Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit für Zulassung der Rechtsbeschwerde

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde kann nicht der Einzelrichter treffen, sondern obliegt der Kammer.

 

Normenkette

GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 568 S. 2 Nr. 2; InsO § 80 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Beschluss vom 04.04.2005; Aktenzeichen 4 T 89/05)

AG Pinneberg (Aktenzeichen 70 K 114/02)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 4. April 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 33. 000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Gläubigerin betreibt aus einer notariellen Urkunde die Zwangsversteigerung in das eingangs bezeichnete Grundvermögen des Schuldners. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ließ die Gläubigerin die gegen ihn erteilte Vollstreckungsklausel auf den InsoIvenzverwalter umschreiben. Der Titel und die umgeschriebene Klausel wurden dem Insolvenzverwalter zugestellt. Sodann ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung an. Auch dieser Beschluss wurde dem Insolvenzverwalter zugestellt. Das Insolvenzverfahren wurde alsdann mangels Masse eingestellt. Der Schuldner hat gegen die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens gegen ihn Erinnerung eingelegt. Er beanstandet, dass der Titel nicht erneut gegen ihn umgeschrieben worden sei.

Das Amtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen und den Versteigerungstermin durchgeführt, allerdings die Entscheidung über den Zuschlag vertagt. Das Landgericht Einzelrichterin hat die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Hat der Einzelrichter in einer Sache, der er – wovon hier der Sache nach auszugehen ist – rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über eine Beschwerde entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen, so ist die Zulassung zwar wirksam. Jedoch unterliegt die Entscheidung auf die Rechtsbeschwerde wegen fehlerhafter Besetzung des Gerichts zwingend der Aufhebung von Amts wegen. In solchen Fällen darf der Einzelrichter die Entscheidung über die Zulassung nicht selbst treffen; vielmehr muss er das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 154, 200, 202 f.; BGH, Beschlüsse vom 10. April 2003, VII ZB 17/02, MDR 2003, 949; vom 11. September 2003, XII ZB 188/02, NJW 2003, 3712; vom 23. November 2003, VI ZB 42/04, WuM 2005, 13).

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Rechtsfrage, deretwegen das Landgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, inzwischen geklärt ist. Mit Beschluss vom 14. April 2005 (V ZB 25/05, WM 2005, 1324) hat der Senat entschieden, dass, wenn nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Versteigerung eines zur Masse gehörenden Grundstücks angeordnet und der Titel gegen den Insolvenzverwalter umgeschrieben und diesem zugestellt wurde, eine erneute Umschreibung auf den Schuldner und eine Zustellung an ihn nicht mehr erforderlich sind, sofern der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Masse freigibt. Dies ergibt sich aus dem in § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO zum Ausdruck gekommenen Gedanken, dass eine wirksam eingeleitete Vollstreckung von einem Wechsel der Verwaltungs- und Verfügungsberechtigung zwischen Verwalter und Schuldner, sei es durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sei es durch Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse, unberührt bleibt. Der Schuldner ist nach Freigabe des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter nicht dessen Rechtsnachfolger, war vielmehr vor der Freigabe Eigentümer und bleibt es auch nach der Freigabe. Für eine Titelumschreibung fehlt es daher an einem Anknüpfungspunkt. Nichts anderes kann gelten, wenn das Insolvenzverfahren während des laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens mangels Masse eingestellt wird und der Schuldner aus diesem Grund die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück erlangt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2833716

ZfIR 2006, 151

InVo 2006, 111

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