Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Umgamgspflegers. Nachträgliche Feststellung der berufsmäßigen Amtsführung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur nachträglichen Feststellung berufsmäßiger Amtsführung eines Umgangspflegers (im Anschluss an BGH v. 8.1.2014 - XII ZB 354/13, FamRZ 2014, 468; v. 29.1.2014 - XII ZB 372/13, FamRZ 2014, 653).

 

Normenkette

BGB §§ 1684, 1836; FamFG § 277

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Beschluss vom 18.03.2013; Aktenzeichen 12 UF 43/13)

AG Hameln (Beschluss vom 13.12.2012; Aktenzeichen 31 F 180/12)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 5) (Landeskasse) wird der Beschluss des 12. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des OLG Celle vom 18.3.2013 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 5) wird der Beschluss des AG - FamG - Hameln vom 13.12.2012 abgeändert.

Der Vergütungsantrag der weiteren Beteiligten zu 3) (Umgangspflegerin) vom 17.7.2012 in der Fassung vom 15.10.2012 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Das Verfahren betrifft die Festsetzung der Vergütung für die Umgangspflegerin in einer Kindschaftssache.

Rz. 2

Durch Beschluss vom 6.1.2012 hat das AG den Umgang mit dem betroffenen Kind geregelt, für die Dauer von sechs Monaten eine Umgangspflegschaft eingerichtet und die Beteiligte zu 3) zur Umgangspflegerin bestellt. Die Feststellung einer berufsmäßigen Führung der Pflegschaft wurde im Bestellungsbeschluss nicht getroffen.

Rz. 3

Wegen ihrer Tätigkeit im Rahmen der Pflegschaft reichte die Umgangspflegerin bei dem AG mit Schreiben vom 17.7.2012 eine Abrechnung auf Stundenbasis in einer Gesamthöhe von 4.228,96 EUR ein. Im Rahmen einer Stellungnahme zu diesem Vergütungsantrag beanstandete die Bezirksrevisorin, dass es an einer förmlichen Bestellung der Umgangspflegerin gefehlt habe und die Berufsmäßigkeit der Führung der Pflegschaft nicht festgestellt worden sei. Die Rechtspflegerin legte die Akte daraufhin der Familienrichterin vor, die am 19.8.2012 in einem handschriftlichen Aktenvermerk niederlegte, dass "die Umgangspflegerin ... berufsmäßig tätig geworden" sei. Nachdem die Umgangspflegerin ihre Abrechnung teilweise korrigiert hatte, setzte das AG die ihr aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 3.460,52 EUR fest.

Rz. 4

Das OLG hat die für die Landeskasse erhobene Beschwerde der Bezirksrevisorin mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Umgangspflegschaft einer Verfahrenspflegschaft nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit systematisch deutlich näher stehe als den sonstigen Pflegschaften des bürgerlichen Rechts und daher das Fehlen einer förmlichen Bestellung in Anwesenheit des Umgangspflegers seinem Vergütungsanspruch nicht entgegenstehen könne.

Rz. 5

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Landeskasse, mit der sie ihr Ziel der vollständigen Zurückweisung des Vergütungsantrages der Umgangspflegerin weiterverfolgt.

II.

Rz. 6

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

Rz. 7

Sie hat bereits deshalb Erfolg, weil es an der für den Vergütungsanspruch konstitutiven Feststellung im Bestellungsbeschluss fehlt, dass die Umgangspflegschaft berufsmäßig geführt wird. Diese Feststellung konnte auch durch den Aktenvermerk der Familienrichterin vom 19.8.2012 nicht mit Rückwirkung für den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum von Januar bis Juli 2012 nachgeholt werden.

Rz. 8

1. Die Umgangspflegschaft wird gem. § 1684 Abs. 3 Satz 6 BGB i.V.m. § 277 Abs. 2 Satz 1 FamFG, § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB unentgeltlich geführt. Sie wird ausnahmsweise entgeltlich geführt, wenn das Gericht bei der Bestellung des Pflegers die berufsmäßige Führung der Umgangspflegschaft feststellt (§ 1684 Abs. 3 Satz 6 BGB i.V.m. § 277 Abs. 2 Satz 1 FamFG, § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Frage, ob der Umgangspfleger die Pflegschaft berufsmäßig führt, ist daher nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bereits "bei der Bestellung" des Pflegers zu klären.

Rz. 9

Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung des Beschwerdegerichts mehrfach sowohl zur Bestellung eines Betreuers (vgl. BGH v. 8.1.2014 - XII ZB 354/13, FamRZ 2014, 468 Rz. 11 ff.; v. 29.1.2014 - XII ZB 372/13, FamRZ 2014, 653 Rz. 9 ff.) als auch zur Bestellung eines Ergänzungspflegers (BGH v. 12.2.2014 - XII ZB 46/13, FamRZ 2014, 736 Rz. 9) ausgeführt hat, entspricht die frühzeitige Klärung der Berufsmäßigkeit der Amtsführung den Intentionen des Gesetzgebers. Das Verfahren über die Festsetzung der Vergütung soll nicht mit einem Streit über die Berufsmäßigkeit der Amtsführung belastet und die Klärung von Zweifelsfragen deshalb in das Bestellungsverfahren vorverlagert werden. Zugleich soll im Interesse der Rechtsklarheit und Kalkulierbarkeit für alle Beteiligten rechtzeitig feststehen, ob und welche Ansprüche (Vergütung oder Aufwendungsersatz) dem Betreuer oder Pfleger aus der Führung des Amtes erwachsen können und welche Lasten daher mit der Bestellung (gerade) dieses Betreuers oder Pflegers für den Betroffenen oder für die Staatskasse verbunden sind. Daraus folgt auch, dass der Feststellung der Berufsmäßigkeit für den Vergütungsanspruch eines Berufsbetreuers oder Berufspflegers eine konstitutive Bedeutung zukommt.

Rz. 10

Nach diesen Maßgaben kommt eine nachträgliche Feststellung der Berufsmäßigkeit mit Rückwirkung grundsätzlich nicht in Betracht. Hierfür besteht im Allgemeinen auch kein anzuerkennendes Bedürfnis, weil sich ein Betreuer oder Pfleger, der sich gegen die unterbliebene Feststellung der berufsmäßigen Amtsführung wenden will, insoweit eine befristete Beschwerde (§ 58 FamFG) gegen den Bestellungsbeschluss einlegen kann. Diese ermöglicht eine Überprüfung im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Bestellungsbeschluss und eine Rückwirkung auf den Bestellungszeitpunkt (vgl. BGH v. 8.1.2014 - XII ZB 354/13, FamRZ 2014, 468 Rz. 15 f.; v. 9.11.2005 - XII ZB 49/01, FamRZ 2006, 111, 114).

Rz. 11

2. Für die Umgangspflegschaft gelten unter den hier obwaltenden Umständen keine Besonderheiten. Die Entscheidung des FamG über die Bestellung eines Umgangspflegers nach § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB ist eine Endentscheidung i.S.v. § 38 FamFG, die nach den allgemeinen Regeln mit der befristeten Beschwerde angefochten werden kann (klarstellend MünchKommFamFG/Ansgar Fischer 2. Aufl., § 58 Rz. 23). Weil die Bestellung der Umgangspflegerin hier in einem Hauptsacheverfahren erfolgte, kommt es auch auf die streitige Frage, ob die Einrichtung einer Umgangspflegschaft im Wege einstweiliger Anordnung gem. § 57 Satz 1 FamFG grundsätzlich unanfechtbar ist (so OLG Celle [10. BGH] FamRZ 2011, 574, 575 f.; OLG Köln Beschl. v. 25.11.2011 - 4 UF 238/11 - juris Rz. 3 ff.; OLG Hamm Beschl. v. 8.5.2012 - 7 UF 23/12 - juris Rz. 24 ff.; MünchKommFamFG/Ansgar Fischer 2. Aufl., § 58 Rz. 23; BeckOK/FamFG/Gutjahr [Stand: 1.1.2014] § 58 Rz. 67a) oder wegen eines damit verbundenen Eingriffs in die elterliche Sorge in den Anwendungsbereich von § 57 Satz 2 Nr. 1 FamFG fällt (so OLG Celle [15. Zivilsenat] Beschl. v. 30.8.2010 - 15 UF 181/10 - BeckRS 2012, 04365; Keidel/Giers FamFG 18. Aufl., § 57 Rz. 6; Musielak/Borth FamFG 4. Aufl., § 57 Rz. 3; im Ergebnis auch OLG Schleswig FamRZ 2012, 151, 152), im vorliegenden Fall nicht an. Es kann deswegen auch dahinstehen, ob ein Pfleger, der mit einer unanfechtbaren Zwischen- oder Endentscheidung bestellt wurde, ausnahmsweise berechtigt ist, die im Bestellungsbeschluss unterbliebene Feststellung berufsmäßiger Amtsführung im Vergütungsfestsetzungsverfahren nachträglich geltend zu machen (Wagenitz in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1836 Rz. 6 mit Fn. 13; Haußleiter/Heidebach FamFG § 277 Rz. 3, jeweils für die gem. § 276 Abs. 6 FamFG unanfechtbare Bestellung eines Verfahrenspflegers) oder ob es in diesen Fällen damit sein Bewenden hat, dass der Pfleger die Übernahme des ihm angetragenen Amtes ablehnen kann, wenn das Gericht die Berufsmäßigkeit der Amtsführung nicht feststellt oder nicht feststellen will (Keidel/Budde FamFG 18. Aufl., § 277 Rz. 5, ebenfalls für den Verfahrenspfleger).

Rz. 12

3. Im Übrigen ist die nachträgliche rückwirkende Feststellung, dass ein Pfleger die Pflegschaft berufsmäßig führt, auch dann unzulässig, wenn diese Feststellung in der Bestellungsentscheidung versehentlich unterblieben ist. Insoweit käme eine Ergänzung des Bestellungsbeschlusses ausschließlich im Wege der Berichtigung nach § 42 FamFG und demzufolge nur dann in Betracht, wenn sich die unterbliebene Feststellung der Berufsmäßigkeit der Amtsführung als "offenbare Unrichtigkeit" i.S.v. § 42 Abs. 1 FamFG darstellt. Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Unrichtigkeit aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung bzw. Bekanntgabe ergibt und der Widerspruch zwischen Beschlussformel und Entscheidungswillen des Gerichts auch für Dritte offen zu Tage tritt (vgl. BGH v. 29.1.2014 - XII ZB 372/13, FamRZ 2014, 653 Rz. 15). Gemessen hieran wird im vorliegenden Fall eine Berichtigung des Bestellungsbeschlusses vom 6.1.2012 nicht in Betracht kommen.

 

Fundstellen

EBE/BGH 2014

FamRZ 2014, 1283

FGPrax 2014, 161

JurBüro 2014, 544

BtPrax 2014, 191

JZ 2014, 420

JZ 2014, 422

MDR 2014, 806

Rpfleger 2014, 501

FamRB 2014, 408

FamRB 2014, 8

NZFam 2014, 791

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