Leitsatz (amtlich)

Auf Darlehenszinsen, die der Verkäufer dem Käufer bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags nach § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen hat, sind gezahlte Prozesszinsen anzurechnen, wenn sie den gleichen Zeitraum betreffen.

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 1 Ca

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Urteil vom 07.04.2020; Aktenzeichen 4 U 81/19)

LG Hannover (Entscheidung vom 02.05.2019; Aktenzeichen 4 O 150/18)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des OLG Celle vom 7.4.2020 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung eines 8.509,13 EUR nebst Zinsen übersteigenden Betrages zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin und ihr Ehemann kauften im März 2007 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Eigentumswohnung zu einem Preis von 128.519 EUR. Zur Finanzierung schlossen sie einen Darlehensvertrag mit einer Bank über einen Betrag von 141.300 EUR mit einer Zinsfestschreibung bis zum 31.3.2017. Mit Urteil vom 23.7.2015 wurde die Rechtsvorgängerin der Beklagten wegen einer fehlerhaften Beratung der Käufer verurteilt, an die Klägerin 141.300 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Eigentumswohnung. Ferner wurde festgestellt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit dieser im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung steht. Im Mai 2017 vereinbarten die Klägerin und ihr Ehemann zur Ablösung des Darlehens eine Zwischenfinanzierung bei einem anderen Kreditinstitut; die Auszahlung dieses Darlehens erfolgte am 5.5.2017. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 23.7.2015 erhielt die Klägerin von der Beklagten am 22.8.2017 einen Betrag von 168.753,07 EUR, der sich aus den für den Erwerb der Eigentumswohnung aufgewendeten Kosten von 141.300 EUR und aus Prozesszinsen i.H.v. 27.453,07 EUR bis zum Auszahlungstag zusammensetzt.

Rz. 2

In dem vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns Ersatz der auf das erste Darlehen gezahlten Zinsen und der Kosten der Zwischenfinanzierung unter Abzug von Mieteinnahmen. Das LG hat der Klage i.H.v. 35.924,72 EUR stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG deren Verurteilung i.H.v. 34.191,81 EUR aufrechterhalten und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, will die Beklagte die Abweisung der Klage i.H.v. weiteren 27.453,07 EUR (Zinsen des ersten Darlehens) nebst anteiligen Zinsen erreichen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Rz. 3

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Erstattung der Darlehenszinsen, die zur Finanzierung des Kaufpreises für die Eigentumswohnung bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist am 31.3.2017 aufgewandt worden seien, zu. Hierauf seien nur die eingenommenen Mieten, nicht aber die mit Urteil vom 23.7.2015 zugesprochenen Prozesszinsen anzurechnen. Es liege insoweit keine unzulässige Doppelkompensation vor. Die Verpflichtung zur Zahlung der Prozesszinsen einerseits und zur Erstattung der Darlehenszinsen andererseits beträfen nicht denselben Schaden, sondern dienten der Kompensation jeweils unterschiedlicher Vermögensinteressen. Bei den Prozesszinsen handele es sich um einen typisierten Mindestschaden für die Vorenthaltung der Hauptsumme; auch solle das Verhalten des Schuldners sanktioniert und dieser zur alsbaldigen Erfüllung angehalten werden. Mit der Erstattung der Darlehenszinsen solle hingegen nicht ein - aus der zeitweiligen Vorenthaltung eines Geldbetrages - entgangener Nutzungsvorteil, sondern ein gesonderter Vermögensnachteil in Form von Zahlungspflichten aus dem Darlehensvertrag ausgeglichen werden. Die Darlehensaufnahme beruhe nicht auf einem Zahlungsverzug der Beklagten, sondern sei von Beginn an für die Finanzierung des infolge der Pflichtverletzung vereinbarten Kaufpreises notwendig gewesen.

II.

Rz. 4

Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Revision der Beklagten hat bis auf einen Betrag von 8.509,13 EUR nebst anteiligen Zinsen Erfolg.

Rz. 5

1. Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Aufgrund des in dem Vorprozess ergangenen Urteils zwischen den Parteien steht rechtskräftig fest, dass die Beklagte der Klägerin neben der Rückabwicklung des Kaufvertrages auch zu dem Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit dieser im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung steht. Der auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch der Klägerin umfasst grundsätzlich auch die Kreditkosten, die für ein Finanzierungsdarlehen angefallen sind, welches - wie hier - von dem Käufer ausschließlich für den Erwerb des Kaufgegenstandes aufgenommen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 13.1.2004 - XI ZR 355/02 NJW 2004, 1868, 1870; Urt. v. 13.4.2021 - VI ZR 274/20, BeckRS 2021, 8424 Rz. 14 zu § 826 BGB; BeckOGK BGB/, [1.3.2021], § 675 Rz. 506).

Rz. 6

2. Die Beklagte stellt den der Klägerin zuerkannten Anspruch auf Ersatz der Zinsen für das zur vollständigen Finanzierung des rückabgewickelten Kaufvertrags aufgenommene erste Darlehen und der Kosten der Zwischenfinanzierung nach Grund, Höhe und vorgenommenen Abzügen für Mieteinnahmen nicht in Abrede. Das Urteil des Berufungsgerichts lässt insoweit auch Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagte möchte mit der Revision nur erreichen, dass die von ihr gezahlten Prozesszinsen i.H.v. 27.453,07 EUR auf die Zinsen aus dem ersten Darlehen angerechnet und die Verurteilung entsprechend reduziert wird.

Rz. 7

3. Die bis zum 5.5.2017 gezahlten Prozesszinsen sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auf die der Klägerin zugesprochenen Darlehenszinsen im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen.

Rz. 8

a) Bei der im Ausgangspunkt nach der Differenzhypothese vorzunehmenden Schadensberechnung kommen die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung und der Vorteilsausgleichung zur Anwendung. Danach sind Vorteile zu berücksichtigen, die durch das schädigende Ereignis adäquat kausal verursacht wurden und deren Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 31.3.2006 - V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 Rz. 8 m.w.N.). Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden (BGH, Urt. v. 14.9.2004 - VI ZR 97/04 NJW 2004, 3557).

Rz. 9

b) Daraus folgt nach der Rechtsprechung des BGH, dass dem Bereicherungsgläubiger neben dem Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB aus einem rechtsgrundlos überlassenen Geldbetrag nicht kumulativ ein Anspruch auf Prozesszinsen für den überlassenen Geldbetrag zusteht. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Prozesszinsen die Funktion haben, den Nachteil auszugleichen, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geldbetrag zu nutzen. Durch die Zuerkennung des Anspruchs auf Herausgabe gezogener Nutzungen ist dieser Nachteil ausgeglichen. Die zusätzliche Zubilligung von Prozesszinsen würde den Bereicherungsgläubiger ohne Grund besserstellen, als er bei rechtzeitiger Zahlung gestanden hätte (vgl. Senat, Urt. v. 12.4.2019 - V ZR 341/17, WM 2019, 2213 Rz. 6; BGH, Urt. v. 12.5.1998 - XI ZR 79/97 NJW 1998, 2529, 2531; Urt. v. 25.4.2017 - XI ZR 573/15 NJW 2017, 2104 Rz. 44; ebenso BAGE 97, 150, 161). Aus diesem Grund können Prozess- und Verzugszinsen nicht nebeneinander geltend gemacht werden (RGZ 92, 283, 285; , BGB, 16. Aufl., § 291 Rz. 6), und ein auf Verzug gestützter Zinsschaden gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB ist nicht mit dem Anspruch auf Prozesszinsen kombinierbar, da der Vorenthaltungsschaden ansonsten doppelt entschädigt werden würde (, BGB, 13. Aufl., § 291 Rz. 38). Daher kommt für ein und denselben Zeitraum entweder nur der Anspruch auf Nutzungsersatz oder nur der Anspruch auf Prozesszinsen - je nachdem, welcher für den Gläubiger günstiger ist - zum Tragen (vgl. BGH, Urt. v. 12.4.2019 - V ZR 341/17, a.a.O.; , BB 1970, 233, 236).

Rz. 10

c) Danach sind die der Klägerin bis zum 5.5.2017 gezahlten Prozesszinsen auf die ihr erstatteten Zinsen für das erste Darlehen anzurechnen.

Rz. 11

aa) Die Rückabwicklung des Kaufvertrags der Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten erfolgt hier zwar nicht im Wege des Bereicherungsausgleichs, sondern im Wege des Schadensersatzes wegen fehlerhafter Beratung gem. § 280 Abs. 1 BGB. Für die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung eines Kaufvertrags gelten aber keine anderen Grundsätze. Durch den auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch soll der Zustand geschaffen werden, der (hypothetisch) der Vermögenslage ohne das schädigende Ereignis entspricht. Die Klägerin kann gem. § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie von dem Vertragsschluss abgesehen (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2003 - V ZR 308/02 NJW 2003, 1811, 1814). Nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot soll der Geschädigte aber nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde (BGH, Urteil vom 4.4.2014 - V ZR 275/12 NJW 2015, 468 Rz. 20, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 200, 350).

Rz. 12

bb) Unerheblich ist weiter, dass der Klägerin nicht Ersatz von Nutzungen des aufgebrachten Kaufpreises, sondern Ersatz der für das zur Finanzierung des Kaufpreises aufgenommene Darlehen gezahlten Zinsen zuerkannt worden ist. Sie hat den Kaufpreis nicht aus eigenen Mitteln bestritten, sondern vollständig mit dem aufgenommenen ersten Darlehen finanziert. Deshalb konnte sie weder die ihr als Ersatz für die Darlehensvaluta noch die als Ersatz für die Darlehenszinsen geleisteten Zahlungen der Beklagten frei verwenden. Sie musste sie vielmehr zur Erfüllung der Darlehensverpflichtungen einsetzen, was auch geschehen ist. Blieben die Prozesszinsen anrechnungsfrei, stünde die Klägerin so, als hätte sie eigene Mittel aufgewendet, die zu ihrer freien Verwendung gestanden hätten. Da das aber nicht der Fall war, sie vielmehr, wie ausgeführt, ausschließlich fremde Mittel eingesetzt hat, die ihr vollständig ersetzt worden sind, würde ihr mit den Prozesszinsen ein geldwerter Vorteil (vgl. BGH, Urteil vom 26.4.1979 - VII ZR 188/78, NJW 1979, 1494) zugewandt, den sie ohne das schädigende Ereignis nicht hätte erlangen können. Sie stünde besser, als wenn die Beklagte ihre Beratungspflichten erfüllt hätte. Dann nämlich wäre es einerseits weder zu dem Abschluss des Kaufvertrages noch zu dem Abschluss eines Darlehensvertrages zur Finanzierung des Kaufs gekommen, die Klägerin verfügte andererseits aber auch nicht über Mittel, die sie vorher nicht hatte. Ohne deren Anrechnung verblieben der Klägerin die Prozesszinsen, obwohl ihr nicht nur die Darlehensvaluta, sondern auch die Darlehenszinsen vollständig ersetzt worden sind. Sie hätte aus dem rückabgewickelten Kaufvertrag nicht nur keinen Schaden mehr, sondern einen Vorteil erlangt. Dieses Ergebnis ist mit dem Bereicherungsverbot nicht zu vereinbaren.

Rz. 13

d) Es lässt sich nicht mit dem Sinn und Zweck des § 291 BGB rechtfertigen.

Rz. 14

aa) Zwar soll, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkennt, durch den Anspruch auf Prozesszinsen das Verhalten des Schuldners sanktioniert werden, der seinen Gläubiger zu Unrecht zur Klageerhebung zwingt und damit einem Prozessrisiko aussetzt. Prozesszinsen stellen insoweit einen verschuldensunabhängigen Risikozuschlag für den Schuldner dar, der es auf den Rechtsstreit ankommen lässt und in diesem unterliegt (, BGB, 16. Aufl., § 291 Rz. 1; in MünchKomm/BGB, 8. Aufl., § 291 Rz. 1; , BGB [1.11.2019], § 291 Rz. 1). Hierdurch soll dem Schuldner der Anreiz für eine verzögerte Zahlung genommen und er zur alsbaldigen Erfüllung angehalten werden (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.1985 - VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 333; , BGB, 13. Aufl., § 291 Rz. 2).

Rz. 15

bb) Dieser Zweck rechtfertigt und erfordert aber keinen Ausschluss der Vorteilsausgleichung.

Rz. 16

(1) Der Anspruch auf Prozesszinsen soll in erster Linie den Nachteil ausgleichen, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geldbetrag zu nutzen (vgl. Senat, Urt. v. 12.4.2019 - V ZR 341/17, NJW 2019, 2851 Rz. 6; BGH, Urt. v. 12.5.1998 - XI ZR 79/97 NJW 1998, 2529, 2531). Sein Sanktionscharakter besteht, erschöpft sich aber auch darin, dass der Gläubiger die Prozesszinsen auch dann erhält, wenn sein Schaden geringer ist. Einen darüber hinausgehenden Strafcharakter hat die Norm nicht. Ihr Zweck, den Schuldner zu pünktlicher Zahlung anzuhalten, könnte es auch nicht rechtfertigen, dem Gläubiger den Schaden, der ihm durch die vorenthaltene Möglichkeit, über sein Geld zu verfügen, entsteht, doppelt zu ersetzen.

Rz. 17

(2) Aus dem Urteil des Senats vom 25.1.2013 (, NJW-RR 2013, 825) ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts anderes.

Rz. 18

(a) Der Senat hat zwar in der der Entscheidung zugrunde liegenden Fallgestaltung Prozesszinsen trotz einer möglicherweise entstehenden Überkompensation zuerkannt. Grund dafür war aber nicht, dass eine Anrechnung von Prozesszinsen generell nicht in Betracht käme, sondern, dass sie im konkreten Fall nicht möglich war. Die dortigen Kläger hatten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags im Wege des großen Schadensersatzes nach § 463 BGB a.F. verlangt. Die Ermittlung dieses Schadens erfolgt grundsätzlich nach der Differenzmethode durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem im Zeitpunkt der Schadensberechnung vorhandenen Vermögen des Geschädigten und dem Vermögen, das er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gehabt hätte. Bei der Differenzberechnung kommen die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung und der Vorteilsausgleichung zur Anwendung. Soweit die Nichterfüllung des Vertrages zu adäquat kausalen Vorteilen für den Geschädigten geführt hat und deren Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt, sind die Vorteile bei dem Vermögensvergleich zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 31.3.2006 - V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 Rz. 8). Es entsteht aber, nicht anders als bei der Rückabwicklung eines Vertrags im Wege des Bereicherungsausgleichs (dazu BGH, Urt. v. 25.1.2013 - V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 Rz. 13), nur ein einheitlicher Schadensersatzanspruch, der nach § 291 BGB zu verzinsen ist (BGH, Urteil vom 27.9.2013 - V ZR 52/12, ZfIR 2014, 51 Rz. 28).

Rz. 19

(b) Richtig ist allerdings, dass sich bei der Rückabwicklung im Wege des großen Schadensersatzes die zeitweilige Überlassung des Kaufpreises als Gegenleistung für die zeitweilige Nutzung des Grundstücks darstellt und die Zuerkennung von Prozesszinsen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dazu führen kann, dass der Kläger für die Dauer des Rechtsstreits sowohl die Nutzungen der Grundstücke behalten darf als auch in Gestalt von Prozesszinsen Erträge aus dem Kaufpreis erhält, der die wesentliche Berechnungsgrundlage des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bildet (BGH, Urt. v. 25.1.2013 - V ZR 118/11, NJW-RR 2013, 825 Rz. 18). Ein solcher Vorteil lässt sich aber bei der Schadensberechnung im Wege des großen Schadensersatzes nicht vermeiden. Die Prozesszinsen sind keine saldierungsfähige Position. Sie sind vielmehr auf den Saldo geschuldet, der sich bei der Saldierung ergibt. Sie lassen sich keiner hierbei berücksichtigten Position zuordnen. Daher verwirklicht sich in einer solchen Fallkonstellation das mit § 291 BGB für den Schuldner verbundene Risiko eines verschuldensunabhängigen Zuschlags auf die Klageforderung (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2013 - V ZR 118/11, a.a.O., Rz. 19).

Rz. 20

e) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Anrechnung der rechtskräftig zugesprochenen Prozesszinsen nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung im konkreten Fall auch nicht die Rechtskraft des Urteils vom 23.7.2015 entgegen. Die Rechtskraft eines Urteils, in dem die Schadensersatzpflicht einer Partei festgestellt worden ist, führt dazu, dass Einwendungen, die sich auf Tatsachen stützen, welche schon im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben, nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, soweit sie das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen. Das gilt aber nur, soweit es um die grundsätzliche Verpflichtung des Schuldners zum Ersatz des Schadens geht; die Frage, ob und in welcher Höhe ein Schaden eingetreten ist, wird von der Rechtskraft eines vorausgegangenen Feststellungsurteils nicht erfasst (Senat, Urt. v. 4.4.2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rz. 27; BGH, Urt. v. 28.6.2005 - VI ZR 108/04 NJW-RR 2005, 1517, 1518). Sie ist - wie hier - in dem Folgeprozess zu klären. Bei der hier maßgeblichen Frage der Vorteilsanrechnung ist bei wertender Betrachtung die Höhe des zu ersetzenden Schadens zu bestimmen; dies betrifft den haftungsausfüllenden Tatbestand der in dem Vorprozess festgestellten Haftung dem Grunde nach. Die Zuerkennung der Prozesszinsen auf den zu zahlenden Betrag im Urteil vom 23.7.2015 sagt daher nichts darüber aus, ob diese auf einen weiteren Schaden, der von der Beklagten nach dem Feststellungsausspruch zu tragen ist, anzurechnen sind.

Rz. 21

f) Die von der Beklagten entrichteten Prozesszinsen sind allerdings, anders als die Revision meint, nicht in vollem Umfang auf die für das Erstdarlehen entstandenen Kreditkosten anzurechnen.

Rz. 22

aa) Im Wege der Vorteilsausgleichung sind auf einzelne Schadenspositionen nur solche Vorteile anrechenbar, die mit einem bestimmten Nachteil korrespondieren; der einzelne Schadenposten muss mit dem Vorteil in dem Sinne kongruent sein, dass beide bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sind (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 6.6.1997 - V ZR 115/96, BGHZ 136, 52, 54; Urt. v. 4.4.2014 - V ZR 275/12 NJW 2015, 468 Rz. 20, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 200, 350 jeweils m.w.N.). Auf Darlehenszinsen, die der Verkäufer dem Käufer bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags nach § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen hat, sind gezahlte Prozesszinsen dann anzurechnen, wenn sie den gleichen Zeitraum betreffen.

Rz. 23

bb) Daraus folgt, dass eine Anrechnung der mit Urteil vom 23.5.2015 zugesprochenen Prozesszinsen auf die als Schaden geltend gemachten Darlehenszinsen nicht in vollem Umfang in Betracht kommt.

Rz. 24

(1) Eine Kongruenz zwischen den von der Klägerin und ihrem Ehemann erstatteten Darlehenszinsen und den zugesprochenen Prozesszinsen besteht nur für den Zeitraum vom 21.12.2012 bis zum 4.5.2017. Demgegenüber kommt die Anrechnung der Prozesszinsen auf Darlehenszinsen, die bis zum 20.12.2012 von der Klägerin und ihrem Ehemann entrichtet worden sind, nicht in Betracht, da Prozesszinsen erst ab dem 21.12.2012 zugesprochen wurden und es insoweit an der erforderlichen Kongruenz fehlt. Dies gilt auch für die ab dem 5.5.2017 zugesprochenen Prozesszinsen, die sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf 1.770,39 EUR belaufen. Ab diesem Zeitpunkt wurden von der Klägerin und ihrem Ehemann - bedingt durch die Zwischenfinanzierung - keine Zinsen mehr auf das erste Darlehen aus dem Jahr 2007 gezahlt. Die Ersatzfähigkeit der Kosten der Zwischenfinanzierung ist aufgrund der beschränkt eingelegten Revision nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Rz. 25

(2) Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht bei den als Schaden geltend gemachten Kosten der Zwischenfinanzierung eine Anrechnung der Prozesszinsen i.H.v. 1.770,39 EUR vorgenommen hat. Dieser Betrag ist von dem Gesamtbetrag der Prozesszinsen i.H.v. 27.453,07 EUR, deren Anrechnung die Klägerin auf die auf das Darlehen aus dem Jahr 2007 gezahlten Zinsen mit der Revision verlangt, in Abzug zu bringen.

III.

Rz. 26

Das Berufungsurteil kann daher bis auf einen Betrag von 8.509,13 EUR keinen Bestand haben. Dieser Betrag errechnet sich aus zwei Teilbeträgen, nämlich einem Teilbetrag von 6.738,74 EUR, der sich aus der Differenz des der Klägerin von dem Berufungsgericht zugesprochenen Betrages von 34.191,81 EUR und der nur i.H.v. 27.453,07 EUR eingelegten Revision ergibt, und zum anderen aus dem Betrag von 1.770,39 EUR, in dessen Umfang das Berufungsgericht die Prozesszinsen bereits mit den Kosten der Zwischenfinanzierung verrechnet hat. Insoweit ist die Revision unbegründet.

Rz. 27

Wegen des verbleibenden Betrags von 25.682,68 EUR ist das Berufungsurteil nach §§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dem Senat ist insoweit mangels Entscheidungsreife eine abschließende Sachentscheidung gem. § 563 Abs. 3 ZPO nicht möglich. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich lediglich ermitteln, dass in dem Zeitraum vom 21.12.2012 bis zum 4.5.2017 Prozesszinsen i.H.v. 25.682,68 EUR gezahlt worden sind. Die Höhe der in diesem Zeitraum von der Klägerin und ihrem Ehemann gezahlten Darlehenszinsen hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - nicht festgestellt. Dies wird nachzuholen sein. Sollte sich dabei ergeben, dass die von der Klägerin und ihrem Ehemann effektiv gezahlten Darlehenszinsen hinter den im gleichen Zeitraum angefallenen Prozesszinsen zurückbleiben, kommt in dem Umfang der Differenz eine Anrechnung nicht in Betracht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 14800360

BB 2021, 2241

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