Leitsatz (amtlich)

Die Unterlassung der Rechtsverfolgung läuft nicht schon dann allgemeinen Interessen zuwider, wenn bei der Entscheidung des Rechtsstreits Rechtsfragen von allgemeinem Interesse zu beantworten sind.

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main

 

Tenor

Der erneute Antrag der Klägerin, ihr als Revisionsbeklagten das Armenrecht zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Klägerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Armenrecht für das Revisionsverfahren verweigert worden, weil sie nicht glaubhaft gemacht habe, daß es allgemeinen Interessen zuwiderlaufe, wenn die Rechtsverfolgung unterbleibe (§ 114 Abs. 4 ZPO). Inzwischen hat der Senat durch ein Teilurteil, das zur Aufnahme in die Amtliche Sammlung bestimmt ist, das Berufungsurteil teilweise zum Nachteil der Klägerin aufgehoben und im übrigen gemäß § 136 GVG die Sache dem Großen Senat für Zivilsachen vorgelegt, weil in einer prozeßrechtlichen Frage (Anwendbarkeit der §§ 512 a, 549 Abs. 2 ZPO auch bei Streit über die internationale Zuständigkeit?) der Senat von der bisherigen Rechtsprechung abweichen will. Die Klägerin hat daraufhin um Überprüfung des früheren Beschlusses und erneut um Bewilligung des Armenrechts gebeten, weil der Rechtsstreit offenbar der Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen diene und schon deshalb die Voraussetzung des § 114 Abs. 4 ZPO gegeben sei. Dem kann nicht beigetreten werden.

Nach der amtlichen Begründung (RAnz 1933 Nr. 257) soll die Vorschrift des § 114 Abs. 4 ZPO, die durch Gesetz vom 27. Oktober 1933 (RGBl I 780) eingeführt wurde, nur in besonderen Ausnahmefällen angewendet werden. Die Begründung führt als Beispiele nur Fälle an, in denen wirtschaftliche oder soziale Interessen der Allgemeinheit unmittelbar berührt werden, wenn die juristische Person die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unterläßt. Der Bundesgerichtshof hat in BGHZ 25, 183, 185 ausgesprochen, daß - mindestens in der Regel - das allgemeine Interesse an der richtigen Entscheidung eines Prozesses nicht als ausreichend für § 114 Abs. 4 ZPO anzusehen sei. Dasselbe muß für den Fall gelten, daß ein Rechtsstreit dem Revisionsgericht Rechtsfragen von allgemeinem Interesse aufgibt, die Folgen einer Nichtdurchführung des Rechtsstreits im übrigen aber nur die juristische Person selbst treffen. Die Beantwortung rechtlicher Fragen ist nicht Zweck, sondern nur Mittel des Prozesses. Muß sie unterbleiben, weil die juristische Person den Rechtsstreit nicht durchführt, so läuft das im Sinne des § 114 Abs. 4 ZPO nicht allgemeinen Interessen zuwider.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018602

DB 1965, 590 (Volltext mit amtl. LS)

NJW 1965, 585

NJW 1965, 585 (Volltext mit amtl. LS)

MDR 1965, 379

MDR 1965, 379 (Volltext mit amtl. LS)

GmbHR 1965, 96 (Volltext mit amtl. LS)

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