Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 13.06.1966)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Juni 1966 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger bezieht von der Beklagten als ihr früherer Geschäftsführer seit Vollendung des 65. Lebensjahres ein Ruhegeld. Über dessen Höhe bestimmt § 3 des Pensionsvertrags in der Neufassung, die ihm die Parteien nach Erlaß des Bundesbesoldungsgesetzes vom 27. Juli 1957 am 10. Februar 1958 gegeben haben, folgendes:

„Die Pension wird gezahlt in Höhe der doppelten Endbezüge eines Beamten der Besoldungsgruppe A 15 (Ortozuschlag: Tarifklasse I b), Ortsklasse S.

Bei etwaigen Änderungen des Bundesbesoldungsgesetzes erfolgt jeweils sinngemäß Angleichung.”

Der Kläger vertritt im Gegensatz zur Beklagten den Standpunkt, bei der Berechnung seiner Pension müßten die seit 1963 den Beamten zustehenden Weihnachts- und Sonderzuwendungen mitberlicksichtigt werden. Er verlangt deshalb für 1963 eine Nachzahlung von 200 DM und für 1964 eine solche von 1.512,66 DM und hat demgemäß beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1.712,66 DM mit Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und mit ihrer in der Berufungsinstanz erhobenen Widerklage beantragt festzustellen, daß dem Kläger auch für die Zeit nach 1964 keine höhere Pension mit Rücksicht auf die den Beamten gewährte jährliche Sonderzuwendung zustehe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen bittet, verfolgt die Beklagte ihre Anträge zur Klage und Widerklage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hat den Pensionsvertrag der Parteien dahin ausgelegt, daß auch die Weihnachtszuwendung nach dem Gesetz vom 16. April 1964 (BGBl. I 278) und die jährliche Sonderzuwendung nach dem Gesetz vom 15. Juli 1965 (BGBl. I 609) bei der Berechnung der Pension mit zu berücksichtigen seien. Im Gegensatz etwa zu den Beihilfen seien diese Zuwendungen ebenso wie das Grundgehalt und der Ortszuschlag unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des einzelnen Beamten regelmäßig in gesetzlich festgelegter Höhe zu zahlen und zu versteuern. Aus der Sicht der Parteien unterschieden sie sich sachlich nicht von den übrigen Bezügen des Beamten. Sie gehörten daher ebenso zu den in § 3 des Vertrags genannten „Endbezügen”, wie wenn die sonstigen Bezüge durch ein Besoldungsänderungsgesetz entsprechend erhöht worden wären. § 3 habe zwischen Beamtenbezügen und Pension ein bestimmtes Spannungsverhältnis herstellen sollen, wobei die Parteien vor allem an den häufigsten Fall einer Besoldungsänderung durch Erhöhung der Bezüge gedacht hätten. Es entspreche dem „wirklichen” Willen der Parteien, zur Aufrechterhaltung dieses Spannungsverhältnisses die Weihnachts- und Sonderzuwendungen in die „Endbezüge” mit einzurechnen.

Diese Vortragsauslegung kann der Senat nur dahin nachprüfen, ob das Berufungsgericht gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze, gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsregeln verstoßen oder wesentlichen Auslegungsstoff außer acht gelassen hat. Einen solchen Mangel versucht die Revision erfolglos aufzuzeigen.

Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß der Gesetzgeber bislang bewußt davon abgesehen hat, die Weihnachtszuwendung im Rahmen des Bundesbesoldungsgesetzes zu regeln und hierdurch förmlich als Besoldungsbestandteil zu kennzeichnen, weil er Auswirkungen auf beamtenähnliche Versorgungsregelungen vermeiden wollte (vgl. BT-Drucks. IV, 1649 u. 1765; Verh. d. Dt. Bundestages, 4. Wahlp., Sten.Ber. 161. Sitz. S. 7970 B, 181. Sitz. S. 9112 A, B). Es hat diesen Gesichtspunkt aber keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, weil die gesetzliche Behandlung des Weihnachtsgeldes als „Zuwendung besonderer Art” nicht darauf beruhe, daß sich diese Leistung der Sache nach wesentlich von den Übrigen, im Bundesbesoldungsgesetz geregelten, Bezügen unterschiede. Gegen diese Erwägung ist rechtlich nichts einzuwenden.

Vergeblich macht die Revision geltend, der Vertragswille der Parteien könne sich schon deshalb nicht auf die Weihnachtszuwendungen erstreckt haben, weil ein gesetzlicher Anspruch des Beamten auf solche Zuwendungen erst später begründet worden sei und die Parteien dementsprechend die in § 3 Abs. 2 des Vertrages vorgesehene „sinngemäße” Angleichung auf etwaige Änderungen der Besoldungsgesetzgebung beschränkt hätten. Gerade weil bei Vertragsabschluß noch nicht vorauszusehen war, ob und in welcher Form der Gesetzgeber den Beamten ein Weihnachtsgeld zubilligen werde, nötigte der Wortlaut des Vertrages („Änderungen des Bundesbesoldungsgesetzes”) das Berufungsgericht nicht zu dem Schluß, die Parteien hätten mit der gewählten Fassung zum Ausdruck bringen wollen, in anderen Rechtsvorschriften als dem Bundesbesoldungsgesetz gewährte Bezüge sollten bei der Pensionsberechnung auch dann außer Betracht bleiben, wenn es sich, wie bei der Weihnachtszuwendung, der Sache nach um eine Besoldungsregelung handelt. Dasselbe gilt für den Hinweis der Revision auf § 4 des Pensionsvertrages, wonach die Pension „in 12 gleichen Monatsraten am Schluß eines jeden Monats” zu zahlen ist. Wenn diese und andere Vertragsbestimmungen auf das seinerzeit geltende Recht abgestellt sind, so brauchte das Berufungsgericht hieraus nicht zu folgern, die Parteien hätten eine Berücksichtigung späterer Rechtsänderung bewußt auf solche Rechtsvorschriften beschränkt, auf die der Vertrag buchstäblich und nicht nur dem Sinne nach zutrifft.

Das Berufungsgericht hat auch gesehen, daß bei Vertragsabschluß in der freien Wirtschaft vielfach schon ein Weihnachtsgeld gezahlt wurde. Es hat aber aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung hierüber nicht den Schluß gezogen, nach dem Parteiwillen hätten dem Kläger die entsprechenden Bezüge für den Fall vorenthalten bleiben sollen, daß sie den Bundesbeamten gesetzlich zugestanden wurden, Angesichts der Tatsache, daß die Parteien die Beamtenbesoldung und nicht die tariflichen Leistungen in der Privatwirtschaft zum Maßstab genommen haben, ist diese Würdigung möglich. Die Revision muß sie daher hinnehmen.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, § 3 des Pensionsvertrags enthalte eine Spannungsklausel, deren Anwendung nicht jeweils davon abhänge, ob die Änderung der Beamtenbezüge, hier also die Einführung einer Weihnachtszuwendung, auf einem Währungsverfall oder auf anderen Gründen beruhe (vgl. BGHZ 14, 306, 310 f; BGH LM BGB § 133 (A) Nr. 2). Der Revision ist zuzugeben, daß solche Spannungsklauseln im allgemeinen auch (oder sogar ausschließlich) vor einer Geldentwertung schützen sollen. Das ist aber nur eine mittelbare Auswirkung. Unmittelbar ist die Höhe der versprochenen Rentenbezüge nicht an das allgemeine Preisniveau oder die Kaufkraft geknüpft, sondern an das jeweilige Gehalt einer bestimmten Beamtengruppe, und zwar ohne Rücksicht darauf, inwieweit künftige Änderungen des Beamtengehalts tatsächlich gerade der allgemeinen Preisentwicklung entsprechen.

Zu Unrecht rügt die Revision schließlich, das Berufungsgericht hätte der Beklagten, wie beantragt, gemäß § 272 a ZPO die Möglichkeit geben müssen, auf den letzten Schriftsatz des Klägers vom 6. Juni 1966 zu erwidern. Daß der Kläger stets das Doppelte der Beamtenbezüge nach A 15 erhalten sollte, ergibt sich bereits aus dem Pensionsvertrag der Parteien. Das Berufungsgericht brauchte daher auf diesen Umstand nicht erst durch den Schriftsatz des Klägers hingewiesen zu werden. Zudem legt die Revision nicht dar, welche neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte die Beklagte hierzu noch hätte vorbringen können, wenn das Berufungsgericht ihr einen Schriftsatz nachgelassen hätte.

 

Unterschriften

Dr. Kuhn, Liesecke, Dr. Schulze, Fleck, Stimpel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1502361

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