Leitsatz (amtlich)

Wird zugunsten mehrerer Berechtigter ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht bestellt, auf das § 513 BGB Anwendung findet, kann bei der Eintragung einer Vormerkung zugunsten der Berechtigten die Angabe des nach Ausübung des Rechts zwischen ihnen zustande kommenden Gemeinschaftsverhältnisses nicht verlangt werden. Gemäß § 47 GBO ist vielmehr in das Grundbuch einzutragen, daß § 513 BGB auf das Vorkaufsrecht Anwendung findet.

 

Normenkette

GBO § 47; BGB §§ 513, 883 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 16.02.1996)

KG Berlin

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beteiligten werden der Beschluß der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 1996 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Abteilung für Grundbuchsachen – Pankow/Weißensee vom 19. September 1995 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den Bedenken seiner Zwischenverfügung abzusehen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 1 sind zu je ½ Miteigentümer eines Grundstücks. Durch notariell beurkundeten – später mehrfach abgeänderten – Vertrag vom 5. Mai 1994 haben sie das Grundstück zu einem ideellen Anteil von insgesamt einem Drittel an die Beteiligten zu 2 verkauft. Beide Vertragsteile haben sich wechselseitig an dem jeweiligen ideellen Grundstücksanteil des anderen ein näher geregeltes schuldrechtliches Vorkaufsrecht eingeräumt. Dieses soll den jeweiligen Berechtigten gemeinschaftlich zustehen und sich im übrigen nach § 513 BGB richten. Zur Sicherung des durch die Ausübung des jeweiligen Vorkaufsrechts entstehenden Auflassungsanspruchs haben die Beteiligten die Eintragung von entsprechenden Vormerkungen bewilligt und beantragt.

Das Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung vom 19. September 1995 beanstandet, es fehle die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Berechtigten nach Ausübung des Vorkaufsrechts. Das Landgericht hat die als Beschwerde geltende Erinnerung der Beteiligten zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß haben die Beteiligten weitere Beschwerde eingelegt. Das Kammergericht möchte die Beschwerde zurückweisen. Hieran sieht es sich durch die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 26. Juli 1967 (BayObLGZ 1967, 275 = Rpfleger 1968, 52) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist gemäß § 79 Abs. 2 GBO statthaft.

Es geht um die Auslegung einer bundesgesetzlichen das Grundbuchrecht betreffenden Bestimmung. Entscheidungserheblich ist die Rechtsfrage, ob bei der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs mehrerer aus einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht gemäß § 47 GBO das Gemeinschaftsverhältnis anzugeben ist, das durch die Ausübung des Vorkaufsrechts am Anspruch auf Auflassung entsteht.

Der Vorlage steht nicht entgegen, daß die Entscheidung, von der das Kammergericht abweichen will, einen anders gelagerten Sachverhalt betrifft. Während sich der Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts auf die Sicherung eines Anspruchs aus einem Ankaufsrecht durch eine Vormerkung zum Gegenstand hat, geht es vorliegend um den (bedingten) Auflassungsanspruch aus einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat auf das seiner Entscheidung zugrundeliegende Ankaufsrecht § 513 BGB für anwendbar erachtet und seine Entscheidung hierauf gestützt. Da § 513 BGB im vorliegenden Fall unmittelbar zur Anwendung kommt, geht es um dieselbe Rechtsfrage, die das vorlegende Gericht abweichend beantworten will.

III.

Das zulässige Rechtsmittel (§§ 78, 80 GBO) hat in der Sache Erfolg. Im Grundbuch ist gemäß § 47 GBO zu verlautbaren, daß der Anspruch auf Übertragung des Eigentums auf einem den Berechtigten eingeräumten Vorkaufsrecht beruht, auf das § 513 BGB Anwendung findet. Anders als das vorlegende Gericht meint, kann bei der Eintragung der beantragten Vormerkung die Angabe eines anderen Gemeinschaftsverhältnisses oder die Angabe von Bruchteilen an dem durch die Ausübung des Vorkaufsrechts entstehenden Anspruch auf Übereignung nicht verlangt werden.

1. Nach § 47 GBO soll, wenn ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden soll, die Eintragung in der Weise erfolgen, daß entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird. Ein gemeinschaftliches Recht im Sinne der Vorschrift ist gegeben, wenn es den Berechtigten in Bruchteilsgemeinschaft, Gesamthandsgemeinschaft oder als Gesamtberechtigten gemäß § 428 BGB zusteht (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 4. Aufl., § 47 Rdn. 1 m.w.N.). Da die Verfügungsbefugnis der einzelnen Beteiligten bei den unterschiedlichen Arten der Gemeinschaft verschieden ist, verlangt der das Grundbuchrecht beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz, daß sich Art und Inhalt des Gemeinschaftsverhältnisses aus der Eintragung ergeben (OLG Zweibrücken, Rpfleger 1985, 284, 285; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, aaO, Rdn. 1; Demharter, Grundbuchordnung, 22. Aufl., § 47 Rdn. 1 m.w.N.).

§ 47 GBO gilt für alle Rechte, bei denen ein Gemeinschaftsverhältnis möglich ist, und zwar für Rechte im weitesten Sinn, also auch für Vormerkungen (Senatsbeschl. v. 9. Juli 1980, V ZB 5/80, Rpfleger 1980, 464, 465; Demharter, aaO, Rdn. 2 m.w.N.). Vormerkungsfähig sind bestimmte obligatorische Ansprüche, die eine Änderung der dinglichen Rechtslage in dem von § 883 Abs. 1 BGB bestimmten Umfang zum Ziel haben (Staudinger/Gursky, BGB, (1996) § 883 Rdn. 16). Steht ein solcher Anspruch mehreren zu und soll er durch eine Vormerkung gesichert werden, soll gemäß § 47 GBO in das Grundbuch das diesen Anspruch betreffende Gemeinschaftsverhältnis eingetragen werden. Haben mehrere Personen gemeinsam einen Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks, ist daher anzugeben, ob ihnen der Auflassungsanspruch als Gesamtgläubigern, nach Bruchteilen – unter Angabe der jeweiligen Anteile –, zur gesamten Hand (Senatsbeschl. v. 9. Juli 1980, V ZB 5/80, aaO) oder, wie im vorliegenden Fall, nach Maßgabe von § 513 BGB zusteht.

§ 513 BGB regelt nicht nur die Ausübung des Vorkaufsrechts, sondern bestimmt darüber hinaus das Verhältnis der Vorkaufsberechtigten untereinander und zum Vorkaufsverpflichteten (RGZ 158, 57, 61). Die Berechtigung mehrerer aus einem Vorkaufsrecht führt durch die in § 513 Satz 2 BGB bestimmte Regelung zu einer besonderen gesamthandsartigen Berechtigung der Beteiligten an dem vereinbarten Vorkaufsrecht (BayObLG Rpfleger 1968, 52; OLG Düsseldorf, MittRhNotK 1983, 49; Meikel/Böhringer, § 47 GBO Rdn. 7).

Besteht ein Vorkaufsrecht zugunsten mehrerer Berechtigter, hat die Ausübung des Rechtes gemäß § 513 Satz 1 BGB grundsätzlich gemeinsam zu erfolgen. Dieser Grundsatz wird durch § 513 Satz 2 BGB eingeschränkt. Übt einer der Berechtigten das Recht nicht aus oder ist sein Recht erloschen, berührt dies weder das Bestehen der Berechtigung der Verbliebenen, noch hindert es diese, ihr Recht auszuüben. Gemäß § 513 Satz 2 BGB kann das Recht vielmehr von den Verbliebenen ausgeübt werden. Der durch die Ausübung des Rechtes entstehende Anspruch der ihr Recht ausübenden Mitberechtigten auf Auflassung erstreckt sich auf den Anteil des Mitberechtigten, der das Vorkaufsrecht nicht (mit-)ausgeübt hat oder bei dem es erloschen ist (Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 513 Rdn. 3). Die Erstreckung des Anspruchs auf Auflassung folgt unmittelbar aus der Ausgestaltung des Vorkaufsrechts durch § 513 BGB. Damit bestimmt diese Vorschrift das Gemeinschaftsverhältnis der Beteiligten, das im Grundbuch bei der Eintragung der Vormerkung gemäß § 47 GBO zu verlautbaren ist. Dies hat dadurch zu erfolgen, daß der gesicherte Anspruch der Berechtigten als aus einem Vorkaufsrecht herrührend gekennzeichnet wird, für das § 513 BGB gilt.

2. Eine weitere Angabe ist nicht erforderlich. Entgegen der Meinung des vorlegenden Gerichts kann nicht verlangt werden, bei der Eintragung der Vormerkung bereits das Gemeinschaftsverhältnis anzugeben, welches zwischen den Berechtigten nach Eintritt der dinglichen Rechtsänderung bestehen wird.

Bei einem Vorkaufsrecht ist zwischen der Befugnis, das Vorkaufsrecht auszuüben (also der Befugnis, die erforderliche Willenserklärung abzugeben), und dem schuldrechtlichen Anspruch, der durch die Ausübung des Vorkaufsrechts entsteht (BayObLG, NJW-RR 1986, 1209, 1210; Staudinger/Mader, BGB, 1995, § 513 Rdn. 3), zu unterscheiden. Gläubiger des Anspruchs auf Auflassung ist nach § 505 Abs. 2 BGB der Vorkaufsberechtigte (Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II 1, 13. Aufl. § 44 III; MünchKomm-BGB/Westermann, 3. Aufl., § 505 Rdn. 5). Steht das Vorkaufsrecht mehreren zu, wird das Gemeinschaftsverhältnis der Berechtigten hinsichtlich der Frage, zu welchen Anteilen sie bei Ausübung des Vorkaufsrechts Gläubiger des Übertragungsanspruchs werden, von der hierzu bei der Bestellung des Vorkaufsrechtes zwischen den Berechtigten und dem oder den Verpflichteten getroffenen Vereinbarung bestimmt. Fehlt insoweit eine ausdrückliche Regelung und kann auch durch Auslegung des Vertrages kein anderer Wille festgestellt werden, greifen die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 741 ff BGB ein. Der Umstand, daß ein Recht mehreren gemeinschaftlich zusteht, führt gemäß § 741 BGB, wenn sich – wie beim Vorkaufsrecht – aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, ohne weiteres zur Bruchteilsgemeinschaft (Palandt/Thomas, aaO, § 741 Rdn. 4; vgl. auch Brambring in Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf, 6. Aufl., Rdn. 539; LG Mönchengladbach, MittRhNotK 1992, 273). Haben die Beteiligten nichts anderes vereinbart, richtet sich der Anspruch der Berechtigten gemäß § 742 BGB auf den Erwerb von Miteigentum zu gleichen Anteilen (vgl. Baur/Stürner, Lehrbuch des Sachenrechts, 16. Aufl., § 3 II 1 b, bb).

3. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ergibt sich auch nicht aus § 888 Abs. 1 Satz 1 BGB, daß das für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts geltende Gemeinschaftsverhältnis der Berechtigten zum notwendigen Inhalt der einzutragenden Vormerkung zählt. Wenn in das Grundbuch eine vormerkungswidrige Verfügung eingetragen worden ist, kann der Vormerkungsberechtigte für seinen Eintragungsantrag von dem Dritterwerber dessen nach § 19 GBO notwendige Zustimmung verlangen. In welcher Weise diese zu erklären ist, hängt von dem Inhalt der Vormerkung und der Beeinträchtigung ab (Palandt/Bassenge, aaO, § 888 Rdn. 5). Ist der zu sichernde Anspruch abgetreten, steht der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB dem Abtretungsempfänger zu (RG JW 27, 1413). Der notwendige Inhalt und der richtige Adressat der Zustimmungserklärung ergeben sich nicht notwendigerweise allein aus dem Grundbuch. Vielmehr ist es Sache des Vormerkungsberechtigten, Bestehen und Inhalt seines Zustimmungsanspruchs darzustellen und bei Bestreiten des Dritterwerbers zu beweisen.

 

Unterschriften

Hagen, Vogt, Wenzel, Schneider, Klein

 

Fundstellen

Haufe-Index 854148

BGHZ

BGHZ, 327

NJW 1997, 3235

BGHR

MittRhNotK 1998, 129

Nachschlagewerk BGH

WuB 1998, 149

ZIP 1997, 1924

MDR 1997, 1110

Rpfleger 1998, 154

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