Leitsatz (amtlich)

1. Anlage B der Finanzinstruktion Nr. 57 der Britischen Militärregierung ist eine die Steuergerichte bindende Anordnung der Britischen Militärregierung.

2. Soweit die Bestimmungen der Anlage B der Finanzinstruktion Nr. 57 mit den Vorschriften des KontrRG Nr. 12 im Widerspruch stehen, traten sie mit Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Wirksamkeit.

3. Die Verwaltungsanweisung der Finanzleitstelle, bezeichnet als "Ausführungsanweisung zur Finanzinstruktion Nr. 57 betr. Behandlung von Reichsschulden für Steuerzwecke" vom 12. Februar 1947 (StuZBl. 1947 S. 9), war keine Anordnung der Britischen Militärregierung. Sie bindet die Steuergerichte nicht.

 

Normenkette

Anlage B der Finanzinstruktion Nr. 57 der Britischen Militärregierung (StuZBl. 1946 S. 66); KontrRG Nr. 12 Art. VIII; Gesetz Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland Art. 3 Abs. 2; AO § 13

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Stpfl.), eine GmbH, hat in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1944 eine Rückstellung für Abnahmeverpflichtungen aus laufenden Verträgen in Höhe von 1 270 000 RM gebildet. Es handelt sich hierbei um Lieferungsverträge mit Zulieferern (Subunternehmern) der Stpfl. über Spezialteile für Wehrmachtsaufträge. Aus diesen Ende 1944 noch schwebenden Unterverträgen habe die Stpfl. einen großen Teil der bestellten Fabrikate im Jahre 1945 nicht mehr abgenommen, weil die betreffenden Wehrmachtsaufträge durch die Auftraggeber annulliert worden seien und weil ihr Werk in Oberschlesien Mitte März 1945 verloren gegangen sei. Für die drohenden Entschädigungsforderungen der Zulieferer wegen Nichtabnahme der Vertragslieferungen sei die Rückstellung gebildet worden, die sich zusammensetze aus

a) der rechnungsmäßigen Summe der bis zur Bilanz aufstellung geltend gemachten und

b) der geschätzten Summe der dann noch zu erwartenden Entschädigungsansprüche.

Das Finanzamt hielt die Rückstellung für unzulässig, weil am 31. Dezember 1944 den fraglichen Abnahmeverpflichtungen der Stpfl. ein mindestens gleichwertiges Lieferungsrecht gegenüber ihren Auftraggebern zugestanden habe. Soweit der Stpfl. aus den Verträgen Verluste entstanden seien, hätten sie auf Ereignissen des Jahres 1945 beruht. Das gelte für die Besetzung von Oberschlesien, wie für die Annullierung von Wehrmachtsaufträgen, welche nicht vor Mitte Februar 1945 begonnen habe. Die Berücksichtigung dieser Ereignisse schon in der Bilanz zum 31. Dezember 1944 würde eine unzulässige Vorwegnahme von Verlusten späterer Jahre bedeuten. Die Behauptung einer Teilwertminderung wegen bereits damals bestehender Verlustgefahr aus diesen Abnahmeverträgen könne um so weniger anerkannt werden, als die angebliche Verlustmöglichkeit durch Regreßansprüche der Stpfl. gegen ihre Auftraggeber kompensiert gewesen sei.

Die Stpfl. legte gegen den Bescheid Anfechtung ein, über die der Oberfinanzpräsident entschied. Die Anfechtung war in diesem Punkte ohne Ergebnis. Der Oberfinanzpräsident trat im wesentlichen der Würdigung des Finanzamts bei und führte noch weiter aus, daß die Stpfl. in der Lage gewesen sei, gegenüber ihren Vertragsgegnern auch den Gesichtspunkt der clausula rebus sic stantibus geltend zu machen.

In der Berufung gegen die Anfechtungsentscheidung führte die Stpfl. u. a. aus. Der Kaufmann sehe allerdings unter normalen Verhältnissen von der Berücksichtigung schwebender Verhältnisse ab, weil der Wert der erworbenen Rechte und der eingegangenen Verpflichtungen sich die Waage halte. Dies sei aber am 31. Dezember 1944 bei den schwebenden Einkaufsverträgen nicht der Fall gewesen. Rückansprüche gegen die Auftraggeber hätten zu einem großen Teil schon aus dem Grunde nicht bestanden, weil Überdeckungsverträge und Doppelbestellungen stattgefunden hätten. Im übrigen seien aber diese Ansprüche als Forderungen aus kriegsgefärbten Lieferungsverträgen nach der Finanzinstruktion Nr. 57 der Britischen Militärregierung abzuschreiben. Eine Verwertung der clausula rebus sic stantibus sei praktisch nicht möglich gewesen. Die tatsächliche Entwicklung habe ihr Recht gegeben. Es seien mehr Mittel für die Erfüllung der Abnahmeverpflichtungen benötigt worden, als zurückgestellt seien. Die den Abnahmeverpflichtungen zugrunde liegenden Bestellungen seien im Jahre 1944 gemacht worden. Die Lieferungen hätten im Jahre 1945 erfolgen sollen. Es sei üblich gewesen, daß die Zahlungen 30 Tage nach Lieferung erfolgten. Schon Ende 1944 seien bei ihr Annullierungen wegen der durch die Kriegslage bedingten Programmänderung ausgesprochen worden. Die Notwendigkeit großer Annullierungen sei ihr aber aus Beziehungen zum Büro Speer bekannt gewesen. Im übrigen habe die wirtschaftliche Wertlosigkeit der Spezialfabrikate sich nicht erst bei der Abnahme herausgestellt, sondern sie habe schon bei den Produktionsverhältnissen am 31. Dezember 1944 auf der Hand gelegen, da es sich bei den hergestellten Apparaturen zu 80 % um Gleichstromapparate gehandelt habe, die in Friedenszeiten unbrauchbar seien, da dann zu 95 % Wechselstromapparaturen gebraucht würden.

Das Finanzgericht gab der Berufung statt und begründete sein Urteil im wesentlichen wie folgt.

Die Stpfl. habe die auf Grund ihrer Verträge abzunehmenden Waren später nicht mehr abgenommen und dafür die Unterlieferanten über den Betrag der Rückstellung hinaus schadlos gehalten. Bereits im Herbst 1944, bzw. im Frühwinter 1944, seien überall große Stops in den erteilten Aufträgen erfolgt. Manche Aufträge seien in vollem Umfange, andere auf ein Drittel oder ein Viertel des bisherigen Umfanges reduziert worden. Im übrigen seien die Hersteller alle darauf hingewiesen worden, daß der Stop vor der Türe stehe. Der Firma seien am Bilanzstichtage die Annullierungen ihrer Verträge mit ihren Auftraggebern entweder bereits bekannt gewesen oder sie habe mit Annullierungen in großem Umfange rechnen müssen. Des weiteren habe die Stpfl. in einem nicht näher bekannt gewordenen Umfange Überdeckungsverträge mit Unterlieferanten abgeschlossen, die infolge der Annullierungen gegenstandslos geworden seien, aber der Firma zur Last hätten fallen müssen. Grundsätzlich habe zwar eine Stpfl., die das Recht einer Wertminderung am Bilanzstichtage geltend mache, die mit der Wertminderung im Zusammenhange stehenden Entschädigungsansprüche zu aktivieren. Im vorliegenden Falle stehe aber der Aktivierung der der Firma gegenüber ihren Auftraggebern (Rüstungsfirmen) zustehenden Forderungen das Aktivierungsverbot der Finanzinstruktion Nr. 57 (Steuer- und Zollblatt -- StuZBl. -- 1946 S. 66) entgegen, die bei Kontrakten bzw. Subkontrakten für Dienste oder Güterlieferungen an das Reich vor dem 8. Mai 1945, die am 31. Oktober 1945 noch unbezahlt gewesen seien, vorsehe, daß aus solchen Schulden hervorgehende Beträge in dem Jahre, in dem dieselben endgültig bezahlt würden, und nicht in dem Jahre, in welchem die Schulden entstanden seien, einzuberechnen seien. Da es sich hier um Güterlieferungsverträge vor dem 8. Mai 1945 und um Kriegssubkontrakte handle, habe nach der Finanzinstruktion Nr. 57 die Aktivierung von Ansprüchen der Firma gegen ihre Auftraggeber zu unterbleiben, soweit es sich dabei um Vertragsansprüche aus Lieferungen handle. Die Finanzinstruktion Nr. 57 habe auch dann Anwendung zu finden, wenn es sich bei den Ansprüchen um Schadensersatzansprüche aus einem Kriegssubkontrakt handle (vgl. die Ausführungsanweisung zur Finanzinstruktion Nr. 57 unter II 2 d, StuZBl. 1947 S. 11). Das Verbot der Aktivierung der Ansprüche der Firma gegen ihre Auftraggeber enthalte nicht gleichzeitig das Verbot, mit den Ansprüchen zusammenhängende Schuldverbindlichkeiten zu passivieren, da die Finanzinstruktion Nr. 57 lediglich eine Regelung der Forderungen enthalte, ohne auf die mit ihnen in Zusammenhang stehenden Schulden einzugehen (vgl. die Ausführungsanweisung zur Finanzinstruktion Nr. 57 Abschnitt IV 6, StuZBl. 1947 S. 14). Fehl gehe auch die Auffassung der Vorentscheidung, daß die strittige Rückstellung unberechtigt sei, weil die Firma nach der clausula rebus sic stantibus jegliche Ansprüche ihrer Unterlieferanten hätte ablehnen können. Die Rechtslage in dieser Richtung sei außerordentlich zweifelhaft gewesen, die Firma habe es deshalb vorgezogen, an Stelle eines Prozesses mit zweifelhaftem Ausgang einen Vergleich mit ihren Gläubigern auf der Grundlage zu schließen, daß sie 70 % der Forderungen bezahle. Die befürchtete Schadensersatzpflicht hänge im übrigen nicht mit der Aufgabe des Betriebes in Oberschlesien zusammen, sondern mit der durch die Annullierungen der Wehrmachtsaufträge bedingten Ablehnung der Warenlieferungen der Unterlieferanten. Da die Rückstellung nicht in voller Höhe der vertraglichen Zahlungsansprüche, sondern nur in Höhe von etwa 70 % dieser Ansprüche gebildet worden sei, trage das Finanzgericht keine Bedenken, sie anzuerkennen.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Finanzamtsvorstehers wendet sich gegen die Anerkennung der Rückstellung. Das Reich habe Ende 1944 noch uneingeschränkte Hoheitsbefugnisse besessen. Wenn es die Annullierung weitgehender Kriegskontrakte ins Auge gefaßt habe, so unterliege es keinem Zweifel, daß es auch in irgend einer Form eine Schadloshaltung der durch die Annullierungen Betroffenen herbeigeführt hätte. Wenn es hierzu nicht mehr gekommen sei, so sei das allein in dem Ausgange des Krieges begründet, also in einer Tatsache, die erst nach 1945 eingetreten sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes.

Die Entscheidung des Finanzgerichts stützt sich im wesentlichen auf die Finanzinstruktion Nr. 57 der Britischen Militärregierung. Das Finanzgericht ist im Gegensatz zum Finanzamt entsprechend der Ausführungsanweisung zur Finanzinstruktion Nr. 57 (StuZBl. 1947 S. 9) der Auffassung, daß eine Rückstellung auch dann zulässig sei, wenn die Schadensersatzforderung gegen das Reich bzw. ihre Auftraggeber noch als vollwertig anzuerkennen sei. Es löst also die Verpflichtungen der Firma von den ihnen gegenüberstehenden Rechten. Die Finanzinstruktion Nr. 57 ist in dieser Richtung nicht eindeutig. Die Finanzinstruktion Nr. 57 spricht ganz allgemein von "Schulden". Es ist eine Frage der Auslegung der Finanzinstruktion Nr. 57, ob hierunter, wie das Finanzgericht und die Ausführungsanweisung der Finanzleitstelle annehmen, nur Forderungen zu verstehen sind.

Den Vorbehörden ist darin beizupflichten, daß für die Entscheidung des Falles die rechtliche Bedeutung der Finanzinstruktion Nr. 57 geprüft werden muß. Die Finanzinstruktion Nr. 57 erging von der Britischen Militärregierung und enthält Richtlinien für die Oberfinanzpräsidenten hinsichtlich der Behandlung von Reichsschulden für Steuerzwecke. Sie wurde unter dem 23. November 1945 erlassen (siehe Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 68/50 vom 31. Januar 1951, Steuer und Wirtschaft 1951 Nr. 60). Die Finanzleitstelle für die britische Besatzungszone hat unter dem 12. Februar 1947 eine Ausführungsanweisung zur Finanzinstruktion Nr. 57 herausgegeben. In dieser Anweisung wird unter Z I 2 a ausgesprochen, Artikel VIII des Kontrollratsgesetzes -- KontrRG -- Nr. 12 gelte erstmalig für die Veranlagung 1946. Für die vorhergehenden Veranlagungsabschnitte 1944 und 1945 war hiernach nicht das KontrRG Nr. 12, sondern ausschließlich die Finanzinstruktion Nr. 57 anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Obersten Finanzgerichtshofs (vgl. Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs I 11/48 S vom 28. Juli 1948, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen -- Bay. FMBl. -- 1948 S. 264) sind die Bestimmungen des Artikels VIII KontrRG Nr. 12 auch auf die Veranlagung 1944 anzuwenden. Der Bundesfinanzhof ist dieser Rechtsauffassung beigetreten.

Im Streitfalle handelt es sich um das Jahr 1944. Der Körperschaftsteuerbescheid (vorläufiger Bescheid) erging unter dem 2. Juni 1947, also nach Inkrafttreten des KontrRG Nr. 12 (11. Februar 1946). Es muß deshalb die Frage entschieden werden, ob das Rechtsproblem nach den Vorschriften der Finanzinstruktion Nr. 57 oder des Artikels VIII KontrRG Nr. 12 zu entscheiden ist. Nach den Bestimmungen des KontrRG Nr. 12 dürfen ganz allgemein Verluste aus Wehrmachtsaufträgen (War Contracts) den Gewinn nicht mindern. Im Ergebnis bedeutet die Anerkennung der Rückstellung die Zulassung einer Gewinnminderung auf Grund eines Verlustes aus Wehrmachtsaufträgen.

Der Senat hat deshalb gemäß Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland vom 25. November 1949 (Amtsblatt Nr. 6 S. 54) eine Anfrage an das Allied General Secretariat, Bonn-Petersberg, gerichtet, ob

a) Anlage B der Finanzinstruktion Nr. 57 eine Rechtsvorschrift der Britischen Militärregierung darstellt, die den Bestimmungen des Artikels VIII KontrRG Nr. 12 vorgeht,

b) die Ausführungsanweisung der Finanzleitstelle zur Anlage B der Finanzinstruktion Nr. 57, daß Artikel VIII KontrRG Nr. 12 unmittelbar erst für die Veranlagung 1946 gilt, auf einer ausdrücklichen Anordnung der Britischen Militärregierung beruht.

Das Office of the Legal Adviser, Control Commission for Germany (British Element), hat hierauf folgende Antwort erteilt:

1. ......

......

c) Appendix "A" (Appendix "B" in German) to Finance Devision Technical Instruction No. 57 "was a valid order of British Military Government.

d) To the extent that the provisions of this order were in conflict with the provisions of Control Council Law No. 12 -- Amendment of Income Tax, Corporation Tax and Excess Profits Tax Laws, it ceased to be effective as from the effective date of that Law.

2. The administrative instruktion of the Head Office of the Tax Administration, entitled "Carrying-out Instruction to Finance Division Technical Instruction No. 57 concerning treatment of Reich Debts for tax purposes" of 12 February, 1947 (Steuerand Zollblatt 1947, page 9) was NOT an order of British Military Government".

Hieraus ergibt sich, daß wohl die Finanzinstruktion Nr. 57, nicht aber die Ausführungsanweisung der Finanzleitstelle eine die Gerichte bindende Anordnung der Britischen Militärregierung darstellt (Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 175/50 U vom 6. Juni 1951, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- Teil III S. 150, Bay.FMBl. 1951 S. 395). Des weiteren wird in dem Antwortschreiben ausgeführt, daß die Vorschriften des Artikels VIII KontrRG Nr. 12 der Finanzinstruktion Nr. 57 vorgehen. Die Finanzinstruktion Nr. 57 hat ihre rechtliche Bedeutung nur insoweit behalten, als ihr nicht die Bestimmungen des KontrRG Nr. 12 entgegenstehen. Das KontrRG Nr. 12 ist nach der Rechtsprechung des Obersten Finanzgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs auch auf Veranlagungen für 1944 und 1945 anzuwenden, die nach Inkrafttreten des KontrRG durchgeführt werden. Diese Grundsätze müssen auch für die britische Zone angewandt werden. Der Senat sieht keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung, deren Gründe in der Entscheidung I 11/48 S im einzelnen dargestellt sind, abzuweichen.

Es wäre denkbar, daß es sich bei dem Erlaß der Finanzleitstelle um einen Milderungserlaß handelt, den auch die Finanzgerichte anzuwenden haben. Wie bereits in der Entscheidung I 68/50 vom 31. Januar 1951 ausgeführt wird, war der Finanzminister auf Grund des § 13 der Reichsabgabenordnung (AO) nicht berechtigt, gesetzliche Bestimmungen allgemein außer Wirksamkeit zu setzen. Er konnte lediglich dort, wo sich die gesetzliche Regelung für bestimmte Arten von Fällen gegenüber den Normalfällen als unbillig erweist, Milderungen eintreten lassen. Die gleichen Grundsätze hat auch der IV. Senat des Bundesfinanzhofs in den Entscheidungen IV 192/50 U vom 9. März 1951, BStBl. Teil III S. 90, und IV 110/51 vom 26. September 1951 -- zur Veröffentlichung freigegeben -- ausgesprochen. Die Ausführungen der Finanzleitstelle, die im Ergebnis dazu führen, die Bestimmungen des Art. VIII Buchstabe a KontrRG Nr. 12 hinsichtlich der Verluste aus Wehrmachtsaufträgen außer Wirksamkeit zu setzen, können nicht als ein Milderungserlaß auf Grund des § 13 AO angesprochen werden. Da ihnen auch sonst die rechtliche Grundlage fehlt, sind sie kein Milderungserlaß im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Finanzgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs, der im steuergerichtlichen Verfahren anzuwenden ist (Gutachten I D 3/50 S vom 2. Dezember 1950, BStBl. Teil III S. 26, Bay.FMBl. 1951 S. 94). Sie stellen lediglich eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen dar, die für die Steuergerichte nicht verbindlich ist, und der auch nicht beigetreten werden kann.

Die Auslegung der Finanzleitstelle ist in der britischen Zone in weitem Umfange befolgt worden. Sie hat zu einer Ungleichmäßigkeit gegenüber den anderen Besatzungszonen geführt. Ob in denjenigen Ländern, wo allgemein der Auslegung der Finanzleitstelle von den Finanzämtern Rechnung getragen worden ist, ihre Nichtanwendung im Einzelfalle eine Härte im Sinne des § 131 AO bedeutet, kann nicht im steuergerichtlichen, sondern muß im Verwaltungsverfahren entschieden werden (siehe Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 6/49 S vom 27. August 1949, Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1950 S. 336, Bay.FMBl. 1949 S. 383, und des Großen Senats des Bundesfinanzhofs Gr. S. D 1/51 S vom 17. April 1951, BStBl. Teil III S. 107, Bay. FMBl. 1951 S. 304).

Es handelt sich im vorliegenden Falle um einen Verlust aus Wehrmachtsaufträgen im Sinne des Artikels VIII Buchstabe a KontrRG Nr. 12. Durch die Rückstellung wird im Ergebnis bewirkt, daß der Verlust den Gewinn mindert. Dies ist nicht zulässig. Die Rb. des Finanzamtsvorstehers ist deshalb im Ergebnis begründet. Nach der Darstellung der Firma, der auch das Finanzgericht gefolgt ist, handelt es sich aber nicht ausschließlich um Subkontrakte für Wehrmachtslieferungen. Bei einem Teil der Verträge liege eine Überdeckung vor. Soweit dies der Fall ist, sind die Voraussetzungen des Art. VIII Buchst. a KontrRG Nr. 12 nicht gegeben. Die Firma ist insoweit berechtigt, eine Rückstellung vorzunehmen. Hierbei kommt der Frage, welcher Teilwert am 31. Dezember 1944 einer etwaigen Schadensforderung gegenüber dem Reich zuzusprechen wäre (siehe hierzu die Ausführungen im letzten Absatz der Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs I 11/48 S) keine Bedeutung zu, da nach Darstellung der Firma ihr für diese Verträge schon dem Grunde nach eine Schadensersatzforderung nicht zustehen würde.

Die Unterlagen gestatten keine Aufteilung der hier zur Erörterung stehenden Verträge. Es ist eine Ergänzung der Unterlagen in tatsächlicher Beziehung notwendig. Es erscheint zweckmäßig, diese Feststellungen durch die Vorbehörden treffen zu lassen. Die Vorentscheidung wird deshalb aufgehoben und die Sache an das Finanzamt zur erneuten Behandlung zurückverwiesen.

 

Fundstellen

BStBl III 1951, 226

BFHE 1952, 557

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