Leitsatz (amtlich)

a) § 64a Abs. 2 S. 3 LwAnpG schließt Ansprüche wegen eingebrachter Waldbestände nach § 44 LwAnpG auch dann aus, wenn eine Zusammenführung von Flächen und Bestand (§ 64a Abs. 1 LwAnpG) infolge von Veräußerung an den Staat nicht möglich ist.

b) Kaufverträge über Waldbestände, die Waldeigentümer mit dem Staat geschlossen haben, werden von § 64a Abs. 2 S. 1 und 2 LwAnpG nicht erfasst. Die Vorschrift ist auf Bewirtschaftungsverträge beschränkt, die die LPG, in die der Wald eingebracht wurde, mit Dritten geschlossen hat.

 

Normenkette

LwAnpG § 64a Abs. 2 Sätze 3, 1-2

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG (Beschluss vom 20.11.2003; Aktenzeichen Lw U 236/03)

AG Bad Langensalza

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des OLG Jena in Jena v. 20.11.2003 wird auf Kosten der Antragstellerin, die der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.201,64 EUR.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Alleinerbin ihrer 1986 verstorbenen Mutter. Diese hielt einen Anteil von 1/81 an einem Genossenschaftswald, den sie 1960 in die LPG M. (im Folgenden: LPG), die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, in der sie Mitglied war, einbrachte. Im Jahre 1964 wurde der Wald von den Bodeneigentümern an das Ministerium für Nationale Verteidigung für militärische Zwecke verkauft. Der Kaufpreis wurde aufgeteilt. Diejenigen Bodeneigentümer, die nicht der LPG angehörten, sollten anteilig Bodenpreis und Bestandswert vergütet erhalten. Die LPG-Mitglieder sollten nur den anteiligen Bodenpreis ausgekehrt bekommen; der Teil des Kaufpreises, der auf den Bestandswert entfiel, wurde der LPG zugewiesen.

Auf die Antragstellerin bzw. ihre Mutter entfielen, ihrem Anteil gemäß, ein Bestandswert von 9.780,52 M und ein Bodenpreis von 1.461,46 M, insgesamt also 11.241,98 M. Der Bestandswert wurde später von einer Taxkommission für den gesamten Genossenschaftswald herabgesetzt. Rechnerisch würde dies für die Antragstellerin eine Reduzierung auf 7.678,40 M bedeuten.

Die Antragstellerin, die 1990 aus der LPG ausgeschieden ist, erhielt im Zusammenhang mit dem Verkauf des Waldes insgesamt 8.135 M ausgezahlt. Sie ist der Auffassung, ihr habe von dem Gesamtkaufpreis ein Betrag von 11.652,90 M zugestanden. Abzgl. der erhaltenen Zahlung verbleibe ein Rest von 3.517,90 DM, zu dem eine Verzinsung von 2.743,96 DM hinzuzurechnen sei. Den Gesamtbetrag von 6.261,86 DM (= 3.201,64 EUR) macht sie vorliegend, soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, geltend.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Zahlungsantrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.

II.

Die nach § 24 Abs. 1 S. 1 LwVG zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass Abfindungsansprüche nach § 44 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LwAnpG, die hier vorrangig geltend gemacht werden, nach § 64a Abs. 2 S. 3 LwAnpG ausgeschlossen sind. Das ergibt sich aus Folgendem.

a) Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz regelt die Abfindung von LPG-Mitgliedern wegen eingebrachter Waldflächen in besonderer Weise. Da ihnen das Bodeneigentum verblieb und nur der Bestand, unabhängig vom Grundeigentum, in das Vermögen der Genossenschaft überging (§ 13 Abs. 1 und 2 LPGG/59), war nur insoweit eine Regelung zu treffen. Diese besteht nach § 64a Abs. 1 S. 1 LwAnpG darin, das Eigentum am Boden mit dem Eigentum am Bestand in der Person des Grundstückseigentümers wieder zusammenzuführen. Dass der Bestand bei Einbringung einen anderen, geringeren oder höheren, Wert gehabt haben wird als im Zeitpunkt der Rückgabe, ist ohne Bedeutung. Wertunterschiede werden nicht ausgeglichen. Dass den Waldeinbringern für den Bestand Inventarbeiträge gutgeschrieben worden waren, findet ebenfalls keine Berücksichtigung. § 64a Abs. 2 S. 3 LwAnpG schließt darauf gerichtete, sich etwa aus § 44 LwAnpG sonst ergebende Ansprüche aus (BGH v. 4.12.1992 - BLw 23/92, BGHZ 120, 361 [365 f.] = MDR 1994, 223; Beschl. v. 4.11.1994 --BLw 1/94, MDR 1995, 1272 = VIZ 1995, 174; erläuternd Wenzel, AgrarR 1995, 1 [7]).

b) Solche Ansprüche können - entgegen diesem gesetzlichen Konzept - vorliegend nicht deswegen ausnahmsweise geltend gemacht werden, weil Boden und Bestand infolge der Veräußerung an den Staat nicht an die früheren Waldeigentümer zurückgelangt sind, § 64a Abs. 1 LwAnpG daher leer läuft.

Im Hinblick auf den Bodenwert kommt von vornherein kein Anspruch nach § 44 Abs. 1 LwAnpG in Betracht. Der Boden verblieb der Mutter der Antragstellerin. Er ging nicht in das Eigentum der LPG über; dem Mitglied wurde hierfür kein Inventarbeitrag gutgeschrieben. Die Vermögensinteressen werden dadurch gewahrt, dass der anteilige Kaufpreis an den Bodeneigentümer auszukehren war. Wie bereits das Landwirtschaftsgericht zutreffend dargelegt hat, ist die Antragstellerin insoweit durch die von der LPG erbrachten Zahlungen befriedigt worden.

Im Hinblick auf den Bestandswert könnte eher an einen Ausgleichsanspruch gedacht werden, weil die Rückgabe des Bestands infolge der Veräußerung ausscheidet und weil auch der Gegenwert den LPG-Mitgliedern nicht - anteilig - ausgezahlt wurde, er vielmehr dem Fonds der LPG zufloss. Gleichwohl sieht das Gesetz auch in diesem Fall keinen Abfindungsanspruch vor; § 44 LwAnpG wird von § 64a Abs. 2 S. 3 LwAnpG generell ausgeschlossen. Eine einschränkende Interpretation dieser Norm kommt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht. Allerdings darf der Wert des veräußerten Bestandes letztlich nicht uneingeschränkt der LPG verbleiben. Verliert sie den Bestand nach § 64a Abs. 1 LwAnpG an den Grundeigentümer, so kann der an dessen Stelle getretene Kaufpreiserlös vermögensmäßig nicht grundsätzlich anders behandelt werden. Das ist aber auch nicht der Fall, und zwar ohne dass es der Zubilligung eines darauf gerichteten Abfindungsanspruchs bedürfte. Der Kaufpreis ist, worauf das Beschwerdegericht zutreffend hingewiesen hat, dem Fondsvermögen der LPG zugute gekommen. Er mehrt damit den Eigenkapitalanteil der Mitglieder. Dies kommt dem ausscheidenden Mitglied bei der Abfindung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG allgemein zugute. Gerechtigkeitserwägungen verlangen nicht, dass dem Mitglied vorab ein Anspruch auf Inventarbeitragsrückzahlung oder auf Auskehrung des jeweiligen Kaufpreisanteils zugesprochen wird. Die Waldeinbringer werden nach der gesetzlichen Konzeption nur pauschal abgefunden, durch Restitution des Waldbestandes, unabhängig vom Wert und von der Wertrelation zum Zeitpunkt des Einbringens (Schweitzer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Aufl., Rz. 689 ff.), oder durch Teilhabe am Erlös, soweit er den Anteil am LPG-Vermögen wertmäßig erhöht hat. Eine weitere den Besonderheiten der jeweiligen Situation Rechnung tragende Abfindung sieht das Gesetz nicht vor. Das kann - wie bei jeder pauschalen Regelung - zu Begünstigungen (wie vom Beschwerdegericht näher dargelegt) wie auch zu Benachteiligungen einzelner Waldeinbringer führen, rechtfertigt aber keine zusätzlichen Ansprüche.

2. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 64a Abs. 2 S. 1 und 2 LwAnpG.

Nach diesen Vorschriften können Waldeigentümer auf Ansprüche der LPG zugreifen, die dieser auf Grund von Verträgen über den Waldbesitz gegen Dritte zustehen. Gleiches gilt für bereits an die LPG erbrachte Leistungen. Ein solcher Sachverhalt ist hier jedoch nicht gegeben.

Zum einen sind mit dieser Regelung nicht Kaufverträge über den Waldbestand gemeint, sondern Bewirtschaftungsverträge. Gedacht ist an entsprechende Verträge zwischen den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben, die Ausgleichszahlungen für den Fall vorsehen, dass der zur Bewirtschaftung übertragene Waldbestand einen höheren Wert als bei Rückgabe durch die Staatliche Forstwirtschaft hatte (Schweitzer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Aufl., Rz. 687; Feldhaus, LwAnpG 1991, S. 63, OLG Brandenburg v. 19.12.1996 - 5 W 19/96, OLGReport Brandenburg 1997, 70 = AgrarR 1997, 158 [159]; BGH, Beschl. v. 4.11.1994 - BLw 1/94, MDR 1995, 1272 = VIZ 1995, 174). Um den Ausgleich solcher Wertverluste geht es vorliegend nicht. Wollte man auch Verkaufserlöse als von der Norm erfasst ansehen, führte dies - wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat - zu Brüchen in der Systematik. Der Wert des Waldbestandes wurde den jeweiligen Genossenschaftsmitgliedern als Inventar- bzw. zusätzliche Inventarbeiträge gutgeschrieben (Schweitzer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Aufl., Rz. 690; BGH, Beschl. v. 4.11.1994 - BLw 1/94, MDR 1995, 1272 = VIZ 1995, 174). Die zusätzlichen Inventarbeiträge, also die über den pauschalen Pflichtbeitrag von 800 M pro ha hinausgehenden wertvolleren Waldbestand ausgleichenden Beiträge, waren den Genossenschaftsmitgliedern nach und nach aus den Einkünften der Waldwirtschaft zurückzuzahlen (Nr. 19 Abs. 3 LPG-MusterSt III/59; Schweitzer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Aufl., Rz. 690). Damit verträgt sich nicht eine Regelung, wonach der gesamte Verkaufserlös an die Waldeinbringer auszukehren wäre.

Zum anderen geht § 64a Abs. 2 S. 1 und 2 LwAnpG von Verträge der LPG mit Dritten aus. Leistungen, die hieraus geschuldet werden oder geflossen sind, sollen unter Umständen auf die Genossenschaftsmitglieder aufgeteilt werden. Vorliegend hat aber nicht die LPG die Waldbestände an den Staat verkauft, sondern es waren die Waldeigentümer selbst, die von Vertretungsberechtigten der LPG kraft Vollmacht vertreten wurden. Das stellt strukturell eine andere Situation dar (OLG Dresden OLG-NL 2003, 105 [107]). Im Übrigen zeigt sich auch in der konkreten Verfahrensweise, dass eine Auskehrung des Erlöses an die Genossenschaftsmitglieder nach der gesetzlichen Konzeption nicht in Betracht kommt. Der an sich den Waldeigentümern als Verkäufern zustehende Kaufpreis war, soweit er auf den Bestand entfiel, an die LPG zu überweisen. Er deckte an Stelle des veräußerten Waldes die gutgeschriebenen Inventarbeiträge ab. Es ist dann folgerichtig, auf ihn die für Inventarbeiträge für Waldflächen geltenden Regelungen anzuwenden, nicht die Ausgleichsregelungen des § 64a Abs. 2 S. 1 und 2 LwAnpG.

3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde lässt sich den Vorschriften der §§ 44 und 64a LwAnpG insgesamt nicht das Regelungsziel entnehmen, den Wert der eingebrachten Waldbestände unvermindert den Waldeinbringern bei der Abfindung wieder zu vergüten. Wie bereits dargelegt, ist die Abfindung wegen eingebrachter Waldflächen im Landwirtschaftsanpassungsgesetz sehr pauschal geregelt. Sie beschränkt sich auf eine Rückführung der Waldbestände, unabhängig vom Wert derselben und unabhängig von zuvor zurückgezahlten Inventarbeiträgen (BGH, Beschl. v. 4.11.1994 - BLw 1/94, MDR 1995, 1272 = VIZ 1995, 174 [175]). Seine Rechtfertigung findet diese pauschale Abfindungslösung zum einen in dem Umstand, dass die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die Waldbewirtschaftung nicht frei gestalten konnten. Sie waren auf eine Beteiligung an einer zwischengenossenschaftlichen Einrichtung oder auf Bewirtschaftungsverträge mit dem Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb verwiesen (BGH, Beschl. v. 4.11.1994 - BLw 1/94, MDR 1995, 1272 = VIZ 1995, 174 [175]). Es wäre angesichts der nur beschränkten Möglichkeiten, auf das Ergebnis der Bewirtschaftung Einfluss zu nehmen, unangemessen, die Genossenschaften mit einer ins Detail gehenden, sämtliche Vermögensinteressen des jeweiligen Waldeinbringers Rechnung tragenden Abfindungsregelung zu belasten. Zum anderen ließe sich eine detaillierte Regelung nur unter Einbeziehung aller Waldeigentümer schaffen, etwa unter Gewährung von Ausgleichsansprüchen zwischen den Grundeigentümern. Von solchen Ausgleichsansprüchen, die Bestandteil eines Gesetzentwurfs waren (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes, BT-Drucks. 12/32), hat der Gesetzgeber aber abgesehen.

Besteht - wie hier - eine bewusst so gestaltete nur pauschale Regelung zur Abfindung von Waldeinbringern, so können darauf beruhende Nachteile im Einzelfall von der Rechtsprechung nicht durch Rückgriff auf Vorschriften einer detaillierten Abfindungsregelung (§ 44 LwAnpG) oder durch Ausweitung einer auf beschränkte Fälle zugeschnittenen Ausgleichsregelung (§ 64a Abs. 2 S. 1 und 3 LwAnpG) geglättet werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1283920

BGHR 2005, 387

AuUR 2005, 305

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