Leitsatz (amtlich)

Wird nach Vorlage einer weiteren Beschwerde an den Bundesgerichtshof der angefochtenen Beanstandungsverfügung des Grundbuchamts Rechnung getragen, bleibt die Beschwerde zulässig, soweit die Beschwerdeführer sie auf den Kostenpunkt beschränken.

Miteigentümer eines Grundstücks können durch einen dinglichen Vertrag Wohnungseigentum nach § 3 WEG auch in der Weise begründen, daß sie sowohl die Zahl der Miteigentumsanteile verändern (zusammenlegen) als auch diesen (neuen) Anteilen jeweils das Sondereigentum an einer Wohnung zuordnen.

 

Normenkette

GBO § 78; WohnungseigentumsG § 3

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 02.06.1982; Aktenzeichen 2 Wx 3/82)

LG Köln (Urteil vom 10.12.1981; Aktenzeichen 11 T 282/81)

 

Tenor

Die Hauptsache ist erledigt. Gebühren und Auslagen werden in allen Instanzen nicht erhoben.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 4 waren Miteigentümer der betroffenen Grundstücke zu je 1/4. Mit Urkunde des Notars Dr. B… vom 19. Oktober 1981 Nr. …/1981 bewilligten und beantragten sie vorab die Zuschreibung der Flurstücke 146 und 147 zum Flurstück 148 und erklärten sodann u. a. folgendes:

„Zunächst vereinigen die Eheleute F H… ihre Miteigentumsanteile von je 1/4 zu einem 1/2 Anteil im Wohnungseigentum, an dem sie je zur Hälfte beteiligt sind.

Sodann vereinigen die Eheleute D H… ihre Miteigentumsanteile von je 1/4 zu einem 1/2 Anteil im Wohnungseigentum, an dem die Eheleute D H… zu je 1/2 Anteil beteiligt sind.

§ 1

Begründung von Wohnungseigentum

Wir teilen hiermit das Eigentum an dem vorbezeichneten Grundstück nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in der Weise auf, daß mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer Wohnung samt Nebenräumen verbunden ist. …”

Auf entsprechenden Vollzugsantrag des Notars hat der Rechtspfleger mit Zwischenverfügung vom 26. Oktober 1981 beanstandet, daß es an einer wirksamen Vereinbarung nach § 3 WEG oder einer wirksamen Teilungserklärung nach § 8 WEG fehle. Die als Beschwerde behandelte Erinnerung gegen diese Zwischenverfügung des Grundbuchamts hat das Landgericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht möchte die weitere Beschwerde ebenfalls zurückweisen, sieht sich hieran jedoch durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Neustadt vom 20. Juli 1959 (NJW 1960, 295) und vom 26. Januar 1960 (NJW 1960, 1067) gehindert und hat deshalb die weitere Beschwerde nach § 79 Abs. 2 GBO dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Änderungsurkunde vom 27. Juli 1982 haben die Beschwerdeführer der Beanstandung des Rechtspflegers Rechnung getragen. Sie teilen den betroffenen Grundbesitz nunmehr so in Wohnungseigentum auf, daß „alle Beteiligten zu je 1/4 Anteil Eigentümer in Bruchteilsgemeinschaft bezüglich der beiden zu bildenden Wohnungseigentumseinheiten werden”. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer hat die Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränkt.

II.

Die Vorlage ist zulässig. Das Oberlandesgericht hält die notwendige Bildung von vereinigten Miteigentumsanteilen zu je 1/2 auf dem vom Notar ursprünglich vorgesehenen Weg nicht für möglich. Demgegenüber ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Neustadt die Rückführung der 1/4 Bruchteile in 1/2 Anteile so möglich, daß auf dem Grundbuchblatt des Grundstücks die Beteiligten als Eigentümer der 1/2 Bruchteile „verbunden in Wohnungseigentum” eingetragen werden. Die Vorlegungsfrage geht um die Auslegung einer bundesgesetzlichen Vorschrift (§ 3 WEG), die das Grundbuchrecht betrifft (vgl. auch RGZ 146, 308, 311).

III.

Die Beschwerdeführer haben die nunmehr in der Hauptsache gegenstandslos gewordene Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränkt. Aus der Zurückweisung der ersten Beschwerde ergab sich für sie auch ohne besonderen Ausspruch die Verpflichtung gegenüber der Gerichtskasse, die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO). Da sich erst nach Einlegung der weiteren Beschwerde die Hauptsache erledigt hat, bleibt die Beschwerde zulässig mit dem Ziel, diese Kostentragungspflicht zu beseitigen. Insoweit folgt der Senat der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. RGZ 62, 140, 142; 71, 312, 313; 134, 303, 304; OLG Frankfurt a.M. NJW 1962, 2113; Kammergericht OLGZ 1972, 113 und OLGZ 1974, 364, 365; BayObLGZ 1958, 222 ff; 1955, 48 ff; 1968, 195, 198; Horber, GBO 15. Aufl. § 71 Anm. 5 C a; Ertl KEHE GBO 2. Aufl. § 71 Rdn. 52 m.w.N. und § 78 Rdn. 78). Weil nach Vorlage der Sache der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberlandesgerichts getreten ist, muß nunmehr der Senat auch über die eingeschränkte Beschwerde entscheiden. Insoweit kommt es darauf an, ob die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts begründet gewesen wäre, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte. Das ist der Fall; die Bedenken des Grundbuchamts waren unbegründet.

IV.

1. Das Oberlandesgericht führt aus: Miteigentümer nach Bruchteilen könnten ihr Recht vertraglich auf Sondereigentum beschränken (§ 3 WEG). Im vorliegenden Fall müsse dann aber zwingend jeder 1/4 Anteil mit Sondereigentum verbunden werden. Das sei nicht beabsichtigt. Die Miteigentümer könnten zwar auch eine Aufteilung nach § 8 WEG vornehmen, dann setze sich aber die bestehende Bruchteilsgemeinschaft mit je 1/4 Anteilen zwingend an den zu schaffenden zwei Wohnungseigentumsrechten fort. Auch das sei nicht gewollt. Solle jedem Ehepaar nur ein Miteigentumsanteil von 1/2 zustehen, so sei problematisch, wie sich die ursprünglichen Anteile von je 1/4 in 1/2 Anteile verwandelten, ohne daß die alte Bruchteilsgemeinschaft in eine andere Gemeinschaftsform überfuhrt werde und daß vorab entsprechende Vereinbarungen getroffen und diese ins Grundbuch eingetragen würden. Mit dem Oberlandesgericht Neustadt sei davon auszugehen, daß die Ehepaare ihr wirtschaftliches Ziel einer gemeinsamen Mitberechtigung am Wohnungseigentum nur durch Vereinigung der beiden Viertelanteile zu je einem Halbanteil erreichen könnten. Nach unbestrittenem Rechtssatz könne Miteigentum nach Bruchteilen nicht wieder in sich unterteilt werden. Rechtstechnisch liege die Schwierigkeit darin, die bisherigen Bruchteile durch ein rechtliches Band zu verbinden. Die vom Oberlandesgericht Neustadt vorgeschlagene Vereinigung zur Bildung von Wohnungseigentum mit „Gesamthandscharakter und gesellschaftsähnlichen Zügen” scheide aus, weil die Zahl der Gesamthandsgemeinschaften begrenzt sei und durch Parteivereinbarung nicht erweitert werden könne. Diese rechtlichen Bedenken ließen sich auch nicht dadurch ausräumen, daß man die Umwandlung der Viertelanteile in Halbanteile je Ehepaar als einen mehr technischen Vorgang ansehe (Landgericht München Rpfleger 1969, 431 ff). Das Bestreben nach einem sachgerechten Ergebnis könne methodisch nicht mit dem Ergebnis gleichgesetzt werden. Materiellrechtlich gebotene Umgestaltungen von Gemeinschaftsverhältnissen seien nicht bloß mit Grundbucheintragungen zu bewirken (oder zu überbrücken).

Das Oberlandesgericht erwägt, in der Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft die gleichzeitige Begründung einer BGB-Gesellschaft zu sehen, deren Ziel mit der Bildung von Wohnungseigentum erreicht sei. Abgesehen von Bedenken aus § 705 BGB sei aber auch dieser Weg ohne vorherige Veränderungseintragungen im Grundbuch nicht gangbar, die aber von den Beschwerdeführern gerade nicht gewollt seien.

2. Diesen Ausführungen folgt der Senat nicht.

Die Beteiligten wollten Wohnungseigentum dadurch begründen, daß sie ihr Miteigentum an einem Grundstück durch Vertrag nach § 3 WEG beschränkten. Da nur zwei Wohnungseigentumsrechte beabsichtigt waren, wollten die beteiligten Ehepartner daran je hälftig in Form einer Bruchteilsgemeinschaft beteiligt sein. Diese angestrebte Zuordnung ist nach heute ganz unbestrittener Meinung zulässig. Es geht dabei nicht um die nach allgemeiner Ansicht unmögliche Aufteilung eines gewöhnlichen Bruchteilseigentums in Unterbruchteilseigentum (vgl. BGHZ 13, 133, 141; KGJ 51, 198, 201), sondern um Bruchteilseigentum an einer neuen Rechtsform, nämlich dem Wohnungseigentum, das durch die untrennbare Verbindung von Miteigentumsanteil und Sondereigentum (vgl. § 1 Abs. 2, § 6 WEG) entsteht (vgl. BGHZ 49, 250, 252; Staudinger/Ring, WEG 11. Aufl. Rdn. 31 und 32 m.w.N.; Weitnauer, DNotZ 1960, 115, 117 m.w.N.). Das bezweifelt auch das vorlegende Oberlandesgericht in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Neustadt (NJW 1960, 295, 296) nicht.

Ebenso unstreitig kann nach den zwingenden Bestimmungen von § 3 und § 6 WEG das Sondereigentum an einer Wohnung jeweils nur miteinem Miteigentumsanteil verbunden werden, weshalb im vorliegenden Fallzur Bildung von Wohnungseigentum die bisherigen 1/4 Miteigentumsanteile der beteiligten Ehepartner auf einen einheitlichen Miteigentumsanteil von je 1/2 zurückgeführt werden müssen. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß es den Beteiligten nicht darum geht, gewöhnliches hälftiges Bruchteilseigentum zu bilden, an dem sie untereinander wieder je hälftig beteiligt sein sollen, sondern sie wollen vertraglich Wohnungseigentum begründen und benötigen rechtstechnisch dazu nur zwei Miteigentumsanteile, denen jeweils das Sondereigentum an einer Wohnung zugeordnet werden kann.

Die vom vorlegenden Oberlandesgericht gesehenen Schwierigkeiten (kein Unterbruchteilseigentum, deshalb Notwendigkeit eines rechtlichen Bandes zwischen den Anteilen der beteiligten Ehepaare) beruhen darauf, daß es § 3 WEG so versteht, als müßten schonvor einer Vereinbarung über die Bildung von Wohnungseigentum so viele gewöhnliche Miteigentumsbruchteile vorliegen, als für die Zuordnung des Sondereigentums an den Wohnungen notwendig sind. Dieser Gedanke liegt wohl auch noch den erwähnten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Neustadt zugrunde, das eine Vereinigung der Bruchteile unter entsprechender Eintragung im Grundbuch des Grundstücks, allerdings „verbunden in Wohnungseigentum” für notwendig und richtig hält (NJW 1960, 1067). Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck von § 3 WEG schließen es aber aus, daß die beteiligten Miteigentümer ineinem auf die Begründung von Wohnungseigentum gerichteten dinglichen Vertrag (§ 3, §4 Abs. 1 WEG) sowohl die Zahl der Miteigentumsanteile verändern (zusammenlegen) als auch diesen (neuen) Anteilen jeweils das Sondereigentum an einer Wohnung zuordnen. So gesehen soll die Zusammenlegung der Anteile die Entstehung von Wohnungseigentum nur ermöglichen und vorbereiten.

Die gegenteilige Auffassung würde in den praktisch nicht seltenen Fällen der vorliegenden Art auch zu einem sachlich unnötigen Umweg mit einer Zwischeneintragung der beteiligten Miteigentümer führen, wobei sie zusätzlich gezwungen wären, für ihre Beteiligung an dem vereinigten Miteigentumsanteil mindestens übergangsweise eine BGB-Gesellschaft zu bilden, die nicht ihrem Willen entspricht. Dem von Weitnauer (DNotZ 1960, 118 Fußn. 9) vorgeschlagenen und vom Landgericht München (Rpfleger 1969, 431) dann beschrittenen einfacheren Lösungsweg, den auch der Senat für richtig hält, wird deshalb in der Literatur weitgehend zugestimmt (vgl. Diester, Rpfleger 1969, 432 als Anm, zur Entscheidung des LG München I; MünchKomm/Röll, WEG § 1 Rdn. 23; Palandt/Bassenge, WEG 42. Aufl. § 3 Anm. 1 b; Soergel/Baur, WEG 11. Aufl. § 3 Rdn. 2; Weitnauer, WEG 6. Aufl. § 3 Rdn. 2 a; dem Oberlandesgericht Neustadt zustimmend auch Bärmann/Pick/Merle, WEG 4, Aufl. § 3 Rdn. 8 und § 7 Rdn. 13; Bärmann/Pick, WEG 9. Aufl. § 1 Anm. II; wohl auch Erman/Ganten, WEG 7. Aufl. § 8 Rdn. 7). Entgegen der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts geht es dabei nicht darum, in methodisch bedenklicher Weise das Bestreben nach einem sachgerechten Ergebnis mit dem Ergebnis selbst gleichzusetzen. Der beschriebene Weg beruht vielmehr auf sachgerechter und praktisch vernünftiger Auslegung von § 3 WEG, nach der eine vertragliche Begründung von Wohnungseigentum unter gleichzeitiger Zusammenlegung der Miteigentumsanteile zulässig ist.

Das bedeutet für den Grundbuchvollzug, daß entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Neustadt (NJW 1960, 1067) die Zusammenlegung der 1/4 Miteigentumsanteile lediglich im Wohnungsgrundbuch (§ 7 Abs. 1 WEG) verlautbart wird (vgl. auch Landgericht München aaO mit zustimmender Anmerkung von Diester; Palandt/Bassenge aaO und Soergel/Baur aaO). Vor Eintragung im Wohnungsgrundbuch gibt es keine Miteigentümer „verbunden in Wohnungseigentum” (wie das Oberlandesgericht Neustadt aaO meint; kritisch dazu Weitnauer, DNotZ 1960, 118 Fußn. 9); mit entsprechender Eintragung im Wohnungsgrundbuch ist der einheitliche auf Bildung von Wohnungseigentum unter Zusammenlegung der Miteigentumsanteile gerichtete dingliche Vertrag vollzogen. Das Grundbuchblatt des Grundbuchs wird von Amts wegen geschlossen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 WEG, soweit nicht von der Möglichkeit des § 7 Abs. 2 WEG Gebrauch gemacht wird). Weitere Eintragungen dort sind nicht mehr veranlaßt.

 

Unterschriften

Dr. T, Dr. E, H, V, R

 

Fundstellen

Haufe-Index 512656

BGHZ

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