Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.01.1965)

 

Tenor

Die Revision gegen das am 19. Januar 1965 verkündete Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt (Main) wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Ehemann der Klägerin war Vorstandsmitglied der Beklagten, die nach dem 2. Weltkrieg aufgelöst worden ist und sich seitdem in Liquidation befindet. Nach dem Vertrag vom 6. Januar 1927 sollte seine Pension 80 % seiner Bezüge an Gehalt und Aufwandsentschädigung betragen, während die Witwe die Hälfte dieser Pension erhalten sollte. Gehalt und Aufwandsentschädigung betrugen 63.000 Goldmark, wobei bestimmt war: „Die Goldmark ist gleich dem Gegenwert von 1/2790 kg Feingold (§ 3 des Münzgesetzes vom 30. 8.1924).” Demgemäß stand dem Ehemann der Klägerin eine Pension von monatlich 4.200 GM zu.

Die Beklagte zahlt der Klägerin eine Pension von 2.100 DM und eine Zulage von 417 DM monatlich.

Die Klägerin meint: In dem Vertrage vom 6. Januar 1927 sei eine wertbeständige Dienstvergütung und Pension vereinbart worden. Wenn auch die Goldklausel außer Kraft gesetzt worden sei, treffe die Beklagte doch eine wertbeständige Verpflichtung. Für deren Bemessung komme der Preisindex für die Lebenshaltung, die Meßziffer für die Kaufkraft der Deutschen Mark, die Steigerungsrate nach dem Angestelltenversicherungsgesetz oder der Steigerungssatz der Beamtengehälter in Betracht. Alle diese Vergleichsmaßstäbe ergäben gegenüber dem Währungsstichtag eine Erhöhung von mehr als 66 2/3 %.

Die Klägerin will sich aber mit einer Erhöhung ihrer Pension auf 3.500 DM begnügen und fordert auf dieser Grundlage für einen gewissen Zeitraum der Vergangenheit Zahlung und für die Zukunft Feststellung der begehrten Pension.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihren Zahlungsantrag für die Zeit bis zum 31. Dezember 1964 bemessen und ist dabei auf einen Betrag von 24.843 DM gekommen. Ihr Feststellungsantrag richtet sich demgemäß auf die Zeit ab 1. Januar 1965.

Ihre Berufung hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision verfolgt sie diese beiden Anträge weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Pensionsverpflichtung der Beklagten ist im Vertrag vom 6. Januar 1927 als eine wertbeständige Schuld begründet worden. Diese Eigenschaft hat sie aber von Gesetzes wegen verloren. Denn durch Art. I des ersten Gesetzes zur Änderung des Militärregierungsgesetzes Nr. 51 sind alle Verbindlichkeiten, die auf Goldmark lauteten oder durch Bezugnahme auf den Preis des Feingoldes (Goldklausel) bestimmt waren, auf Reichsmark umgestellt worden.

2. Der Militärregierungsgesetzgeber hat diese Umstellung vorgenommen „ungeachtet der Bestimmungen der §§ 157, 242 und 607 BGB und der, Bestimmungen irgend eines anderen deutschen Gesetzes”. Diese Anordnung schließt eine Umdeutung der Goldklausel in eine gleichviel wie geartete andere Wertsicherungsklausel oder in die Spannungsklausel aus.

Es kommt daher nicht darauf an, daß die Vertragschließenden, wenn sie damit gerechnet hätten, die Goldklausel werde einmal wirkungslos werden, eine seinerzeit geringer eingeschätzte andere, aber haltbarere Wertsicherungsklausel als die Goldklausel erst recht vereinbart hätten.

3. Im Hinblick auf den Kaufkraftschwund der Deutschen Mark können nur die Grundsätze über die veränderte Geschäftsgrundlage in Betracht gezogen werden, wobei mit Rücksicht auf den Eingriff, der Militärregierung und die Währungsumstellung nicht von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses, sondern von den Verhältnissen beim Inkrafttreten der Währungsreform (20. Juni 1948) auszugehen ist.

Der Senat sieht sich nicht in der läge, dem eingetretenen Kaufkraftschwund der Deutschen Mark unter dem Gesichtspunkt der veränderten Geschäftsgrundlage Rechnung zu tragen. An einen Eingriff des Richters in getroffene. Vereinbarungen sind strenge Anforderungen zu stellen, und sie können nicht als gegeben angesehen werden. Die von der Revision angezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (LM § 157 (Ge) BGB Nr. 6; VersR 1958, 325; BGHZ 34, 110) stehen nicht entgegen. Dort ging es um eine Anpassung von Schadensrenten an die veränderten Wirtschaftsverhältnisse. Diese Rechtsprechung erklärt sich aus dem Prinzip des § 249 BGB, wonach der Schädiger den Zustand wieder herzustellen hat, der vor dem schadenbringenden Ereignis bestanden hat. Dieser Gedanke ist auf Pensionsansprüche nicht anwendbar.

4. Das Berufungsgericht brauchte keinen Beweis darüber zu erheben, ob alle Pensionsverträge, die die IG-Nachfolgegesellschaften seit der Währungsreform mit ihren Vorstandsmitgliedern abgeschlossen haben, mit der Spannungsklausel ausgestattet worden sind. Denn die hierfür angetretenen Beweise beziehen sich auf Verträge mit aktiven Vorstandsmitgliedern, und ihnen stehen vor der Währungsumstellung abgeschlossene und bereits gehandhabte Pensionsverträge nicht gleich, sodaß zugunsten der Klägerin nicht der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung eingreift.

Die Revision ist daher unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Kuhn, Liesecke, Dr. Bukow, Dr. Schulze, Stimpel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1502410

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