Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Urteil vom 16.01.2012) |
Tenor
1. Die Anträge des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Landau vom 16. Januar 2012 sowie der Frist zur Anbringung eines Wiedereinsetzungsantrags in den vorigen Stand werden verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der gemeinschädlichen Sachbeschädigung in 9 Fällen sowie der Sachbeschädigung in 82 Fällen, davon in zehn Fällen in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Rz. 2
Hinsichtlich dieses in Anwesenheit des Angeklagten verkündeten Urteils hat sein Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Januar 2012 auf Rechtsmittel verzichtet. Mit Schreiben vom 28. Januar 2012 – bei Gericht eingegangen am 1. Februar 2012 – hat der Angeklagte gleichwohl Revision gegen das Urteil eingelegt und zur Begründung ausgeführt, sein Verteidiger habe ihm nach Urteilsverkündung ein Schriftstück – wohl die schriftliche Rechtsmittelbelehrung – nicht mitgegeben; deshalb sei die Frist zur Revisionseinlegung „verpasst” worden. Mit Schreiben vom 1. Februar 2012 hat er sodann erklärt, er habe der „Nichteinlegung der Revision zugestimmt”, weil ihn sein Verteidiger hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Revision falsch beraten habe; dieser habe erklärt, „eine Revision hätte zu 99 % keine Erfolgsaussichten”.
Rz. 3
Mit Schreiben seiner neuen Verteidigerin vom 12. Februar 2012 beantragte diese für den Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Revisionseinlegungsfrist und hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags. Die Revision begründete sie unter Erhebung der allgemeinen Sachrüge mit Schriftsatz vom 18. April 2012, die sie unter dem 25. April 2012 näher ausführte.
Rz. 4
1. Es kann offen bleiben, ob den Wiedereinsetzungsanträgen bereits deshalb der Erfolg zu versagen ist, weil sie infolge eines wirksamen Rechtsmittelverzichts durch den ersten Verteidiger des Angeklagten unzulässig sind. Für das Vorliegen der erforderlichen Ermächtigung des Verteidigers zur Erklärung des Rechtsmittelverzichts könnte zwar die Äußerung des Angeklagten sprechen, er habe der „Nichteinlegung der Revision zugestimmt”, zwingend ist dies indes nicht.
Rz. 5
Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Angeklagten gleichwohl nicht bewilligt werden, weil seine letztgenannte Erklärung jedenfalls belegt, dass er sich nach Beratung durch seinen ersten Verteidiger zunächst bewusst gegen die Einlegung der Revision entschieden hatte; wer aber von einem befristeten Rechtsbehelf bewusst keinen Gebrauch macht, ist nicht im Sinne des § 44 Satz 1 StPO „verhindert, eine Frist einzuhalten” (BGH, Beschluss vom 10. August 2000 – 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160; Beschluss vom 23. September 1997 – 4 StR 454/97, NStZ-RR 1998, 109; KK-Maul, 6. Aufl., § 44 Rn. 17 mwN). Das gilt auch dann, wenn ein Angeklagter – wie hier vom Beschwerdeführer behauptet – nach Beratung durch seinen Verteidiger die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels möglicherweise falsch einschätzt (BGH, Beschluss vom 10. August 2000 – 4 StR 304/00, NStZ 2001, 160; Beschluss vom 16. Mai 2000 – 4 StR 147/00, BGHR StPO § 44 Anwendungsbereich 2; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 44 Rn. 5).
Rz. 6
2. Da die Revision nicht innerhalb der Frist des § 341 Abs. 1 StPO eingelegt wurde, war sie nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.
Unterschriften
Becker, Pfister, Mayer, Gericke, Spaniol
Fundstellen
Haufe-Index 3115211 |
NStZ-RR 2012, 285 |