Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Bewertung nichtnotierter Aktien nach dem sogenannten Stuttgarter Verfahren für Stichtage vor dem 31. Dezember 1959 sind Pensionsanwartschaften mit den Werten anzusetzen, die nach der Rechtsprechung des Senats für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens für Stichtage vor dem 1. Januar 1960 maßgebend sind.

2. Bei der Ermittlung der Ertragsaussichten sind dem Grundsatz nach zur Berechnung des Durchschnittsertrages die Betriebsergebnisse der vor dem Stichtag abgelaufenen Jahre maßgebend.

 

Normenkette

AntBewR 1957 Abschn. 3-4; BewG i.d.F. zum 31. Dezember 1956 § 13 Abs. 2; BewG i.d.F. zum 1. Januar 1962 § 62 a

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine AG. Für die Aktien bestanden zum 31. Dezember 1956 keine Steuerkurswerte. Es wurden im Jahr 1956 auch keine Aktien verkauft.

Das Finanzamt – FA – (Beklagtet) stellte durch Bescheid vom 23. Oktober 1964 den gemeinen Wert der Aktien zum 31. Dezember 1956 nach dem sogenannten Stuttgarter Verfahren (Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften – AntBewR 1957 –, BStBl I 1958, 25) auf 410 DM je 100 DM Grundkapital fest. Es ging bei der Ermittlung des Vermögenswerts vom Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1957 aus. Im Einheitswert waren Rückstellungen für mehr als 100 Pensionsanwartschaften laut Betriebsprüfungsbericht enthalten. Das FA erhöhte den Einheitswert um einen Zuschlag. In dem Zuschlag erfaßte es den Unterschied zwischen dem Buchwert und dem Einheitswert der Betriebsgrundstücke. Der Ermittlung der Ertragsaussichten legte es entsprechend der Erklärung der AG den Durchschnittsertrag der Jahre 1956 bis 1958 zugrunde.

Die AG begehrte mit der Sprungberufung, die nach Inkrafttreten der FGO als Klage zu behandeln war, die Pensionsverpflichtungen nach § 62 a des Bewertungsgesetzes in der zum 1. Januar 1962 gültigen Fassung – anschließend BewG genannt – zu bewerten und den gemeinen Wert der Anteile auf 359 DM je 100 DM Grundkapital herabzusetzen.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte aus: Das FA habe den gemeinen Wert der Aktien nach dem Stuttgarter Verfahren zutreffend nach dem Vermögenswert und den Ertragsaussichten der Gesellschaft geschätzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil III 255/56 S vom 24. Januar 1958, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 66 S. 376 – BFH 66, 376 –, BStBl III 1958, 146) seien Rückstellungen für Pensionsanwartschaften bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nach dem versicherungsmathematischen Barwert der Anwartschaften für die auf abgelaufene Dienstzeiten entfallenden Rentenanteile zu bemessen; dieser Wert sei um gewisse Abschläge zu mindern. Die Finanzverwaltung sei der Auflassung des BFH im koordinierten Ländererlaß vom 27. Oktober 1958 (BStBl II 1958, 161; für Bayern: Erlaß vom 3. November 1958, BStBl II 1958, 172) gefolgt. Die obige Rechtsprechung sei auch für die Anteilsbewertung zum 31. Dezember 1956 maßgebend. Der am 14. Juli 1961 in Kraft getretene § 62 a BewG könne nicht auf den Stichtag 31. Dezember 1956 zurückbezogen werden, da der Gesetzgeber keine Rückwirkung des § 62 a BewG angeordnet habe.

Die AG rügt mit der Revision Verletzung von Bundesrecht. Nach ihrer Auffassung sei bei der Anteilsbewertung der objektiv richtige Wert des Gesellschaftsvermögens zu erfassen. Der sich aus § 62 a BewG ergebende Wert der Pensionsanwartschaften zeige, daß der Abzug der Pensionsverpflichtungen bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1957 zu niedrig gewesen sei und korrigiert werden müsse. Zur Korrektur könne auch der Steuerbilanzwert zum 31. Dezember 1956 herangezogen werden. Der Bilanzwert der Anwartschaften werde bei der Veräußerung des gesamten Betriebes in der Regel im Kaufpreis berücksichtigt. Das FG Düsseldorf habe im Urteil III 8/65 Bew vom 15. November 1966 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1967 S. 112 – EFG 1967, 112 –) sogar den weit höheren, ungekürzten versicherungsmathematischen Barwert der Anteilsbewertung zugrunde gelegt. Der BFH habe im übrigen im Urteil III 125/61 S vom 8. September 1961 (BFH 74, 42, BStBl III 1962, 19) dem § 62 a BewG eine gewisse Rückwirkung bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens beigemessen. Das FA habe im Streitfall unbillig und „schon fast willkürlich” gehandelt. Sie, die AG, habe das FA bei Einreichung ihrer Erklärung darauf hingewiesen, daß den Zuschlägen zum Einheitswert ihres Betriebsvermögens Korrekturabschläge, insbesondere wegen der Pensionsanwartschaften, in etwa gleicher Höhe gegenüberständen. Das FA sei zunächst ihrer Auffassung gefolgt und habe entsprechend ihren Angaben den gemeinen Wert der Aktien zum 31. Dezember 1956 durch vorläufigen Bescheid vom 14. Januar 1960 ohne Korrektur des Einheitswerts ihres Betriebsvermögens auf 347 DM je 100 DM Grundkapital festgesetzt. Auf Grund einer Betriebsprüfung habe das FA später den angefochtenen endgültigen Feststellungsbescheid vom 23. Oktober 1964 erlassen; in diesem Bescheid habe es den Einheitswert des Betriebsvermögens um einen Zuschlag wegen des Werts der Betriebsgrundstücke erhöht und keinen Korrekturabschlag für Pensionsanwartschaften zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FA hat den Wert der Aktien zum 31. Dezember 1956 nach § 13 Abs. 2 BewG in der Fassung vor dem BewG 1965 und den Grundsätzen des in den AntBewR 1957 niedergelegten sogenannten Stuttgarter Verfahrens unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der AG geschätzt. Es ist bei der Ermittlung des Vermögens zutreffend nach Abschn. 3 Abs. 1 Satz 2 AntBewR 1957 von dem Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1957 ausgegangen. Im Einheitswert waren die Pensionsanwartschaften mit dem Wert laut Betriebsprüfungsbericht berücksichtigt. Der Betriebsprüfer hatte die Anwartschaften entsprechend dem Erlaß des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 3. November 1958 (a. a. O.) nach dem versicherungsmathematischen Barwert für die auf abgelaufene Dienstzeit entfallenden Rentenanteile berechnet und vom Ausgangswert Abschläge von 75 v. H. bei aktiven Arbeitnehmern und von 37,5 v. H. bei Anwartschaften von Pensionären auf Witwenrente gekürzt. Dieser Erlaß beruht auf der Rechtsprechung des Senats. Wie der Senat insbesondere im Urteil III 255/56 S (a. a. O.) ausgeführt hat, ist nach dem bewertungsrechtlichen Stichtagsprinzip nicht von dem vollen, ungekürzten Barwert der Pensionsanwartschaften auszugehen, da dieser Wert nicht der Tatsache Rechnung trägt, daß die aktiven Arbeitnehmer den Gegenwert, nämlich die Arbeitsleistung, künftig noch zu erbringen haben. Für die Einheitsbewertung ist deshalb nur auf den Barwert der Anwartschaft für bereits erdiente Rentenanteile abzustellen. Der Abschlag von 75 v. H. des Ausgangswerts berücksichtigt in Höhe von 25 v. H. den Unterschied zwischen dem bei Errechnung des Barwerts berücksichtigten Zinsfuß von 3,5 v. H. und dem für das Bewertungsrecht maßgebenden Zinsfuß von 5,5 v. H. Er gilt sodann in Höhe von 50 v. H. die Unsicherheiten ab, die sich aus Vorbehalten in den Pensionszusagen, aus dem eigenkapitalähnlichen Charakter der Rückstellungsbeträge und aus dem Risiko der Entlassung von Arbeitnehmern wegen Abschwächung der Konjunktur, wegen Ausfuhrrückgangs oder aus sonstigen wirtschaftlichen Verhältnissen ergeben können. Diese Grundsätze wurden für die Bewertungsstichtage zum 1. Januar 1960 und 1. Januar 1961 in die Verordnung über den Abzug von Rückstellungen für Pensionsanwartschaften bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens vom 15. August 1961 – BewV-Pensionsrückstellungen – (BGBl I 1961, 1295, BStBl I 1961, 582) übernommen und auf Betriebe mit weniger als 100 Pensionszusagen ausgedehnt.

Pensionsanwartschaften sind bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens für Stichtage ab 1. Januar 1962 nach § 62 a BewG zu bemessen. Diese Vorschrift kann jedoch nicht auf die Einheitsbewertung zum 31. Dezember 1956 zurückbezogen werden. Der Senat hat im Urteil III 209/65 vom 28. Juni 1968 (BFH 93, 171, BStBl II 1968, 708) für Stichtage bis einschließlich 1. Januar 1959 an seiner Rechtsprechung trotz des inzwischen erlassenen § 62 a BewG ausdrücklich festgehalten. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen. Der Senat hat die Regelung in § 62 a BewG entgegen der Ansicht der AG auch im Urteil III 125/61 S (a. a. O.) nicht auf frühere Stichtage zurückbezogen. Er hat die Vorschrift damals nur zur Bestätigung seiner Auffassung herangezogen, daß Pensionsanwartschaften entgegen seiner früheren Rechtsprechung auch bei weniger als 100 Pensionszusagen bewertungsrechtlich zu berücksichtigen sind. Er hat § 62 a BewG auch nicht dadurch zurückbezogen, daß er das FG in dem Urteil anwies, „die Höhe des gegebenenfalls versicherungsmathematisch und steuerlich gerechtfertigten Abzugs zu berechnen”. Die Anweisung besagte nach dem Sinnzusammenhang des Urteils, daß das FG die Ernsthaftigkeit der Pensionszusagen prüfen und bei Anerkennung der Ernsthaftigkeit den versicherungsmathematischen Barwert der Anwartschaften für die bis zum Bewertungsstichtag erdienten Rentenanteile gemäß der Rechtsprechung des Senats feststellen und diesen Wert steuerlich um einen Anschlag von 75 v. H. kürzen sollte.

Das FA hat den für die Einheitsbewertung maßgebenden Wert der Pensionsverpflichtungen zu Recht unverändert der Bewertung der Aktien zum 31. Dezember 1956 zugrunde gelegt. Die Pensionsanwartschaften sind in beiden Verfahren, bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens und bei der Anteilsbewertung, mit dem Teilwert nach § 12 BewG anzusetzen, d. h. mit dem Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Ein Erwerber von Gesellschaftsanteilen wird bei der Bemessung des Kaufpreises die Wirtschaftsgüter grundsätzlich nach den gleichen Wertmaßstäben beurteilen wie der Erwerber einer Einzelfirma. Es kann sein, daß das Vermögen der Gesellschaft oder einzelne Teile davon für den Anteilseigner mitunter ein etwas anderes Gewicht haben als für einen Einzelunternehmer oder das Unternehmen selbst. Dieser Möglichkeit trägt das Stuttgarter Verfahren durch einen pauschalen Abschlag von 10 v. H. des Gesamtvermögens Rechnung (Abschn. 3 Abs. 2 AntBewR 1957). Der Teilwert der Pensionsanwartschaften richtet sich bei der Einheitsbewertung und der Ermittlung des gemeinen Werts nichtnotierter Aktien nach den gleichen Grundsätzen, nämlich nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Pensionslast zum Bewertungsstichtag. Er kann steuerlich nur grob geschätzt werden, da das Gewicht der vom Senat auf 50 v. H. des Ausgangswerts geschätzten Unsicherheiten wegen der Vorbehalte in den Pensionszusagen usw. nicht genau ermittelt werden kann. Der aus der Rechtsprechung des Senats entwickelte Teilwert der Anwartschaften muß daher auch für die Bewertung nichtnotierter Aktien maßgebend sein; denn es sind keine Gründe ersichtlich, die eine andere Beurteilung der wirtschaftlichen Belastung rechtfertigen.

Von diesen Grundsätzen ist der Senat bereits in dem Urteil III R 29/66 vom 20. Dezember 1968 (BFH 95, 273) bei der Anteilsbewertung zum 31. Dezember 1959 ausgegangen. Nach der Entscheidung ist der versicherungsmathematische Ausgangswert der Pensionsanwartschaften ebenfalls nach Maßgabe des § 4 der BewV-Pensionsrückstellungen (a. a. O.) um Abschlage von 75 v. H. bzw. bei Zusagen an Rentner auf Hinterbliebenenversorgung um Abschläge von 37,5 v. H. zu mindern. Der Senat wies darauf hin, daß eingehende Untersuchungen über die Höhe des im Einzelfall angemessenen Risikoabschlages im Rahmen des Stuttgarter Verfahrens nicht möglich seien. Das Stuttgarter Verfahren ist ein grobes Schätzungsverfahren, das nur zu Annäherungswerten führen kann. Es muß auf eine genaue Wertermittlung verzichten, da die FÄ die ihnen obliegende Massenarbeit sonst nicht bewältigen können. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Das Urteil III R 29/66 gilt in gleicher Weise für Abschläge vom versicherungsmathematischen Ausgangswert bei der Bewertung nichtnotierter Aktien auf Stichtage vor dem 31. Dezember 1959. Maßgebend ist auch hier der versicherungsmathematische Barwert der Anwartschaften für bereits erdiente Rentenanteile und nicht der Bilanzwert des § 6 a EStG oder der uneingeschränkte Barwert der Anwartschaften, d. h. die abgezinste Verpflichtung aller nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit in Zukunft zu erwartenden Zahlungen. Die Bewertung nichtnotierter Aktien muß sich nach dem Stichtagsprinzip richten, da sie auf einen bestimmten Feststellungszeitpunkt durchzuführen ist. Der Bilanzwert des § 6 a EStG entspricht nicht dem Stichtagsprinzip, weil er auf ertragsteuerlichen Grundsätzen beruht und die vor dem Zeitpunkt der Pensionszusage im Betrieb erbrachten Dienstjahre außer Betracht läßt. Der uneingeschränkte Barwert der Anwartschaften berücksichtigt nicht die erst nach dem Stichtag zu erbringende Gegenleistung der Arbeitnehmer.

Der für die Einheitsbewertung und das Stuttgarter Verfahren maßgebende Wert der Pensionsanwartschaften zum 31. Dezember 1956 ist entgegen der Ansicht der AG nicht deshalb unzureichend und korrekturbedürftig, weil eine Wertermittlung nach § 62 a BewG im Streitfall zum Abzug einer höheren Schuld führen würde. Der Wert der Pensionsverpflichtungen nach § 62 a BewG ist ebenfalls ein Schätzwert, der zudem im wesentlichen auf ähnlichen Grundsätzen beruht. Pensionsverpflichtungen dürfen nach § 62 a Abs. 2 BewG bis zu Höhe des Betrages abgezogen werden, der sich nach der für das Alter des Pensionsverpflichtungen dürfen nach § 62 a Abs. 2 BewG bis zur Höhe des der Jahresrente ergibt, die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Beginn der vorgesehenen Pensionszahlung) auf Grund des Versorgungsversprechens erworben werden kann. Der Vervielfältiger der Jahresrente ist nach dem Lebensalter des Anwärters am Bewertungsstichtag gestaffelt. Er gründet sich auf versicherungsmathematische Werte zur Errechnung des Barwerts einer Anwartschaft auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 v. H., abgestellt auf ein planmäßiges Pensionsalter von 65 Jahren. Er wurde unter Zugrundelegung einer fiktiven Dienstzeit von 40 Jahren für jedes noch ausstehende Dienstjahr um einen Abschlag von 2,5 % gekürzt.

Dieses typisierte Schätzungsverfahren wirkt sich in der Regel bei Pensionszusagen an aktiv Berechtigte, vor allem, wenn sie das 50. Lebensjahr überschritten haben, günstiger aus als die bisherige Regelung. Es ist jedoch ungünstiger bei Arbeitnehmern, die am Bewertungsstichtag noch nicht 30 Jahre alt sind. Aus der anderen Schätzungsmethode des § 62 a BewG mit ihren Ergebnissen kann nicht der Schluß gezogen werden, daß das frühere Schätzungsverfahren zu steuerlich objektiv unrichtigen Teilwerten geführt habe. Eine Schätzung bleibt auch dann im Resultat ungewiß, wenn sie durch eine andere ersetzt wird, da jede Schätzung nur zu Annäherungswerten führen kann.

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Erwerber der nichtnotierten Aktien die Pensionsverpflichtungen der Klägerin mit einem höheren Wert angesetzt hätte. Auf diese Erwägung kommt es nicht entscheidend an, da das Stuttgarter Verfahren ein eigenes steuerliches Wertermittlungsverfahren ist. Dies zeigt sich im Streitfall besonders deutlich z. B. darin, daß das FA die bebauten und unbebauten Wohn- und Fabrikgrundstücke bei der Bewertung der Aktien nur mit den Bilanzwerten zum 31. Dezember 1956 erfaßt hat, obwohl ein Verkäufer der Anteile den Grundbesitz mit den sicher höheren Verkehrswerten berücksichtigen würde. Das FA hat den Wert der Aktien nach dem Stuttgarter Verfahren ohnehin eher zu niedrig als zu hoch geschätzt. Es hat bei der Ermittlung der Ertragsaussichten die Betriebsergebnisse der AG der Jahre 1957 und 1958 in die Berechnung des Durchschnittsertrages einbezogen. Nach dem Grundsatz der Stichtagsbewertung durfte es den Durchschnittsertrag aber nur nach den Ergebnissen der vor dem Feststellungszeitpunkt abgelaufenen Jahre berechnen. Denn für einen Käufer der Aktien am 31. Dezember 1956 wäre das tatsächlich erzielte Einkommen der AG in den Jahren 1957 und 1958 ungewiß gewesen. Soweit Abschn. 4 Abs. 1 Satz 1 AntBewR 1957 den Ertrag des Jahres 1957 einbezieht, tritt der Senat dieser Verwaltungsanweisung dem Grundsatz nach nicht bei. Die Betriebsergebnisse der Jahre 1954 bis 1956 würden im Streitfall zu einem höheren ausschüttungsfähigen Ertrag führen.

Die Sachbehandlung durch das FA war entgegen der Ansicht der AG weder unbillig noch willkürlich. Der ursprüngliche Bescheid vom 14. Januar 1960 war nach § 100 der Reichsabgabenordnung im vollen Umfang vorläufig, da der Vorläufigkeitsvermerk nicht auf einzelne Punkte beschränkt war (BFH-Urteil VI R 199/66 vom 11. August 1967, BFH 90, 385, BStBl II 1968, 127). Folgt das FA im vorläufigen Bescheid den Angaben und der Auffassung der Steuerpflichtigen, so liegt hierin keine Billigung der Rechtsansicht der Steuerpflichtigen. Der Vorläufigkeitsvermerk enthält vielmehr den Vorbehalt, daß das FA bei der endgültigen Festsetzung des gemeinen Werts der Aktien zu abweichenden Ergebnissen kommen kann (vgl. auch BFH-Urteil I 26/64 vom 25. Oktober 1966, BFH 87, 243, BStBl III 1967, 92). Aus dem Vortrag der AG ist nicht zu entnehmen, daß das FA oder das Ministerium der AG bestimmte Zusagen über die Behandlung der Pensionsanwartschaften bei der Bewertung der Aktien gemacht hat. Das FA konnte daher ohne Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben im endgültigen Feststellungsbescheid vom 23. Oktober 1964 den Einheitswert des Betriebsvermögens um Zuschläge wegen des Verkehrswerts der Grundstücke erhöhen und den Abzug eines Korrekturpostens wegen der Pensionsverpflichtungen ablehnen.

Die Vorentscheidung entspricht der Auffassung des Senats. Die Revision ist daher unbegründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514512

BFHE 1969, 506

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