Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfichtverletzung. Erheblich. Unerheblich. Vor Abgabe der Rücktrittserklärung behobene Mängel. Interessenabwägung. Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. Verzicht auf einen Zeugen
Leitsatz (amtlich)
Bei der Bewertung, ob eine Pflichtverletzung erheblich oder unerheblich ist, sind vor Abgabe der Rücktrittserklärung behobene Mängel im Allgemeinen außer Betracht zu lassen (Fortführung von BGH, Urt. v. 28.5.2014 - VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rz. 16).
Normenkette
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 19.05.2015; Aktenzeichen 12 U 39/14) |
LG Stuttgart (Entscheidung vom 20.02.2014; Aktenzeichen 9 O 221/12) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Stuttgart vom 19.5.2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 120.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
Rz. 2
1. Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob im Rahmen der gem. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung vor der Rücktrittserklärung behobene Mängel zugunsten des Käufers zu berücksichtigen sind, ist geklärt. Bei der Interessenabwägung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen (BGH, Urt. v. 28.5.2014 - VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rz. 16). Daraus folgt im Gegenschluss, dass vor Abgabe der Rücktrittserklärung behobene Mängel im Allgemeinen außer Betracht bleiben. Der von der Beschwerde eingeforderten Grundsatzentscheidung bedarf es deshalb nicht.
Rz. 3
2. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nicht darin erblickt werden, dass das Berufungsgericht den von dem Kläger zum Nachweis der geltend gemachten Mängel benannten Zeugen F. M. nicht gehört hat. Der Kläger hat auf die Vernehmung des Zeugen konkludent verzichtet.
Rz. 4
Ein Verzicht auf einen Zeugen kann darin gesehen werden, dass die Partei, welche noch nicht vernommene Zeugen benannt hat, nach durchgeführter Beweisaufnahme ihren Beweisantrag nicht wiederholt. Die Schlussfolgerung eines Verzichts ist jedenfalls dann berechtigt, wenn die Partei aus dem Prozessverlauf erkennen konnte, dass das Gericht - wie hier das Berufungsgericht nach der Vernehmung der Zeugin H. und dem anschließenden Hinweis auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit der Berufung - mit der bisher durchgeführten Beweisaufnahme seine Aufklärungstätigkeit als erschöpft angesehen hat (BGH, Urt. v. 2.11.1993 - VI ZR 227/92, NJW 1994, 329, 330; Beschl. v. 7.4.2011 - IX ZR 206/10, Rz. 6; vom 10.11.2011 - IX ZR 27/11, Rz. 6; v. 21.2.2013 - IX ZR 219/12, ZInsO 2013, 608 Rz. 7).
Rz. 5
3. Die übrigen Rügen hat der Senat geprüft. Sie füllen keinen Zulassungsgrund aus. Insoweit wird von einer Begründung abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 9116393 |
CR 2016, 356 |
IBR 2016, 245 |
WM 2017, 254 |
ZAP 2016, 613 |
ZIP 2016, 624 |
JZ 2016, 245 |
MDR 2016, 450 |
SVR 2016, 4 |
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