Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte. Auslegung der Rüge der örtlichen Zuständigkeit. Rüge der internationalen Zuständigkeit. Hilfsweise Einlassung zur Sache. Erfüllungsortklausel. Deutsches Kollisionsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

a) In der Rüge der örtlichen Unzuständigkeit ist im Zweifel auch die Rüge der internationalen Unzuständigkeit enthalten. Ob dies anzunehmen ist, ist durch Auslegung der Rüge zu ermitteln.

b) Hat die beklagte Partei die internationale Unzuständigkeit wirksam gerügt, so wirkt eine nur hilfsweise vorgebrachte Einlassung zur Sache nicht zuständigkeitsbegründend i.S.d. Art. 24 S. 1 EuGVVO.

c) Im Verfahren vor einem deutschen Gericht bestimmt sich der Erfüllungsort i.S.d. Art. 5 Nr. 1a EuGVVO nach deutschem Kollisionsrecht. Gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB ist daher bei einem Streit über die Verpflichtungen aus einem Kaufvertrag deutsches materielles Recht anzuwenden, wenn der Verkäufer seinen Sitz in Deutschland hat. BGB §§ 133 A, 157 Gb Zur stillschweigenden Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsabschlüssen im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen von Kaufleuten.

 

Normenkette

EuGVVO Art. 5 Nr. 1 Buchst. a, Art. 24

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Urteil vom 21.07.2004; Aktenzeichen 12 U 2384/03)

LG Ansbach

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Nürnberg v. 21.7.2004 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses v. 28.9.2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Heilsbronn bei Ansbach, stellt Sportartikel her. Sie stand seit längerer Zeit mit der Beklagten, die ihren Sitz in Hertsberge/Belgien hat, in laufenden Geschäftsbeziehungen. Auf der Grundlage eines mündlich geschlossenen Rahmenvertrages vertrieb die Beklagte die Erzeugnisse der Klägerin in Belgien und in den Niederlanden. Die Bestellungen wurden i.d.R. telefonisch erteilt. Über die Lieferungen erteilte die Klägerin der Beklagten jeweils Rechnungen, die auf der Vorderseite am unteren Rand folgenden Vermerk enthielten: "Wir liefern ausdrücklich gemäß unserer umseitig abgedruckten Geschäftsbedingungen, von denen der Besteller Kenntnis genommen hat. Gerichtsstand und Erfüllungsort ist Ansbach." Auf der Rückseite der Rechnungen waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin abgedr.; sie enthalten in den Ziffern XI 1 und 2 Klauseln über den Gerichtsstand (Ansbach) und den Hauptsitz der Klägerin als Erfüllungsort. Außerdem ist bestimmt, dass ausschließlich deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) gilt.

In der Zeit von März bis September 2001 lieferte die Klägerin an die Beklagte Waren im Wert von 102.705,56 DM, über die sie der Beklagten Rechnungen v. 22.3.bis zum 13.9.2001 erteilte. Nach Abzug verschiedener Gutschriften und Provisionen verblieb ein Saldo von 97.004,53 DM (= 49.597,63 EUR). Hiervon macht die Klägerin einen Betrag von 49.596,36 EUR mit ihrer Klage geltend.

Das LG hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil stattgegeben; auf den Einspruch der Beklagten hat es die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:

Das angerufene LG Ansbach sei international nicht zuständig. Die internationale Zuständigkeit beurteile sich nach der hier anwendbaren EuGVVO. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung sei nicht zu Stande gekommen, weil die Formerfordernisse des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO nicht erfüllt seien. Eine ausdrückliche Vereinbarung sei unstreitig nicht geschlossen worden; auch in einer Form, die den Gepflogenheiten der Parteien entsprochen habe, sei eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht zu Stande gekommen. Insbesondere habe die Übersendung von Rechnungen mit den auf der Rückseite abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder die Aushändigung der Bedingungen anlässlich des jährlichen Verkäufertreffens für die erforderliche Willenseinigung nicht ausgereicht. Nach der von der Industrie- und Handelskammer eingeholten Auskunft könne auch nicht von einem internationalen Handelsbrauch des Inhalts ausgegangen werden, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung durch eine auf der Vorderseite der Rechnungen abgedruckte Gerichtsstandswahl geschlossen werde. Maßgebend sei danach der allgemeine Gerichtsstand des Art. 2 EuGVVO am Sitz der Beklagten in Belgien; ein anderer Gerichtsstand bestehe daneben nicht, insb. nicht der des Erfüllungsortes i.S.d. Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO. Dieser richte sich nicht nach nationalem Recht, sondern sei autonom nach der EuGVVO zu bestimmen. Zwar sei der Wortlaut des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO insofern nicht eindeutig; nach dem Zweck der Regelung, nach einfachen und klaren Kriterien eine ohne weiteres vorhersehbare Zuständigkeit zu bestimmen, sei aber als "Lieferort" der Ort anzusehen, an dem der Käufer die Ware körperlich entgegennehme. Das sei hier in Belgien - bisweilen auch in den Niederlanden - geschehen.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass sich im vorliegenden Fall die internationale Zuständigkeit nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: Verordnung) bestimmt, weil die Klage nach deren In-Kraft-Treten am 1.3.2002 (Art. 76 EuGVVO), nämlich am 20.8.2002, eingereicht und am 16.10.2002 zugestellt worden ist (Art. 66 EuGVVO) und weil der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung eröffnet ist (Art. 1 Abs. 1 und 3 EuGVVO).

Nach der Systematik der Verordnung ist die internationale Zuständigkeit eines Gerichts gegeben, wenn sie durch einen ausschließlichen Gerichtsstand (Art. 22 EuGVVO), durch rügelose Einlassung (Art. 24 EuGVVO), durch eine Gerichtsstandsvereinbarung (Art. 23 EuGVVO), durch den allgemeinen Gerichtsstand (Art. 2 EuGVVO) oder durch einen besonderen Gerichtsstand (Art. 5-7 EuGVVO) begründet wird. Im vorliegenden Fall ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts am Erfüllungsort der streitigen Verpflichtung die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a) EuGVVO eröffnet.

2. Einer der ausschließlichen Gerichtsstände des Art. 22 EuGVVO kommt hier von vornherein nicht in Betracht. Die internationale Zuständigkeit ist, anders als die Revision meint, auch nicht durch eine rügelose Einlassung der Beklagten begründet worden.

Nach Art. 24 S. 1 EuGVVO wird das Gericht eines Mitgliedsstaates, das nicht bereits nach anderen Vorschriften der Verordnung zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt. Das gilt jedoch u.a. dann nicht, wenn sich der Beklagte einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen (Art. 24 S. 2 EuGVVO). Im Schrifttum besteht Einigkeit darüber, dass sich die Rüge auf die internationale Unzuständigkeit beziehen muss. Nicht ganz unumstritten ist aber die Frage, wie konkret diese Rüge formuliert werden muss, insb., ob die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit ausreicht. Nach einer Mindermeinung muss der Beklagte den Mangel der internationalen Zuständigkeit ausdrücklich rügen; die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit genügt danach nicht (Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 6; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 3). Nach ganz überwiegender Ansicht ist dagegen eine ausdrückliche Rüge der internationalen Unzuständigkeit entbehrlich; sie kann - was im Zweifel anzunehmen ist - auch in der Rüge der örtlichen Unzuständigkeit enthalten sein. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 8; Gottwald in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsband, Art. 24-26 EuGVVO Rz. 1; i.V.m. Gottwald in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Art. 18 EuGVÜ Rz. 7; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl., § 3 Rz. 160; Rauscher/Staudinger, Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 24 Brüssel I-VO Rz. 19; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 26. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 3; vgl. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 3).

Der Senat hält die herrschende Meinung für zutreffend. Prozesserklärungen sind grundsätzlich auslegungsfähig. Es besteht kein Grund, für die Auslegung einer Unzuständigkeitsrüge in einem vor einem deutschen Gericht anhängigen Verfahren mit Auslandsbezug eine Ausnahme zu machen. Der Umstand, dass es um die Anwendung international geltenden Rechts geht, steht der Zulässigkeit einer Auslegung nach den allgemeinen Regeln jedenfalls nicht entgegen.

Nach diesen Grundsätzen besteht kein Zweifel, dass die Beklagte die internationale Zuständigkeit des angerufenen LG gerügt hat. In ihrer Klageerwiderung hat sie vor der Einlassung zur Sache folgende Rüge erhoben: "Das Gericht ist in dieser Sache zur Entscheidung örtlich nicht zuständig und daher nicht befugt, das Urteil zu sprechen." Dass sie damit ausschließlich die örtliche Unzuständigkeit des mit der Sache befassten LG Ansbach beanstanden wollte, ist auszuschließen. Weder aus der Klageerwiderung noch aus den sonstigen Umständen ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte mit ihrer Rüge etwa auf die (örtliche) Zuständigkeit eines anderen deutschen Gerichts hinweisen wollte; das macht auch die Revisionserwiderung nicht geltend. Wenn die Zuständigkeit des LG Ansbach in Zweifel gezogen werden konnte, dann allein deshalb, weil die internationale Zuständigkeit für den Sitz der Beklagten in Belgien in Betracht kam und daher die Jurisdiktionsgewalt der deutschen Gerichte in Frage zu stellen war.

Dass die Beklagte sich im weiteren Verlauf ihrer Klageerwiderung zur Begründetheit der Klage, vor allem zu Fragen des Internationalen Privatrechts und des materiellen Rechts geäußert hat, ist unschädlich; denn diese Ausführungen erfolgten erkennbar nur vorsorglich für den Fall, dass das LG trotz der eingangs der Klageerwiderung erhobenen Zuständigkeitsrüge seine Zuständigkeit bejahen und in die Begründetheitsprüfung eintreten sollte. Eine nur hilfsweise vorgebrachte Einlassung zur Sache wirkt jedoch nicht zuständigkeitsbegründend i.S.d. Art. 24 S. 1 EuGVVO (a.M. z.B. BGH, Urt. v. 25.2.1999 - VII ZR 408/97, MDR 1999, 670 = NJW 1999, 2442 = WM 1999, 1182, unter II 2c; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 10 ff.; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 2; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rz. 3, jeweils m.w.N.).

3. Ob die Parteien entgegen der Meinung des Berufungsgerichts, das eine entsprechende Einigung verneint hat, den Gerichtsstand Ansbach als internationalen Gerichtsstand vereinbart und dabei die Form des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO eingehalten haben, kann dahingestellt bleiben. Auf Grund der Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in die im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehungen geschlossenen Einzelverträge ist für die vorliegende Klage jedenfalls der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes i.S.d. Art. 5 Nr. 1 Buchst. a) EuGVVO begründet. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren (Wohn-)Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, und zwar, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Nach Buchst. b) des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO ist "im Sinne dieser Vorschrift" und sofern nichts Anderes vereinbart worden ist, der Erfüllungsort der Verpflichtung für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen. Die Bestimmung des Buchst. b) greift also nur ein, wenn nicht ein anderer Ort wirksam als Erfüllungsort vereinbart worden ist. Letzteres ist hier, anders als das Berufungsgericht meint, der Fall.

Allerdings ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, dass der Erfüllungsort i.S.d. Art. 5 Nr. 1 Buchst. a) EuGVVO nach dem deutschen Kollisionsrecht zu bestimmen ist, weil die deutschen Gerichte mit der Sache befasst sind (vgl. EuGH, Urt. v. 28.9.1999 - Slg. 1999, I-6307, NJW 2000, 719; BGH, Urt. v. 2.10.2002 - VIII ZR 163/01, MDR 2003, 402 = BGHReport 2003, 179 = NJW-RR 2003, 192 = WM 2003, 1530, unter II 1; Urt. v. 25.2.1999 - VII ZR 408/97, MDR 1999, 670 = NJW 1999, 2442 = WM 1999, 1182, unter II 2d (1) zu dem gleich lautenden Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rz. 1a, b). Damit findet, wovon das Berufungsgericht - wenn auch unausgesprochen - ausgeht, gem. Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB deutsches materielles Recht Anwendung. Nach der Vermutung des Art. 28 Abs. 2 S. 2, S. 1 EGBGB weisen die Kaufverträge der Parteien die engsten Verbindungen zu Deutschland auf. Hier befindet sich die Hauptniederlassung der gewerblich tätigen Klägerin, die mit der Lieferung ihrer Sportartikel die für die Verträge charakteristischen Leistungen erbracht hat. Demnach unterliegt der Vertrag der Parteien auch dann, wenn deutsches Recht nicht vereinbart ist (Art. 27 EGBGB), einschließlich der Vereinbarung des Erfüllungsortes gem. Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB deutschem Recht.

Das Berufungsgericht hat eine Einigung der Parteien auf den Erfüllungsort Ansbach unter Bezugnahme auf seine Ausführungen verneint, mit denen es bereits eine Gerichtsstandsvereinbarung abgelehnt hatte. Seine tatrichterliche Würdigung ist jedoch, obwohl sie nur eingeschränkt überprüfbar ist, für das Revisionsgericht nicht bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Wie die Revision zu Recht rügt (§ 286 ZPO), hat das Berufungsgericht die rechtliche Bedeutung der Erfüllungsortklausel nicht richtig gesehen, die auf der Vorderseite sämtlicher Rechnungen der Klägerin und auf der Rückseite als eine der Klauseln ihrer Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen abgedruckt ist. Wie der Senat selbst feststellen kann, ergibt sich bei Würdigung aller Umstände, dass die Parteien die Vertragsbedingungen der Klägerin, die sich auf den der Beklagten laufend übersandten Rechnungen befanden, stillschweigend in ihre Verträge einbezogen haben; damit ist auch die Klausel über den Erfüllungsort Vertragsinhalt geworden. Zwar hat der bloße Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit einem bestimmten Vertragsschluss grundsätzlich nur Bedeutung für dieses konkrete Rechtsgeschäft. Anderes kann aber gelten, wenn Kaufleute in laufender Geschäftsverbindung zueinander stehen, dabei frühere Verträge zwischen ihnen stets zu den Geschäftsbedingungen der einen Seite abgeschlossen worden sind und diese unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, dass sie regelmäßig Geschäfte nur auf der Grundlage ihrer eigenen Geschäftsbedingungen tätigen will (vgl. BGH v. 12.2.1992 - VIII ZR 84/91, BGHZ 117, 190 [195] = MDR 1992, 447; Urt. v. 28.5.1973 - VIII ZR 143/72, WM 1973, 1198 [1199]). So verhält es sich hier.

Die Parteien standen als Kaufleute auf Grund eines Rahmenvertrages seit etwa zehn Jahren in dauernden Geschäftsbeziehungen, in deren Verlauf die Klägerin der Beklagten für ihre jeweiligen Lieferungen stets ihre Rechnungen mit den genannten Geschäftsbedingungen übermittelte. Ihre Zusammenarbeit erschöpfte sich nicht in einer Abwicklung der einzelnen Lieferungen, sondern die Klägerin führte an verschiedenen Orten jährlich Verkäufertreffen, sog. Salesmeetings, mit den Mitarbeitern der Beklagten durch, des Öfteren auch im Beisein des Geschäftsführers der Beklagten. Die Beklagte hat zu keiner Zeit Einwendungen gegen die von der Klägerin gestellten Bedingungen erhoben, obwohl sie wusste, dass diese ihre weiteren Lieferungen nur zu ihren Geschäftsbedingungen tätigen wollte. Wenn die Beklagte unter diesen Umständen und in Kenntnis des erklärten Willens der Klägerin hinsichtlich der Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen - einschließlich der Klauseln über ihren Hauptsitz als Erfüllungsort - dem nicht nur nicht widersprochen, sondern auf Grund der Rahmenvereinbarung der Parteien ständig neue Waren bestellt hat, hat sie ihr stillschweigendes Einverständnis damit zum Ausdruck gebracht (§§ 133, 157 BGB), dass auch die jeweils künftig abzuschließenden einzelnen Kaufverträge den Geschäftsbedingungen der Klägerin unterliegen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.2002 - VIII ZR 163/01, MDR 2003, 402 = BGHReport 2003, 179 = NJW-RR 2003, 192 = WM 2003, 1530, unter III 1, 2a; v. 24.2.2004 - VIII ZR 119/03, MDR 2004, 897 = BGHReport 2004, 905 = NJW-RR 2004, 1292 = WM 2004, 2230, unter II 2; v. 7.6.1978 - VIII ZR 146/77, NJW 1978, 2243, unter 1b, c).

III.

Nach alledem kann die internationale Zuständigkeit des angerufenen LG nicht verneint werden. Auf die Revision der Klägerin ist daher das angefochtene Urteil aufzuheben. Da es weiterer tatsächlicher Feststellungen zur Begründetheit der Klageforderung bedarf, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).

 

Fundstellen

DStZ 2005, 763

BGHR 2005, 1555

NJW-RR 2005, 1518

WM 2005, 1892

WuB 2006, 341

AnwBl 2005, 128

MDR 2006, 46

RIW 2005, 776

FamRBint 2006, 44

ELF 2005, 160

EuLF 2005, 224

IDR 2005, 183

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