Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligte an dem Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes. Heranziehung zur Lotteriesteuer für die öffentliche Veranstaltung eines rouletteartigen Kugelspiels

 

Leitsatz (amtlich)

  1. An dem Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist, wenn der anrufende Senat in einer Rechtsfrage von Entscheidungen mehrerer oberster Gerichtshöfe des Bundes abweichen will, außer dem anrufenden Senat nur der Senat beteiligt, der von allen divergierenden Senaten die Rechtsfrage als letzter entschieden hat.
  2. Auch wenn eine Rechtsfrage in verschiedenen Gesetzen geregelt ist, kann es sich um dieselbe Rechtsfrage im Sinne des § 2 Abs. 1 RsprEinhG handeln.
  3. Ein oberster Gerichtshof des Bundes ist, wenn er seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung inzwischen geändert hat und erneut mit derselben Sache befaßt wird, an seine zunächst vertretene Rechtsauffassung nicht gebunden.
 

Normenkette

ResprEinhG § 2; ResprEinhG § 4 Abs. 1 S. 3; ZPO § 565 Abs. 2; ArbGG § 72 Abs. 3; FGO § 126 Abs. 5; SGG § 170 Abs. 4; VwGO § 144 Abs. 6

 

Tenor

Ein Oberster Gerichtshof des Bundes ist, wenn er seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung inzwischen geändert hat und erneut mit derselben Sache befaßt wird, an seine zunächst vertretene Rechtsauffassung nicht gebunden.

 

Gründe

1.

Der Kläger hat öffentlich ein rouletteartiges Kugelspiel veranstaltet. Er wurde vom Finanzamt (FA) zur Lotteriesteuer herangezogen. Sein Einspruch blieb erfolglos. Die Berufung des Klägers führte zu einer Steuerherabsetzung durch das Finanzgericht (FG). Auf die Rechtsbeschwerde beider Parteien hob der 2. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) durch Urteil vom 8. Juni 1961 dieses Urteil auf und verwies die Sache an das FG mit der Begründung zurück, das vom Kläger veranstaltete rouletteartige Kugelspiel unterliege der Lotteriesteuer. Der 2. Senat des BFH hat nachträglich in dem eine andere Sache betreffenden Urteil vom 10. Juli 1968 - abweichend von dem Urteil vom 8. Juni 1961 - entschieden, daß Spiele, deren Charakter sich als Glücksspiel nur aus einer Ähnlichkeit mit dem Roulettespiel ergibt, nicht der Lotteriesteuer unterliegen. An dieser Auffassung möchte der 2. Senat des BFH an sich auch in der ersten Sache, nachdem er mit dieser erneut befaßt ist, festhalten, sieht sich jedoch daran gehindert, weil er nach seiner Ansicht an die der Zurückverweisung zugrunde liegende entgegengesetzte Rechtsauffassung in der Entscheidung vom 8. Juni 1961 gebunden ist. Allerdings würde er, wenn er sich trotz seiner inzwischen geänderten Rechtsprechung an die alte Rechtsauffassung halten würde, von den Urteilen des 1. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 27. März 1958, des 7. Senats des BVerwG von 11. Juli 1958 und dem Urteil des 5. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. März 1968 ebenso abweichen wie von dem Urteil des 3. Senats des BFH vom 23. August 1963. Er hat wegen der Abweichung von der letzteren Entscheidung dem Großen Senat des BFH die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob er im zweiten Rechtsgang das Urteil eines FG aufheben darf, wenn und soweit dieses an die der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung gebunden war und diese Bindung auch beachtet hat.

Der Große Senat des BFH beabsichtigt, die vorgelegte Rechtsfrage zu verneinen, sieht sich aber durch die Entscheidungen des BVerwG und des BSG hieran gehindert, nachdem diese Senate erklärt haben, daß sie an ihrer Rechtsauffassung festhalten. Er hat daher folgende Rechtsfrage dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GemS) durch Beschluß vom 17. Januar 1972 nach §§ 2, 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 - RSprEinhG - (BGBl I 661) zur Entscheidung vorgelegt:

"Darf ein oberster Gerichtshof des Bundes, wenn er seine Rechtsauffassung geändert hat, im zweiten Rechtsgang das Urteil der Vorinstanz aus Gründen aufheben, die der rechtlichen Beurteilung widersprechen, welche er im ersten Rechtsgang der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde gelegt hatte?"

2.

Die Voraussetzungen des § 2 RSprEinhG für die Vorlage an den GemS sind gegeben.

Die Rechtsfrage, in der der vorlegende Große Senat des BFH von den Entscheidungen des 1. und 7. Senats des BVerwG und des 5. Senats des BSG abweichen will, ist für die Entscheidung des bei dem BFH anhängigen Rechtsstreits erheblich.

Auch handelt es sich bei der von dem 1. und 7. Senat des BVerwG und dem 5. Senat des BSG entschiedenen und bei der von dem Großen Senat des BFH zu entscheidenden Rechtsfrage, ob ein oberster Gerichtshof des Bundes, der seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung inzwischen geändert hat und erneut mit derselben Sache befaßt wird, an die zunächst vertretene Rechtsauffassung gebunden ist, um dieselbe Rechtsfrage im Sinne des § 2 RSprEinhG. Hierfür spricht nicht nur der im wesentlichen übereinstimmende Wortlaut der entsprechenden Verfahrensvorschriften, sondern auch der Umstand, daß diese Vorschriften nach denselben Prinzipien auszulegen sind und ihr Regelungsinhalt übereinstimmt. Der Annahme, daß es sich um dieselbe Rechtsfrage handelt, steht nicht entgegen, daß diese in verschiedenen Gesetzen geregelt ist. Insofern besteht kein Anlaß, diese Frage anders als in den Verfahren vor den Großen Senaten der obersten Gerichtshöfe des Bundes zu beurteilen (BGHZ 9, 179; BFHE 101, 247).

3.

Der GemS entscheidet im vorliegenden Fall nach §§ 3, 4 RSprEinhG in der Besetzung mit den Präsidenten der obersten Gerichtshöfe des Bundes, zwei Mitgliedern des Großen Senats des BFH und zwei Mitgliedern des 5. Senats des BSG. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 RSprEinhG sind dagegen Mitglieder des 1. und 7. Senats des BVerwG nicht an diesem Verfahren beteiligt. Nach dieser Vorschrift ist, falls der vorlegende Senat von den Entscheidungen mehrerer Senate eines obersten Gerichtshofs des Bundes abweichen will, nur derjenige dieser Senate an dem Verfahren vor dem GemS beteiligt, der als letzter entschieden hat. Diese Vorschrift gilt auch, wenn der vorlegende Senat von Entscheidungen eines oder mehrerer Senate mehrerer oberster Gerichtshöfe des Bundes abweichen will. Für diese Fälle ist die Vorschrift dahin auszulegen, daß nur derjenige dieser Senate beteiligt ist, der die Rechtsfrage von allen diesen Senaten als letzter entschieden hat, nicht also dahin, daß die jeweils letztentscheidenden Senate jedes obersten Gerichtshofs des Bundes, die diese Rechtsfrage abweichend entschieden haben, beteiligt sind. Der Gesetzgeber hat die Frage der Besetzung des GemS anders geregelt, als es nach allgemeiner Auffassung bei der Besetzung der Großen Senate der obersten Gerichtshöfe des Bundes, an deren Verfahren alle divergierenden Senate des jeweiligen Gerichtshofs beteiligt sind, der Fall ist. Wäre diese Frage für das Verfahren vor dem GemS ebenso geregelt, würde die Beständigkeit der Rechtsprechung des GemS nicht in ausreichendem Maße gesichert sein. Denn anders als bei den Großen Senaten der obersten Gerichtshöfe des Bundes, bei denen immer nur Senate desselben obersten Gerichtshofs beteiligt sind, würden bei dem GemS gegebenenfalls in nicht unerheblicher Zahl Senate verschiedener oberster Gerichtshöfe des Bundes beteiligt sein. Da sich die Rechtsauffassungen zwischen den verschiedenen obersten Gerichtshöfen des Bundes, die über unterschiedliche Rechtsmaterien zu entscheiden haben, oft stärker unterscheiden, als dies zwischen den Senaten eines obersten Gerichtshofs der Fall ist, besteht mehr als bei den Großen Senaten der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Gefahr, daß bei der Beteiligung von Senaten aller divergierenden obersten Gerichtshöfe des Bundes die Beständigkeit der Rechtsprechung des GemS nicht in hinreichendem Maße gewährleistet ist. Dies aber würde mit der Aufgabe des GemS, eine einheitliche und beständige Rechtsprechung aller Gerichtszweige zu gewährleisten, nicht in Einklang stehen. Der Gesetzgeber ist dieser Gefahr dadurch begegnet, daß er den GemS u.a. mit fünf ständigen Mitgliedern besetzt hat. Dadurch ist die Gewähr gegeben, daß bei der Rechtsprechung des GemS der Grundsatz der Einheitlichkeit und Beständigkeit der Rechtsprechung in ausreichendem Maße gesichert ist. Würden neben diesen ständigen Mitgliedern des GemS nicht nur der vorlegende und der letztentscheidende aller divergierenden Senate aller obersten Gerichtshöfe des Bundes, sondern alle jeweils letztentscheidenden Senate aller divergierenden obersten Gerichtshöfe des Bundes beteiligt sein, wäre die Erreichung dieses Ziels dagegen nicht in hinreichendem Maße gewährleistet.

4.

Der GemS bejaht (berichtigt durch Beschluss: GmSOGB - 24.08.1973 - GmS-OGB 1/72) die ihm vorgelegte Rechtsfrage. Er ist der Auffassung, daß ein oberster Gerichtshof des Bundes, wenn er seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung inzwischen geändert hat und erneut mit derselben Sache befaßt wird, nicht an seine alte Rechtsauffassung gebunden ist.

Die sogenannte Selbstbindung des Revisionsgerichts im zweiten Rechtsgang ist ausdrücklich in keiner Verfahrensvorschrift geregelt. Sie ergibt sich auch nicht aus § 318 ZPO und den entsprechenden Vorschriften in den anderen Verfahrensordnungen. Nach diesen Vorschriften ist das Gericht an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden. Diese Bindung erklärt sich nicht aus der Rechtskraft der Entscheidung und erstreckt sich nicht auf die Gründe (RGJW 35, 39; Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl., § 318 Anm. I; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 30. Aufl., § 318 Anm. 1; Bettermann, DVBl 55, 23). Da hier die Bindung an die Entscheidung nicht in Frage steht, es sich vielmehr nur um die Frage der Bindung an die Gründe der Entscheidung handelt, kann aus § 318 ZPO keine Bindung des Revisionsgerichts an die der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung entnommen werden.

Die Selbstbindung des Revisionsgerichts ist vielmehr eine logische Folge der Bindung der Vorinstanz (VJ) im zweiten Rechtsgang, wie sie in § 565 Abs. 2 ZPO und den entsprechenden Vorschriften in den anderen Verfahrensordnungen (§ 126 Abs. 5 FGO, § 296 Abs. 4 AO a.F., § 170 Abs. 4 SGG, § 144 Abs. 6 VwGO und § 72 Abs. 3 ArbGG, im folgenden: §§ 565 Abs. 2 ZPO etc.) angeordnet ist. Auch diese Bindung kann nicht aus der Rechtskraft erklärt werden, weil nur die Entscheidung über den erhobenen Anspruch in Rechts, kraft erwachsen kann, das Revisionsgericht in diesen Fällen aber überhaupt nicht über diesen entschieden hat. Es handelt sich vielmehr um Vorschriften besonderer Art, durch die die Bindung der VJ an die der Zurückverweisung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts isoliert angeordnet ist.

Zweck dieser Vorschriften ist es zu verhindern, daß die endgültige Entscheidung der Sache dadurch verzögert oder gar verhindert wird, daß sie ständig zwischen VJ und Revisionsgericht hin- und hergeschoben wird, weil keines der beiden Gerichte seine Rechtsauffassung ändert. Es handelt sich um eine - gesetzlich angeordnete und daher zulässige -Ausnahme von dem Grundsatz, daß der Richter bei der Gesetzesanwendung nur an das Gesetz und an sein Gewissen gebunden ist. Dieser Grundsatz wird durch diese Vorschriften insofern eingeschränkt, als die VJ das in Betracht kommende Recht in dieser Sache nur in der Auslegung anwenden darf, die das Revisionsgericht für zutreffend hält. Es stehen sich im Grunde diese Verfahrensvorschriften und die auf diesen Fall anzuwendenden Sachnormen gegenüber. Die §§ 565 Abs. 2 ZPO etc. institutionalisieren lediglich, um den erstrebten Erfolg zu erzielen, die ohnehin bestehende, sich aus dem Instanzenzug ergebende Autorität des übergeordneten Gerichts; es soll vermieden werden, daß sich die VJ im Einzelfall nicht an die der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung des Revisionsgerichts hält. Der mit diesen Vorschriften verfolgte Zweck kann nicht erreicht werden, wenn nur die VJ, nicht aber auch die Revisionsinstanz, falls sie erneut mit der Sache befaßt wird, an ihre erste, der Zurückverweisung der Sache zugrunde liegende Rechtsauffassung gebunden ist. Wenn sie nicht gebunden wäre, würde die Gefahr eines endlosen Hin- und Herschiebens der Sache zwischen den Instanzen nicht gebannt sein. Um den mit diesen Vorschriften verfolgten Zweck überhaupt erreichen zu können, müssen diese Vorschriften daher, wie dieses im Ergebnis - wenn auch mit wechselnder Begründung - bisher schon von der Rechtsprechung angenommen wurde, zur Selbstbindung des Revisionsgerichts führen (a.A. Bettermann, DVBl 55, 23 mit Nachweisen).

Die VJ kann allerdings nicht mehr an die der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung gebunden sein, wenn das Revisionsgericht inzwischen selbst seine Rechtsauffassung geändert hat. Man darf dabei nicht außer acht lassen, daß die §§ 565 Abs. 2 ZPO etc. Verfahrensvorschriften sind, die letztlich der - richtigen - Anwendung des materiellen Rechts dienen. Natürlich kann es zweifelhaft sein, ob die eine oder die andere Auslegung einer Sachnorm zutreffend ist. Unberücksichtigt kann aber nicht bleiben, daß bei der Bedeutung höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Auslegung und Anwendung von Gesetzen in den Augen der Rechtsuchenden eine neue Rechtsprechung des Revisionsgerichts gegenüber seiner inzwischen aufgegebenen Rechtsprechung die höhere Autorität genießt und daher nunmehr als zutreffende Auslegung des Rechts angesehen wird. Der durch diese Vorschriften angeordneten Institutionalisierung der Autorität höchstrichterlicher Rechtsprechung würde es geradezu widersprechen, wenn die Bindung an eine inzwischen aufgegebene höchstrichterliche Rechtsprechung weiter bestehen würde. Die Rechtsfortbildung muß zudem gegenüber der Bindung an die alte, inzwischen aufgegebene Rechtsauffassung das größere Gewicht haben. Infolgedessen muß der prozessuale Grundsatz der Bindung und der Selbstbindung zurücktreten hinter dem, was die Rechtsprechung nunmehr sachlich als rechtens erkannt hat.

Denn es erscheint nicht vertretbar, das Urteil auf eine Rechtsauffassung zu stützen, die mit einer neuen, geläuterten oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht in Einklang steht.

Selbst in den Fällen, in denen das Revisionsgericht seine Rechtsauffassung erst geändert hat, nachdem die VJ bereits im zweiten Rechtsgang entschieden und sich dabei an die ihm auferlegte Bindung gehalten hat, ist das Revisionsgericht nicht mehr an seine alte Rechtsauffassung gebunden. Dem stehen entgegen der Auffassung des vorlegenden Großen Senats des BFH allgemeine revisionsrechtliche Gründe nicht entgegen. Die - zweite - Revision ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die VJ sich an die der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung des Revisionsgerichts gehalten hat. Der Erfolg der Revision hängt nämlich nicht einfach davon ab, ob der VJ der Vorwurf einer Rechtsverletzung gemacht werden kann. Vielmehr hat das Revisionsgericht in dem durch Einlegung der Revision bei ihm anhängig gewordenen Rechtsstreit im Rahmen der Revisionsanträge unter Fortsetzung des Verfahrens die Verhandlung zu erneuern und - soweit ihm nicht revisionsrechtliche Schranken gezogen sind - zu prüfen, ob der erhobene Anspruch im Zeitpunkt seiner Entscheidung nach dem auf das streitige Rechtsverhältnis anzuwendenden Recht nach seiner Rechtsauffassung gegeben oder nicht gegeben ist. Die Rechtsauffassung, die das Revisionsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung hat, ist auch dann maßgebend, wenn es nach vorausgegangener Zurückverweisung der Sache an die VJ seine Rechtsauffassung geändert hat und erneut mit der Sache befaßt ist; denn es ist, wie bereits ausgeführt, in einem solchen Falle nicht an seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung gebunden. Erst dann, wenn diese Prüfung ergibt, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Revisionsklägers unrichtig ist, steht fest, daß die Revision begründet ist, andernfalls, daß sie unbegründet ist (vgl. dazu Bettermann, DVBl 55, 23; BGHZ 2, 327; 8, 259; 9, 109 f; 10, 282).

Diese Auslegung ist mit dem von §§ 565 Abs. 2 etc. verfolgten Zweck vereinbar. Die Gefahr eines endlosen Hin- und Herschiebens dieser Sache zwischen den Instanzen wird trotzdem vermieden. Es wird zwar auch Fälle geben, in denen eine nochmalige Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz notwendig ist, damit diese die nunmehr erforderlichen Tatsachenfeststellungen trifft. Doch handelt es sich nur um eine einmalige Wiederholung der Zurückverweisung, so daß jedenfalls die Gefahr eines endlosen Hin- und Herschiebens der Sache zwischen den Instanzen auch in diesen Fällen vermieden ist. Die erneute Zurückverweisung, die auch sonst nicht immer vermieden werden kann, muß entgegen der Auffassung des BVerwG-Urteils vom 16. Dezember 1971 I C 5.70 (BVerwGE 39, 212) in Kauf genommen werden, um die richtige Anwendung der Sachnorm zu gewährleisten.

Diese Entscheidung betrifft lediglich die Fälle, in denen das Revisionsgericht seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung vor seiner zweiten Entscheidung geändert und bekanntgegeben hat. Es mögen auch Fälle denkbar sein, in denen eine Einschränkung der Bindungswirkung für das Revisionsgericht wünschenswert wäre, wenn es seine Rechtsauffassung erst anläßlich der zweiten Entscheidung dieser Sache ändern will. Die Frage, ob und aus welchen Gründen eine Beschränkung der Bindungswirkung auch in derartigen Fällen möglich wäre, kann hier unentschieden bleiben, weil im vorliegenden Fall das Revisionsgericht seine Rechtsauffassung bereits vor seiner zweiten Entscheidung geändert hat.

Ob für das Strafverfahren besondere Grundsätze gelten, ist offen geblieben.

 

Unterschriften

Dr. Fischer

Dr. v. Wallis

Dr. Müller

Dr. Wannag

Dr. Zeidler

Dr. Dapprich

Schröder

Steinhardt

Beisse

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1456098

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge