Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 04.02.1993)

LG Düsseldorf (Urteil vom 09.07.1992)

 

Tenor

1. Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Februar 1993 teilweise aufgehoben und das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. Juli 1992 abgeändert:

Die Klage wird einschließlich der Hilfsanträge abgewiesen; die Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die Widerklage bleibt abgewiesen; insoweit wird die Revision zurückgewiesen.

3. Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger; die übrigen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der 82 Jahre alte Kläger und der verstorbene Vater der Beklagten waren Brüder. Die Parteien wohnen Tür an Tür in demselben Haus in D. Am 4. Februar 1988 begaben sich der Kläger, die Beklagte und deren Mutter in die Zweigstelle Bogenstraße der Stadtsparkasse D. Die Sparkasse eröffnete auf Antrag der Beklagten das Sparkonto Nr. 255120081 für diese; der Kläger erhielt Kontovollmacht. Für das Konto wurde ein Stichwort vereinbart („Heimat”), das der Kläger nannte. Der Kläger ließ dann diesem Konto 50.000 DM aus seinem Vermögen gutschreiben. Dabei äußerte er den Vorbehalt, das Sparbuch solle in seinem alleinigen Besitz bleiben. Die Beklagte solle es erst nach seinem Tode in die Hand bekommen. Dementsprechend erhielt der Kläger das Buch und deponierte es sogleich in seinem Schließfach bei der Sparkasse. Anfang Januar 1991 widerrief die Beklagte die Vollmacht für den Kläger und änderte das vereinbarte Stichwort. Der Kläger, der infolgedessen nicht mehr über das Guthaben verfügen kann, ist damit nicht einverstanden.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen zuzustimmen, daß das Konto und das Sparbuch auf seinen Namen umgeschrieben werden. Hilfsweise beantragt er festzustellen, daß er der Gläubiger der Guthabenforderung sei, ferner hilfsweise, die Beklagte zur Abtretung der Forderung zu verurteilen. Landgericht und Oberlandesgericht halten die Klage mit dem Hauptantrag für begründet. Die Widerklage auf Herausgabe des Sparbuchs erklärt das Berufungsgericht für unbegründet. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre bisherigen Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Abweisung der Klage.

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Umschreibung des Kontos und des Sparbuchs auf den Namen des Klägers zuzustimmen.

Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß das am 4. Februar 1988 errichtete Sparkonto nicht ein Konto des Klägers, sondern ein solches der Beklagten ist. Maßgebend hierfür ist, wer nach dem erkennbaren Willen der die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll (BGH, Urteil vom 22.9.1975 – II ZR 51/74 – WM 1975, 1200). Das ist hier die Beklagte. Den Kontoeröffnungsantrag hat zwar anscheinend der Kläger vorbereiten lassen. Er ist aber von der Beklagten gestellt, unterschrieben und von der Sparkasse sogleich unverändert angenommen worden. Ein Hinweis darauf, daß der Kläger im Verhältnis zur Sparkasse ein Recht auf das Kontoguthaben hätte haben sollen (§ 328 BGB), ist den vorgelegten Kontounterlagen nicht zu entnehmen. Etwaige anderslautende mündliche Erklärungen der beteiligten Sparkassenangestellten sind hier nicht behauptet. Sie wären überdies gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der NRW-Sparkassenverordnung (GVBl. NW 1970, 692) formnichtig (BGH, Urteil vom 10.5.1978 – IV ZR 51/77 – WM 1978, 895).

Aus alledem folgt, daß Gutschriften auf dem Konto, gleichgültig von wem sie veranlaßt worden sind, der Beklagten zugute kommen und zu entsprechenden Guthabenforderungen der Beklagten gegen die Sparkasse führen mußten. Das gilt unabhängig davon, ob die Beklagte auch im Besitz des Sparbuches ist, oder ob der Kläger das Buch in seinem Bankschließfach aufbewahrt.

Wenn demgegenüber das Berufungsgericht meint, Gläubiger des Anspruchs auf die Rückzahlung der Einlage auf dem Konto der Beklagten gegen die Sparkasse sei der Kläger, dann beruht das auf einer Verkennung der Funktion eines Bankkontos, auch eines Sparkontos, und der Bedeutung einer Gutschrift auf fremdem Konto. Wer eine Bank anweist, einen Betrag aus seinem Vermögen einem bestimmten fremden Konto gutzuschreiben, verliert mit der Ausführung dieser Weisung seine Rechte gegen die Bank in bezug auf das Zugewendete und verschafft damit zugleich dem Kontoinhaber ein entsprechendes Recht gegen die Bank aus der Gutschrift.

Demgemäß ist hier nicht der Kläger, sondern die Beklagte Inhaberin der Forderung, die sich aus der vom Kläger veranlaßten Gutschrift auf ihrem Konto ergibt. Eines besonderen Vertrages im Sinne von § 328 BGB zwischen dem Kläger und der Sparkasse zugunsten der Beklagten bedurfte es dazu nicht. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte das Sparbuch besitzt oder nicht.

2. Ob die Beklagte die erlangte Guthabenforderung behalten darf oder gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB herausgeben muß, sei es nun durch Umschreibung oder Abtretung, hängt davon ab, ob sie die Forderung im Verhältnis zum Kläger (Valutaverhältnis) ohne Rechtsgrund erlangt hat.

Das Berufungsgericht bezweifelt, ob die Erklärungen des Klägers bei Kontoeröffnung als Schenkungsangebot zu verstehen gewesen seien. Ein Schenkungsversprechen sei aber jedenfalls formnichtig, weil der Kläger der Beklagten die Gläubigerstellung gegenüber der Sparkasse nicht verschafft habe. Auch diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

3. Nach dem Vortrag der Beklagten hat der Kläger erklärt, er wolle das Sparbuch vorerst noch behalten. Sie solle es erst nach seinem Tode in die Hände bekommen. Diesen Vortrag hat der Kläger wörtlich aufgegriffen und sich zu eigen gemacht. Das nachträgliche Bestreiten der Beklagten - Bl. 80 II - bezieht sich nicht auf diesen Vortrag, sondern auf die angebliche weitere Bemerkung des Klägers: "Solange ich lebe, gebe ich das Buch nicht raus."

Die unstreitige Erklärung des Klägers hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt; der Senat kann sie selbst auslegen. Aus der Sicht der Beklagten war sie dahin zu verstehen, daß der Kläger ihr die Gutschrift auf ihrem Konto schenkweise zuwenden, die Schenkung aber dahin einschränken wollte, daß er ein lebenslanges schuldrechtliches Besitzrecht in bezug auf das Sparbuch erlangte. Darauf hat die Beklagte sich eingelassen, indem sie hinnahm, daß der Kläger das Sparbuch erhielt. Damit ist der Schenkungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, ohne daß es hier darauf ankommt, ob es sich um eine Schenkung unter Lebenden oder um eine solche von Todes wegen (§ 2301 BGB) handelt. Keiner Entscheidung bedarf es auch, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Kläger berechtigt sein sollte, über das Kontoguthaben zu Lebzeiten im eigenen Interesse zu verfügen. Daß das Schenkungsversprechen des Klägers der notariellen Form bedurft hätte, trifft entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu. Es war mit der Gutschrift des Betrages von 50.000 DM im Sinne von § 518 Abs. 2 BGB und auch von § 2301 Abs. 2 BGB vollzogen; die Beklagte ist von Anfang an Gläubigerin des Kontoguthabens.

4. Danach muß der Senat von einer Schenkung ausgehen. Der eingeklagte Herausgabeanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB hätte zugesprochen werden dürfen, wenn der Kläger die Schenkung widerlegt hätte. Auch für einen vom Berufungsgericht in Betracht gezogenen Auftrag hätte der Kläger die Beweislast getragen. Beweise hat er jedoch auch insoweit nicht angetreten.

5. Schließlich kommt auch ein Herausgabeanspruch des Klägers infolge Widerrufs der Schenkung gemäß § 530 Abs. 1 BGB nicht in Betracht.

Der Kläger hat sich nicht ausdrücklich auf groben Undank der Beklagten berufen. Aber auch wenn seinem Prozeßverhalten ein konkludenter Widerruf gemäß § 530 BGB zu entnehmen wäre, könnte das der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Beklagte bezeichnet es als freie Erfindung, daß der Kläger nach den Vorstellungen beider Parteien hätte berechtigt sein sollen, über das Kontoguthaben im eigenen Interesse zu verfügen. Immerhin spricht für die Darstellung des Klägers, daß er sich bei Kontoeröffnung Kontovollmacht geben ließ. Das gilt um so mehr, als die Beklagte selbst in Betracht zieht, daß ihre eigene Verfügungsbefugnis bis zum Tode des Klägers aufgeschoben sein könnte.

6. Hiernach sind die Klageanträge in vollem Umfang unbegründet. Andererseits bleibt die Revision erfolglos, soweit sie den Widerklageantrag weiter verfolgt. Die Beklagte ist zwar gemäß § 952 BGB Eigentümer des Sparbuchs. Trotzdem kann sie vom Kläger keine Herausgabe verlangen. Denn dieser hat sich im Zusammenhang mit der Schenkungsabrede das obligatorische Recht vorbehalten, das Sparbuch zu seinen Lebzeiten behalten zu dürfen.

7. Da die Widerklage erst vor dem Berufungsgericht erhoben worden ist, sind die Kosten des ersten Rechtszuges dem Kläger aufzuerlegen.

 

Unterschriften

Bundschuh, Dr. Schmidt-Kessel, Dr. Zopfs, Römer, Dr. Schlichting

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128834

NJW 1994, 931

FamRZ 1994, 625

ZBB 1994, 180

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