Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung von Umsatzsteuererstattungsanspruch aus der Verwaltervergütung in die Berechnungsgrundlage für die Insolvenzverwaltervergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters der Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens ist, werden Steuererstattungsansprüche der Masse, die nach Einreichung der Schlussrechnung mit Sicherheit zu erwarten sind, in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen.

2. Die Masse erhöht ggf. auch eine sich etwa ergebende Vorsteuererstattung aufgrund der auf die Insolvenzverwaltervergütung entfallenden Umsatzsteuer.

3. Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch der Masse ergibt sich aber nach Einreichung der Schlussrechnung nur dann, wenn für den dann maßgeblichen Besteuerungszeitraum ein Überschuss der Vorsteuerbeträge festgestellt wird. Dann ist dieser vom Finanzamt zu erstatten und an die Masse auszubezahlen. Das Gericht hat deshalb festzustellen, ob für die Zeit nach Einreichung der Schlussrechnung aufgrund der auf die Verwaltervergütung zu zahlenden Umsatzsteuer tatsächlich eine Umsatzsteuererstattung sicher zu erwarten ist.

 

Normenkette

UStG § 15; InsO § 63 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Beschluss vom 28.08.2009; Aktenzeichen 5 T 313/07)

AG Schwerin (Beschluss vom 01.06.2007; Aktenzeichen 582 IN 111/06)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Insolvenzverwalters werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 28. August 2009 insgesamt und der Beschluss des Amtsgerichts Schwerin vom 1. Juni 2007 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Insolvenzverwalters bei der Berechnung seiner Vergütung die zu erwartende Umsatzsteuererstattung aus der Verwaltervergütung in Höhe von 7.157,33 EUR von der Berechnungsgrundlage abgezogen worden ist.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren – an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 655,83 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Rz. 1

Der Verwalter begehrte mit seinem Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung, in die Berechnungsgrundlage die auf seine Vergütung zu entrichtende Umsatzsteuer erhöhend einzurechnen. Da der Schuldner vorsteuerabzugsberechtigt sei, könne er diesen Umsatzsteuerbetrag vom Finanzamt erstattet verlangen.

Rz. 2

Das Amtsgericht hat die Vergütung des Insolvenzverwalters einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf insgesamt 46.629,25 EUR festgesetzt. Es hat den Umsatzsteuererstattungsanspruch der Masse bei der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters nicht berücksichtigt.

Rz. 3

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter sein Anliegen weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Rz. 4

Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO) ist zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und begründet.

Rz. 5

1. Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO der Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens. Einnahmen der Masse, die noch nicht feststehen, können grundsätzlich noch nicht Grundlage der Vergütungsfestsetzung des Verwalters sein. Steht aber ein späterer Massezufluss bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit fest, ist dieser bereits bei der Schlussrechnung und der hierauf gestützten Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen. Steuererstattungsansprüche der Masse, die nach Einreichung der Schlussrechnung mit Sicherheit zu erwarten sind, werden deshalb in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 – IX ZB 147/06, ZIP 2008, 81 Rn. 6 mwN; vom 17. Juli 2008 – IX ZB 150/07, juris Rn. 6; vom 1. Juli 2010 – IX ZB 66/09, ZInsO 2010, 1503 Rn. 5).

Rz. 6

Amtsgericht und Landgericht haben die Berücksichtigung der für die Vergütung zu zahlenden Umsatzsteuer bei der Bemessungsgrundlage grundsätzlich abgelehnt. Dem kann nicht gefolgt werden. Dies hat der Senat mit Beschluss vom 25. Oktober 2007 (aaO) entschieden. In den weiteren Entscheidungen vom 17. Juli 2008 (aaO) und vom 1. Juli 2010 (aaO) hat er an seiner Auffassung festgehalten. Hierauf wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Rz. 7

2. Die Masse schuldet auf die von ihr erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen die hierauf entfallende Umsatzsteuer. Hiervon kann die Vorsteuer der Vorumsätze gemäß § 15 UStG abgezogen werden. Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch der Masse ergibt sich aber nach Einreichung der Schlussrechnung nur dann, wenn für den dann maßgeblichen Besteuerungszeitraum ein Überschuss der Vorsteuerbeträge festgestellt wird. Dann ist dieser vom Finanzamt zu erstatten und an die Masse auszubezahlen (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007, aaO Rn. 9; vom 17. Juli 2008, aaO Rn. 8; vom 1. Juli 2010, aaO Rn. 7).

Rz. 8

Das Amtsgericht wird deshalb festzustellen haben, ob für die Zeit nach Einreichung der Schlussrechnung aufgrund der auf die Verwaltervergütung zu zahlenden Umsatzsteuer tatsächlich eine Umsatzsteuererstattung sicher zu erwarten ist. Diese ist sodann bei der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

 

Unterschriften

Kayser, Gehrlein, Fischer, Grupp, Möhring

 

Fundstellen

BFH/NV 2011, 1102

DStR 2011, 13

HFR 2011, 1049

NZI 2011, 326

ZInsO 2011, 791

HRA 2011, 9

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