Tenor

Die außerordentliche Beschwerde gegen den Beschluß des Kartellsenats des Kammergerichts vom 11. Dezember 1996 wird auf Kosten der Beigeladenen zu 3 verworfen.

Der Wert des Gegenstandes der Beschwerde wird auf

150.000,– DM

festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluß vom 11. Dezember 1996 hat der Kartellsenat des Kammergerichts die Beschwerde mehrerer Gesellschafter des Deutschen Lotto- und Totoblocks gegen eine Entscheidung des Bundeskartellamts zurückgewiesen, in der dem Deutschen Lotto- und Totoblock untersagt worden war, gewerbliche Veranstalter von Spielgemeinschaften von der Teilnahme an seinen Ausspielungen auszuschließen. Zu diesem Verfahren war eine Reihe von gewerblichen Anbietern derartiger Spielgemeinschaften, unter anderem die Beigeladene zu 3, beigeladen worden. Diesen Beigeladenen hat das Kammergericht in seiner Entscheidung einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beschwerdeführer zuerkannt, soweit sie an der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde teilgenommen haben. Da diese Voraussetzung bei der Beigeladenen zu 3 nicht erfüllt war, hat es in ihrem Fall eine Kostenerstattungspflicht ausdrücklich abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beigeladene zu 3 zunächst mit einer Gegenvorstellung gewandt. Nachdem diese ohne Erfolg geblieben war, hat sie gegen die Entscheidung des Kammergerichts außerordentliche Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses auszusprechen, daß die Beschwerdeführer in dem Verfahren Kart 1/96 des Kammergerichts im Beschwerdeverfahren auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3 zu erstatten haben. Das Kammergericht hat dieser Beschwerde nicht abgeholfen und sie antragsgemäß dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Die Gesellschafter des Deutschen Lotto- und Totoblocks sind der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die außerordentliche Beschwerde der Beigeladenen zu 3 ist unzulässig. Mit ihrem Rechtsbehelf wendet sie sich gegen die Auffassung des Kammergerichts, das sich zur Zuerkennung eines Kostenerstattungsanspruchs außerstande gesehen hat. Gegenstand des mit dem Rechtsbehelf geführten Angriffs ist damit die Entscheidung des Kammergerichts zum Kostenpunkt, gegen die nach § 74 Abs. 1 GWB (§ 73 GWB a.F.) eine Beschwerde zum Bundesgerichtshof nicht eröffnet ist (vgl. Sen.Beschl. v. 23.2.1988 - KVR 6/87, WuW/E 2478, 2479 - Coop-Wandmaker).

Die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung ausnahmsweise eine außerordentliche Beschwerde gegen mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht anzugreifende Entscheidungen zuläßt, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Ein solches Rechtsmittel ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allenfalls dann als zulässig angesehen worden, wenn die angefochtene Entscheidung an einem Mangel leidet, der sie als greifbar gesetzwidrig erscheinen läßt (vgl. dazu BGH WuW/E 2478, 2479 - Coop-Wandmaker; siehe auch BGH, Beschl. v. 16.3.1998 - II ZB 19/97, MDR 1998, 733 = NJW 1998, 1715 und v. 22.7.1997 - XI ZB 15/97, MDR 1997, 1065 jew. m.w.N.). Voraussetzung für die Feststellung einer solchen Gesetzwidrigkeit ist, daß die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (BGH NJW 1998, 1715 u. MDR 1997, 1065). So liegt der Sachverhalt indessen nicht.

Einen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten hat das Kammergericht der Beigeladenen zu 3 versagt, weil diese nicht an der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde teilgenommen habe. Das entspricht in seinem Kern der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die eine Erstattung außergerichtlicher Kosten eines Beigeladenen regelmäßig davon abhängig machen, daß dieser durch die Stellung von Anträgen im Verfahren ein eigenes, die Erstattung von Kosten des Gegners einschließendes Risiko eingegangen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.6.1995 - 4 B 126.95, NJW 1995, 2867; Beschl. v. 7.11.1993 - 1 C 8.93; Urt. v. 15.5.1997 - 3 C 16.96, Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 245; Beschl. v. 7.11.1995 - 7 C 71.94, Buchholz 113 § 5 InVorG Nr. 3; Urt. v. 24.7.1996 - 7 KSt 7.96, Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 31). Hat – wie im vorliegenden Fall – eine mündliche Verhandlung stattgefunden, setzt die Erstattungspflicht damit regelmäßig eine Teilnahme an dieser voraus.

Bereits diese Rechtsprechung, deren Übernahme in das kartellverwaltungsrechtliche Verfahren keinen Rechtsfehler erkennen läßt, schließt es aus, die vom Kammergericht vorgenommene Kostenverteilung als gesetzesfremd anzusehen.

Soweit die Beschwerde darüber hinaus geltend macht, die vom Kammergericht verlangte Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sei der Beigeladenen zu 3 wegen ihrer zwischenzeitlich eingetretenen, auch auf dem kartellrechtswidrigen Verhalten der Gesellschafter des Deutschen Lotto- und Totoblocks beruhenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten unmöglich gewesen, berührt das diese Beurteilung nicht. Dieser Einwand betrifft allein die konkrete Anwendung der genannten Grundsätze im Einzelfall; soweit dem Kammergericht dabei ein Rechtsirrtum unterlaufen sein sollte, führte dieser nicht zu einer greifbaren Gesetzwidrigkeit. Das von der Rechtsprechung entwickelte Instrument der außerordentlichen Beschwerde aus diesem Gesichtspunkt dient nicht dazu, eine nach dem Gesetz nicht bestehende allgemeine sachliche Überprüfung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte zu eröffnen. Sein Zweck ist allein, Korrekturen bei besonders gewichtigen Verstößen gegen die Rechtsordnung zu ermöglichen. Hierfür genügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung als solche allein nicht, so daß hier dahinstehen kann, ob dem Kammergericht mit der Vernachlässigung des Vorbringens der Beigeladenen zu 3 ein derartiger Fehler unterlaufen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.

 

Unterschriften

Geiß, Melullis, Goette, Ball, Bornkamm

 

Fundstellen

WuW 2000, 744

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