Verfahrensgang

LG Traunstein (Entscheidung vom 15.11.2022; Aktenzeichen KLs 630 Js 24191/21 jug)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 15. November 2022, soweit es sie betrifft, aufgehoben:

a) im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen zum Wert der Tatbeute im Fall III.2.e) der Urteilsgründe; die übrigen Feststellungen zum Strafausspruch bleiben aufrechterhalten,

b) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen im Fall III.2.e) der Urteilsgründe über einen Betrag von 395.196 Euro; die die weiteren Fälle betreffende Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 204.000 Euro bleibt bestehen.

2. Die weitergehende Revision der Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in sechs Fällen sowie wegen versuchten banden- und gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Raub und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 599.196 Euro angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Rz. 2

Auch wenn das Landgericht die Anwendbarkeit von Erwachsenenstrafrecht gemäß § 105 Abs. 1 JGG auf die Angeklagte an sich rechtsfehlerfrei begründet hat, hält der Strafausspruch insgesamt rechtlicher Nachprüfung nicht stand; die Feststellungen des Landgerichts in Bezug auf den Wert des entwendeten Schmucks als Tatbeute im Fall III.2.e) der Urteilsgründe sind unzureichend. Dies führt auch zur Aufhebung der entsprechenden Anordnung zur Einziehung des Wertes von Taterträgen bei dieser Einzeltat.

Rz. 3

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwendete die Angeklagte im Fall III.2.e) der Urteilsgründe der Geschädigten S.   verschiedene, im Urteil näher beschriebene Schmuckstücke aus Gold und andere Wertgegenstände (UA S. 14 f.), bei denen das Landgericht von einem Gesamtwert von 395.196 Euro ausgeht. Dabei legt das Landgericht zur Wertbestimmung ohne nähere Ausführungen und ohne eigene inhaltliche Prüfung nur eine von der Geschädigten angefertigte Zusammenstellung der Gegenstände mit deren Angabe von Wiederbeschaffungswerten (UA S. 27) zu Grunde.

Rz. 4

b) Diese Feststellungen zum Wert des bei der Tat entwendeten Schmucks begegnen sowohl in Bezug auf die Bestimmung des Schuldumfangs der Tat als auch im Blick auf die insoweit angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Rz. 5

Maßgeblich für die Bestimmung des Wertes der durch die Tat erlangten Vermögenswerte und daran anknüpfend des der Einziehung unterliegenden Geldbetrages i.S.d. § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB ist der Verkehrswert der Sache im Zeitpunkt der Erlangung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2023 - 6 StR 519/22 Rn. 2 ff.; vom 10. Januar 2023 - 1 StR 358/22 Rn. 4 und vom 16. Dezember 2020 - 6 StR 386/20 Rn. 2; je mwN). Insoweit bedarf es bereits daher näherer Feststellungen zum jeweiligen Verkehrswert der durch die Tat erlangten Vermögenswerte, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines entsprechenden Sachverständigen oder im Wege einer Schätzung (§ 73d Abs. 2 StGB). Das Landgericht hat demgegenüber rechtsfehlerhaft auf die von der Geschädigten S.   angegebenen Wiederbeschaffungswerte abgestellt.

Rz. 6

c) Da das Landgericht bei der Verhängung der Einzelstrafe im Fall III.2.e) der Urteilsgründe von vier Jahren Freiheitsstrafe im Rahmen der konkreten Strafzumessung zu Lasten der Angeklagten maßgeblich auf den erheblichen materiellen Schaden der Tatbeute in Höhe von 395.196 Euro als bestimmende Strafzumessungserwägung abgestellt hat (UA S. 49), vermag der Senat nicht auszuschließen, dass diese Einzelstrafe, die gleichzeitig auch die Einsatzstrafe ist, auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht.

Rz. 7

d) Die Aufhebung der Einzelstrafe im Fall III.2.e) der Urteilsgründe zieht auch die Aufhebung der übrigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich, um dem neuen Tatgericht eine in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen. Die bisherigen Feststellungen zum Wert der erlangten Vermögenswerte im Fall III.2.e) der Urteilsgründe können keinen Bestand haben und müssen daher ebenfalls aufgehoben werden (§ 353 Abs. 2 StPO).

Rz. 8

e) Dies führt auch zur Aufhebung der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) in Bezug auf Fall III.2.e) der Urteilsgründe in Höhe eines Betrages von 395.196 Euro. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 204.000 Euro, welche die weiteren von der Angeklagten begangenen Einzeltaten betrifft, ist von dem aufgezeigten Rechtsfehler demgegenüber nicht betroffen.

Jäger     

Bellay     

Fischer

Bär     

Leplow     

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15734783

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