Entscheidungsstichwort (Thema)

Vormundschaftssache, Umgangsrecht mit nichtehelichem Kind, Ausschluß der weiteren Beschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidungen des Beschwerdegerichts in Verfahren, die den persönlichen Umgang des Vaters mit seinem nichtehelichen Kinde zum Gegenstand haben, unterliegen auch dann nicht der weiteren Beschwerde, wenn sie die Androhung von Zwangsgeld oder die Ablehnung der Androhung betreffen.

 

Normenkette

FGG §§ 63a, 33

 

Verfahrensgang

OLG Celle

LG Hannover

 

Gründe

I.

Das betroffene Kind ist das gemeinschaftliche nichteheliche Kind der Beteiligten zu 1 und 2, die sich nach dessen Geburt im November 1991 getrennt haben. Bis dahin haben sie das Kind gemeinsam versorgt und betreut. Danach hatte der Vater einvernehmliche Besuchskontakte bis Ostern 1993.

In der Folgezeit erwirkte der Vater eine gerichtliche Umgangsregelung gemäß § 1711 Abs. 2 BGB, die das Landgericht im Beschwerdeverfahren durch Beschluß vom 20. 1995 wie folgt bestätigte:

„Dem Antragsteller wird ein Umgangsrecht mit dem Kind Gian-Luca nachfolgenden Umfangs eingeräumt:

  1. Ab 5.8.1995 im dreiwöchigen Abstand jeweils am Samstag in der Zeit von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr,
  2. Ab März 1996 im dreiwöchigen Abstand jeweils an einem Wochenende in der Zeit von Samstag 14.00 Uhr bis zum darauffolgenden Sonntag 17.00 Uhr.”

Der Vater machte im Herbst 1995 geltend, daß die Mutter sich dieser Umgangsregelung widersetze, und beantragte deshalb, zu deren Durchsetzung gemäß § 33 Abs. 3 FGG der Mutter Zwangsgeld in Höhe von 50.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, anzudrohen.

Diesen Antrag wies das Amtsgericht aus formellen Gründen zurück. Das Landgericht bestätigte die Entscheidung, weil das Kind den Umgang mit dem Vater nachhaltig ablehne und es nicht verantwortet werden könne, den Willen des Kindes zu brechen.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Vaters, die das Oberlandesgericht dem Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG vorgelegt hält. Das vorlegende Gericht hält das Rechtsmittel ungeachtet des § 63a FGG für zulässig und möchte eine Sachentscheidung treffen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts und anderer Oberlandesgerichte gehindert (BayObLG FamRZ 1971, 312; 1978, 203; 1996, 878; KG OLGZ 1972, 358, 359 und FamRZ 1977, 728, 734; OLG Hamm FamRZ 1972, 517, 518; OLG Köln FamRZ 1977, 67).

II.

Die Vorlage ist zulässig. Zwar betreffen die meisten Entscheidungen, von denen das Oberlandesgericht abweichen will, die bis zum 1. Juli 1977 geltende Fassung des § 63a FGG, die auch Regelungen des Umgangs für eheliche Kinder einschloß. Das ist aber deswegen ohne Bedeutung, weil § 63a FGG in seinem seither auf nichteheliche Kinder eingeschränkten Geltungsbereich unverändert auf der alten Fassung aufbaut (vgl. BGHZ 44, 220, 223). Weiter betreffen die für die Divergenz angeführten Entscheidungen ganz überwiegend Fälle, in denen es um weitere Beschwerden gegen den Erlaß einer Androhung gemäß § 33 Abs. 3 FGG ging, wobei im wesentlichen darauf abgestellt wurde, eine derartige Androhung stehe mit der Ausgestaltung der Umgangsregelung in so engem Zusammenhang, daß es angebracht sei, sie der Umgangsregelung selbst zuzurechnen und demgemäß dem § 63a FGG zu unterwerfen. Auch wenn der Ablehnung einer solchen Androhung eine andere Qualität beizumessen sein mag, weil dadurch die Durchsetzbarkeit der Umgangsregelung jedenfalls zeitweise ausgeschlossen wird, hat das Bayerische Oberste Landesgericht in dem in FamRZ 1978, 203 veröffentlichten Beschluß in einem solchen Fall die Anwendbarkeit des § 63a FGG in entscheidungserheblicher Weise bejaht, so daß an der Zulässigkeit der Vorlage letztlich keine Zweifel bestehen. Der Bundesgerichtshof ist an die Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts gebunden, daß es für die Entscheidung auf die von ihm herausgestellte Rechtsfrage ankommt (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 116, 392, 394 m.w.N.). Da auch sonst keine formellen Bedenken bestehen, hat der Senat gemäß § 28 Abs. 3 FGG über die weitere Beschwerde des Vaters zu entscheiden.

III.

Das Rechtsmittel ist nicht statthaft.

1. Nach § 63a FGG ist in Verfahren, die den persönlichen Umgang des Vaters mit dem nichtehelichen Kinde zum Gegenstand haben, die weitere Beschwerde ausgeschlossen. Die Vorschrift wird mit Wirkung ab 1. Juli 1998 durch Art. 6 Nr. 21 des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (BT-Drucks. 13/8511) aufgehoben, ist aber im vorliegenden Verfahren noch zu beachten. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Geltung der Vorschrift bis zum 30. Juni 1998 bestehen nicht (vgl. dazu Nichtannahmebeschluß des BVerfG vom 27. April 1989 – 1 BvR 718/88 BVerfG FamRZ 1992, 157; OLG Köln FamRZ 1997, 444).

2. Das vorlegende Gericht will von einer gefestigten oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung abweichen, der auch die herrschende Ansicht im Schrifttum folgt (vgl. Keidel/Zimmermann FGG 13. Aufl. § 33 Rdn. 27; Bumiller/Winkler FGG 6. Aufl. § 63a Anm. 2; Bassenge/Herbst FGG 7. Aufl. § 63a Rdn. 7; a.A. Jansen FGG 2. Aufl. § 63a Rdn. 6). Es sieht als entscheidend an, daß das den Vollzug einer getroffenen Umgangsregelung betreffende Verfahren gemäß § 33 FGG gegenüber dem eigentlichen Umgangsrechtsverfahren selbständig sei und deswegen nicht dem Geltungsbereich des § 63a FGG unterfallen könne.

Dem vermag der Senat nicht beizutreten. Dagegen spricht schon der weitgefaßte Wortlaut des § 63a FGG. Auch wenn das Verfahren nach § 33 FGG gegenüber dem Verfahren, in dem die Umgangsregelung getroffen wurde, eine selbständige Verrichtung i.S. des § 43 Abs. 1 FGG darstellt (vgl. Senatsbeschluß vom 14. Mai 1986 – IVb ARZ 19/86 – FamRZ 1986, 789), handelt es sich bei dem ersteren ebenfalls um ein Verfahren, das den Umgang des Vaters mit dem nichtehelichen Kinde „zum Gegenstand” hat. Nicht selten nimmt das Gericht einen Antrag des Umgangsberechtigten auf Durchsetzung einer bestehenden Umgangsregelung zum Anlaß, in eine Überprüfung des Sachverhalts gemäß § 1711 Abs. 2 Satz 3 BGB einzutreten. Ergebnis dieser Überprüfung kann sein, die bestehende Regelung aus Gründen des Kindeswohls einzuschränken oder aufzuheben. Eine derartige Entscheidung, die für den Umgangsberechtigten weitaus einschneidender ist als die Ablehnung einer Androhung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 FGG, kann zweifelsfrei aufgrund von § 63a FGG nicht mit der weiteren Beschwerde angefochten werden. Es ist nicht einzusehen, daß dem Betroffenen umfangreicherer Rechtsschutz zuteil werden soll, wenn lediglich der Antrag auf Erlaß einer Androhung abgelehnt worden ist. Hierbei wird zwar der Vollzug einer bestehenden Regelung zunächst gehindert, aber ein neuer Antrag ist möglich, wenn sich die Verhältnisse geändert haben. § 63a FGG bezweckt, den Streit der Parteien über den persönlichen Umgang des Vaters mit dem nichtehelichen Kind möglichst schnell in den Tatsacheninstanzen beizulegen, zumal meist Tatfragen eine Rolle spielen. Dieser Zweck trifft nicht nur auf das Verfahren zu, in dem es um die Schaffung einer Umgangsregelung geht, sondern auch auf dasjenige, das den Vollzug einer solchen Regelung zum Gegenstand hat. Nach Inkrafttreten der Reform des Kindschaftsrechts wird im übrigen die weitere Beschwerde ebenfalls nicht statthaft sein (vgl. BGH, Beschluß vom 20. Dezember 1978 – IV ZB – 72/78 – FamRZ 1979, 224, 225).

3. Der hilfsweise vertretenen Auffassung des Vaters, die weitere Beschwerde sei wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt des außerordentlichen Rechtsbehelfs zulässig, kann nicht beigetreten werden. Es kann aus den oben angeführten Gründen nicht davon ausgegangen werden, die angegriffene Entscheidung sei mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehre (vgl. dazu BGHZ 109, 41, 43 f.; st. Rspr.). Die angebliche Nichtbeachtung von Verfahrensvorschriften, die der Vater ins Feld führt, rechtfertigt die außerordentliche Anfechtung von Entscheidungen, die nach der gesetzlichen Regelung einem Rechtsmittel nicht unterliegen, in keiner Weise. Das gilt insbesondere auch für die behaupteten Verstöße gegen Bestimmungen der Verfassung (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 16. April 1986 – IVb ZB 14/86 – NJW-RR 1986, 1263).

 

Fundstellen

Haufe-Index 609862

FamRZ 1998, 365

FuR 1998, 137

ZAP 1998, 62

MDR 1998, 363

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