - VII ZB 19/94 - BGHR ZPO § 233 Telekopie 1). Er hat jedoch, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine Überprüfung der per Telefax übermittelten Schriftsätze auch auf Verwendung einer zutreffenden Empfängernummer gewährleistet. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Die Behauptung, das Büropersonal sei angewiesen, Sendeberichte zu kontrollieren und erst dann in die Akten abzuheften, sagt nichts über die Art der Kontrolle. Wie sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten S. ergibt, hat sich die Überprüfung darauf beschränkt, daß im Sendebericht die Übertragung des Schriftsatzes mit "gut" gekennzeichnet war. Eine Überprüfung der Empfängernummer hat danach nicht stattgefunden. Die eidesstattliche Erklärung der Angestellten H. besagt auch nur, daß nach der allgemeinen Anweisung des Prozeßbevollmächtigten eine Kontrolle der Sendeberichte stattfinden soll. Welcher Art diese Kontrolle ist, ob sie sich nur auf die Vollständigkeit der Übermittlung oder auch auf die Überprüfung der für die richtige Übermittlung entscheidenden Empfängernummer erstreckt, wird nicht angegeben. Die Anordnung einer solchen Überprüfung ist vorliegend insbesondere deshalb erforderlich, weil nach den Angaben des Prozeßbevollmächtigten an seinem Faxgerät die Empfängernummern aller Gerichte in T. befestigt sind und damit eine hohe Verwechslungsgefahr bei der Eingabe besteht. Im Ergebnis ändert auch der mit der Beschwerdebegründung ergänzte Vortrag nichts, der vorgelegte Sendebericht enthalte die Paraphe der Angestellten S., womit die Kontrolle belegt sei. Die Art der Kontrolle ergibt sich daraus nicht. Davon abgesehen hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten inzwischen klargestellt, daß der mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegte Sendebericht entgegen dem ursprünglichen Vorbringen mit dem Fristverlängerungsantrag in dieser Sache nichts zu tun hat. Schon deshalb ist die mit der Beschwerdebegründung nachgereichte - auf den 30. August datierte - ergänzende eidesstattliche Versicherung der Angestellten S. wertlos, da sie sich auf diesen zu einem anderen Schreiben gehörenden Sendebericht stützt und im übrigen auch über die Art der Büroorganisation nichts aussagt. Der sich auf den Fristverlängerungsantrag beziehende Sendebericht ist nicht vorgelegt. Das statt dessen eingereichte Sendejournal vom 28. und 29. Mai 1996 ermöglicht keine Zuordnung der aufgelisteten Telefaxvorgänge.

Das Berufungsgericht hat somit zu Recht die nachgesuchte Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt und die Berufung als unzulässig verworfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018923

NJW 1997, 948 (Volltext mit red. LS)

VersR 1997, 468-469 (Volltext mit red. LS)

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