Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 19.02.1988)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 16. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Februar 1988 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.412,64 DM

 

Tatbestand

I.

Die im Jahre 1937 geborene Antragstellerin (Ehefrau) und der im Jahre 1925 geborene Antragsgegner (Ehemann) haben am 7. Juni 1957 die Ehe geschlossen, aus der zwei in den Jahren 1959 und 1965 geborene Kinder hervorgegangen sind. Am 25. Januar 1986 ist dem Ehemann der Scheidungsantrag der Ehefrau zugestellt worden.

Während der Ehezeit (1. Juni 1957 bis 31. Dezember 1985, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt, und zwar die Ehefrau in Höhe von monatlich 373,50 DM und der Ehemann in Höhe von monatlich 1.083,80 DM. Dem Ehemann stehen außerdem Ansprüche auf Leistungen aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden- Württemberg (ZVK; weitere Beteiligte zu 1) zu, von der er seit dem 1. November 1984 Versorgung (anfangs: Versorgungsrente wegen Erwerbsunfähigkeit) bezieht. Der auf die Ehezeit entfallende Anteil der dynamischen Versorgungsrente aus der Zusatzversorgung betrug zunächst monatlich 582,86 DM. Nach einer zum 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Satzungsänderung der ZVK ist der Ehezeitanteil der an den Ehemann gezahlten dynamischen Versorgungsrente auf monatlich 347,41 DM herabgesetzt worden. Daneben erhält der Ehemann als Unterschiedsbetrag zwischen der neu errechneten Versorgungsrente und derjenigen, die ihm nach dem bis zum 31. Dezember 1984 geltenden Satzungsrecht zustand, einen statischen Ausgleichsbetrag, dessen Ehezeitanteil sich auf monatlich 235,45 DM beläuft. Der Ausgleichsbetrag wird bei jeder satzungsmäßigen Anpassung nach dem 1. Januar 1990 um 1/6, höchstens jedoch um den jeweiligen Dynamisierungsgewinn, abgebaut werden.

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt Württemberg (LVA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 355,15 DM (Hälfte des Wertunterschiedes zwischen 1.083,80 DM und 373,50 DM), bezogen auf den 31. Dezember 1985, auf das ebenfalls bei der LVA Württemberg geführte Rentenkonto der Ehefrau übertragen hat. Ferner hat es – auf der Grundlage einer früheren Auskunft der ZVK, die die Satzungsänderung zum 1. Januar 1985 noch nicht berücksichtigte – zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der ZVK auf dem Versicherungskonto der Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 291,43 DM, bezogen auf den 31. Dezember 1985, begründet.

Hiergegen hat die ZVK, unter Beschränkung auf die Entscheidung über die Einbeziehung des Ausgleichsbetrages in den Versorgungsausgleich, Beschwerde eingelegt mit der Begründung: Der Ausgleichsbetrag müsse beim öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich außer Ansatz bleiben, da er abbaufähig sei und tragfähige Grundlagen für seine Bewertung im Versorgungsausgleich fehlten.

Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde stattgegeben und die Entscheidung des Familiengerichts über das Quasi- Splitting dahin abgeändert, daß zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der ZVK auf dem Rentenkonto der Ehefrau Rentenanwartschaften von monatlich 173,71 DM (Hälfte des Ehezeitanteils der nach dem 1. Januar 1985 gezahlten Versorgungsrente von 347,41 DM), bezogen auf den 31. Dezember 1985, begründet werden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Ehefrau mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts erstrebt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Wie der Senat – nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung – durch Beschluß vom 21. September 1988 (IVb ZB 54/86, zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden hat, unterliegt der abzuschmelzende Ausgleichsbetrag nach § 97c der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBLS) nicht dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich.

a) Das gilt in gleicher Weise auch für den hier streitigen Ausgleichsbetrag, der in § 103 der Satzung der ZVK insoweit gleichlautend mit § 97c VBLS geregelt ist. Ebenso wie in der Zusatzversorgung der VBL gilt auch der Ausgleichsbetrag nach § 103 ZVKS als Versorgungsrente, ist aber anders als diese nicht dynamisch, sondern statisch (§ 103 Abs. 2 Satz 8 ZVKS). Er wird – abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmen (§ 103 Abs. 4 Satz 1 a dd; b dd; c cc; und Satz 2) – grundsätzlich nicht auf Dauer gewährt, sondern nach näherer Maßgabe des § 103 Abs. 3 und 4 der Satzung in zunächst sechs gleichen Raten anläßlich der nach § 47 Abs. 1 ZVKS durchzuführenden Anpassungen der Versorgungsrente abgebaut, höchstens jedoch jeweils um den sogenannten Dynamisierungsgewinn, d.h. um den Betrag, um den sich die Gesamtversorgung durch die Anpassung erhöht (§ 103 Abs. 3 Satz 2 ZVKS). Verbleibt nach der sechsten Anpassung ein noch nicht abgebauter Restbetrag, so wird dieser mit den folgenden Anpassungen jeweils um den Dynamisierungsgewinn weiter vermindert (§ 103 Abs. 3 Satz 3 ZVKS).

Der Abbau des dem Ehemann gezahlten Ausgleichsbetrages wird, wie die ZVK in ihrer von dem Oberlandesgericht in Bezug genommenen Auskunft vom 3. Februar 1987 unter Hinweis darauf mitgeteilt hat, daß bei der Ermittlung der Versorgung des Ehemannes 256 Umlagemonate berücksichtigt sind, mit der ersten Rentenanpassung nach dem 1. Januar 1990 beginnen (vgl. § 103 Abs. 4 Satz 1 a bb ZVKS).

b) Da der Ausgleichsbetrag zu den Anrechten auf eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung gehört, fällt er unter die Regelung des § 1587a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB und wäre danach nur dann in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen, wenn er im Zeitpunkt der Entscheidung unverfallbar wäre. Das ist indessen nicht der Fall. Der – degressive – Ausgleichsbetrag ist im Gegenteil grundsätzlich darauf angelegt, im Lauf der Zeit durch fortschreitenden Abbau zu „entfallen”. Damit scheidet seine Einbeziehung in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 1587a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB von vornherein aus (vgl. Senatsbeschluß vom 21. September 1988 m.w.N.).

Auch § 1587a Abs. 5 BGB ermöglicht keine Berücksichtigung des Ausgleichsbetrages im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Wie der Senat hierzu in dem erwähnten Beschluß vom 21. September 1988 (unter Bezugnahme auf BGHZ 90, 52, 67) ausgeführt hat, erweitert der Auffangtatbestand des § 1587a Abs. 5 BGB zwar den Kreis der auszugleichenden Versorgungen über den Bereich des § 1587a Abs. 2 BGB hinaus auf weitere nicht von Abs. 2 der Vorschrift erfaßte Anrechte. Voraussetzung für deren Berücksichtigung nach § 1587a Abs. 5 BGB ist aber, daß sie einer Bewertung nach billigem Ermessen in sinngemäßer Anwendung der in den Absätzen 2 bis 4 des § 1587a BGB enthaltenen Grundsätze zugänglich sind. Das ist bei dem Ausgleichsbetrag im Sinne von § 103 Abs. 2 Satz 7 ZVKS nicht der Fall. Zwar steht dem die nur begrenzte Laufzeit des Ausgleichsbetrages nicht von vornherein entgegen, da § 4 der Barwertverordnung für Versorgungen, die nicht lebenslang, sondern zeitlich begrenzt gewährt werden, eine Bewertungsmethode bereithält. Diese setzt jedoch die Feststellung der Laufzeit der Versorgung voraus (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Barwertverordnung). An der Möglichkeit, diese zuverlässig zu ermitteln, fehlt es hier. Die Dauer der Gewährung des Ausgleichsbetrages nach § 103 ZVKS an den Ehemann läßt sich im vorhinein weder feststellen noch auch nur verläßlich absehen. Denn sie hängt ab von dem Grad des Abbaus des Ausgleichsbetrages, der seinerseits durch die Höhe des bei jeder künftigen Anpassung der Versorgungen (nach dem 1. Januar 1990) auftretenden Dynamisierungsgewinnes begrenzt wird. Dieser ist, wie die ZVK zu Recht geltend macht, nicht voraussehbar. Damit fehlt jede tragfähige Grundlage für eine Bewertung des Ausgleichsbetrages.

Diesem Gesichtspunkt trägt der Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg (FamRZ 1986, 916), auf den sich die weitere Beschwerde zur Unterstützung ihrer Ansicht bezieht, nicht hinreichend Rechnung.

2. Das Oberlandesgericht hat es demnach zu Recht abgelehnt, den dem Ehemann aus der Zusatzversorgung der ZVK gewährten Ausgleichsbetrag in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen, weil er sich – wegen der satzungsgemäß vorgesehenen Abschmelzung – einer Bewertung nach § 1587a BGB entzieht.

 

Unterschriften

Lohmann, Portmann, Krohn, Zysk, Nonnenkamp

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1237695

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