Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebungsgrund. Statut. Insolvenz

 

Leitsatz (amtlich)

Durch den Verweis auf § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO statuiert § 4c Nr. 4 InsO einen weiteren selbständigen Aufhebungsgrund, der unabhängig von dem Aufhebungsgrund des § 4c Nr. 1 InsO in der zweiten Alternative besteht.

 

Normenkette

InsO § 4c Nrn. 1, 4, § 296 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 16.01.2008; Aktenzeichen 20 T 115/07)

AG Hannover (Beschluss vom 27.11.2007; Aktenzeichen 903 IN 964/06-0)

 

Tenor

Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer des LG Hannover vom 16.1.2008 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

[1] Mit Beschluss vom 27.11.2007 hat das AG - Insolvenzgericht - die dem Schuldner die am 2.10.2006 gewährte Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens aufgehoben, weil dieser keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe (§ 4c Nr. 4 InsO) und sich trotz mehrfacher Aufforderung des Gerichts zu seinen Bemühungen um Aufnahme einer solchen Tätigkeit nicht geäußert habe. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners hat das LG mit Beschluss vom 16.1.2008 zurückgewiesen. Der Schuldner beabsichtigt, sich gegen diese Entscheidung mit der Rechtsbeschwerde zu wenden. Zu deren Durchführung sucht er um Prozesskostenhilfe nach.

II.

[2] Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil nicht ersichtlich ist, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache oder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 ZPO).

[3] Das Insolvenzgericht hat die Stundung der Verfahrenskosten aufgehoben, weil der Schuldner seiner Mitwirkungsobliegenheit aus § 4c Nr. 4 letzter Halbsatz InsO i.V.m. § 296 Abs. 2 Satz 2 und 3 InsO nicht nachgekommen ist. Der Schuldner hat trotz mehrfacher Aufforderungen des Gerichts und Hinweises auf eine entsprechende Verpflichtung zu Beginn des Verfahrens über seine Bemühungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, keine Auskunft erteilt. Auch im Beschwerdeverfahren vor dem LG ist er eine Auskunftserteilung schuldig geblieben, wie das LG in seiner Entscheidung ausgeführt hat. Allein dieses Verhalten rechtfertigt die Aufhebung der Stundung, die dem Schuldner von Amts wegen dann entzogen werden kann, wenn er keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und - wenn er ohne Beschäftigung ist - sich auch nicht um eine solche bemüht (dazu Kübler/Prütting/Wenzel, InsO § 4c Rz. 32, 38; Ganter in MünchKomm/InsO, 2. Aufl., § 4c Rz. 11; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 4c Rz. 5). Durch den Verweis auf § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO statuiert § 4c Nr. 4 InsO einen zweiten selbständigen Aufhebungsgrund, der unabhängig von dem Aufhebungsgrund des § 4c Nr. 1 InsO besteht (vgl. Jaeger/Eckardt, InsO § 4c Rz. 63; Uhlenbruck, a.a.O., § 4c Rz. 5). Ebenso wie dem Schuldner gem. § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO die Restschuldbefreiung versagt werden kann, wenn er seinen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Auskunftserteilung nach § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO schuldhaft nicht nachkommt (dazu BGH, Beschl. v. 25.1.2007 - IX ZB 156/04, NZI 2007, 534), kann das Insolvenzgericht die Stundung aufheben, wenn der Schuldner schuldhaft seine Auskunftspflicht gem. § 4c Nr. 4 letzter Halbsatz InsO nicht erfüllt.

[4] Das Beschwerdegericht ist zutreffend von einer schuldhaften Nichterfüllung der Auskunftspflicht des Schuldners ausgegangen, denn dieser hat trotz entsprechenden Hinweises nichts dafür vorgetragen, dass er sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht hat. Es war nicht Sache des Insolvenzgerichts, ihm zu verdeutlichen, was unter einer angemessenen Erwerbstätigkeit zu verstehen sei. Es stand jedenfalls außer Frage, dass seine mit monatlich unter 400 EUR entlohnte Nebentätigkeit im Gewerbe seiner Ehefrau nicht als angemessene Erwerbstätigkeit anzusehen ist. Soweit der Schuldner geltend gemacht hat, aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen eine Vollzeittätigkeit nicht ausüben zu können, ist er jeden Nachweis schuldig geblieben.

[5] Das Insolvenzgericht war nicht gehindert, den Schuldner von Amts wegen zur Auskunftserteilung aufzufordern. Die Frage, ob das Insolvenzgericht verpflichtet hat, sich in regelmäßigen Abständen von der Erfüllung der Erwerbsobliegenheit durch den Schuldner zu überzeugen (so Jaeger/Eckardt, a.a.O., Rz. 62; Kübler/Prütting/Wenzel, a.a.O., Rz. 38; ablehnend Andres/Leithaus, InsO § 4c Rz. 11; Braun/Buck, InsO, 3. Aufl., § 4c Rz. 8; FK-InsO/Kothe, 4. Aufl., § 4c Rz. 27; Kirchhof in HK/InsO, 4. Aufl., § 4c Rz. 24; Nerlich/Römermann/Becker, InsO § 4c Rz. 37; Ganter in MünchKomm/InsO, a.a.O., Rz. 18; Uhlenbruck, a.a.O., Rz. 6), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Es bestand ein ausreichender Anfangsverdacht für eine Überprüfung.

 

Fundstellen

BB 2008, 2094

BGHR 2008, 1038

EBE/BGH 2008

DZWir 2008, 389

MDR 2008, 1123

NZI 2008, 507

VuR 2008, 393

WuM 2008, 509

ZInsO 2008, 736

NJW-Spezial 2008, 567

ZVI 2008, 470

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge